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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Konfrontation eines 9jährigen mit dem Sterben seines Opas-ja oder nein?


asteri71
05.04.2006, 21:00
Soll ich meinem kleinen Sohn die Möglichkeit geben,seinen Opa ein letztes Mal zu sehen,oder ist es besser,dass er ihn in Erinnerung behält,wie er ihn das letzte Mal erlebt hat?
Aber der Reihe nach.Ich bin gestern zufällig auf dieses Forum gestoßen und hoffe auf zahlreiche Meinungen zu meiner Frage.
Ich lebe im Ausland,3000km von meinen Eltern entfernt.Seitdem sehen wir uns 1-2mal im Jahr.Mein 9jähriger Sohn hat meinen Vater das letzte Mal vor zwei Jahren gesehen,damals noch in vollster Gesundheit.
Seit der Diagnose Lungenkrebs im fortgeschrittenen Stadium Ende Juni letzten Jahres war ich ohne die Kinder dreimal in Deutschland.Es hieß,mein Vater braucht Ruhe,wir mussten oft zu Ärzten und in Krankenhäuser,da konnte ich meine Kinder nicht mitnehmen (mein kleiner Sohn ist erst knapp drei).
Mittlerweile musste mein Vater ins Pflegeheim,er hat Hirnmetastasen und ist sehr dement,er lebt in seiner eigenen Welt.
Er ist sehr dünn geworden,hat keine Haare mehr und viele Bekannte von früher erkennen ihn kaum noch wieder.Zur Zeit geht es ihm körperlich einigermaßen gut,er kann laufen und allein essen.
Wir wissen,dass ihm nicht mehr viel Zeit bleibt.Wie lange genau,kann wohl keiner sagen...
Ich könnte ab Mitte Juni wieder nach Deutschland fahren,auch MIT den Kindern,wenn bis dahin nichts Unvorhergesehenes passiert...
Und da komme ich wieder auf meine Frage zurück.Sollte ich meinen Sohn wirklich direkt mit dem Sterben seines Opas konfrontieren?? Er hat ausschließlich positive Erinnerungen an ihn.Würde das nicht ein traumatisches Erlebnis für ihn sein und sich für immer in sein Gedächtnis einbrennen?? Mein Sohn ist noch nicht besonders reif für sein Alter.
Andererseits frage ich mich,ob er mich vielleicht später einmal anklagen wird,weil ich wusste,dass sein Opa so krank war und er ihn nicht noch einmal gesehen hat.
In meinem Bekanntenkreis sind die Meinungen geteilt.Was meint ihr?

silverlady
05.04.2006, 21:18
hallo Assteri

ich glaube, ich würde mein Kind vorher in Gesprächen auf die veränderte Situation vorbereiten. Versuchen ihm die Krankheit und die Folgen auf das äussere des Großvaters erklären. Ich würde das so häufig machen das die Veränderung den Schrecken verliert.
Im Sommer würde ich meine Kinder mitnehmen, würde vorher fragen wie die Tagesform ist und dann wenn sie einigermassen gut ist die Kinder fragen ob sie ihn sehen wollen. Wenn ja lass sie abschiednehmen und wenn nein es ebenfalls akzeptieren. Mache einen kurzen Besuch und rede danach auführlich mit deinen Kindern. Und wenn sie wollen nimm sie nachts in dein Bett
Ich glaube ich hätte meiner Mutter irgendwann Vorwürfe gemacht wenn sie mir den Abschied nicht ermöglicht hätte
ich hoffe das meine Gedanken dich ein wenig weiterbringen

werner trompertz
05.04.2006, 21:32
Hallo

Glaube mir Kinder sind in vielen Situationen viel reifer wie wir,Kinder sind noch unbelastet von dem was Ihnen die Erwachsenen vorleben.Es kommt darauf an wie Du dein Kind auf so eine Begegnung vorbereitest,oder ob Du Ihm Angst machst mit dem Wort Sterben und Trauer.Oder ob Du dich mal mit dem leben nach dem Tod beschäftigst, so hast Du auch die möglichkeit Dein Kind auch in eine richtige Richtung zu lenken.Vielleicht wäre Dein Vater auch mal erfreut nochmal seinen Enkel zusehen.

Schlimm finde ich es wenn man sagt:

Oh Gott der Opa ist Krank,wenn ich Angst habe dann auch mein Kind.

