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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Ich habe gestern meine liebe Frau beerdigt!


Dieter1712
04.02.2006, 11:33
Liebe Forenteilnehmer/innen!

Ich habe hier länger mitgelesen und glaube, dass ich mich hier gut aufgehoben fühlen kann.

Kurz zur Krankengeschichte meiner verstobenen Marina:
Wir kannten uns seit 1989 und lebten mehr als 13 Jahre zusammen.
Im Sommer 2004 hatte sie des öftern Schmerzen im Bauch, konnte oft nicht viel essen ( sie hatte seitdem ich sie kenne "Bauchprobleme).Im August 2004 ging sie zu ihrer Ärztin, die zunächst auf Magenschleimhautentzündung tippe (Wurde ebenfalls im Jan. 2004 bei einer Magenspiegelung diagnoztiziert und mit Erfolg behandelt). Nach einer weitern Magenspiegelung konnten keine Hinweise darauf gefunden werden, ebenfalls wurde bei einem CT keine Hinweise auf irgendetwas gefunden, der Artzt beglückwünschte sie noch, da brachen sie sich keine Sorgen machen: Alles ok. Es würde dann noch eine Darmspiegelung durchgeführt. Dabei stellte man eine Verengung des Dickdarms fest. Proben wurden entnommen. Freitag ins Krankenhaus: Kontrastaufnahmen des Dickdarms. Ergebnis: hinter der ersten Stelle gab es weiter Verengungen!

Montag Operation und das niederschmetternde Ergebnis. Der Chirug: Es sieht schlecht aus, Der gesamte Bauchraum/fell wie mit Puderzucker mit Tumorzellen bestreut. Lebenserwartung ?
Histologie: Siegelringzellen, bla, bla.... Aufgrund der Histolie Magenkrebs, zumal ein Teil der Magenwand verdickt war. Einen eigentlich sichtbaren Tumor hat man nicht gefunden
Es war damals eine ziemlich besch... Zeit, ich stand die ganze Zeit neben mir, war die ganzen Tage im Kranken haus und habe viel im Internet recherschiert: Mir/uns wurde Klar, dass es für dieses Stadium aus medizinischer Sicht keine Heilung gab, aber wir haben gekämpft! Natürlich lag Chemo an! Cisplatin/5FU.
Durch die Recherchen im Netz sind wir auf eine Studie an der Charité gestossen: Verabreichung der Chemo unter Hypertermie unter MRT-Kontrolle!
Die erste Chemo erhielt Marina hier in Münster, die weitern in Berlin alle 2 Wochen. Für uns waren dies immer schöne Ausflüge und wir haben uns in dieser Zeit in Berlin verliebt, hätten uns vorstellen können dort zu wohnen.
Eine Freundin von Marina lebt in Berlin, wir konnten dort schlafen und haben uns immer darauf gefreut. Die Behandlung lag immer auf einem Montag, sodass wir oft ein ganzes Wochenende in Berlin verbringen konnten: Ausgehen, Stadtbummel usw.
Marina ging es in dieser Zeit relativ gut, die Chemo hat sie gut vertrage, bis auf die "Schlappheit" von Donnerstag bis Samstag.
Wir haben uns immer Ziele gesetzt, die uns erreichbar schienen, und die wir dann tatsächlich erreicht haben: Valenzia (meine Tochter lebte zu dieser Zeit dort), Allgäu im Schnee, Norderney, Besuch ihrer kleinen Nichte, ein "langes" Wochenende in Berlin und die vielen kleinen Ziele.
Probleme bereiteten die Nieren, so dass im Mai Cisplatin abgesetzt wurde und mit Taxotere weitergemacht wurde. Staging im Mai: Keine Veränderung, Tumormarker stabil bzw.leicht fallend: (CEA 10:, CA19/9: 62, CA72/4: 2,4):

Wir hatten Hoffnung, dass die so bleibt!

Im Juli sind wir dann auf eine Studie mit Antikörpern "removab" gestossen , Sie begann im Oktober 2004. Ich will hier jetzt nicht so viele zu dieser Studie schreiben. Die Ergbnisse der "Vorstudien" machten uns sehr grosse Hoffnungen.

Leider verschlechterte sich Marinas Zustand im Laufe der Zeit! Sie konnte nicht mehr bei sich behalten, musste sich 3-5 am Tag übergeben (Diagnose: Dünndarmverschluss), egal ob sie was ass oder nicht. Sie wurde immer schwächer trotz künstlicher Ernährung, magerte von 46 kg (was ihr Normalgewicht war) auf 38 kg ab, konnte nur noch kurze Strecken laufen.
Anfang Nov. war sie 2 Wochen zuhause, aber ihr Zustand verbesserte sich nicht, dann wieder Krankenhaus 2 Wochen bis 14.12.04. Am 19.12. Krankenhaus in Münster (Port musste wegen Entzündung gewechselt werden) zu weiteren Untersuchungen. Am 23.12. wurde für den 27.12. eine Umgehung des Darmverschlusses geplant; am 26.12. brach Marina zusammen und bekam heftige Schmerzen und Morphium (das 1. Mal), wurde in ein Einzelzimmer,verlegt (dort konnte ich dann rund um die Uhr bei ihr sein auch schlafen); wegen ihres Zustandes rieten die Ärzte von der OP dann ab. Am anderen Tag stellten sie dann "freie Luft" im Bauchraum fest und vermuteten, dass der Dünndarm porös sei, jetzt stellte sich die Frage: Doch OP? Nach langer Disskussion mit den anderen Angehörigen und Freunden, wollten wir dann doch die OP, weil wir wussten, dass Marina das auch gewollt hätte, was sie auch im Nachhinein bestätigte (Marina war seit dem 16.12. nicht ansprechbar). Es wa reine harte Zeit, da Marina 2 Tage nicht ansprechbar war und unter schrecklichen Alpträumen litt.
Ergebniss der OP: OP nicht möglich, starke Verwachsungen im gesamten Bauchraum, sodass "keine Struckturen" zu erkennen waren. Rückenmarkpunktion zur Schmerzbehandlung.
Am 29.12 wurde sie dann wach, und ich sagte ihr, dass uns nur noch kurze Zeit zusammenbleibt. Wir haben dann mit vielen Freunden und den Angehörigen am 31.12. Syvestergefeiert und Marina war wieder die "Alte", viel Lachen und Spass, obwohl sie wusste, dass ihre Zeit abläuft. Es waren immer viele Leute da und wir hatten in den nächsten Tagen viel Spass miteinander.
Am 31.06. wurde dann ein neuer Port eingesetzt, damit sie besser Medikamente und künstliche Ernährung bekommen konnte. Wir hatten immer noch hoffnung!
Nach der Port-OP war Marina wiedr ein paar Tage kaum ansprechbar und sie baute immer mehr ab, hatte kaum noch Kraft, konnte nicht mehr sitzen, geschweige denn aufstehen, ihre geistigen Fähigkeiten wurden auch weniger.

In der Zwichenzeit nahm ich Kontakt zum Hospiz auf, das hatten wir soabgesprochen und am 12.1. zogen wir ins Hospiz. Dort starb dann Marina friedlich am 17.1. um 7.55 Uhr ein.

Wir haben die gesamte Zeit dieser Krankheit gemeinsam durchgestanden, habe fast alle Arzttermina gemeinsam gemacht ud habe die letzten 5 Wochen rund um die gemeinsam verbracht.
Im Nov. 2004 haben wir geheiratet - es war wirklich der schönste Tag sowohl in ihrem als auch in meinem Leben.
Durch diese Krankheit haben wir unsere Beziehung nochmals intensiviert, ich habe viel von Marina gelernt: ihre Zuversicht, ihr positives Denken, ihren Humor, trotz der besch... Situation, ach ich könnte noch mehr schreiben.
Kurz, ich bin ihr unendlich dankbar, dass sie mir ein Drittel ihres Lebens geschenkt hat, dass ich sie während der Krankheit begleiten durfte, dass ich in ihrer letzten Minute bei ihr sein durfte.
Sie starb an einem verregneten Morgen mit 47 Jahren, den Sonnenschein durfte sie noch am 15.1. draußen geniessen. Sie wollte den Regen nicht mehr sehen!
Gestern war die Beisetzung und was passierte: Es schneite, der Friedhof (ein Waldfriedhof) sah wunderschön aus. Es passte zu ihr. Sie hatte schon immer ein Gespür für perfektes Timing.
Ich werde gleich zu ihrem Grab fahren und ein bisschen Zwiesprache halten.

Sie fehlt mir unendlich, sie war meine große Liebe, jetzt ist sie "nur" noch in meinem Herzen!

Am Montag fliege ich für 1 Woche mit meiner Tochter und ihem Freund nach Valenzia, um wieder, wie schon länger geplant, nach Münster zurückzukehren, Die Beiden haben mir in den letzten 5 Wochen sehr geholfen , mich unterstützt, waren jeder Zeit, wie viele andere auch, für mich und Marina da.
Ich bin ihnen sehr, sehr, dankbar.

Ich werde mich bzw.habe mich auf den Weg der Trauer gemacht, und weiss, dass es ein Leben nach Marina gibt: Sie wollte, dass" ich nicht traurig bin, nur ein bisschen", dass ich ein glückliches Leben nach ihr lebe, und ich weiss, dass sie mir die Kraft dazu geben wird! Noch ist alles traurig, aber es ist auch eine Chance.

Ich habe viel von ihr gelernt und hoffe, auch dieses in meinem Herzen bewahren zu können.

Dieter

AndreaS
04.02.2006, 12:16
Lieber Dieter,

Es tut mir sehr leid, dass auch Marina und du diesen Kampf verlieren musstet.

Ich habe deinen Beitrag sehr aufmerksam gelesen und freue mich, dass du uns ein wenig an eurem Leben teilhaben lassen willst. Aus meiner Sicht, ist dieses Forum ein sehr guter Weg, zu lernen mit dem Schmerz und der Verzweiflung, die anfangs alles bestimmt, umzugehen.

Ich denke, du hast den Weg bereits sehr gut begonnen, denn du hast es geschafft, Mut und Zuversicht in deine Zeilen zu legen. Du wirst Marina in deinem Herzen behalten wie einen kostbaren Schatz und das, was du von ihr gelernt hast, wird dir helfen, den Weg alleine und doch niemals ohne sie weiterzugehen.

Ich würde mir wünschen, dass du uns noch mehr erzählst. Dass du auch schreibst, sollte die Zuversicht einmal ganz weit weg sein. Vielleicht gelingt es dem ein oder anderen, dich ein wenig aufzufangen und zu unterstützen. Es ist nicht viel, was wir hier in unserer Anonymität tun können, aber manchmal reicht ja schon die Gewissheit, dass jemand zuhört.

