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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : meine Mama - auf dem Weg zum Regenbogen ? -


herbstwind
16.09.2005, 14:56
Hallo,

ich bin zwar neu registriert hier und poste auch zum ersten mal, bin aber schon seit über einem Jahr stille Leserin. Seit über einem Jahr, ja, im August 2004 wurde bei meiner Mutter Darmkrebs mit Metas in der Leber festgestellt (im Januar 2005 kamen noch Knochenmetas dazu)

Unheilbar
palliative Therapie

Seit über einem Jahr erträgt sie so tapfer alle Chemos (Fufox und dann Folfiri), jammert nicht, beschwert sich nicht und ist fast immer guter Dinge, trotz Übelkeit, Schmerzen und Taubheit in den Fingerspitzen.

Und jetzt? Jetzt liegt sie seit einer Woche in der Klinik. Sie hat unter der Chemo fast 40 ° Fieber bekommen und es haben sich ca. 8 l Wasser im Körper angesammelt; sie mag nicht mehr essen, hat keinen Appetit mehr (obwohl sie sich zum Essen zwingt); sie schläft sehr viel. Sie hat einen Blasenkatheter und bekommt neben Schmerzmitteln auch Bluttransfusionen.

Sie ist so schwach, die Ärzte geben ihr nicht mehr viel Zeit und sehen die Situation als sehr ernst an, da die Leber und vor allem die Nieren nicht mehr richtig arbeiten.
Es tut so weh sie so zu sehen, so hilflos dabei zu stehen und ihr nicht helfen zu können. Auch jetzt noch ist sie so tapfer, während ich so oft Tränen in den Augen habe und mich so schwach fühle, anstatt stark und tapfer zu sein. Ich habe Angst, dass sie es wirklich nicht mehr schafft, dass sie schon die ersten Schritte zum Regenbogen macht und ihre letzte Reise vorbereitet.
Ich wünsche mir nichts so sehr, als dass sie sich nochmal erholt.

eine sehr traurige und weinende Herbstwind

mario1
16.09.2005, 15:48
Liebe Herbstwind!!


Ich weis das es keine tröstenden Worte gibt in soeiner Situation!
Ich kann dir nur von meinen Erfahrungen erzählen, wie ich mich auf den sehr nahen "letzten Weg" meiner Mama vorbereitet habe!

Am wichtigsten scheint mir und das ist meine Meinung, dass du dich selbst mal mit dem "tot" auseinandersetzten musst! Deiner Mama geht es nicht sehr gut, du schreibst du hoffst das sie sich nochmal erholt! Liebe Herbstwind das wünsche ich dir auch, aber man muss auch mal "loslassen" können!
Meine Mama lag die letzten Tage auf einer Intensivstation im Tiefschlaf, bis dahin hoffte ich auch immer wieder, das es wieder wird und Hoffen darf man immer, aber als ich dann meine geliebte Mutter so daliegen sah, flüsterte ich ihr ins Ohr, dass sie das machen soll, was sie für richtig hält und das ich sie gehn lassen kann! Naja, diese Worte haben mir mein Herz zerrissen, es tat mir so weh innerlich das zu sagen, aber ich wusste, dass Mama nun weis, sie braucht nicht für mich zu kämpfen wenn sie nicht mehr kann! Ich hoffe du verstehst was ich dir damit sagen will! Es gibt ein Buch, dass mir sehr geholfen hat mit dem Thema sterben umzugehen! Es gibt sicher einige davon, vielleicht besorgst du dir eines!

Ich weis wie schmerzhaft das ist daneben zu stehn und nichts machen zu können! Am liebsten würde man dem Menschen diesen Schmerz nehmen, aber leider ist das nicht möglich! Vielleicht kannst du mit deiner Mutter über deine Ängste sprechen!!!! Liebe Herbstwind, du bist Stark und Tapfer, weil du bei deiner Mutter bist!!!