Vieleicht kommst Du oder Dein Kind auch mal in de Situation zu sterben soll es dann auch Angst haben?

Werner

eternity_76
05.04.2006, 21:38
Hallo Asteri.
Du mußt wohl eine wirklich schwierige Entscheidung treffen. Die Antwort kann Dir leider niemand abnehmen, aber vielleicht hilft es Dir ja ein paar Erfahrungen zu kenne.
Ich selbst habe auch Krebs, und kam nur sehr knapp mit dem Leben davon. Darüber hinnaus starb der 13 Jährige Sohn von sehr lieben Freunden, vor kurzem an Krebs. Meine Töchter sind 10 und 5 Jahre alt.
Ich habe sie bei beginn meiner Krankheit langsam und vorsichtig aufgeklärt über das was ich habe. Der großen mußte ich auch klar machen das ich auch daran sterben könnte. Es war und ist für sie sehr wichtig alles zu wissen, selbst wenn es erstmal hart sein wird. Sobald sie auch nur das Gefühl hat wir würden ihr was verheimlichen, "riecht" sie den Braten sofort.
Allerdings hatte sie auch sehr schwerwiegende Probleme damit, wenn auch erst 1 Jahr nach meiner letzten Therapie. Sie hörte auf zu laufen und ihre Psyche reagierte auf meine Krankheit mit extremen Schmerzen in den Beinen. Ein sehr lieber und großartiger Kinderpsychologe hat uns helfen können und ihr geht es wieder gut.
Aber ich würde es wieder so machen.
Auch hat sie den Krebskranken Jungen ein paar Monate vor seinem Tod noch gesehen. Es war ihr überaus wichtig.
Als er dann im sterben lag haben wir nur noch telefoniert oder gemailt, weil er durch den Krebs sehr gezeichnet war. Ich denke es wäre für sie noch schlimmer gewesen ihn zu sehen. Es ist oft sehr schmerzhaft wenn man einen Menschen sieht, der nur noch ein Schatten seiner selbst ist. Die Vorstellung, wie ein solch kranker Mensch vielleicht leiden muß wird meiner Meinung nach dadurch noch heftiger.
Es ist schon schwierig einem Kind diese Krankheit und ihre Auswirkungen zu erklären, aber es wirklich zu sehen ist nochmal eine ganze Ecke mehr.
Jedenfalls habe ich die Erfahrung hier mit meinen Kindern und den Kindern meiner Familie gemacht.
Egal wie Du entscheidest, ich wünsche Dir alles liebe und das Du und Dein Sohn ( und natürlich auch die anderen Angehörigen!) das gut überstehen.
Deinem Vater schicke auch noch ein dickes Paket Kraft !!
Sanny

asteri71
05.04.2006, 21:59
Hallo eternity 76,
danke für deine netten Worte.Ich habe mich gerade auf deiner homepage umgesehen.Wollte eigentlich einen Gästebucheintrag hinterlassen,aber das klappte nicht.Also auf diesem Weg-Hut ab,du scheinst wirklich eine ganz starke Frau zu sein!
Das mit deinem kleinen Sohn tut mir so Leid,aber er hatte ja keine andere Chance.
Ich hoffe,nochmal von dir zu hören!

asteri71
05.04.2006, 22:10
Hallo Werner Trompertz,
danke für deine Meinung.Vielleicht hast du Recht und Kinder können mit vielem noch besser umgehen als wir Erwachsene.Kinder verstellen sich nicht.
Ich habe kurz auf deine Homepage geschaut und war sehr betroffen.
Ich glaube nicht,dass es etwas Schlimmeres im Leben gibt,als das eigene Kind zu verlieren.Wie alt war denn dein Kleiner?
Ich habe mich eigentlich in dieses Forum eingeschrieben,weil ich mit Menschen,die sich in ähnlichen Situationen befinden wie ich,sprechen wollte.
Und jetzt erkenne ich,dass das Schicksal zu den meisten hier viel härter ist als zu mir.Und die Kraft,die ihr trotz allem,oder wahrscheinlich gerade deshalb, aufbringt,ist unbeschreiblich...