Ich wünsche dir viel Kraft auf deinem neuen Weg.

LG
Andrea

Dieter1712
04.02.2006, 12:47
Hallo Andrea,
Danke für Deine Worte!

Ich werde hier sicherlich noch viel schreiben!

Eines nur noch, ist mir gerade unter Dusche durch den Kopf gegangen:

Wichtig bei dem "Kampf" gegen den Krebs, der ja immer mehr Menschen betrifft:

Neben dem Kampf nicht die schönen Seiten des Lebens vergessen.

Geniesst jeden Tag, den Ihr mit dem/der Lieben habt, auch wenn Euch der "Alltag übermannt"! Das gehört dazu.

Habt Hoffnung, aber vergesst nicht, dass die "Aussichten" bei den meisten Krebsarten nicht gut sind!

Achtet auf die Lebensqualität der/des Kranken, und auch auf die eigene! Ihr braucht Eure ganze Kraft, um das durchzustehen.
(Marina hätte, wenn sie weiter im Krankenhaus geblieben wär, sicherlich noch etwas länger gelebt, vielleicht ein paar Tage oder etwas mehr, aber um welchen Preis. DAS wäre MEIN EGOISMUS gewesen!)

Nehmt rechtzeitig und in aller Ruhe Abschied, auch wenn Ihr die Hoffnung habt, den Kampf zu gewinnen, vielleicht geht irgendwann alles zu schnell, und Ihr habt keine Zeit mehr!

Setzt Euch kleine, überschaubare und vor Allem realistische Ziele, die erreicht werden können!

Bezieht Eure Freunde in Euer Leben ein! Ihr werdet sie brauchen in dieser schweren Zeit und danach.

Denkt an Heute und nicht "Was ist dann und dann?" ( Ich habe am Anfang mich viel mit dem Gedanken beschäftig: Was ist, wenn Marina Tot ist? Die Beschäftigung mit dieser Frage hat mir den Blick auf die Gegenwart verstellt, weil ich immer nur in der Angst vor der Zukunft gelebt habe. Es kommt doch anders alls man denkt! Wir wissen nicht, wie wir in Situationen reagieren, die wir noch nicht erlebt habe! Wir haben Phantasien, aber die sind nicht Reraltät!)

Die verdammte Frage nach dem Warum oder "was wäre gewesen, wenn ...? hilft nicht weiter und führt zu nichts.

Ich weiss, dass ich/wir alles richtig gemacht haben: Ich würde ALLES noch mal genauso tun! Es gibt tausend Möglichkeiten mit dieser Krankheit umzugehen, aber ihr habt Eueren Weg gewählt, UND DIESER EURER WEG WAR RICHTIG!

Ihr seid der für Euch wichtigste Mensch, auch wenn es sich in der jetzigen Situation zynisch anhört! Ihr lebt! Und Ihr müsst Euer Leben weiterleben auch ohne Eueren Lieben. Und ich bin überzeugt, dass es irgendwann wieder geht. Ich kann es mir im Moment auch nicht vorstellen! ( Ich muss die Lücken auf allen Ebenen, die Marina hinterlassen hat, schliessen, auch wenn ich es mir heute noch nicht vorstellen kann. Ich muss die Wohnung wieder zu meiner Wohnung machen ( Marina ist vor 13 Jahren hier eingezogen), in der ich mich auch alleine wohlfühle. ).


Dieter

AndreaS
04.02.2006, 13:24
Geniesst jeden Tag, den Ihr mit dem/der Lieben habt, auch wenn Euch der "Alltag übermannt"! Das gehört dazu.


...und am besten nicht erst, wenn man von einer Krankheit weiß.

Bei uns war seltsamer Weise schon ganz lange, bevor wir selbst betroffen waren, der Tod Thema. War es eine Ahnung? Ich weiß es nicht, bin jedoch heute sehr froh darüber, dass vieles gesagt wurde, was mir später Entscheidungen erleichtert hat. Wir haben auch zum Glück unser Leben sehr intensiv gelebt, oftmals auch gegen die Vernunft gehandelt, so z.B. mit den Kindern mehrwöchige Urlaube verbracht, statt höhere Raten auf das Haus zu tilgen, u.s.w. Dieses Wissen, dass wir nichts verschoben haben auf ein später, das mein Mann heute nicht mehr erleben darf, macht mich glücklich.

Uns war es auch vergönnt, das Krankenhaus bis auf die notwendige OP zu meiden. Die Kinder und ich waren dabei, als mein Mann und ihr Papa starb, bei uns zu Hause, so wie wir es uns immer gewünscht hatten.

Auch ich habe diese Zeit der Krankheit als die intensivste und innigste unserer Beziehung erlebt. Es entstand eine Nähe, die im "normalen" Alltag vielleicht nicht so intensiv zu spüren ist. Leider war der Krankheitsverlauf dermaßen schnell, dass es uns in dieser Zeit nicht mehr möglich war, uns noch viel schöne Auszeiten zu nehmen. Der Garten war schon nur noch mit höchster Mühe erreichbar. Er hat sich "beeilt" mein Mann und ist somit seinen Vorsatz treu geblieben, dass er so nicht hätte leben wollen. Und diesen Wunsch verstehe, akzeptiere und respektiere ich, auch wenn er mir jetzt sehr fehlt.

Ich glaube auch nicht, dass wir heute etwas anders machen würden. Auch die Dinge (z.B. Therapie), die ich ihm heute ersparen würde - und er sich selbst zuerst - waren notwendig und aus damaliger Sicht richtig, denn es war der Strohhalm, nach dem wir gegriffen haben. Mit dem Wissen heute, danach, kann man gut denken: Hätten wir besser gelassen.

LG
Andrea

shalom
04.02.2006, 13:48
Lieber Dieter,,
Du sprichst wie ein langjähriger verständnisvoller "Freund" in der Trauer, so als wenn wir uns ein Leben lang kennen würden und uns ausgetauscht hätten.

Ihr habt Euch glücklich gemacht und die gemeinsam verbleibende Zeit Hand in Hand in Liebe erlebt. Das kann Dir niemand nehmen.

Vieles, was Du schilderst, ist ach so ähnlich bei uns abgelaufen (vielleicht hast Du ja auch meinen Thread ein wenig verfolgt). Es ist nun schon 5.5 Jahre her.

Nach den ersten Schocks ("es ist Krebs") 1996 waren uns noch fast drei beschwerdefreie Jahre vergönnt, die wir sehr intensiv erlebt haben ( Es waren die intensivsten und schönsten Jahre unserer mehr als 30 jährigen Ehe). Auch mehrere wunderschöne USA Reisen waren dabei.

An diese glücklichen Erlebnisse lohnt es immer wieder sich zu erinnern, als wir da und dort unsere Glücksgefühle und Lebensfreude ausgetauscht haben. Ich erinnere mich so gerne an meine verstorbene Frau. Sie war ein so wichtiger Bestandteil meines Lebens.

Darf ich Dich einfach still ein wenig begleiten, wenn Du Deinen eigenen Weg beschreitest ?

Ich wünsche Dir alle Kraft die Du brauchst.

Shalom

Sonne79
04.02.2006, 15:14
hallo dieter!

deine zeilen haben mich sehr bewegt,vielen dank für deinen beitag!ich habe am 6.1.06 nach 2 1/2 jahren auf und ab meine mutter mit 52 Jahren verloren die den kampf gegen den darmkrebs nicht gewinnen durfte. trotzdem werden diese menschen in unserem heruzen weiterleben und die erinnerungen an schöne tage und stunden kann uns keiner nehmen, und wenn auch manches in der erinnerung verblasst mit den jahren werde ich zumindest alles schöne was ich mit meiner mutter erlebt habe nie vergessen.
sich zu fragen warum wieso weshalb ist zermürbend und niemand kann uns eine antwort geben.aber wirklich an das schöne zu denken ist viel wertvoller, wenn zugleich auch oft sehr schmerzhaft.

auch meine mutter hätte wie deine frau nicht gewollt dass wir zu sehr trauern, trotzdem muss es sein.
ich bin mir sicher dass deine frau sehr stolz auf dich ist,wo auch immer sie ist.

ich wünsche dir alles gute, bewahre deine erinnerungen in deinem herzen!

es grüßt dich sonne

GEP
04.02.2006, 22:23
Lieber Dieter,

mein herzlichstes Beileid zum Tod Deiner Frau.
Ich werde mich bzw.habe mich auf den Weg der Trauer gemacht, und weiss, dass es ein Leben nach Marina gibt: Sie wollte, dass" ich nicht traurig bin, nur ein bisschen", dass ich ein glückliches Leben nach ihr lebe, und ich weiss, dass sie mir die Kraft dazu geben wird! Noch ist alles traurig, aber es ist auch eine Chance.

Ich wünsche Dir, das es Dir besser gelingt als mir.

Liebe Grüße
Gerhard

Anemone
04.02.2006, 22:58
Hallo lieber Dieter,
ich bin heute zum ersten Mal in diesem Forum, habe in den letzten 3 Monaten im Forum "Bauchspeicheldrüsenkrebs" gelesen und geschrieben.
Mein lieber Mann ist vor vier Wochen an dieser schrecklichen Krankheit gestorben.
Du hast hier so viele gute Gedanken geäußert. Vieles von dem, was Du schreibst, haben mein Mann und ich auch durchlebt und durchlitten. Mein Mann war 65 Jahre alt, ich bin 61, wir waren seit 41 Jahren verheiratet. Die Diagnose bekamen wir im März letzten Jahres, und es stand von Anfang an fest, dass es keine Heilung mehr geben kann.
Die Chemotherapie bewirkte, dass es ihm bis ca. Anfang November 2005 noch einigermaßen erträglich ging. Er musste auch nach dem März 2005 nicht mehr in die Klinik, es konnte alles ambulant durchgeführt werden und ich bin immer bei meinem Mann gewesen. Ab November wurde er immer schwächer, richtig bettlägerig und im eigentlichen Sinn "pflegebedürftig" war er aber nur 3 Tage, in denen er dank Morphium-Spritzen seine Schmerzen einigermaßen ertragen konnte. Am 10. Januar ist er dann friedlich in meinen Armen eingeschlafen.
Wir haben unsere letzten gemeinsamen Monate sehr intensiv erlebt. Es gab Zeiten großer Verzweiflung, wo wir nur noch zusammen geweint haben, aber wir haben uns noch alles sagen können, was für uns wichtig war.
Ich denke, dass ich daraus heute trotz aller Trauer Kraft schöpfen kann. Dummerweise habe ich manchmal so etwas wie ein schlechtes Gewissen, weil ich momentan das Gefühl habe, dass ich mich selbst ab und zu ein bißchen verwöhnen muss. Ich brauche immer einen schönen Blumenstrauß im Haus, gönne mir mal ein Gläschen Wein und höre schöne Musik.
Warum hab ich dabei ein schlechtes Gewissen??? Meinem Liebsten würde es wahrscheinlich gut gefallen.
Die schrecklich traurigen Momente mit vielen Tränen kommen dann wieder von ganz alleine, aber ich denke, das ist auch wichtig.
Ich habe glücklicherweise eine wunderbare Familie (zwei Kinder, Schwiegerkinder, drei Enkelchen, Bruder) und sehr, sehr liebe Freunde, die sich während der letzten Monate rührend um uns Beide gekümmert haben und auch jetzt immer für mich da sind.
Ich hoffe, noch ab und zu von Dir und anderen zu hören, wie Ihr die schwierige Zeit, die uns allen noch bevorsteht, meistert.
Liebe Grüße,
Anemone

Dieter1712
05.02.2006, 08:43
@ Alle,

vielen Dank für die lieben Worte!