Ich wünsche dir und deiner Mutter und allen anderen sehr viel Kraft und auch Hoffnung!
Liebste Grüsse
Mario

Gaby44
16.09.2005, 18:44
Hallo Herbstwind,
ja weine,denn weinen nimmt ein wenig den Schmerz in dir.In Gedanken ist deine Mama ganz bestimmt bei dir da bin ich mir 100%ig sicher.Ich wollte ich könnte dich jetzt drücken um dich zu trösten :knuddel:
Liebe Grüße Gaby

Stina
16.09.2005, 21:24
Ich kann Dich sehr gut verstehen. Im Juli letzten Jahres erhielt mein Papa die Diagnose Lungenkrebs, man gab ihm noch bis zu 2 Jahren, es sei ein langsam wachseneder TUmor. Nein, dies stimmte auch nicht, nach 3 Monaten stark er, kämpfte die erste Zeit mit aller Macht, wurden dann stiller, in sich gekehrter, noch mehr als er sowieso schon war und er gab dann den Kampf auf, er konnte einfach nicht mehr. Es tut weh einen Menschen loslassen zu müssen, aber im Nachhinein habe ich eingesehen, daß mein Vater selbst die Entscheidung getroffen hat, nicht mehr mit Atemnot und Schmerzen "leben zu wollen", sondern "sterben zu dürfen". Alles Liebe!

Tanne11
16.09.2005, 21:30
Liebe Herbstwind !

Meine Mama (55J) hat seit genau einem Jahr die Diagnose: Brustkrebs und ist bis vor acht Wochen auch noch fit gewesen. Jetzt liegt sie seit drei Wochen im Krankenhaus und es wird von Tag zu Tag schlechter. Sie bekam die Diagnose, dass sie diffuse Knochenmetastasen hat (Wirbelsäule, Becken), 3 Metastasen im Gehirn und eine am Augenmuskel.
Die Metas wachsen rasend schnell. Sie steht wegen der starken anhaltenden Schmerzen voll unter Morphin...

Ich hoffe, dass sie nicht mehr so sehr an ihre Zukunft denken muß. Sie ist ist sich aber schon selbst darüber im klaren, dass sie nicht mehr lange zu leben hat und wenn, dann ganz besch....
Sie möchte in ein Hospiz. Die Ärzte haben heute gesagt, dass sie keine Chemo mehr machen können weil die Blutwerte zu schlecht sind und nur noch ganz schlecht zu regulieren sind (wegen der Metas).


Auch meine Mutter ist äußerst tapfer. Sie weint nicht in unserer Gegenwart, sagt, wir sollen uns nicht so aufregen. Und ich sitze hier und weine !

Ich muß ihr einfach auch sagen, dass sie das machen soll was sie für richtig hält und ich sie gehen lassen kann. Jeder von uns muß einmal sterben. Aber warum gerade jetzt?
Ich wünsche mir für sie, dass sie sich abends ins Bett legt und am morgen nicht mehr aufwacht.
Ich wünsche mir, dass sie nicht mehr grübeln muß über das was passiert.
Ich wünsche mir für sie eine Scheißegal-Einstellung.

Ich wünsche mir aber noch viel mehr dass sie sich wieder erholt und wir nochmal ein Eis essen gehen können.

Genießt den Augenblick !

Mir fehlen die Worte. Machts gut da draußen !

Viele liebe Grüße aus dem dunklen Westerwald

Tanja

Stina
17.09.2005, 10:36
Liebe Tanja, ich kann Deine Gefühle so gut verstehen! Ach, was habe ich gehofft, geglaubt, geklammert, gebeten, erfleht, dass es "rasch geht und Papa nicht mehr weiter leiden muß" aber auch "das ein Wunder geschieht", ich wünsche Dir ganz, ganz viel Kraft und sage Deiner Mama alles, was Du ihr sagen möchtest, noch HEUTE!
Wie ist Ihr "Zustand" unter Morphin? Bekommt Sie noch alles um sich herum "mit"?

Traurige
17.09.2005, 18:49
Hallo Herbstwind,

es tut mir sehr leid für euch.

Man sagt, wenn ein Mensch so geschwächt ist und noch hohes Fieber bekommt, zerfällt der Krebs.

Bei meinem Papa war es auch so.

Ich wünsche dir alle Liebe und deiner Mama das sie es doch noch schafft.

Auch wenn der Himmel noch so grau ist, irgendwann scheint auch für dich wieder die Sonne.

Drück dich
Karin

Tanne11
17.09.2005, 18:56
Hallo Stina !

Danke für Deine Antwort. Heute war ich bei meiner Mutter. Ihr Zustand unter Morphin ist ganz schlecht. Was sich innerhalb der letzten drei Wochen verschlechtert hat ist der schlichte Wahnsinn. Meine STARKE MAMA hat abgebaut. Sie bekommt bestimmt noch einiges mit, kann sich aber nicht ausdrücken. Von sich aus sagt sie gar nichts mehr. Und wenn dann unvollständige Sätze, Fragen völlig aus dem Zusammenhang.