*Heidi*
05.04.2006, 22:22
Das ist sicher sehr schwer , ich persönlich würde es nicht tun , aber ich bin wahrscheinlich
eine Glucke die Kinder viel zuviel beschützt . :embarasse
Was du auch immer tust , ich wünsche , du tust das Richtige . :)

asteri71
05.04.2006, 22:33
Hallo Heidi,
danke für deinen Beitrag.Für mich ist es so schwer,weil mein Sohn ja meinen Vater nur gesund kennt.Immer,wenn sie zusammen waren,waren es wunderschöne Ferien. Ich habe Angst,dass er sich als Erwachsener vielleicht nicht mehr an all diese schönen Ferien erinnern würde,sondern an ein trauriges,vielleicht auch schockierendes in seinen Augen Bild.
Ich denke,ich lasse die Zeit entscheiden...Vor Mitte Juni gibt es sowieso keine Möglichkeit für eine Reise nach Hause.

Stina
06.04.2006, 06:10
Hallo, ich kann nur von mir selbst bzw. meinen Kindern sprechen. Mein Vater (wir leben alle in einem Haus) bekam die Diagnose Lungenkrebs im Juli, die Ärzte gaben ihm noch 2 Jahre. Er wechselte zwischen Krankenhaus, Palliativstation und zu Hause und die Kinder sahen den Opa täglich, auch, als er ein Pflegefall wurde, geistig stark abbaute, als er zuletzt nur noch 36 kg wog, ins Krankenhaus kam und dort starb. Selbst da waren die Kinder (im Flur) dabei, ging nicht anders. Und als der Opa tod war, nahm ich die Kids noch ins Zimmer und sie durften ihrem Opa "tschüß" sagen. Meine Kinder waren da genau 3 und 6 Jahre alt.....

rinesmama
06.04.2006, 08:40
Hallo asterie
hast du keinen Pfarrer in deiner Nähe? Mir und meinen Kindern hat es beim Tod meiner Schwiegermutter sehr geholfen. Ich hatte auch die Einstellung, meinen Kindern den Anblick zu ersparen, jedoch hat unser Pfarrer gemeint auch der Tod ist ein Teil von unserem Leben. Ich glaube auch dein Sohn wird sich später an die schönen Ferien bei seinem Opa erinnern und wie jemand aus dem Forum sagte, die kinder sind viel reifer als wir denken (das stimmt).
Wir möchten immer alles unseren Kindern ersparen, aber auch der Tod gehört zu unserem Leben.
Ich muß aber auch ehrlich sein meine Kinder waren damals 12 und 16 Jahre alt und wir wohnten ganz in der Nähe.
Ich galube das ist auch der Hauptgrund warum du deinen Sohn diese Erfahrung ersparen willst.
Inzwischen ist meine Tochter an Lymphdrüsenkrebs erkrankt, sie weiß was auf sie zukommt, da sie wie z.B. die Chemos bei ihrer Oma gesehen hat.
Ich bete für dich, daß du die richtige Entschdeidung triffst.
Gaanz viele Drücker
Rinesmama :winke:

Briele
06.04.2006, 15:35
Liebe Asteri71,

Du hast viele Antworten bekommen, nun will ich Dir noch von meiner Erfahrung berichten.

Ich war acht Jahre als mein Opa starb. Obwohl nicht so viele Kilometer zwischen uns und meinen Großeltern lagen wie bei Euch, habe auch ich ihn nur einmal im Jahr gesehen. Zwei Jahre bevor er starb, habe ich allerdings vier Wochen bei meinen Großeltern verbracht. Die Erinnerungen an diese Zeit waren mir immer präsent und sind es auch heute – 50 Jahre später.

Wahrscheinlich war es damals die Ausnahme, daß man mit Kindern Situationen besprochen hat, ich glaube man wurde als Kind in dieser Beziehung eher unterfordert. (dafür in etlichen anderen oft überfordert).

Wie auch immer, man hat mir nur gesagt, Opa ist krank. Mama und ich fuhren nach I. um ihn zu besuchen. Damals durften Kinder nicht ins Krankenhaus, ich weiß nicht ob das nur eine Eigenheit dieses Krankenhauses war. Auf jeden Fall waren meine Mama und Oma schon drinnen und mein Onkel hat mich „eingeschmuggelt“.

