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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Einfach mal loswerden


Kiwi
07.02.2006, 15:41
Hallo Ihr da draussen

Darf ich einfach loslegen:

Bei uns ist Papa (75) unser Sorgenkind. Blasenkrebs. Diagnose im Mai 05. Schon weiter fortgeschritten, Ableger in den Lymphknoten. OP nicht möglich. Dafür aber Chemo. Gut vertragen. Sehr gut sogar! Im Herbst ganze Familie eine wunderschöne Woche Ferien. Im November wieder aktive Stelle in der Blase. Nun Bestrahlung. Auch sehr gut vertragen. Nach 4 Wochen Blase wieder ganz okay, Lymphknoten ruhig. Und im Januar kam dann knüppeldick. Starke, sehr starke Rückenschmerzen. Ab ins KH, wieder alles durchgecheckt. Diagnose? Metastasen im Beckenknochen - und auch erste Ableger in der Leber. Derzeit wieder Bestrahlung, dieses Mal das Becken. Für die Leber müsse man jetzt noch nichts tun. Und Morphium in Tablettenform. Besser wird's wohl nicht mehr, es kommt mir viel eher vor, dass man ein Loch stopft und sich munter an zwei neuen Orten neue Löcher auftun.

Wie gehts uns dabei? Papa ist im Kopf eh schon vorher nicht mehr so ganz richtig klar gewesen, das Alter halt. Er spricht nie von Krebs, nur vom "anderen", dass ihm Probleme macht. Er ist auch überzeugt, dass er sich die Rückenschmerzen bei einem Stolperer im Schnee zugezogen hat. Insofern ist es schön für ihn, dass ihm die ganze Dramatik nicht wirklich bewusst ist. Uns anderen gehts mal beschissen, mal ganz gut. Immerhin wechseln wir uns ab und es immer ein da, der grad Optimismus versprüht, um den anderen, am Boden liegenden, neuen Mut zuzusprechen.

Der Verstand weiss es: Wir müssen loslassen, es wird ein Abschied geben. Manchmal weiss es auch das Herz, dann brüllt es laut vor sich her. Manchmal kann man es still legen und sich ablenken. Freunde, Beruf, Alltag helfen. Und manchmal ist es wie in einem Film. Passiert das wirklich? Papa wird sterben??? Nicht vorstellbar, nicht zu Ende denkbar, nicht im Geringsten einordbar. Und doch: Es wird so sein.

Ich bin traurig. Kiwi

Gaby44
07.02.2006, 17:37
Hallo Kiwi

Es ist nicht leicht was ihr gerade durchmacht aber schön ist das ihr euch gegenseitig stützt.Das dein Papa nicht über Krebs reden kann, liegt vielleicht auch daran, dass er euch nicht noch mehr schmerz zufügen möchte.Ich wünsche dir(euch) von Herzen viel Kraft.


Ich drücke dich :knuddel: Gaby

Katharina
07.02.2006, 17:48
Lieber/e Kiwi,
das "schöne" an Krebs ist, dass man Zeit hat sich zu verabschieden. Man kann die verbleibende Zeit nutzen-alles sagen was zu sagen ist.
Dein Pa könnte in dem Alter auch einen Infarkt bekommen und auf einmal weg sein. Ich habe das bei meinem Bruder so erlebt (Autounfall) und fand es deutlisch schlimmer als den Krebstod meiner Ma. (Wenn man überhaupt hier klassifizieren kann)
Ich hatte mich bei meinem letzten Treffen mit meinem Bruder gezankt. Ich hatte keine Chance mehr ihm zu sagen, wie lieb ich IHn habe und was er für ein wundervoller Kerl ist.
Mit meiner Ma habe ich die Zeit so gut es ging genutzt. Wir haben uns auch gefetzt, aber ich habe viel vonIhr erfahren, was Sie mir icht gesagt hätte, wenn Sie nicht um ihr nahes Ende gewusst hätte.
Es ist halt nur furchtbar wenn unsere Lieben leiden.
Irgendwann müssen wir loslassen. Das ist leider das Rad des Leben.
LG

Kiwi
08.02.2006, 09:44
Liebe Gaby und liebe Katharina

Danke für Eure warmen Worte!

Kaum hatte ich gestern meinen Eintrag fertig geschrieben, rief meine Mutter an: Papa musste mit der Rettung ins KH gefahren werden, so arge Schmerzen hatte er. Er bleibt nun ein paar Tage, sie planen wieder alle Checks und die Ärztin kann sich 2 Möglichkeiten vorstellen: Entweder ist er nun so verkrebst, dass ihm das so schmerzt und wie es weiter geht ist nicht auszudenken. Oder aber er hat einen Bruch in der Leiste, verursacht durch die Bestrahlung.