Ich war gestern das erste Mal bei Marinas Grab nach der Beisetzung.

Seitdem habe ich einen ziemlichen Durchhänger. Es war alles so unwirklich. Mir ist so richtig bewusst geworden: " Ich gehe zum Grab meiner Frau. Das ist doch nicht wahr!!"
Irgendwie scheint es zu sein, als wenn die Seele noch nicht begriffen hat, was passiert ist. Ich stand am Grab fast eine Stunde und bekam keine Verbindung zu dem, was ich da sah. Es war so irreal! Was mache ich hier eigentlich? Ds kann doch nicht wahr sein, dass ich diesen Weg gehen muss!
Fürchterlich!
Ich weiss, dass ich Zeit brauche ( das sagt mein Verstand ), aber meine Seele schreit!!
Ich möchte, dass mein Wissen endlich ankommt in meiner Seele.

Ich hatte gestern Abend mit der Mutter von Marina telefoniert, der ging es ähnlich, hat den ganzen Abend geweint.

Zum Glück konnte ich die letzte Nacht besser schlafen. Die Nacht vorher konnte ich schlecht einschlafen und die Gedanken kreisten, es kamen die unterschiedlichsten Bilder und bin mit einem Sch...gefühl aufgewacht.
Es ist so unbegreiflich, dass Marina nicht mehr wiederkommt!!

Dieter

Dieter1712
05.02.2006, 08:46
@Annemone

im Moment kann bei mir von "Meistern" keine Rede sein! Siehe oben!

Allen viel Kraft! :pftroest: :pftroest: :knuddel: :knuddel:

Dieter

Anemone
05.02.2006, 16:43
Hallo lieber Dieter,
ich glaube, auch diese Gefühle gehören zum "Meistern" der Trauer. Ich war vor einer Stunde mit meinen beiden Enkelkindern (6 und 8) am Grab meines Mannes. Es ging mir wie Dir, ich dachte, es kann nicht wahr sein. Er war jetzt lange genug weg und es wäre schön, wenn er nun wieder zu mir käme. In diesem Moment sagte meine Enkeltochter: Oma, ich wäre so froh, wenn der Opa wieder bei uns sein könnte.
Diese Gedanken werden uns wohl noch lange begleiten. Der Verstand ist eine Sache, die Seele etwas ganz Anderes.
Mit dem Schlafen habe ich z. Zt. auch große Probleme. Wenn ich endlich eingeschlafen bin, habe ich oft Alpträume (meistens suche ich meinen Lieben in einer riesigen Menschenmenge und kann ihn einfach nicht finden.
Ich wünsche Dir und allen, denen es so ähnlich geht wie uns, viel Kraft.
Anemone (momentan sehr niedergeschlagen!)

Wolke
06.02.2006, 11:16
Lieber Dieter,

auch wenn du jetzt niedergeschlagen bist und meinst in deiner Seele ist noch nicht alles angekommen, so fand ich doch deinen ersten Beitrag in diesem Thread hier trotz des traurigen Anlasses sehr schön.

Vielleicht liest du dir nochmal deine positiven Worte durch, wenn es dir nicht so gut geht ;)

Klar ist, dass das alles Zeit braucht um verarbeitet zu werden. Aber ich bin mir sicher, dass du das meistern wirst.

Viel Kraft auf deinem Weg wünsche ich dir

Liebe Grüße Wolke :winke:

Dieter1712
10.02.2006, 13:41
Hallo,
ich bin jetzt in Valencia mit meiner Tochter ind ihrem Freund!
Es ist eine Abschiedsreise von dieser wunderschoenen Stadt UND VON MARINA mit der ich 3x hier war, um meine Tochter zu besuchen.
Ueberall tauchen hier die Erinnerungen, Plaetze und Situationen auf, an denen und in denen ich weinen muss!
Es tut zwar gut, aber es tut auch unendlich weh, dieses :

NIE WIEDER werde ich solche oder aehnliche Erlebnisse mit Marina erleben koennen.
Dieses Wissen von NIE WIEDER ist einfach unertraeglich! und unbegreiflich!

Ich habe oft gesagt, sag niemals nie!
Jetzt muss ich es aber sagen, und das ist einfach unbegreiflich!! Und so irreal!

Sonntag fahren wir wieder nach Hause in die "gemeinsame" (?) Wohnung!
Es wird sehr leer sein. Marina ist nicht da und wartet. NIE WIEDER!

Dieter

Dieter1712
19.02.2006, 08:47
Hallo,

ich muss mich mal wieder melden!

Ich bin jetzt seit Montag wieder zu Hause und der Alltag hat wieder angefangen!

Grauenhaft, nichts ist so, wie es mal war, ich gehe arbeiten, aber es fällt mir schwer, mich auf meine Aufgaben zu konzentrieren, ich möchte nach Hause, aber wenn ich zu Hause bin, will ich wieder weg, weil mir die Decke auf den Kopf fällt, ich besuche meine Freunde und will wieder weg, ich kann nichts geniessen, mir macht nichts mehr Spass!
Ich fühle mich alleine, obwohl ich jeden Abend unterwegs bin, ich fühle mich einsam, obwohl ich unter lieben Menschen bin. Immer ist Marina in meinem Kopf!
Es ist so schlimm, alleine in der Wohnung zu sein, in die Wohnung zu kommen und zu wissen, dass sie nicht da ist, nicht kommen wird, NIE WIEDER.
Ich versuche, mich zu beschäftigen, um die Zeit totzuschlagen, muss mich dazu zwingen, was zu machen. Marina hat mich verlassen und ich komme nicht klar damit. Ich bin traurig, weil ich mich so alleine und und einsam fühle.
Wann kommt der Spass am Leben wieder zurück, ich möchte mal wieder was machen, wo ich wirklich Spass empfinde. Immer nur ablenken, um die Zeit rum zu bekommen und der Langeweile zu entgehen.
Irgendwann ( 1-2 Uhr) schlafe ich ein bei laufendem Fernseher, morgens um 7 werde ich wieder wach und es geht weiter. Ich kann einfach nicht länger schlafen und fühle mich nie ausgeschlafen, aber ich kann nicht länger schlafen!
Meine Freunde ebenso wie meine Tocher kümmern sich rührend um mich, aber es wird nicht besser! Ich möchte über Marina reden, aber wenn ich es tue will ich es auch nicht. Es sind so viele sich widersprechende Gefühle, die mich zermürben.
Im Kopf ist mir alles klar, aber meine Seele kommt nicht klar damit, es kommt einfach nicht an!
Ich vermisse meine Marina!
Ich habe, bevor ich Marina kennengelernt habe vor 16 Jahren, länger alleine gelebt und es hat mir gut gefallen, warum geht das heute nicht?
Meine Lebensplanung ist völlig hin, weil wir gemeinsam alt werden wollten, aber diese besch... Krankheit ist dazwischen gekommen, und hat alles kaputt gemacht!
Wir hatten eine sehr schöne Zeit zusammen und nichts ist mehr davon da.
Alles hat sich verändert.
Ich fühle mich so leer und abgeschnitten vom schönen unbeschwerten Leben.

Ich weiss, das braucht seine Zeit, im Moment habe ich aber Angst, dass das nicht aufhört und kann mir gar nicht vorstellen, dass das aufhört.

Es ist einfach eine besch... Situation.

Gleich werde ich mit meiner Tochter frühstücken und heute Nachmittag fahren zu Freunden, aber es ist nicht das, was ich eigentlich möchte, ich möchte mit meiner Tochter UND Marina frühstücken und mit meiner Tochter UND Marina die FREUNDE besuchen. Ich weiss, dass das nicht geht, weil Marina tot ist.
Alleine sein ist grauenhaft!!

Dieter

tina1000
19.02.2006, 10:01
Hallo Dieter,
auch ich musste gerade alleine frühstücken, habe vor 2 Wochen meinen Mann beerdigt. Die Gefühle die du hast kenne ich ganz genau.
Alle wollen sich kümmern, wollen dich "unterhalten" um dich abzulenken. Aber das ist nicht das gleiche. Das verstehen sie nicht. Das versteht niemand, der das nicht selbst erlebt hat. Freunde und Verwandte sind nicht der Partner.
Sie gehen irgendwann wieder in ihr eigenes Leben, das sich kaum verändert hat. Du kannst das nicht. Wenn du nach Hause kommst ist alles anders. Nichts ist mehr so wie es war. Ich bin seit seinem Tod jeden Abend alleine. Keiner kommt am Abend vorbei um mit mir eine Stunde fern zu sehen. Ich habe das Gefühl, das eigentlich niemand so wirklich mit meinen Problemen zu tun haben möchte. Auch wenn sie es nie sagen würden. Ihr Alltag soll so bleiben wie er immer war.
Vielleicht würde ich in ihrer Situation genauso reagieren. Manchmal möchte ich auch gar nicht unterhalten werden. Möchte einfach mal für ein paar Stunden mit mir und meinen Gedanken alleine sein. Es ist ja alles noch so frisch. Wenn ich in ein paar Wochen, Monaten dann soweit bin mein eigenes Leben wieder in die Hand zu nehmen, werde ich gerne auf ihr Angebot zurückkommen.
Wenn ich zum Grab meines Mannes gehe, gehe ich nicht zu ihm, sondern einfach nur zu einem Blumenbeet. Mein Mann ist immer bei mir. Bei allem was ich tue und mache, überlege ich mir was er getan hätte. So ist er immer da, in meinem Herzen. Auch wenn es mir weh tut, ihm geht es jetzt besser und auch deiner Frau geht es jetzt besser. Das darfst du nie vergessen. Sie hätte bestimmt nicht gewollt, das du verzweifelst. Ich weiß, das ist schwer und jeder Mensch trauert anders.
Mir hat dieser Gedanke bis jetzt sehr geholfen.
Ich hoffe er kann auch die ein wenig helfen.