Während ich nun diese Zeilen schreibe, ist mir die Szene im Krankenzimmer so nahe, als wäre es gestern gewesen. Mama und Oma saßen da und weinten. Das hat mich über alle Maßen erschüttert. Den Mann im Bett erkannte ich nicht. Aber als er sagte, komm her, mein Mädele, da war klar, das war mein Opa. Sein verändertes Aussehen hat mich nicht erschreckt. Ich hab ihm viel erzählt, wir haben auch gelacht, wir haben uns berührt und dann ist mein Onkel wieder mit mir gegangen.

Ein paar Wochen später ist er gestorben.

Ich habe keine Erinnerung daran wie mein Opa auf seinem Krankenlager aussah. Denk ich an ihn, so sehe ich ihn und mich in den Sommerwochen, die ich bei meinen Großeltern verbracht habe.

Über ihn, sein Leben weiß ich viel. Er ist mir nahe und vertraut. Ich habe nur drei Fotos von ihm, aber meine Mutter hat mir hundert Geschichten erzählt. Die sind nun alle in mir.

Ich kann nur von mir sprechen, aber ich hätte meiner Mutter keinen Vorwurf gemacht, wenn sie mich damals nicht mitgenommen hätte.

Wie es war, war es in Ordnung, damit meine ich, mein Opa wäre ohne diesen Besuch genauso in mir. Ich glaube wenn man der Stimme seines Herzens folgt, es in liebevoller Achtsamkeit tut, dann macht man nichts falsch.

Liebe Grüße und gute Wünsche
Briele

tina1000
06.04.2006, 17:27
Hallo,
ich denke du solltest deinen Sohn fragen was er will.
Mein Mann starb im Februar diesen Jahres an Magenkrebs, meine Tochter wird jetzt 8. Die Schwestern im Hospiz sagten mir, das es für viele Kinder besser ist den Papa noch einmal zu sehen (als er schon gestorben war). Sie können sich dann alles leichter vorstellen. Ich habe meine Tochter gefragt ob sie das möchte. Ich habe ihr genau erklärt wie der Papa da liegt, als ob er schläft. Aber sie wollte es nicht. Sie wollte ihn nicht noch einmal sehen.
Dein Sohn sollte das alleine endscheiden. Bereite ihn darauf vor. Rede mit ihm. Vielleicht gehst du erst selbst hin und machst dir ein eigenes Bild. Dann rede mit ihm. Wenn er es nicht möchte mußt du das respektieren.
Meine Oma hat mich vor 15 Jahren mehr oder weniger gezwungen meinen Opa in der Leichenhalle anzusehen. Ich habe ihn nicht erkannt, und ihr das auch nicht verziehen.

Martina

werner trompertz
06.04.2006, 19:31
Hallo

Der Jan war 11 und ist jetzt 12 er lebt in uns natürlich weiter.

Wir haben damals als wir wußten das es zu Ende ging, eine Krankensalbung für Jan gemacht wo dann ein Pfarrer und ein Seelsorger dabei waren.Klaus der Seelsorger hat dann seine Gitarre ausgepackt und ein paar schöne Lieder gespielt und wir haben alle zusammen gesungen, Jan war sehr gläubig und hat das Vater unser, uns vorgebetet.Es waren auch seine besten Freunde dabei wir waren 15 insgeamt,jeder hat eine Kerze mitgebracht was wir mit der Stationsleitung abgesprochen haben. Der Pfarrer sagte zu Jan auch wenn Du jetzt so schwer krank bist Gott ist immer bei Dir und läßt Dich nicht allein. Jan hat natürlich genickt,anschließend haben wir Ihn dann gesalbt und jeder hat seinen persönlichen Wunsch für Jan erzählt.Dann haben wir noch mehr gesungen.

Und zum Schluß fragte Jan warum weint Ihr denn,es gibt doch noch Kuchen.

Es war ein wunderschöner Nachmittag den ich nie vergessen werde und auch die Kinder nicht denn Sie haben etwas gelernt.