Ihre Kontrolle über Arme und Beine hat sie schon fast ganz verloren. Ein Glas zum Mund führen geht noch einigermaßen, aber schon nach wenigen Sekunden fällt alles hin. Wir haben ihr jetzt einen NUK-Trinkbecher für Kinder besorgt, den bringen wir ihr morgen. Dann besudelt sie sich nicht ständig. Irgendwie habe ich immer das Gefühl irgendetwas tun zu müssen.
ABER WIR SIND SO HILFLOS.

Ich habe ihr heute alles gesagt was ich ihr noch sagen wollte, wie Du mir geraten hast. Es tut gut ihr das zu sagen, auch wenn es nicht leicht fällt.
Ich habe ihr auch gesagt, dass wir loslassen können, dass sie loslassen soll, wenn sie nicht mehr kann. Sie soll dann einfach nur noch an sich denken.

Unser großes Problem zu Hause ist momentan auch unser 3 1/2 jähriger Sohn. Er bekommt viel mit und verarbeitet offenbar ganz alleine. Seine unbändige Fragewut läßt die Krankheit seiner Oma völlig außer acht.
Seine Worte :"Mama, sei nicht traurig, die Oma kommt bald wieder aus dem Krankenhaus raus und ist wieder gesund."

Viele Grüße und alles Liebe und Gute

Tanja

Stina
17.09.2005, 19:08
Liebe Tanja, ich kenne Deine jetzige Situation (leider) zu gut.
Auch ich habe Kinder, die zum Zeitpunkt, als ihr Opa so krank wurde, 2 1/2 und 5 1/2 Jahre waren.
Sie waren beide allerdings "still", keine Fragen, nichts.
Sie bekamen das Abbauen des Gesundheitszustandes täglich mit, ob im Krankenhaus, ob auf der Palliativstation oder auch zu Hause.
Es ist gut, sehr gut, daß Du Deiner Mama alles gesagt hast, was Du ihr sagen wolltest und auch das mit dem Loslassen ausgesprochen hast.
So wird sie, sicherlich bald, ganz in Ruhe und Frieden von dieser welt gehen können, nein, dürfen, denn so ist es kein lebenswertes Leben mehr.
Auch mein Vater stand an seinem Todestag unter Morphin, war allerdings überhaupt nicht mehr ansprechbar, sondern starrte die letzten 5 Stunden seines Lebens nur an die Decke, mit offenen augen und Mund, ohne jeglichen Lidschlag, er starb in einem Dreibettzimmer, da kein Sterbezimmer oder ein Zimmer auf der Palliativstation mehr frei war....
Ich bin in Gedanken bei Dir und drücke Dich ganz feste!

Tanne11
17.09.2005, 22:18
Liebe Stina !

Es tut gut, sich mit "mitleidenden" Leuten wie Dir unterhalten zu können.
Mein Mann und auch andere "Außenstehende" können das alles nicht nachvollziehen was da in einem vorgeht.

Dir Art und Weise des Sterbens meiner Mutter beschäftigt mich sehr.
Das Dein Vater unter diesen äußeren Umständen sterben mußte tut mir leid. Ich wünschte mir in solchen Situationen einen Pfarrer und einfach ganz viel Ruhe. Vielleicht noch leise Musik die der Sterbende gerne hört. Das alles kommt mir jetzt gerade so in den Sinn, weil ich mich aufgrund Deines Beitrages mit der Sache beschäftige.

Wie war die Geschichte von Deinem Vater bis er starb? Wie alt bist Du? Wie alt war Dein Vater? (Schreibe nur darüber, wenn Du möchtest !!)

Ich wünsche Euch allen eine Gute Nacht und wer "da draußen gehen möchte, soll es mit Ruhe tun !"

Tanja

Stina
18.09.2005, 08:29
Liebe Tanja,
ich hoffe, Du konntest trotz Deiner Probleme, Sorgen und Ängste etwas schlafen.

Mein Vater hatte schon etliche OP's vor etlichen Jahren, Prostata-OP, Blasen-OP, Darm-OP, jedesmal bösartig und mit Bestrahlung, jedoch dann "geheilt".

Vor ca. 2 Jahren begann es dann, daß er ständig müde war, weniger Appetit hatte (wo damals so ca. 60-65 kg).
Das Gehen fiel ihm schwerer, die KInder "nervten" ihn. Er fuhr nicht mehr in Urlaub, hustete viel, war aber auch starker Raucher.