Martina

shalom
19.02.2006, 10:47
Lieber Dieter,

es tut sehr weh und es nichts mehr so, wie es vorher war. Man steht neben sich selbst und beobachtet alles: sich selbst, seine Umgebung, seine Wohnung. Es ist ein Teil herausgerissen worden, der so unendlich wichtig war. Der Lebensmittelpunkt ist weg, der eigene Gleichgewichtspunkt noch nicht gefunden, alles zerrt an einem und vieles schwankt noch.

Zusätzlich zur eigenen Zerrissenheit wird man auch noch aufmerksam beobachtet, mal einfühlsam, mal nur abwartend/abschätzend und neugierig. Die Konzentration auf das Alltägliche, die Arbeit, fällt unendlich schwer. Freunde wollen helfen und manchmal hilft es auch kurzzeitig, dann aber ist man wieder allein in der Wohnung mit all den lieben (auch schmerzlichen) Erinnerungen, der Trauer und dem Trennungsschmerz.

Du kannst Dein Herz öffnen und vieles von dem herauslassen, was Dich bedrückt und das ist gut so. Ich habe in Deinen ersten Beiträgen auch Ansätze von Mut gespürt, Deine Situation zu bewältigen. Laß Dir und Deiner Seele Zeit. Dein Gefühl wird Dir wahrscheinlich Hinweise geben, welchen Weg Du einschlagen wirst. Trauerarbeit kann man dabei nicht beschleunigen, schon gar nicht verdrängen. Den "dunklen Wolken" kann man sich jedoch stellen, sie kommen lassen, sie beobachten, sie wieder ziehen lassen.

Hier im Forum gibt es die unterschiedlichen Formen der Kommunikation: das Zuhören, das Erzählen, das Mitfühlen, das Austauschen von Ereignissen, Gefühlen und Gedanken. Man kann sich offen im Thread, per privater Nachricht (PN) oder per E-Mail austauschen. Wenn Du es willst, kannst Du die unterschiedlichen Möglichkeiten des Forums nutzen um ein paar Wegmarken für Deinen eigenen Weg zu finden.

Es werden Dir dabei Menschen in ganz unterschiedlichen Stadien der Trauer begegnen, viele befinden sich im schmerzlichen (sehr verwundbaren Stadium) der Anfangstrauer, manche sind schon eine geraume Zeit den Weg der Trauer gegangen. Bei mir werden es im Juni schon sechs Jahre her sein, dass ich meine liebe Frau gehen lassen mußte. Ich habe einfach den Mut gefasst aus der zeitlichen Distanz heraus (als eher wohl seltener Fall in diesem Forum) über meine Art der Trauerbewältigung zu berichten.

Jeder muß SEINEN Weg der Trauer finden und SELBST gehen, der für ihn geeignet ist.

Vielleicht ist durch die unterschiedliche Art der Darstellung der Trauerbewältigung der Betroffenen in diesem Forum auch das eine oder andere Wegzeichen für Dich dabei.

LG
Shalom

Sandi
19.02.2006, 10:51
Lieber Dieter,

deine Zeilen berühren mich sehr. Es steckt soviel Liebe und tiefe Zuneigung darin. Du bist mit deiner lieben Frau 13 Jahre durch dick und dünn gegangen, ihr habt soviel schönes miteinander erlebt und nun bleiben dir "nur" die Erinnerungen daran. Das ist furchtbar und gemein. Und es ist bestimmt ganz normal dass du so verzweifelt und voller "WARUMs" bist. Ich denke das gehört zur Trauer. Du bist in so einer Ausnahmesituation in der doch irgendwie jede Reaktion und einfach ALLES normal ist.

In deinen Worten steckt aber auch viel Positives, viel Zuversicht, ja, du schreibst sogar von einer Chance. Es wird bestimmt noch dauern bis dein WISSEN in deiner Seele angekommen ist...egal wie lang es dauert, ich wünsche dir alle Kraft der Welt für die Zukunft. Die Erinnerungen an deine Marina kann dir keiner nehmen, sie wird für immer in deinem Herzen sein.

Ein riesen Kraftpaket und liebe Grüße von
Sandi

Dieter1712
19.02.2006, 12:24
Hallo Ihr Lieben,

Richtig, ich weiss, dass es eine Chance ist, die ich habe (n werde)!
Aber, dass wissen wir alle (ich auch), dass es Zeit braucht, diesen Verlust zu verarbeiten.
Nur der Weg dorthin ist so dornenreich und so unendlich schwer und langwierig.
Es geht 3 Schritte vor, 2 zurück, 1 vor, 2 zurück, 2 vor, 1 zurück usw. Ich weiss, dass ich mich insgesamt nach vorne bewege, aber es ist nur schwer auszuhalten.

Es ist "schön" zu hören, dass es Euch ähnlich geht, dass es Menschen gibt, denen es ähnlich geht oder ähnlich ergangen ist. (Versteht mich nicht falsch, dass heisst nicht, dass ich mich freue, dass es anderen so geht). So fühle ich mich nicht ganz so alleine!

Liebe Grüße Dieter

Dieter1712
23.02.2006, 14:22
Hallo,

sitze mal wieder im tiefen, tiefen Loch!

Der Alltag nach meinem Ausflug nach Spanien schlägt total zu.

Sitze hier im Büro, versuche zu arbeiten, kann mich nicht konzentrieren, unten feiern die KollegInnen Weiberfastnacht, kann es nicht ertragen.
Zuhause wartet niemand auf mich, halte es dort nicht aus, flüchte, fühle mich allein unter Menschen, bin unsäglich traurig.
Am Schlimmsten sind die Abende und der Morgen, alleine sein!


Werde heute Nachmittag mit Marinas Mutter und meiner Tochter zum Grab fahren, freue mich darauf, aber mir deshalb nicht besser.

Mir gehts besch.....!

Dieter

SHE
24.02.2006, 10:28
Lieber Dieter,
ich kann Dir leider auch keinen Ratschlag geben, da ich mich in genau der gleichen Situation befinde. Mein Lebensgefährte ist am 06.01.06 verstorben. Ich fühle mich oftmals genauso wie Du..möchte reden, bin sprachlos, möchte weg und dann doch wieder nach hause, möchte Ruhe finden und bin rastlos..Diese ständigen Gegensätzlichkeiten, diese innere Unruhe und diese unsagbar große Traurigkeit und Einsamkeit sind schwer zu ertragen..Ich frage mich auch oft, wann wird es besser? Wie soll ich das noch aushalten? Natürlich brauch das alles Zeit, weil es noch viel zu frisch ist, aber manchmal habe ich Angst das es nie enden wird, das ich nie mehr Freude und Glück empfinden kann, weil Sascha nicht mehr da ist, weil meine Sehnsucht nach ihm so groß ist...
Es muß weitergehen, aber es ist so schrecklich schwer und unerträglich manchmal...
Lieber Dieter ich wünsche Dir viel Kraft und hoffe wir werden den Weg finden..

LG
Sandra

Dieter1712
24.02.2006, 13:41
Hallo Sandra,

Du hast die Gefühle und Ängste sehr gut beschrieben!

Ich war ja gestern noch auf dem Friedhof mit Marinas Mutter und wir dann noch zu Marinas Schwstern gefahren und haben noch mal viel über Marina und uns und unsere Gefühle geredet.

Ich glaube, dass die Trauer auf mehreren Ebenen abläuft:

- Trauer, weil ich alleine und "einsam" bin, die egoistische Ebene!

- Trauer über den "verlorenen" Alltag, weil ich zum Beispiel mich jetzt alleine um die alltäglichen Dinge kümmern muss und sie organisieren muss (Stichwort: Arbeitsteilung). Auch eine egoistische Trauer!

- Trauer um die nicht mehr vorhandene Lebensplanung, Wngst vor der Zukunft. Auch eher egostisch!

Und schliesslich:
- Trauer um den verlorenen, nicht mehr vorhandenen, geliebten Menschen, das scheint mir die eigentliche Trauer zu sein!

Wahrscheinlich gibt es noch mehr Ebenen und sie sind nicht so klar zu trennen, ich vermute, dass die "egoistische" Ebene relativ schnell "in den Griff" zu bekommen ist. Die eigentliche Trauer aber uns/mir so sehr zu schaffen macht. Wie man/ich damit um kann weiss ich auch noch nicht. Klar zulassen, weinen, die Erinnerungen kommen lassen, sich an die schönen Zeiten ohne Schmerz erinnern usw., dass ist das Schwierige an unserer Situation!

Ja, ich wünsche uns viel Kraft!

Dieter

shalom
24.02.2006, 14:20
Lieber Dieter,

Du bist mit der von Dir beschriebenen Zerissenheit ganz und gar nicht allein.

Du schriebst am 19.02.06:

Grauenhaft, nichts ist so, wie es mal war, ich gehe arbeiten, aber es fällt mir schwer, mich auf meine Aufgaben zu konzentrieren, ich möchte nach Hause, aber wenn ich zu Hause bin, will ich wieder weg, weil mir die Decke auf den Kopf fällt, ich besuche meine Freunde und will wieder weg, ich kann nichts geniessen, mir macht nichts mehr Spass!

Vieles ähnelt im Ablauf meinen ersten Tagen der Trauer, 5-6 Wochen hatte ich sehr große Konzentrationsprobleme bei der Arbeit. Meine Kollegen hatten Verständnis dafür, der direkte Vorgesetzte jedoch nicht, wohl aber wiederum dessen Vorgesetzter. Um mich abzusichern mußte ich eben auch unseren gemeinsamen Chef informieren, der dann zum Glück sehr verständnisvoll reagierte.

Irgendwie habe ich in den letzten Tagen VOR dem Tod meiner Frau und vor allem nach ihrem Tod NEBEN MIR GESTANDEN. Ich wußte gar nicht recht, wo ich nun hingehörte. Ich wollte eigentlich nicht allein sein in der einsamen Wohnung, war ich bei Freunden, so zog es mich dann doch wieder von dort weg.

Was die Arbeit anging, so habe ich mir (als Schreibtischarbeiter) einfache und zeitfüllende Aufgaben gesucht, mehr war einfach nicht drin. Zuhause gab es viel auf- und wegzuräumen. Das Schmerzlichste war, mich sehr bald mit Hilfe von Freunden von Kleidern und Schuhen meiner Frau zu trennen. Die bürokratische Abwicklung des Trauerfalls nahm eine ganze Weile in Anspruch, hier habe ich mir die Dinge Stück für Stück und Tag für Tag vorgenommen. Dabei habe ich versucht, nichts auf die lange Bank zu schieben, ich wollte einfach Dinge abschließen können.