Werner

asteri71
06.04.2006, 21:50
Danke an alle,die mir hier schon geantwortet haben!
Ich bin wirklich positiv überrascht und in diesen Tagen hilft es mir wirklich,hier ein wenig zu lesen und zu schreiben.
Ich muss allerdings auch dazu sagen,dass ich an beiden Abenden bisher heulend ins Bett gegangen bin-und das eigentlich nicht so sehr wegen meines Vaters,sondern wegen eurer Geschichten,die ich ansatzweise hier gelesen habe.
Ich weiss nicht,ob ich das auf die Dauer ertrage.
Seitdem mein erster Sohn auf der Welt ist,bin ich besonders mitfühlend und betroffen,das muss wohl mit dem Mutterinstinkt zusammenhängen.
Mich macht es auch traurig,dass ich mit meinem Vater nicht über seine Krankheit sprechen konnte.Er hat jede Diskussion von vornherein abgelehnt.Wir sprechen einfach nicht darüber,also existiert kein Problem und keine Krankheit.Es ist,als ob er seitdem auch kaum noch Gefühle an sich herangelassen hat.
Immer,wenn wir uns,schon vor seiner Krankheit,gesehen hatten,mussten wir zur Begrüßung und auch beim Abschied weinen.Eben weil wir wussten,dass bis zum nächsten Mal etliche Monate vergehen würden.
Seitdem er krank ist,hat er bei der Begrüßung nicht mehr geweint.
Jetzt im März,bei meinem letzten Besuch,war er schon viel zu verwirrt.Er denkt,ich bin wieder ein kleines Mädchen.
So habe ich jedes Mal bis über beide Ohren gestrahlt und gelacht,Witze für ihn gemacht und Geschichten von den Kindern erzählt...
Ich werde,mittlerweile fast 35 Jahre alt,zum ersten Mal damit konfrontiert,dass einer meiner liebsten Menschen diese Welt verlassen muss.Ich bin langsam soweit,dass ich weiss,dass ich es nicht ändern kann,aber es ist schwer...
@Werner Trompertz
Das mit der Krankensalbung deines Sohnes hat mich sehr berührt.Er sieht sehr,sehr süß aus! Mein Sohn sieht auch so ähnlich aus,schlank,zart,blond und blauäugig...

Stina
06.04.2006, 22:01
Auch ich bin, mit 39 Jahren, zum ersten Mal mit dem Sterben eines sehr nahen Verwandten (Papa) konfrontirert worden.
Ich durfte ihn in den letzten Wochen begleiten.
Auch er sprach nie über seine Erkrankung, sah mich oft mit leeren,f ragenden Augen an, fragte aber nie....Es ist ein "guter Schritt", wenn man einsieht, dass man es nicht ändern kann, aber auch ein wahrlich sehr, sehr schwerer.....

Xaver
07.04.2006, 17:19
Hallo Asteri...

Ich habe vor Vielen Jahren das langsame Sterben meiner Lieblings- Tante miterlebt ich war so 14 oder 15 Ich werde die Bilder nie vergessen. Wenn ich heute an meine Tante denke sind es viel zu oft die Bilder des sterbens die mir in den Kopf kommen... ich muss mich an die schönen Zeiten bewusst erinnern...
Später als junger Erwachsener habe ich meine Oma, die mich großgezogen hat auf Ihrem Weg begleitet das war eine ganz andere Situation für mich, ich glaube weil ich älter war.
Ich werde nach diesen Erfahrungen glaube ich unserer Töchter die Bilder ersparen, wenn es Ihrer Oma schlechter geht (unsere Mutter hat Lungenkrebs mit Fortgeschrittenen Metastasen).
Meiner Ansicht nach kann man Kinder nicht vor allem beschützen, aber sie wie kleine Erwachsene zu behandeln ist sicherlich auch nicht richtig.

asteri71
07.04.2006, 21:27
Hallo Xaver,
gut,auch mal eine etwas andere Meinung zu hören.Wie alt sind denn deine Töchter und sehen sie ihre Oma oft?
Hallo Stina,
Ende des Monats haben meine Eltern ihren 49.Hochzeitstag.Sie hatten sich schon so auf ihre Goldene Hochzeit im nächsten Jahr gefreut...
Sie sind auch nach so vielen gemeinsamen Jahren,die ja auch nicht immer leicht waren,noch richtig verliebt ineinander.Ich bewundere das,seitdem ich erwachsen bin.Um eine Beziehung muss man immer wieder kämpfen,um sie aufrecht erhalten zu können.49 Jahre...Meine Eltern lassen es aussehen,als sei es ein Kinderspiel!
Für meine Mutter ist es jetzt natürlich am schwersten,arme Mama..