Ging wegen des Hustens von einem Arzt zum anderen, würde geröngt, hieß Bronchitis, dann hatte er eine Lungenentzündung und lag lange im Krankenhaus, danach wieder nach Hause. Immer wieder wegen des Hustens zum Arzt, Röngtenwiederholung, wieder Diagnose Bronchtis. Auch die Idee, ein CT zu machen, kam kein Angst, ich leider auch nicht (ich selbst arbeite als 400-Euro-Kraft in einer pathologischen Praxis).

Dann im Juli 04 wurde er von der Hausärztin ins Krankenhaus eingeliefert, da die Luftnot immer schlimmer wurde, Verdacht auf Herzgeschichte. Dieses Krankenhaus stellte dann alle möglichen Untersuchungen an, von Herz über Lunge und machten auch ein CT, dort sah man endlich den Tumor 3 x 4 cm groß. Wegen des schlechten Allgemeinzustandes und des Alters meines Vater (war in diesem Jahr 80 Jahre alt geworden, wog noch 45 kg) lehnten sämtliche Ärzte eine OP, Bestrahlung oder Chemo ab.

Er wurde nach Hause entlassen und sollte sich "aufpäppeln" lassen, nur er aß nichts mehr, die Atemnot wurde fast unerträglich, er konnte nicht mehr alleine ins Schlafzimmer (1. Stock) gehen, wir machten das Schlafzimmer auf die untere Etage, für meinen Vater alles sehr schlimm....

Zwischen etlichen Krankenhausaufenthalten und später Palliativstation-Aufenthalten (alles von Juli bis Oktober 04), immer stärker werdender Atemnot und immer mehr Abmagerung, bekam dann zum Aufbau Astronautenkost, "feierte" noch den 60. Hochzeitstag mit meiner Mutter, konnte kaum aufstehen, nichts essen, schlimm....

Da er auch Diabetiker war, kam eine Sozialstation 2 x täglich um Insulin zu messen und zu spritzen. Nachdem mein Vater weiter abmagerte, meinte der Mann der Sozialstation, entweder sollte mein Vater aufgeben oder sich eine Magensonde legen lassen, nach Entscheidung meines Vaters folgte dann im Oktober die Magensonde.
Wegen dieser Setzung und bis diese funktionierte war er von Donnerstag bis Montag im Krankenhaus.
Montag wurde er entlassen, obwohl die Blasenentleerung kaum noch klappte, Sonntags fiel er im Zimmer noch hin.

Montags als er nach Hause kam, war er ein Pflegefall, konnte nicht mehr aufstehen, mußte eine Bettflasche haben, eine Pfanne, einen Toilettenstuhl, ein Krankenbett.

Die Leute der Sozialstation kamen 4 x täglich an diesem Tag, er meinte immer, er müsse auf die Toilette, kam aber nichts.

In der Nacht von Montag auf Dienstag rief meine Mutter mich und meinen Mann 5 x, da mein Vater immer die Pfanne wollte, kam immer noch nichts. An dem morgen, als die Sozialstation kam, meinte diese, die Blase sei so groß wie ein Fußball, er MÜSSE sofort ins Krankenhaus.
Dort wurde er morgens auch eingeliefert, leider war kein Bett auf der Palliativstation frei und auch der zuständige Arzt war leider in Urlaub.
Er kam in das besagte Dreibettzimmer, mit 2 "munteren" Patienten, die fERNSEHN schauten.

Als er in seinem Bett lag, war er nicht mehr bei Bewußtsein, einfach so, bei der Einlieferung in ein "koma" gefallen oder wegen dem Morphin, das konnte uns niemand sagen.

Wir konnten uns nicht von ihm verabschieden und nichts stimmte, was die Ärzte sagten, sie gaben ihm bei der Diagnosestellung noch 2 Jahre und es waren gerade mal 3 Monate.

Jedenfalls bin ich dem Krankenwagen mit eigenem Auto hinterer und plötzlich ging die Sirene an, da wußte ich, es geht um Leben und Tod.

Er starb nach 5 Stunden in diesem komaähnlichen Zustand, der Atem wurde immer ruhiger und stiller.

Ich hatte in dieser Zeit noch einen Termin in einer Uniklinik wegen meiner jüngsten Tochter und Angst, zu spät zu kommen, aber er wartete auf mich, starb, als ich ganz alleine mit ihm war.....

Er bekam die Einschulung meiner großen Tochter dieses Jahr leider nicht mehr mit...

Ich bin übrigends 40 Jahre.