Dinge, die wir wunderbar gemeinsam erlebten und durch Bilder an den Wänden dokumentiert waren, waren nicht mit Trauer, sondern mit schöner gemeinsamer Erinnerung besetzt. Ich kann diese Bilder auch heute ohne Schmerz anschauen, daher blieben (bleiben) sie hängen.

Andere Details meines Trauerwegs habe ich an anderer Stelle beschrieben, sie beschreiben eher die spätere gedankliche und gefühlsmäßige Nachbetrachtung meines Trauerwegs und sind mir zum damaligen Zeitpunkt direkt nach dem Tod meiner Frau vielleicht gar nicht so recht bewußt gewesen.

Bei der Erinnerung in der nun einsamen Wohnung, oder bei der Erinnerung an gemeinsame Wanderungen, bei wiederholten Besuch (NACH ihrem Tod) von Krankenhaus, Reha-Klinik und Hospiz, liefen damals viele Tränen. Es gab dabei viele "unsichtbare" Zwiegespräche mit meiner verstorbenen Frau. Es tat jedes Mal gut, mich laut auszusprechen und auszuweinen. Meine ganze seelische Last mußte ich aussprechen und abladen. Es gab auch Kollegen und Bekannte, die zur selben Zeit ein ähnliches Schicksal erlebten, da war ein direkter Austausch von Betroffenen möglich und die Möglichkeit, die kleinen Nuancen festzustellen, wie jeder mit seinem Schicksal etwas anders umging.

Jeden Tag habe ich mir was Schweres zugemutet und mir jeden Tag irgendeinen kleinen Lichtschimmer gegönnt, denn ich wollte nicht, daß mich die Trauer dauerhaft in Besitz nimmt.

Öffne Deine Seele ganz vorsichtig (sie wird es Dir vielleicht signalisieren, was sie braucht) und lasse bisweilen den einen oder anderen Lichtschein zu Dir hinein, woher er auch kommt.

Liebe Grüsse
Shalom

Dieter1712
08.03.2006, 09:22
Hallo,

ich möchte mal wieder schreiben, habe mich ja lange nicht mehr gemeldet.

Mir geht es im Moment eher bescheiden: Meine Frau ist jetzt seit 7 Wochen tot und ich realisiere erst in den letzten Tagen, wie sie gelitten hat, wie ihr Körper nicht mehr konnte, wie sie immer weniger wurde. Mich hat dieses Leiden, dieser körperliche Verfall, das was Marina erlebt hat in Ihren letzten Wochen, und an dem ich teilgenommen habe, total traurig gemacht. Ich finde es entsetzlich, wie sie in dieser Zeit leiden musste, gut, sie hatte keine oder nur geringe Schmerzen, aber sie hat ja mitbekommen, wie ihr Körper immer weniger konnte, das lässt mich so verzweifeln und macht so hilflos. Mir kommen immer häufiger diese „Bilder“ in den Kopf.
Ich habe schon in den letzten Tagen gemerkt, dass das noch ein „Grosses Thema“ wird.
Und ich weiss nicht, wie ich damit umgehen kann.
Ich glaube, dass dieses Thema jetzt kommen muss, weil jetzt nicht mehr stark sein muss. Ich habe ja in dieser „Leidenszeit“ von Marina ihr Leiden ja gar nicht realisiert und wahrgenommen, wir hatten ja auch die Hoffnung, dass es nochmal besser wird!

Meinen Alltag bekomme ich mittlerweile ganz gut geregelt, Arbeiten geht auch ganz gut. Schlafen,na ja, könnte besser sein.

Dass ich meine Frau Marina vermisse, ist mir klar: ich vermisse Sie, weil sie mir sehr nahe war, wir viel Schönes gemeinsam in unserer Zweisamkeit erlebt haben, wir viele gemeinsame Interessen hatten und wir uns aneinander gewöhnt hatten, wir eine Intimität geschaffen haben, die nur in einer engen Beziehung möglich ist. Es war immer jemand da, mit dem ich mich immer und über alles austauschen konnte, der mit mir Entscheidungen getroffen hat, der mit mir Verantwortung geteilt hat, der mich getröstet hat, mit dem ich gelacht habe. Und noch viel mehr!

Das ist es, was ich vermisse!

Es passiert mir oft, dass ich den Impuls habe, Marina mal eben anzurufen, sie etwas zu fragen, ir etwas Schönes mitzuteilen oder auch nur mit ihr zu quatschen.

Aus der schönen Zwei-samkeit wurdr eine nicht so schöne Ein-samkeit!

Und dass das nie wieder mit Marina möglich ist, weil sie tot ist, macht mich tief traurig!!


Liebe Grüße und allen viel Kraft

Dieter

Wolke
08.03.2006, 09:40
Lieber Dieter,

auch wenn der Grund für deinen Beitrag ein trauriger ist, so fand ich ihn sehr schön geschrieben und ich konnte auch viel positives entdecken. Diese positiven Seiten möchte ich dir noch einmal aufdecken, in der Hoffnung, dass es dir gut tut.

Du hast geschriebenMeinen Alltag bekomme ich mittlerweile ganz gut geregelt, Arbeiten geht auch ganz gut. Schlafen,na ja, könnte besser sein.

Das finde ich sind schon mal ganz Wichtige Punkte, die du für dich gut zu meistern scheinst. Das du trauerst und vermisst ist ja ganz klar.

Aber warum trauerst du und warum vermisst du? Weil es dir vergönnt war so eine tolle Frau zu finden und mit ihr zusammen zu sein. Wenn wieder die Bilder von ihrem Leid kommen, dann versuch auch mal an die Bilder aus den glücklichen und schöneren Tagen zu denken. Ich sage immer wieder, dass diese Trauer in gewisserweise der Preis ist für die schöne Zeit ist, die man mit dem geliebten Menschen gehabt hat. Ich bin mir sicher wir alle würden diese Zeit nicht missen wollen, denn wir würden dann zwar diesen Schmerz jetzt nicht haben, aber wir hätten auch nicht dieses Glück gehabt.

Ich hoffe ich war nicht zu verwirrend.

Alles Liebe für dich

Wolke :winke:

AndreaS
08.03.2006, 13:17
Lieber Dieter,

ich weiß genau, was du momentan durchmachst. Die Wochen / Monate der Krankheit unserer Lieben, ließ uns gar keine Zeit, zu begreifen, was eigentlich mit uns passiert. Nun, da die meisten Verwaltungsakte abgeschlossen sind, kommt eine Ruhe, die nicht nur neu, sondern auch fürchterlich schmerzhaft ist. Jetzt erst, beginnt man ganz allmählich zu begreifen, was eigentlich geschehen ist.

Während mein Mann krank war, wollte und konnte ich nicht sehen, was mit ihm geschah. Natürlich habe ich es gesehen, habe es mir aber dennoch "schön geredet", wollte diese Erkenntnis nicht und habe sie deshalb zur Seite geschoben, habe an meiner Hoffnung auf ein Wunder, meine Hoffnung darauf, dass ausgerechnet Claus allen Statistiken zum Trotz überleben würde, festgehalten und ihm und mir weiter Mut gemacht, nicht, um Mut zu machen, sondern weil ich tatsächlich daran geglaubt habe.Erst nach seinem Tod, begann ich die Bilder immer wieder zu sehen, war entsetzt über seinen Anblick, der immer wieder in meinen Gedanken sichtbar wurde.

Das einzige, was ich dir tröstendes sagen kann, ist, dass diese Bilder bei mir - heute auf den Tag 17 Monate später - wieder an Gewicht verlieren. Ich sehe meinen Mann lachen und schäkern, lächle bei den Gedanken an eine flapsige Bemerkung, die er in dieser oder jener Situation gemacht hätte, sehe ihn als gesunden und zum Glück überwiegend glücklichen Mann an meiner Seite.

Die Nähe zu deiner Frau ist in jeder deiner Zeilen spürbar. Ihr habt euch geliebt, ihr ward glücklich miteinander und wenn alle Gedanken, alles was aufgearbeitet werden muss, sortiert ist, wirst du in deiner körperlichen Einsamkeit eure seelische Zweisamkeit wieder spüren und das wird dir neue Kraft geben. Wenn du hin und wieder mitliest, wirst du wissen, dass dies nicht immer so ist. Die Abstürze sind ganz oft, leider auch oft sehr lang, weil alles nach dem Lieben schreit und die Verzweiflung, der Verlust einfach zu groß ist, aber an den Tagen, an denen ich aus meinem Loch rausschaue, an denen es mir "gut" geht, da spüre ich Claus so nah und intensiv fast wie niemals zuvor. An diesen Tagen habe ich das Gefühl, dass wir wirklich eins sind, durch nichts getrennt. Und diese Augenblicke geben mir unglaublich viel Trost.

Vielleicht hilft es dir auch, Marina zu schreiben. Ich schreibe Claus regelmäßig Briefe, formuliere ihm meine geheimsten Gedanken und "spreche" auf diese Weise mit ihm. Auch hierbei kann ich mir eine große Nähe und Verbundenheit zu ihm erhalten, findet manchmal sogar eine kleine Zwiesprache statt, denn bei vielen Dingen hilft mir die Vergangenheit, die Vertrautheit zu meinem Mann, zu wissen, was er mir antworten würde, könnte ich seine Stimme noch hören.

Lieber Dieter, ich wünsche dir ganz viel Kraft und verlier die Hoffnung nicht, dass es dir und uns eines Tages gelingen wird, mit unserem Schicksal so umzugehen, wie der eine arme Baum in deiner wunderschönen Geschichte.

Ganz liebe Grüße

Andrea

Nicole Obermann
09.03.2006, 10:57
Hallo!

Es tut mir leid um deine Frau...

Ich habe am Hl. Abend letzten Jahres meinen Opa verloren, der mehr wie ein Vater für mich war. Wir waren jeden tag zusammen. es sind jetzt 9 Wochen, seit er beerdigt wurde. Ich gehe nur abends, wenn es dunkel ist auf den friedhof, weil ich es nciht ertragen kann, seinen namen auf dem Kreuz zu sehen. Das macht mich fertig.
Ich kann auch nur abends mit ihm reden, als wäre er noch da. am Tag sind zu viele Leute da. Die schauen mich an, wenn ich mit ihm rede, als wäre ich verrrückt.
Opa und ich haben abends immer zusammen gesessen und den Tag besprochen, und was wir am nächsten Tag machen werden.
Wir waren fast, mit nur wenigen Ausnahemen, jeden Tag zusammen.
Wir haben dann jeder ein kleines Fläschen Wasser getrunken und er hat seine "Kracher" (Zigarren) geraucht und ich meine Zigaretten.