DTFE
07.04.2006, 21:59
Liebe Asteri,
ich selbst war 4 Jahre alt, als mein Vater starb. Ich bin die Jüngste von 4 Geschwistern. Meine Mutter hat uns alle 4 mit ins Krankenhaus genommen als mein Vater das Sterbesakrament erhielt. Vor der Beerdigung hat meine Mutter uns alle 4 mit ins Leichenhaus genommen, damit wir unserem Vater auf Wiedersehen sagen konnten. Meiner Mutter wurden heftige Vorwürfe gemacht, dass sie uns Kindern und besonders mir als 4 - Jähriger das zumutet. Ich bin ihr bis heute überaus dankbar dafür. Diese 2 Situationen haben sich in meine Erinnerung gegraben und es mir ermöglicht als Erwachsene nochmals anders Abschied nehmen zu können. Ohne diese 2 Bilder hätte ich keine Anknüpfungspunkte gefunden und wäre auf Erzählungen angewiesen gewesen. Ich trage sie wie einen Schatz mit mir. Sie sind die Verbindung zu meinem Vater, da ich sonst auch nur noch 1 Situation in Erinnerung habe als er noch gesund war. Werner hat recht - Kinder gehen natürlicher und selbstverständlicher mit Leben und Sterben um.
Trau deinen Kindern zu, dass sie damit klar kommen oder lass sie selbst entscheiden. Sie wissen, was sie brauchen.
Viele Grüße Doro

asteri71
08.04.2006, 21:00
DANKE AN ALLE, DIE MIR HIER GEANTWORTET HABEN!
Ich habe mich inzwischen entschlossen,dem Lauf der Zeit die Entscheidung zu überlassen.Wenn das Schicksal zulässt,dass ich Mitte Juni noch einmal zu meinem Vater mit den Kindern fahren kann,und mein Sohn es wirklich möchte,dann soll er seinen Opa noch einmal sehen.Wenn nicht,dann sollte es wohl nicht sein...
Heute habe ich wieder von einem Fall gehört,wo eine Frau ohne vorherige Erkrankung an einem plötzlichen Herztod gestorben ist,mit 65 Jahren.
Das hat mich nachdenklich gemacht.
Für uns alle hier,die kranke Angehörige haben und wissen,dass diese bald gehen müssen,besteht wenigstens die Möglichkeit,sich zu verabschieden.Dinge zu sagen,die man immer wieder aufschiebt.Danke zu sagen und auf Wiedersehen.
Das alles ist bei solch einem plötzlichen Tod nicht möglich.Und dennoch ist es wünschenswert,eines Tages einfach so und ohne Leid und Schmerzen gehen zu dürfen.
Darum an alle-zeigt heute und immer all euren Lieben,wie gern ihr sie habt,sprecht mit ihnen,wer weiß schon,was morgen ist...

Alinore
15.04.2006, 12:21
Man greift vielleicht nach allen Strohhalmen, die sich einem bieten. Auch wenn es keine gibt. Ich danke dir für deinen Kommentar auf meinen Text. Ich wollte auch deinen Beitrag lesen.
Wie lange die Distanz ist, in der wir Abschied nehmen können ist immer unterschiedlich. Manchmal glaube ich, es ist einfach die Zeit, die alle brauchen, um zu verarbeiten. Mir und meiner Mutter wie auch meiner 15-jährigen Tochter scheint nicht viel Zeit gegeben zu werden, aber es geht erst los. Ich lese bei dir wie es sich anfühlt, wenn man mitten drin steckt. Meine Tochter kommt heute aus dem SKiurlaub zurück. Sie wollte mich nicht mehr sprechen, als ich ihr am Mittwoch über Handy die Schreckensbotschaft übermittelte. Mein Ex-Mann hat sie "aus dem Verkehr gezogen". Heute gegen 17 Uhr MUSS sie sich der Situation stellen. Du hast die Wahl es deinem Sohn vorzuenthalten, aber wenn ich darüber nachdenke, wie Kinder mit den Dingen umgehen, so wäre es unfair deinem Sohn die Wahrheit vorzuenthalten. Auch wenn es grausam scheint. Später wird er dir Vorwürfe machen. Aber das ist nur mein Gefühl. Es ist immer leichter Entscheidungen zu treffen, wenn man in anderen Schuhen geht.
Dank dir nochmal für deine Worte.