Melde Dich, wenn Du magst und frage mi

Wie war die Geschichte von Deinem Vater bis er starb? Wie alt bist Du? Wie alt war Dein Vater? (Schreibe nur darüber, wenn Du möchtest !!)

herbstwind
19.09.2005, 15:57
Hallo an Euch alle,

danke für Eure Worte. Es ist für mich sehr tröstlich zu merken, es hört mir jemand zu, es weiß jemand wie es mir geht. Es gibt mir so viel Kraft, die ich im Moment dringend nötig habe.
Ich bin selbst an mittelschwerem Asthma erkrankt (etwa 3 Monate nach dem Zeitpunkt als bei meiner Mutter der Krebs diagnostiziert wurde) und je schlechter es meiner Mutter geht, desto mehr gesundheitliche Probleme bekomme auch ich.

Wißt ihr, ich habe mich schon so lange und so oft mit dem Thema "Tod" auseinandersetzen müssen und auch auseinander gesetzt.

Vor 9 Jahren ist mein Vater plötzlich an einem Herzinfarkt gestorben. Außer mir und den Ärtzten war niemand dort (meine Mutter hatte Fieber und Grippe). Es war ein ganz besch.... Geführl, der eigenen Mutter sagen zu müssen, daß mein Vater gestorben ist (ich habe keine Geschwister). Er ist plötzlich gestorben, innerhlalb von 2 Stunden, er hat nicht leiden müssen und trotz allem Schmerz, war ich dafür sehr dankbar.

Vor zwei Jahren haben wir ganze 7 Monate mit unserem jüngsten Sohn (jetzt 2 1/2 Jahre alt) auf der Intentensivstation verbracht und Wochen und Monate um sein Leben gekämpft, obwohl kaum Hoffnung bestand. Aber wir haben nicht aufgegeben. Er hat es geschafft.

Im August letzten Jahres wurde bei meiner Mutter der Krebs festgestellt und im Juli diesen Jahres bei meinem Schwiegervater.

Ich hoffe, ihr versteht mich nicht falsch, ich will nicht jammern, ich möchte nur, daß ihr mich und meine Gefühle, meine Verzweiflung besser verstehen könnt.
Ich habe mich so oft mit dem Thema "Tod" beschäftigt, daß ich auch jetzt meiner Mutter eine friedliche und vor allem schmerzlose Reise wünsche. Oh ja, ich habe losgelassen, ich habe ihr gesagt, sie kann und darf gehen, wenn es für sie so weit ist.

Das ändert aber nichts daran, dass es ihr und auch mir fürchterlich weh tut. Ich versuche ihr Kraft zu geben, sie zu tragen so viel wie sie braucht, ihr meinen unendlichen Schmerz nicht zu zeigen. Ich möchte ihr die Angst nehmen, ihr helfen ihren Weg in Frieden zu gehen.

Nur meine Kraft geht zu Ende, nach all den Jahren. Ich fühle im Moment nur noch Schwäche, Verzweiflung, Hilflosigkeit.

viel Kraft und Mut für Euch alle
Herbstwind
@ Tanne11 ebenfalls viele Grüße aus dem Westerwald

Stina
20.09.2005, 11:06
Liebe Herbstwind, mach bitte mal ein "piep", mache mir Sorgen!

Tanne11
20.09.2005, 22:05
Hier bin ich nochmal vorm zu Bett gehen...

Meiner Mutter geht es jeden Tag schlechter. Sie hat nun einen Blasenkatheter gelegt bekommen. Von sich aus redet sie gar nichts mehr. Liegt nur noch da. Die Ärzte sagen, die Metastasen (auch im Gehirn vorhanden) seien nicht gewachsen. Der Zustand im Moment komme von einem schlechten Kalium und Calcium-Spiegel im Blut. Den versuchen sie nun durch Infusionen wieder einigermaßen hinzukriegen. Die zweite begonnene Chemo wird auch nicht mehr weiter gemacht..
Ihr Anblick, wie sie da so in dem Krankenbett liegt. Erschreckend. Wie kann ein Mensch innerhalb von drei Wochen so abbauen???

Heute haben mein Vater und ich beratschlagt, welches Hospiz am besten sei.
Sie äußerte nämlich den Wunsch in ein Hospiz zu gehen. Wir dachten an Koblenz, Ev.Stift. Wer kennt dieses Hospiz?

Ich bin heute fast auf dem Berg... aber dann : :weinen:

Manchmal denke ich,
ich habe es geschafft,
habe den Gipfel fast erreicht.
Doch dann kommen die Erinnerungen wieder.
Ein Lied! Ein Wort! Ein Gedanke!
Und schon rolle ich den Berg wieder hinab.
Vergessen werde ich Dich nie!
Denn in meinem Herzen
trage ich immer noch unsere schönen Stunden,
die schönsten Stunden meines Lebens.