Wir haben von den Tieren gesprochen, die wir uns noch anschaffen wollten. Er hatte schon gespart für einen kleinen Hund, den wollte er sich jetzt im Frühjahr holen. Er war so optimistisch.
Wir waren im November, an einem Sonntag auf einer vogelausstellung. da war er gerne. hat sich die Vögelchen angesehen und nicht selten eine Handvoll mitgebracht.
Auf dem Nach Hause weg sind wir am Tierheim vorbeigekommen, und Opa ist zu einem Hund gegangen, der als einzigster nicht bellend im Zwinger rumrannte. der hund stand nur da und hat Opa angesehen, und opa hat ihn angesehen. Dann hat der Hund sich ganz langsam,. fast schon wie in Zeitlupe aufgerichtet und sich gegen das Gitter gestellt. Da war er so ´groß, wie mein Opa und hat ihm in die Augen geguckt... Da musste er ja mal schmunzelt. Damals habe ich zum Opa gesagt: " Großvater, wenn der dich begrüßt, dann ziehst du den Kürzeren!!" Da hat er gegrinst und sich schweren Herzens von dem Hund verabschiedet.
Damals hatte wir alle noch die Hoffnung, dass er es schafft. Er selbst am Meißten.
Das leben ist nicht fair. Ganz bestimmt nicht. Aber wir müssen nun sehen, wie wir zurechtkommen, und mir gelingt das im Moment ganz schlecht!

"Es ist Kälter geworden, seitdem du fortgingst, über den Horizont hinaus.
Seitdem Dein Lächeln erloschen, deine Hand nciht mehr spürbar, deine Stimme verstummt.
es ist Kälter geworden draußen, seitdem lebe ich von der Wärme unentrinnbarer Erinnerung"
Alles Liebe, Nicole

Dieter1712
11.03.2006, 10:00
Liebe Nicole, liebe Andrea, liebe Wolke,

vielen Danke für die aufmunternden Worte, auch wenn es mir zur Zeit nicht gelingt, diese umzusetzten. Ich habe aber die Hoffnung (naja, so richtig im Moment auch nicht), dass es irgendwann (bald?) besser wird.

Ich habe mir Eure Beiträge ausgedruckt, um sie immer wieder mal schnell lesen zu können.

Vielen Dank auch an Dich shalom, Deine Beiträge tuen mir auch immer wieder gut.

Dieter

AndreaS
26.03.2006, 22:54
Hallo Dieter,

du hast länger nicht geschrieben. Wie geht es dir zur Zeit? Ich hoffe, dass du zwischendurch hin und wieder ein wenig Licht siehst.

LG
Andrea

Dieter1712
27.03.2006, 12:54
Hallo Andrea,
schön, dass Du nachfragst, ich hätte mich aber auch in den nächsten Tagen wieder gemeldet.

Wie es mir geht?

Am Besten schreibe ich mal Auszüge aus meinem Tagebuch, ich habe gemerkt, dass mir das Schreiben ganz gut tut, obwohl ich nicht sagen kann, dass es mir gut GEHT!
Es ist ein ziemliches auf und ab!

14.03.2006
Gestern gings mir ziemlich besch....! Das Loch wurde immer tiefer, konnte mich nicht auf die Arbeit konzentrieren. Bin morgens schweissgebadet aufgewacht, habe wohl heftig geträumt, kann mich aber an nichts erinnern, vielleicht zum Glück.
Dieser unbekannte Traum muss mich wohl den ganzen Tag verfolgt haben.

Heute morgen, trotz wenig Schlaf ( habe bis 2 Uhr geschrieben ) wie neugeboren aufgewacht, Stimmung ein "na ja geht ja ganz gut"! Habe festgestellt, dass mir das gut tut!

Marina ist heute vor genau 8 Wochen gestorben, komisch diese Dienstage tun nicht weh.
Psycho-Doc: er hilft mehr sehr, bringt immer wieder neue Aspekte und Erkenntnisse, merke sie aber erst später.
Arbeit ging locker von der Hand!

Später dann Trauer-Café: fühle mich ganz wohl hier und angenommen, wieder ein paar neue Leute dabei.
Anschliessend Trauer-Gruppe 1. Treffen: auch hier angenehm, kann mich auf die Menschen einlassen, kennenlernen, sympatisch, freue mich auf das nächste Mal in 2 Wochen.

15.03.2006 Zukunft
"Die Vergangenheit ist unwiederbringlich, aber die Gegenwart ist euch überantwortet, und sie gleicht den ungeordneten Bausteinen, die zu Füßen eines stümperhaften Baumeisters liegen: An euch ist es, daraus die Zukunft zu gestalten." (Antoine de Exupéry)

Dieses Zitat beschreibt meine Situation und meine "Aufgabe"!
Meine Zukunftsperspektive mit Marina "alt werden" liegt wie ein Scherbenhaufen vor mir.Ich muss mir aus diesen Scherben eine neue zusammenbauen und es wir eine andere sein.


16.03.2006 Schöne Erinnerungen
Gestern war ich an Marinas Grab, musste mal wieder dorthin. Es ist ein Ort der Ruhe unter den vielen - leider noch kahlen - Bäumen. Hoffentlich wird es bald wärmer, damit dort viele bunte Blumen wachsen können.
Ich bin froh, dass ich diese Stelle gefunden habe, dass ich einen Platz gefunden habe, an dem ich mich mit Marina wohlfühle.
Ich habe heute gerne an sie gedacht, es tat auch nicht weh, es kamen viele schöne Erinnerungen an sie und ich bin froh, dass ich so viele schöne Jahre mit ihr verbringen konnte und durfte.

Es ist ein warmes Gefühl in meinem Herzen

18.03.2006 Marinas Kleider
Der Tag fing ganz gut an bis auf den leichten Brummschädel, war vielleicht ein Wein zuviel gestern! Dafür habe ich endlich mal bis 9.00 Uhr geschlafen.
Schönes Frühstück mit Tochter Jule und Anno!

Heute Nachmittag waren dann Marinas Mutter und Schwester da, um Marinas Kleidung auszusortieren. Es ist so unendlich viel! Sie haben 7 Müllsäcke voll mitgenommen und noch immer sind die Schränke voll. Marina hatte, was Kleidung angeht, wohl etwas Messi-haftes. Hoffentlich nehmen Jules Freundinnen viel mit, ich möchte am liebsten nichts wegwerfen oder Fremden geben.
Das Aussortieren war sehr anstrengend, sowohl pysisch als auch psychisch. Viele Sachen habe ich wiedererkannt und sie erinnerten mich an bestimmte Situationen, in denen Marina sie anhatte.
Schade, keiner meiner Freunde hat jetzt Zeit. Könnte jetzt ein wenig Ablenkung gebrauchen. Aber ich werde den Abend schon gut überstehen, auch mit den Schönen Erinnerungen an Marina.
Und werde noch ein bisschen an der HP schreiben.


Sch..., Marina fehlt!!!!
Ihr Lachen fehlt!!!


19.03.2006 Nachhänger
Der gestrige Tag hängt mir nach!
Die schönen Erinnerungen, die gestern beim Aussortieren von Marinas Kleidung da waren, tuen heute weh! Auch kommen die Bilder von Marinas Leiden wieder!
Ich vermisse Marina so sehr!
Ich möchte, dass sie da ist!
Ich bin traurig!
Ich weiss nicht, was ich heute machen soll!

Heute Mittag werde ich mit meinem Freund einen Spaziergang machen - hoffentlich wird das Wetter besser, im Moment ist alles grau in grau: ich will Sonnenschein!!!
Heute Nachmittag bin ich auf eine Geburtstagsfeier eingeladen. Ich weiss nicht, ob ich hingehen soll. Ich kenne zwar viele Leute, habe sie aber seit Marinas Tod nicht mehr gesehen. Was passiert? Ich glaube ich habe nicht die Kraft, mich dieser Situation zu stellen: Angesprochen werden auf Marinas Tod. Ich möchte Anteilnahme, aber kein Mitleid!
Oder fahre ich später am Abend hin?
Ich weiss es nicht!
Ich muss auch noch ins Büro, ein bisschen arbeiten.
Oder besuche ich jemand anderen?
Chaos im Kopf!! Bin unruhig, find keine Ruhe.
Möchte, dass der Tag vorbeigeht!

Marina du fehlst mir!
Ich weiss, dass Du nicht zurückkommst, aber trotzdem, mein Gefühl möchte was anderes.

20.03.2006 Ich bin traurig!
Ich bin traurig!

Ich bin traurig!

Ich bin traurig!

22.03.2006
Ich war gestern noch an Marinas Grab! Viele bunte Blumen, wie sie es mochte.
Mir geht es besser, bin eher melancholisch, mir fehlt das Kuscheln mit Marina. Ich werde mich jetzt im Bett einmummeln.

23.03.2006 Stich ins Herz
Ich war gerade in der Küche und habe die Spülmaschine leergeräumt. Als ich "Marinas Tasse" in den Schrank räumte wurde mir wieder mal bewusst, dass sie nie wieder aus dieser Tasse trinken wird. Die Bilder von Marinas Leiden und Tod kamen ganz plötzlich und mir mir blieb einen Moment das Herz stehen. Ich fühlte den Schmerz körperlich.

In den letzten Tage erlebe ich oft ähnliches, ich sitze im Büro und habe den Impuls, Marina mal eben anzurufen - so wie ich es oft getan habe -, habe auch schon den Hörer in der Hand gehabt... Oder ich komme nach Hause und denke, dies oder jenes muss ich unbedingt Marina erzählen oder das muss ich Marina mal fragen ,... Jedesmal spüre ich diesen Stich in meinem Herzen.

Hinterher klopft mein Herz ganz fest.

Und ich bin traurig!


24.03.2006 Wochenende: soll ich mich darauf freuen?
Was liegt an?
Eigentlich zu viel, oder doch zu wenig!
Noch nichts geplant.

-Fenster putzen
-Wohnung putzen
-Bügeln
-Auto endlich sauber machen
-Ikea fahren
-Papiere ordnen (Schublade läuft über!)
-Keller aufräumen
-Einkaufen
-Flur putzen
-Stadt gehen, bummeln

Samstag oder Sonntag:
-2tes Mal Marinas Kleidung aussortieren,
-mit Kalle Essen gehen,
-Thomas besuchen,
-mit Wolfgang Fahrrad fahren, wenn das Wetter gut ist und möchte abends gerne mit ihm ein bisschen rausgehen
-für mich sein
-Roni besuchen
-...

Möchte ALLES machen, aber auch gar nichts.

Mal sehen, was ich davon geregelt kriege.
Irgendwie machen die Wochenenden Angst, andererseits freue ich mich drauf, habe viel Zeit, aber nicht genug!?
Was mache ich mit meiner Zeit?
Ich will Alles auf einmal!

