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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Auf wiedersehen...


Akira
22.03.2006, 15:24
... mein geliebter Bruder!

Das ist das erste mal, dass du eines deiner Versprechen nicht gehalten hast. "Ich werde wieder gesund, ihr werdet sehen!" - gekämpft und verloren.

Auf den Tag genau ein Jahr nach seiner ersten Operation wegen einem Hirntumor (WHO IV) ist er im Krankenhaus gestorben. Da er sich eine Lungenentzündung zugezogen hat und die letzte Zeit weder sprechen kontte, noch einen Schluckreflex hatte, kann man nur vermuten was genau die Todesursache war - ob er verhungert, erstickt oder der Tumor sein Werk vollendet hat... egal was es war, das Resultat bleibt immer das selbe.
Seine Frau hat ihn in diesem Jahr liebevoll betreut.
Er hinterlässt eine Tochter im alten von 4 Jahren und einen 17 Jahre alten Sohn, sowie trauernde Eltern und einen jüngeren Bruder.

Es ist ein schreckliches Gefühl die Hand seines einzigen Bruders zu halten, während sie langsam abkühlt und versteift.

Wir werden uns wiedersehen und alles nachholen, wozu wir in diesem Leben nicht mehr gekommen sind. Versprochen!

Akira

Ylva
22.03.2006, 15:56
Mir fehlen die Worte :pftroest: :pftroest:

Sein Versprechen durfte er nicht halten aber er ging mit dem Wissen geliebt zu werden.

Es ist unbegreiflich und schwer...

Alles Gute !!!
Ylva

teufelchen_26
22.03.2006, 23:37
das tut mir sehr leid für dich akira... für uns alle ist es schwer jemanden zu verlieren den man so sehr geliebt hat

sei gedrückt und viel kraft und liebe in der nächsten zeit
das teufelchen

rezzan
23.03.2006, 10:35
Liebe Akira,
gibt es eigentlich irgendetwas, was man sagen kann? ich glaube nicht. deswegen möchte ich dir nur ein riesiges Kraftpaket schicken und dir wünschen, dass du etwas zur Ruhe kommen kannst. Du hast eine sehr schwierige und schmerzvolle Zeit hinter dir und bist wahrscheinlich auch am Anschlag deiner Kräfte angelangt.

Auch ich habe die Hand meiner Mutter halten dürfen als sie ging. und ja, es war schrecklich. Aber es war auch mein einziger Trost und hat mich die ganze schwere Zeit danach aufrecht gehalten. Genau dieser Moment, vor dem ich so große Angst hatte. In all den Jahren war dies die schlimmste meiner Vorstellungen, dass der Moment des Sterbens qualvoll und schrecklich sein würde. Und dann war es so anders. Als ich in das Gesicht meiner Mutter gesehen habe und auch ihren Körper fühlte, wie er eben abkühlte, strahlte sie eine solche friedliche Ruhe aus, nichts qualvolles war mehr da - das war wirklich ein ganz besonderer Zauber, und ich fühle es heute noch. Ich bin sicher, dass auch du etwas ähnliches gespürt hast.

Versuche bitte bitte dich an solche Momente zu halten und "gönn" dir jetzt Ruhe. Dein Bruder hat sie jetzt auch. Auch wenn es sich etwas unpassend anhört, aber es ist nun mal so: Du hast etwas sehr schlimmes durchleben müssen, du musst jetzt Luft holen. Ich wünsche dir von Herzen alles Gute und dass du viele kleine Gedanken und Momente findest, die dir Trost spenden
:engel: :engel:
Traurige Grüße, Rezzan

Akira
23.03.2006, 17:20
Wir haben heute meinen Bruder zu Grabe getragen. Ca. 200 Leute oder mehr haben sich verabschiedet.

Als er krank war, habe ich auf einen Anruf von Ihm gewartet, dass er mir sagt: "Hey, kleiner Bruder! Ich bin wieder gesund! Komm und repariere mir meinen Computer, ich will wieder arbeiten!"
Ich warte immernoch. Und werde wohl auch ewig warten.

Ich danke für eure Anteilnahme. Irgendwann gibt es bestimmt ein Mittel gegen diese schreckliche Krankheit, die uns einfach Menschen aus unserer Mitte reißt ohne zu fragen was wir davon halten.

Akira

Ylva
25.05.2006, 16:10
Bin gerade über deinen Beitrag gestolpert.
Wie geht es dir Akira?

Gruß Ylva

Akira
21.03.2007, 15:12
Entschuldigt meine Abwesenheit. Der Schmerz war am Anfang zu stark zum Luftholen, geschweige denn irgendwas in einem Forum zu schreiben.

Mir geht es nicht viel besser. Der Schmerz stumpft ab, aber er vergeht nicht. Vor 3 Tagen war der erste Todestag; ich war abends in dem Krankenhaus wo mein Bruder verstorben ist und habe Blumen gebracht - die Schwester hat vor lauter Schreck bezüglich meiner Bitte die Blumen abzustellen die diensthabende Ärztin gerufen, welche sich noch an mich erinnerte und meiner Bitte nachging. So durfte ich noch etwas Zeit auf der Station verbingen.

Sonst bin ich jeden Sonntag am Grab und bringe frische Blumen. Die Mitarbeiter des Blumenladens haben Sonntags immer schon die Rosen für mich fertig gebunden und legen mir diese immer zurück; nach 12 Uhr sind diese sonst immer ausverkauft.
Da das Wasser am Friedhof immernoch abgestellt ist (September - April ist es wohl komplett aus) bringe ich immer selber welches mit und gieße das Grab.
Beten tue ich seit einem Jahr nicht mehr, obwohl ich immer gläubig war und in einer Christen-Familie aufgewachsen bin, wo der Kirchgang einfach zum Sonntag gehört wie Brötchen und Kaffee zum Frühstück.
Damals, jeden Abend als ich aus der Klink nach Hause gefahren bin, habe ich gebettelt und gefleht meinen Bruder zu verschonen und stattdessen mich zu nehmen, der keine 2 Kinder und eine Frau alleine lässt. Aber nach einem Jahr des täglichen Betens, des vergeblichen Flehens ist man müde...

Fotos anzusehen geht immernoch nicht wirklich, die Tränen fließen immernoch manchmal wenn man alleine am Grab steht - ist sonst jemand dabei beschränkt man sich als Mann aufs trösten. Selbst seine Handynummer habe ich noch gespeichert und bringe es nicht über's Herz sie zu löschen.

Es wird mit der Zeit nicht weniger schmerzhaft, sondern anders. Man kann sich nach einigen Monaten wieder länger als 30 Minuten auf andere Dinge (wie z.B. Arbeit) konzentrieren ohne permanent an den immensen Verlust denken zu müssen, aber sonst ist alles gleich. Kurz nach dem Tod und in der Zeit danach fühlt es sich an als ob dir jemand mit einem Messer ins Herz sticht, nach einem Jahr ist es das gleiche, nur mit einem stumpfen Gegenstand.

Ich wünsche niemandem, dass er seine Kinder oder Geschwister begraben muss; der Schmerz ist unerträglich und auch noch nach einem Jahr mehr als present. Ich wünsche allen, die von den oberen Foren in die unteren rutschen viel Kraft für den steinigen Weg wenn eure Zeitrechnung mit Tag 1 nach dem Tod eines geliebten Menschen beginnt, denn diese Zeit ist mindestens genauso schwer wie die davor.

Akira