Mama, ich liebe Dich!
Für immer!!!


Zum Leben zu stark, aber zum Sterben zu schwach. So hätten wir uns das nie vorgestellt !

Nochmal viele Grüße aus dem wieder dunklen Westerwald in Gedanken bei Euch !!

@Herbstwind: Hast Du Lust mir zu mailen? Wer weiß vielleicht kennen wir uns und wissen es nicht ? Tanja_H@gmx.net Würde mich über Mails freuen ! :winke:

herbstwind
21.09.2005, 09:39
Hallo Stina,

da bin ich wieder, wenn auch nur für ein paar Minuten. Ich liege im Moment noch flach, weil ich gestern abend einen ziemlich schweren Asthmaanfall hatte und zum Notdienst mußte. Nun bin ich bis unter die Halskrause vollgepumpt mit hochdosiertem Kortison und das wirft mich jedesmal um. Aber es geht schon wieder einigermaßen und bis zum Mittag bin ich wohl wieder auf den Beinen (muß ja, unsere Zwerge haben ja irgendwann auch mal Hunger).

Ich habe deine Geschichte immer und immer wieder gelesen und mir sind jedesmal die Tränen gekommen. Diese Hilflosigkeit, mit der man das Leiden ansehen muß, ohne auch nur irgendetwas tun zu können, ist furchtbar. Man möchte jemanden halten und wünscht ihm gleichzeitig , daß er bald gehen kann, damit das Leiden endlich ein Ende hat.
Es ist so schwer zu ertragen, wie ein Mensch, den man liebt, den man als stark und lebensfroh kannte, plötzlich innerhalb kürzester Zeit schwach und krank wird und der Tod wirklich zur Erlösung wird.

Es hört sich jetzt vielleicht merkwürdig an, aber ich bin so dankbar, daß das alles meinem Vater erspart geblieben ist. Er ist an einem Herzinfarkt gestorben, innerhalb von 2 Stunden, noch bevor die Ärzte überhaupt richtig wußten, was er hatte. Er ist ohne Schmerzen gegangen, da er nach kurzer Zeit bewußtlos wurde. Nur seinen letzten Blick werde ich nie vergessen. Ich konnte alles darin sehen, Vertrauen,Hoffnung und Abschied, aber keinen Schmerz. Dieser Blick geht mir auch heute noch sehr nahe.
Er hat auch die Einschulung seiner Enkeklin nicht mehr miterleben dürfen; er hat seine Enkelkinder noch nicht einmal kennenlernen dürfen und das macht mich unsagbar traurig.

Ich schicke dir einen kleinen Sonnenstrahl

Herbstwind

herbstwind
21.09.2005, 09:57
Hallo Tanne11,

vieles was du erzählst kenne ich genauso. Meine Mutter hat auch einen Blasenkatheter und bekommt Bluttransfusionen und Infusionen, da die Blutwerte (d.h. Leber- und Nierenwerte) sehr schlecht sind und sie viel Wasser einglagert (ca. 8 l) hat. Durch die Schmerzmittel ist sie sehr oft wie benebelt. Sie hat kaum Appetit zwingt sich aber etwas zu essen, um nicht noch magerer und schwächer zu werden. Sie möchte eigentlich nur nach Hause. Auch ihre Chemo wurde unterbrochen und ich denke, die Ärzte werden sie wohl nicht mehr anfangen.
Seit gestern scheint sich eine leichte Verbesserung einzustellen. Die Wassereinlagerungen gehen langsam, sehr langsam wohl etwas zurück und der Arzt hat bestätigt, daß die Blutwerte sich ein wenig gebessert haben und die Nieren wieder besser arbeiten.
Wir können eigentlich nur abwarten und sehen was passiert. Meine Mutter läßt den Kopf nicht hängen und sagt immer: " Es geht schon" und wenn ich sie dann so blaß und mager und schwach im Bett liegen sehen, dann könnte ich schreien.

Sie möchte nicht in ein Hospiz, was ich voll und ganz akzeptieren kann. Es ist alleine ihre Entscheidung, obwohl auch ich mich mit diesem Thema ab und an befasse.

Weißt Du was mich wirklich fertig gemacht hat? UnsereTochter (6 Jahre) fragt immer wieder nach der Oma. Sie weiß, dass die Oma sehr krank ist und wahrscheinlich sterben wird. Ihr Antwort hat mich wirklich umgehauen: " Mama, dann will lieber ich sterben als die Oma, ..." Ich kann auch jetzt dazu noch nichts sagen.