5 Wochen bis zum Urlaub! FREU, freu!!!!

25.03.2006 Fensterputzen und Nagellack
Gestern habe ich die Fenster geputzt! (Erfolgserlebnis!). Leider regnet es heute, ich hätte gerne die Sonne ungehindert in die Wohnung strahlen lassen!
Marina und ich haben es meistens gemeinsam mit viel Spass gemacht, gestern habe ich es alleine gemacht.
Wie viele Situationen gibt es, die noch erleben muss, die mich an diesen Verlust erinnern?

Gestern abend haben meine Tochter Jule und ihre Mutter Marinas Kosmetikschrank ausgeräumt. Zuletzt war Marinas "aktueller" Schminkkoffer dran. Jule sagte: "Das ist der Nagellack, mit dem ich Marinas Fingernägel das letzte Mal lackierte habe, als sie es nicht mehr alleine konnte."

Ich konnte mich gut an diese Situation erinnern:

Die Ärzte hatten versucht, Marinas Darmverschluss zu operieren. Sie konnten aber wegen der heftigen Verwachsungen nichts tun und haben sie "wieder zu gemacht". Sie sagten, dass sie nichts mehr machen könnten und Marina bald sterben würde. Marina hatte von der OP und dem Tag davor nichts mitbekommen, da sie wegen der heftigen Schmerzen sehr viel Morphium bekommen hatte. Nach der OP war sie 2 Tage nicht ansprechbar. Als sie dann am 2. Tag langsam zu sich kam, fragte sie, was passiert sei. Ich sagte ihr, dass die Ärzte versucht hätten, sie zu operieren, dass es nicht gelungen ist und dass wir nur noch wenig Zeit miteinander haben würden. Sie fragte: „Muss ich jetzt sterben?“ Ich sagte: „Ja, die Ärzte können nicht mehr tun.“ Ihre Reaktion: „Scheisse!“ Dann haben wir erstmal gemeinsam geweint.
Marina wollte einen Spiegel, den ich ganz schnell besorgte. Sie nahm ihn und sagte:“ Ich sehe ja aus wie ein Elefant!“ und lachte (Sie hatte eine Magensonde gelegt bekommen und der Schlauch kam aus ihrer Nase). „ Und meine Augenbraunen sehen auch Scheisse aus. Die muss mir Jule morgen zupfen, und dann kann sie mir auch gleich die Fingernägel lackieren“.
Am anderen Morgen zupfte Jule ihr die Augenbraunen und lackierte ihr die Fingernägel mit dem Nagellack, den sie gestern abend in der Hand hielt.

Marina wird nie mehr diesen oder einen anderen Nagellack brauchen.

26.03.2006
Der Tag gestern lief dann doch noch ganz gut, obwohl "der Nagellack" noch nachhing.
Ich habe noch ein paar Blümchen für die Fensterbank gekauft, Auto gewaschen und war in der Stadt bummeln.
Abends war ich noch mit Kalle schön essen und auf ein Bier.

Heute Nachmittag startet die 2. "Kleidung-Aussortierung". Ich hoffe, es geht mir besser als letztes Mal.

Schade, dass es wieder regnet, hätte gerne noch einen Spaziergang bei Sonne gemacht.

21:30 Uhr

Die "Aussortier-Aktion" hat 4 Stunden gedauert, und wieder ist ein Teil von Marina weg. Es geht immer mehr von ihr! Auf der einen Seite bin ich froh, andererseits tut es weh!


Mache ich das Alles zu schnell? Muss ich mir damit mehr Zeit lassen?

Aber ich brauche den Platz, ich will Platz haben für mich! Warum tut das so weh! Hoffentlich hört das bald auf!
Ich will nicht mehr, dass es weh tut!


Heute habe ich mir erstmal "frei" genommen.


Liebe Grüße

Dieter

AndreaS
27.03.2006, 13:27
Hallo Dieter,

geht es dir beim Lesen deiner Aufzeichnungen auch so, dass du dich gar nicht erinnern kannst, es so formuliert zu haben? Ich wundere mich manchmal, dass da Dinge stehen, die sich zwar genauso angefühlt haben, ich aber nicht mehr weiß, dass ich es bereits geschrieben habe. Ich glaube daran sieht man, dass durch diese Briefe ganz viel Unterbewusstsein zu Tage kommt. Ich denke, das ist sehr gut.

Was soll ich sagen, es erschüttert mich, meine Gefühle in deinen Aufzeichnungen zu lesen. Natürlich austauschbare Begebenheiten, kein Nagellack aber ein Anruf einer lieben Kundin, die es nach fast 18 Monaten noch nicht wusste.

Ich will alles auf einmal und doch nichts. Irgendwie weiß ich auch nicht, was ich will, raus? mich vergraben? Es ist einfach alles falsch.

8 Wochen, Chaos im Kopf. Es wird noch lange so sein.

Weißt du was mich gefreut hat? Dass du von deinem warmen Gefühl ums Herz erzählt hast. Wie schön, dass du es bereits fühlen kannst, auch wenn danach wieder der Absturz kommt und es sich dann eher wie Stein anfühlt, die Wärme ums Herz wird wiederkommen und bestimmt eines Tages bleiben.

Alles Liebe

Andrea

Dieter1712
28.03.2006, 12:20
Hallo Andrea,

ich hatte gestern ja einen "Freien Tag". Und das war gut so!

Ich bin zu dem Entschluss gekommen, das "Weggeben" von Marinas Sachen weiter so schnell wie möglich fortzusetzten, mir ein paar wichtige Erinnerungsstücke an die Seite zu legen,und den Rest, den keiner möchte/benötigt wegzuwerfen bzw. erstmal im Keller zwischenzulagern.

Ich war gestern den ganzen Tag bewusst zu Hause - hatte mir frei genommen -, um mich mit diesem Thema zu beschäftigen. Mir ist klar geworden, dass es egal ist, wann ich die Sachen wegtue, es tut mir immer wieder weh! Ich sage mir: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Ende ohne Schrecken!
Ich weiss, dass es schwer wird, aber ich weiss auch, dass ich diese "Nachlass"-Dinge ( u.a Erbschaft etc. ) schnell hinter mich bringen muss, mich behindert es, mich immer wieder mit den gleichen Dingen beschäftigen zu müssen!

Die Erinnerungen an Marina sind in meinem Herzen/meiner Seele und nicht in irgendwelchen materiellen Dingen!

Es war nicht leicht, den ganzen Tag alleine zu sein mit diesen Gedanken, aber es hat sich gelohnt.

Ich werde die Wohnung weiter "entrümpeln", den ganzen Kleinkram (Staubfänger etc.), der sich in den letzten Jahren angesammelt hat und irgendwo in der Wohnung, auf Fensterbänken oder so rumstehen, wegtun. Das trifft auch auf meine "Erinnerungsstücke" zu, die ich/wir aus den vielen Urlauben (irgendwelche Steine, Reiseandenken und auch Geschenke) mitgebracht haben.

Beschränkung auf das Wesentliche!

Ich brauche klare Strukturen!

Das Aufschreiben meiner Gedanken (Tagbuch) hilft mir, meine Gedanken zu ordnen und über meine Gefühle und Gedanken zu reflektieren, was passiert gerade mit mir, wo stehe ich, wo will ich hin. Vielleicht bekomme ich damit das nervige Chaos im Kopf etwas in den Griff?!

Und vielleicht helfen "klare Srukturen".

Es wird weiter dieses Auf-und-Ab geben, da bin ich mir auch sicher, aber die kleinen Lichtblicke geben mir die Zuversicht und die Hoffnung, dass sich die schönen Momente mit diesem warmen Gefühl durchsetzen.

Vielen Dank für Deine Gedanken und

Liebe Grüße

Dieter

Anemone
28.03.2006, 14:55
Hallo lieber Dieter,
Deine Gedanken im Zusammenhang mit dem Tod Deiner lieben Marina gleichen in so vielem genau dem, was ich momentan empfinde (mein Mann starb im Januar). Es ist tröstlich, dass es anderen Menschen genauso geht wie mir. Ich möchte auch so vieles "umkrempeln", habe viele Ideen, aber dann fehlt mir einfach die Kraft, das alles umzusetzen.
Kleider und Schuhe habe ich vor ein paar Tagen weggegeben. Es fiel mir schon arg schwer, das zu tun, aber Du hast Recht: Die Liebe und die Erinnerung hat man im Herzen und nicht im Kleiderschrank. Und je länger ich warte, um so schwerer wird es...
Meine Stimmungen sind auch sehr unterschiedlich. Manchmal bin ich ganz zuversichtlich, kann sogar ab und zu mal so etwas wie Freude empfinden. Dann wieder denke ich, dass ich dieses "neue Leben" einfach nicht schaffen werde und bin ziemlich verzweifelt.
Aber ich denke, dass ich irgendwann genug Kraft gesammelt habe, um alles wieder auf die Reihe zu bekommen.
Viele liebe Grüße und alles Gute für Dich und alle anderen, die betroffen sind,
Anemone

Dieter1712
05.04.2006, 11:24
Hallo,

ich möchte mich mal wieder melden!

Hier wieder einige Auszüge aus meinem Tagebuch:

"

28.03.2006 klare Strukturen!
Erstmal vielen Dank für die Mails und GB-Einträge, die ich zum Thema "Aussortieren" erhalten habe. Sie haben mir geholfen, das "Weggeben" von Marinas Sachen weiter so schnell wie möglich fortzusetzten, mir ein paar wichtige Erinnerungsstücke an die Seite zu legen,und den Rest, den keiner möchte/benötigt wegzuwerfen bzw. erstmal im Keller zwischenzulagern.

Ich war gestern den ganzen Tag bewusst zu Hause - hatte mir frei genommen -, um mich mit diesem Thema zu beschäftigen. Mir ist klar geworden, dass es egal ist, wann ich die Sachen wegtue, es tut mir immer wieder weh! Ich sage mir: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Ende ohne Schrecken!
Ich weiss, dass es schwer wird, aber ich weiss auch, dass ich diese "Nachlass"-Dinge ( u.a Erbschaft etc. ) schnell hinter mich bringen muss, mich behindert es, mich immer wieder mit den gleichen Dingen beschäftigen zu müssen!

Die Erinnerungen an Marina sind in meinem Herzen/meiner Seele und nicht in irgendwelchen materiellen Dingen!

Es war nicht leicht, den ganzen Tag alleine zu sein mit diesen Gedanken, aber es hat sich gelohnt.