Wie auch immer: Derzeit ist es grad akut dramatisch und Papa wiegt noch 67 Kilo, vor einem Jahr noch 83, die letzten 5 Kilos verlor in den letzten 10 Tagen.

Natürlich wäre ein plötzlicher Verlust ein grosser Schock. Da mein Vater seit 30 Jahren herzkrank ist, war dies jedoch immer unsere grösste Angst. Je älter er wurde, desto mehr rechnet man mit einem plötzlichen Herztod. Dass nun Krebs ein Thema ist, haut mich sehr um.

Danke fürs Zulesen - ich sende Euch ein dickes Kraftpaket für Eure Sorgen, die ja auch ganz schlimm sind...

Liebe Grüsse, Kiwi

Kiwi
08.03.2006, 10:19
Ein stilles Hallo

Papa hat es geschafft. Er ist am Sonntag abend, 19. Februar 2006 eingeschlafen. Meine Mama und ich waren dabei. Er ist ganz ruhig in die andere Welt übergegangen. Der Abschied war sehr eindrücklich. 3 Wochen KH hatte er da hinter sich, viel Morphium, Schmerzen, eine Lungenentzündung und eine Leber, die versagte. Wir sind erleichtert, dass er nicht mehr länger Schmerzen ertragen musste - und wir sind erschüttert, wie schnell es dann doch gegangen ist. Bis Ende Jahr war Papa mobil und er konnte seinen Alltag ganz normal leben. Dann kamen die Schmerzen. Dann das KH. Und dann der Tod.

Noch ist da eine unglaubliche Leere, der Verstand begreift, die Seele noch nicht im Geringsten. Alles ist noch so unbegreiflich und abstrakt...

Traurige Grüsse, Kiwi

Gaby44
12.03.2006, 14:28
Hallo Kiwi

Lass dich mal feste drücken :knuddel: .Tränen kamen mir in die Augen, als ich deinen Text gelesen habe.Wenn du wienen musst ,dann weine, denn das entlastet deine Seele ein wenig.Traurigkeit gehört zum Tod.

Dein Papa hat keine schmerzen mehr.In Gedanken bin ich bei dir.



Liebe Grüße Gaby

Kiwi
13.03.2006, 15:07
Hallo Gaby

Ganz lieben Dank für Deine warmen Worte! Ja, wenn ich weinen muss, dann weine ich. Am besten geht es, wenn ich Mama daheim besuche und dort irgendwie loslassen kann. Wir reden dann über Papa, ich schnüffle an seinen Sachen, gucke mir alles an - und lasse den Schmerz kommen. "Danach" gehts mir meistens besser und ich beruhige mich, kann heimgehen und schlafen. Ich hoffe, ich belaste meine Mama damit nicht noch mehr, mir hilft's.

Liebe Grüsse, Kiwi

Katharina
13.03.2006, 19:45
Hallo Kiwi,
ich habe grade erst Deinen Eintrag gelesen.
Es tut mir soooo leid, dass es nun doch so schnell ging.
Ich sende Dir stille Grüße aus Berlin und wünsche Dir viel Kraft für die kommende Zeit.

Kiwi
14.03.2006, 11:24
Liebe Katharina

Es tut einfach gut, hier von fremden Menschen solche warmen, mitfühlenden Zeilen zu lesen! Ich danke Dir dafür...

Beste Grüsse nach Berlin - ich lebe im Herzen der Schweiz. Ähnliche Schicksale verbinden über die Landesgrenzen :)
Kiwi

Brooklyn
14.03.2006, 12:10
Hallo Kiwi!
Auch ich sende dir ein riesen Kraftpacket um das alles zu begreifen und zu verkraften. Mein Dad ist am 31.01.06 verstorben an dieser sch... Krankheit. Noch immer habe ich nicht begriffen was passiert ist. Finde es schön das du mit deiner Mum das alles durchstehen kannst. Wünschte ich hätte auch Familie dafür. Es ist eine harte Zeit aber denke doch immer daran. Es geht ihm jetzt besser und er hat keine Schmerzen mehr. Zudem ist er (sie) trotzdem immer bei uns, auch wenn wir ihn (sie) nicht sehen können. Sie sind die besten Schutzengel die wir haben können. Kopf hoch
alles liebe und gute
alexandra