Viel Kraft für Dich

Herbstwind (die im Moment einen winzigen Sonnenstrahl am Himmel sieht)

P.s. Mail folgt noch

Tanne11
21.09.2005, 15:00
Hallo Herbstwind !

Morgen fahre ich wieder zu meiner Mutter. Bei uns ist das oft ein kleines organisatorisches Problem. Ich möchte unsere beiden Söhne (3 1/2 und 1 1/2 Jahre) natürlich meiner Mutter nicht vorenthalten. Aber seit meine Mutter so "scheinbar abwesend" im Bett liegt, "ignorieren" sie sie beide.
Springen nur im Zimmer rum und rappeln an allen möglichen Sachen rum.
Nun habe ich für morgen eine Lösung gefunden und werde am Mittag nach Koblenz fahren. Mein Vater kümmert sich rührend um meine Mutter. Ist täglich dort und füttert sie mittags. Viel ißt sie nicht, aber immerhin etwas.
Rein äußerlich wirkt meine Mutter alles andere als schwach. Sie ist groß und kräftig. Aber das Gesicht fällt immer mehr ein.
Mal sehen wie's weitergeht. Ich habe Angst anderen Leuten zu begegnen, die auch meine Mutter kennen. Sie fragen: "Wie geht's der Mama" und "was sagt sie so?" Ja was soll sie sagen? Sie kann nicht mehr so richtig.

Unsere Kinder können das in ihrem Alter noch ganz gut verarbeiten und vielleicht auch "vergessen". Aber Deine Tochter mit 6 Jahren hat schon ganz andere Vorstellungen und kann viele Folgen besser überblicken:

Den eigenen Tod den stirbt man nur, mit dem Tod anderer muß man leben..

Viele Grüße aus dem sonnigen Westerwald (ich pflücke mir einen Sonnenstrahlund habe wieder ein bißchen mehr vom Leben)

Tanja

herbstwind
06.12.2005, 21:59
.....ich kann nicht mehr und doch mache ich weiter, weil ich nicht anders kann ........

Stina
07.12.2005, 10:14
Liebe Herbstwind, wie erging und ergeht es Dir? Ich mußte oft an Dich denken. LG

Heidi D-K
07.12.2005, 19:57
Liebe Herbstwind,
deine Geschichte berührt mich sehr, habe ich doch den Weg meiner Mami genau so erlebt wie du.
Wie geht es deiner Mutter? Und wie geht es dir?


Heidi
Meine Mami hat sich am 12.11.05 auf den Weg zum Regenbogen gemacht. Ich hoffe, es geht ihr jetzt besser.

purzel
07.12.2005, 23:05
lieber herbstwind,
ich verstehe dich nur zu gut. geht es mir doch im moment genauso. meine mutsch kämpft seit ca. 30 jahren mit der diagnose "brustkrebs". beide seiten wurden amputiert. seit ca. 8 jahren hat sie das urteil unheilbar... meine mutsch ist ein medizinisches wunder und hat mit ihrer stärke immer wieder geschafft, augenscheinlich hoffnungslose situationen zu überstehen. ich ziehe meinen hut vor ihr !!!

jetzt, seit ca. 4 wochen geht es kontinuierlich bergab. und es tut so weh zu sehen, wie diese starke frau zerfällt.... mindestens genauso weh tut es mir, meinen papa zu sehen, der auch an der situation schier verzweifelt. meine eltern sind seit fast 50 jahren verheiratet und ich glaube, dass mein vater nicht weiss, wie er ohne meine mutsch leben soll. leider ist auch meine schwester schwer krank (pflegefall), dies wird meinen dad sicher dazu bewegen, weiterhin "durchzuhalten".

es tut so weh, die eigene mutter zu verabschieden. auch mein dad sagt, dass meine mutti nicht mehr will und man das wohl auch verstehen kann. aber er hat dabei geweint... und ich auch. wir sind beide der ansicht, dass mutti zum sterben nach hause kommen soll. sowohl mein schwager als auch mein dad sind immer daheim (wg. meiner schwester) und könnten auch meine mutter versorgen. ich würde dann schauen, dass ich die beiden zumindest zeitweise entlasten kann (muß ansonsten vollzeit arbeiten). ggf. kann man ja auch die hilfe von pflegediensten in anspruch nehmen.

ich habe be mir erlebt, dass es meine eltern unendlich freut, dass ich einfach nur da bin. ich bin sicher, dass spürt auch deine mutter!!!

ich hoffe, das war jetzt nicht zu konfus (bin selbst grad in einer ziemlichen ausnahmesituation) und wünsche dir alle kraft, die du benötigst!

liebe grüße,
purzel

herbstwind
17.12.2005, 18:58
Meine Mama hat heute nachmittag den Regenbogen erreicht.....