Ich werde die Wohnung weiter "entrümpeln", den ganzen Kleinkram (Staubfänger etc.), der sich in den letzten Jahren angesammelt hat und irgendwo in der Wohnung, auf Fensterbänken oder so rumstehen, wegtun. Das trifft auch auf meine "Erinnerungsstücke" zu, die ich/wir aus den vielen Urlauben (irgendwelche Steine, Reiseandenken und auch Geschenke) mitgebracht haben.

Beschränkung auf das Wesentliche!

Ich brauche klare Strukturen!


29.03.2006 2 leere Sonnenliegen
Gestern gings mir ganz gut, der Montag hat mir anscheinend gut getan!

Gestern war wieder Trauergruppe, ich hatte mich darauf gefreut, leider waren 2 Mitglieder nicht da!
Schade! :-((

Thema war: Suche Dir unter den ausliegenden Postkarten die aus, die Deine Trauer am Besten darstellt! Ich habe mir spontan das Bild mit den 2 Sonnenliegen ausgesucht. Als ich mich in dieses Bild vertiefte, packte mich eine tiefe Traurigkeit und ich musste heftig weinen. In diesem Moment wusste ich, dass es das Bild ist, das MEINE Trauer sehr gut darstellt.

Die Gedanken die bei mir beim Betrachten des Bildes kamen und auch heute kommen:
Marina und ich haben in unseren Urlauben häufig auf solchen Liegen (oft auch nur im Sand) in der Sonne gereckelt.

Jetzt sind diese Liegen leer, sie stehen einsam und allein im Sand, es scheint keine Sonne und es ist kalt, sie berühren sich nur ganz wenig an den Fussenden; die Liegen sind hart, es gibt nichts Weiches und Kuschliges, der Sand sieht auch kalt aus, eine Liege steht wackelig auf nur 3 Beinen, das ganze Bild hat nichts Warmes, ich fühle Kälte, ich vermisse die Wärme dieses Ortes.

Diese Liegen warten dort auf 2 Menschen, die Lachen und sich freuen, die "Leben" geniessen, ich möchte mit Marina dort in der Sonne liegen und lachen und "Leben" geniessen.
Ich möchte mit Marina an diesem Strand sein!

Schade, es wird nie mehr sein, das Marina und ich am Strand auf 2 Liegen (oder auch nur im Sand) nebeneinander in der Sonne liegen und lachen und uns freuen und "Leben" geniessen!


30.03.2006 Ausgeglichenheit
Ich fühle mich seit Montag recht ausgeglichen.
Ich kann trauern, aber es überwältigt mich nicht mehr so sehr und ich kann dieses Gefühl akzeptieren.

Ich denke viel an Marina, kann mir die Bilder bewusst "holen"! Ich kann traurig sein, den Verlust spüren, ich kann mich auch ansatzweise an schöne Dinge erinnern, die mich ebenfalls traurig machen, aber nicht mehr so schmerzen.

Ich habe nicht mehr so viel Angst, alleine zu sein. Ich lasse es mehr auf mich zukommen. Mir hat der "freie" Montag mehr Sicherheit gegeben, mit mir alleine sein zu können und das auch zu nutzen.

Wichtig ist für mich, die "Nachlass-Sachen" schnell zu regeln, um den Kopf frei zu bekommen. Ich merke, dass mich das sehr behindert und viel beschäftigt.

Ich hoffe, dass bis zum Urlaub am 29.4.06 das erledigt ist!

Die Trauerlöcher werden bis dahin sicherlich wieder auftauchen, aber ich weiss mittlerweile, dass sie nicht von Dauer sind.


Auf Sonnenschein folgt Regen folgt Sonnenschein!


31.03.2006 Wo bleibt die Zeit?
Als ich heute morgen aufgewacht bin, stellte ich mit Schrecken fest, dass schon wieder Freitag ist. Schon wieder eine Woche rum. Ich habe das Gefühl, dass mir die Zeit wegläuft, dass ich keine Zeit habe.
Ich möchte so viel machen, aber ich habe keine Zeit!
Ich kriege meine Termine nicht mehr unter einen Hut, merke, dass ich mehr Zeit für mich möchte, aber auch dass ich mehr Zeit mit meinen Freunden/Bekannten verbringen möchte.
Prioritäten setzen!
Was ist wichtig?
Eigentlich fühle ich mich doch ausgeglichen!
Was ist los?

17:30

ich sitze gerade mit meinem Laptop auf dem Sofa, höre schöne Musik (Blank&Jones "Relax 2"), die Sonne scheint warm ins Zimmer - gut, dass ich letztes Wochenende die Fenster geputzt habe, bin zwischendurch weggenickt, Entspannung pur - die Musik lässt meine Gedanken fliessen.

Ruhe geniessen - Wegfliegen - 4 Wochen noch - Formentera, unbekannte Insel - Sonne- Strand - Gedanken an vergangene Urlaube - Wärme hüllt mich ein - was erwartet mich? - was erwarte ich - ich freue mich!

Die richtige Musik ist im richtigen Moment etwas sehr schönes Befreiendes!


01.04.2006 "Jetzt warst Du lange genug fort, es wird Zeit, dass Du wiederkommst"
"Jetzt warst Du lange genug fort, es wird Zeit, dass Du wiederkommst".

Mit diesem Gedanken bin ich heute morgen aufgewacht!

Letzte Nacht habe ich sehr unruhig geschlafen, war auch erst spät im Bett ( Durch die spontane DoKo-Einladung war der Abend doch länger als gedacht. ) Ich habe auch wieder geträumt, kann mich aber nur schemenhaft an den Trauminhalt erinnern. Irgendwie hängt mir die Nacht und der erste Gedanke den Tag nach.

Heute Nachmittag bei IKEA mit meiner Tochter:
Ich habe mir eine neue Küchentischplatte gekauft und mich mal umgesehen nach Kleiderschränken und Sideboards. Leider entsprach nichts meinen Vorstellungen. Oft habe ich mich dabei bei dem Gedanken ertappt: "Was würden Marina UND mir gefallen?" Es hätte mir mehr Sicherheit gegeben, wenn wir ZUSAMMEN dort geschaut hätten.

Ich würde meinen Seeelenzustand mit Wehmut bis Sehnsucht beschreiben, und ich merke, dass ich ziemlich "nahe am Wasser gebaut" habe.


Ich vermisse Dich
und es scheint mir unmöglich, ohne Deine Anwesenheit zu leben.
Weil ich Dich liebte,
habe ich Dich so sehr gebraucht.
Und jetzt will ich lernen,
Dich zu lieben,
ohne Dich an meiner Seite zu haben.
(René Juan Trossero)

Wieso bin ich immer diesen Gefühlschwankungen ausgesetzt zwischen der Zuversicht und dann wieder diesem Pessimismus?
Wieso ist nichts stabil in meinen Gefühlen?
Wo ist die Ruhe?

Ich finde meine Mitte nicht!


4 Wochen bis zum Urlaub!


03.04.2006 Aussortiertag 3 - Misstrauen
Gestern, war Aussortiertag 3!

Marinas Kleidung nochmal aussortieren!
Meine Kleidung aussortieren!
Marinas Bücher aussortieren!

Es wird weniger!

Heute kommen nochmal 2 Frauen und suchen sich Kleidung, Bücher und Kosmetik aus.

Ich hoffe, dass nicht mehr so viel übrig bleibt!

Ich habe mich entschlossen, gut erhaltene, "teuere Kleidung" von Marina in einen 2.-Hand zu geben., der Rest geht an eine Jugendhilfeeinrichtung!

Ich bin froh, wenn das alles abgeschlossen ist!

Warte jetzt noch auf den Rentenbescheid.
Die Erbschaft muss noch abgeschlossen werden.
Steuer 2005 muss noch gemacht werden. Davor graut es mir (nochmal in Marinas Unterlagen wühlen!)

Gefühlsmässig geht es mir ganz gut.

Zur Belohnung gab es gestern abend bei Freunden meiner Tochter "mexikanisch", Hühnchen in Schokoladensoße, Reis und schwarze Bohnen -lecker.
Anschlissend noch "Uno" gespielt.
Wir hatten viel Spass und ich konnte viel lachen.
Zwischendurch an Marina gedacht, aber auch mit einem Lächeln im Gesicht, mir fielen andere Spielsituationen mit Marina ein und ich habe sie "am Tisch sitzen sehen" und WIR hatten Spass, sah Marina lachen und fluchen!
Die "schlechten Bilder" konnte ich gut an die Seite schieben.

Ich misstraue diesem Gefühl!!

Darf das sein?

Darf ich...


04.04.2006 11 Wochen
Marina ist heute vor 11 Wochen um 6.55 Uhr gestorben!

Es hat sich was verändert!

Was hat sich verändert?

- Ich akzeptiere ihren Tod
- Ich kann besser alleine sein
- Die ganz tiefen Löcher kommen seltener
- Ich denke öfter mal mit einem Lächeln an Marina
- Ich blicke mit mehr Zuversicht in die Zukunft
- Es gibt ein paar Dinge, auf die ich mich freue
- Die schrecklichen Bilder des Krebses tauchen nicht mehr so häufig auf, ihr Leiden ist nicht mehr so present
- Ich sehe Marinas Lachen und freue mich über ihr Lachen
- Die schönen Momente stehen zur Zeit im Vordergrund
- Mein Leben wird normaler


Ich kann es nicht ändern, dass Marina diese Krankheit bekommen hat! Ich/wir hatten uns ein gemeinsames Leben bis zum Tod vorgestellt. Das haben wir gelebt. Marina ist als Erste gegangen. Es war zu früh, weil wir nicht gemeinsam alt werden konnten. Jetzt werde ich ohne Marina alt.
Es ist nicht das, was ich mir gewünscht habe.


Aber das ist die Realität!

Ich kann sie nicht ändern, so sehr ich es mir auch wünsche!

Wir hatten ein schönes gemeinsames Leben, wir haben uns geliebt.
Ich habe Marina geliebt, wie ich vorher noch nie eine Frau geliebt habe.
Marina hat mein Leben bereichert und ich habe viel von ihr gelernt.
Das werde ich nie vergessen, es war fast ein Drittel meines Lebens, das ich mit ihr verbracht habe, verbringen durfte. Ich bin ihr dankbar für diese schöne Zeit.

Ich vermisse sie sehr oft, ihr Lachen, ihre Zärtlichkeit, ihre Lebenslust, ihren Lebensmut, ihre Kritik, ihr Macken, ihre Launen - sowohl die schönen als auch die nervigen, Ich vermisse die Gespräche mit ihr, die stillen Moment mit ihr.

Ich vermisse Alles, was Marina ausgemacht hat!

Mir bleiben die Erinnerungen an diese schöne und ausgefüllte Zeit und diese Erinnerungen möchte ich nicht vermissen!

"

Liebe Grüße

Dieter