Herbstwind

Stina
17.12.2005, 20:42
Lieber "Herbstwind", ich schicke Dir meine aufrichtigen Wünsche. Ich kann mir vorstellen, wie Du Dich jetzt fühlst. Wenn Du möchtest, maile mich einfach privat an, falls Du "reden" möchtet. Ganz herzliche Grüße Petra

purzel
17.12.2005, 21:28
liebe, liebe herbstwind,
es tut mir so leid für dich und ich weiß nicht, was ich dir jetzt schreiben soll.... ich bin in gedanken bei dir und dem schönen bild vom regenbogen, dass du mir geschenkt hast.
ich sehe deine mutti über den schönen regenbogen gehen und ihr könnt ihr nur hinterhersehen. ich wünsche dir und deiner familie ganz viel kraft, die nächste zeit zu überstehen.
ganz liebe grüße von purzel,
die sich wünschen würde, dass sie mehr worte finden würde.

teufelchen_26
19.12.2005, 13:08
Hallo,

es ist schön zu hören, daß es auch andere Leute gibt, die die gleichen Probleme haben wie ich.
ich fühle mich manchmal wie ein alien. ;-)

meine mama verlässt uns auch bald und es tut mir weh. ich denke sie will gar nicht aber sie muß wohl. ich habe gehofft in den letzten 2 jahren ihrer krankheit... gebetet alles, aber nun muß ich wohl einsehen, daß es wenig bzw. keine hoffnung mehr gibt...
ich bin verzweifelt... und muß trotzdem irgentwie weiter leben...
ich denke dass sie bald nicht mehr kann. sie ist ans bett gefesselt, kann gar nicht mehr laufen und hat starke schmerzen. manchmal denke ich dass es besser für sie wäre..


gerade jetzt an weihnachten ist es am schlimmsten... ich werde sicher weinen wenn ich sie wieder sehe, denn sie wohnt zu weit weg um sie öfters zu besuchen... ich wünschte ich könnte öfters bei ihr sein... sie fehlt mir..

teufelchen

purzel
19.12.2005, 22:05
liebes teufelchen,
du bist ganz bestimmt nicht allein. ich kann dich sehr gut verstehen. es ist sooo eine schwere situation, wenn die eigenen eltern langsam weniger werden. habe selber gerade wieder ein bisschen hoffnung und kann dir deshalb antworten. das sah die letzten tage auch schon ganz anders aus.

ich kann dir nicht wirklich helfen.... außer dir zu sagen, dass ich immer ein offenes "internet-ohr" für dich habe. mir selbst hat es sehr geholfen, hier einfach drauflos zu schreiben und mal alle gedanken, ängste und hoffnungen loszuwerden. allein das schreiben und damit das auseinandersetzen mit der situation war schon hilfreich. hier findest du immer jemanden, der mit dir fühlt... und das ist ja im "normalen" freundeskreis wirklich nicht selbstverständlich.

ich wünsche dir alles liebe,
purzel

teufelchen_26
20.12.2005, 17:06
danke purzel

ich freue mich für dich, das es dir besser geht. jede hoffnung ist schön, allein das man weiß daß es weiter geht...

meist verändert sich seine eigene stimmung mit der stimmung des patienten. wenn sie traurig ist bin ich auch traurig... wenn sie mal lacht, steckt sie sofort jeden an. leider hat sie zur zeit nicht viel zum lachen gehabt.

ich hoffe sie hält wenigstens weihnachten noch durch. sie freut sich doch so darauf. sie bekommt jetzt schon schlecht luft. zum arzt will sie auch nicht mehr... kann ich aber verstehen.. sie war bei so vielen...

ich glaube, daß es noch ein schwerer weg wird, aber er wird nicht mehr lange dauern. ich versuche damit klar zu kommen. ich muß sagen, daß ich im moment lieber damit alleine bin... ich habe freunde die mir helfen, aber es kann niemand wirklich. ich rede lieber mit meiner schwester, die weiß wie ich mich fühle...

ich wünsch dir nur das beste und daß alles für dich gut wird

teufelchen