Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Ignoranz
Rebellin
06.12.2008, 08:11
Hallo Ihr Lieben
bin neu hier und brauche dringend ein bisschen Aufmunterung.
Ich bin Single und habe kaum noch Familie. Habe zum zweiten mal BK und stecke seit über einem Jahr in den Therapien.
Und wie geht das nun mit meinem sozialen Umfeld? Manchmal denk ich, ich bin auf dem falschen Planeten!
Ich höre nur Sprüche. Erlebe nur Ignoranz. Alle Welt vergisst, dass ich mitten in den Therapien stecke.
Und die Sprüche sind heftig! - "Hör doch auf mit dem Mist! / Lass das doch sein!" oder "Wieso? Du bist doch nicht krank!" oder "Die Therapien hast du selber so entschieden!" oder "Du übertreibst völlig!" oder wenn ich über all die Ignoranz klage, höre ich bloss: "Du musst halt Rücksicht auf die Leute nehmen!"
Nur das! Nichts anderes. Seit über einem Jahr.
Als ich mit der täglichen Bestrahlung nach acht Wochen endlich fertig war, und ich meine Freude einem Freund am Telefon mitteilen wollte, lautete die Antwort: "Ach ja ... das ist schön für dich!" (Er hatte es voll vergessen, bzw. gar kein Interesse daran.)
Dauernd bemühe ich mich (wenn die Leute so höflich fragen, wie's mir geht, und ich endlich die Chance bekomme, von mir zu reden), ihnen die Sache so zu erklären, damit sie es verstehen können. Aber sie wollen es gar nicht verstehen! (Denn dann folgen genau die obengenannten Sprüche!)
Sie alle (meine Leute, Kollegen, Freunde) wissen, dass ich mitten in der Chemo stecke. Dass ich da alle drei Wochen (alleine) hin muss, und ich hinterher total (alleine) schlapp bin, und es mir nicht gut geht.
Was passiert? (Nach mehrmaligem Klagen meinerseits so nach acht Monaten langsam): Sie rufen mich an, o ja, entweder alle drei Monate mal (um dann kein schlechtes Gewissen zu bekommen, und um dann sagen zu können: "Wiesoooo? Ich habe dich doch angerufen!") ja, und jetzt neuerdings auch direkt am Tage der Chemo - fragen dann schnell, wie es mir geht (so aus Höflichkeit), womit ich dann immer meine, ah, sie sorgen sich tatsächlich um mich! Aber letztendlich lassen sie mich zwei Sätze stammeln ("... geht mir nicht gut, bin halt schlapp, tut alles weh ..."), und dann plaudern sofort sie los, reden über sich, über ihre Wünsche, und ... ob ich nicht dann mal dies und jenes FÜR SIE nachfragen oder erledigen könnte!?
Ich halte das nicht mehr aus, echt! Wie ignorant sind eigentlich all diese Leute? Wie können die noch Forderungen und Erwartungen an mich stellen, wenn ich grad eine Chemo hatte?
Natürlich habe ich mich dann bei diesen Leuten beschwert, habe ihnen gesagt, dass mich das verletzt.
Was kriege ich zur Antwort? "Du bist halt empfindlich." oder "Du übertreibst."!
Echt, ich bin stinkewütend. - Wie gehe ich damit um?
Im Moment denke ich nur noch an Rückzug. Bin so schon einsam. Aber mein soziales Umfeld treibt mich - mit dieser Ignoranz - noch mehr in die Einsamkeit.
Nein, da gibt es nicht mal eine Person, die mich stützt! Niemand! Keiner begleitet mich, keiner will sich mit Krebs befassen, jeder hat seine eigenen Sörgelchen (die ihm wichtiger sind), ... und wenn ich ihnen genau von diesem Problem (Ignoranz) klagend erzähle, und wie weh mir das tut, sagen sie mir nichts anderes, als: "So ist es halt!" oder "Du musst das halt akzeptieren."
Muss ich das? Wenn ich weiss, dass so viel Ignoranz schädlich für mich ist?
Ich habe im Moment nicht die Kraft, nach neuen Leuten zu suchen, die Verständnis haben könnten. Ich bin auf jene angewiesen, die ich habe. Selbsthilfegruppe und Psychiater ... alles schon gehabt. Aber das nützt mir im Endeffekt nicht, wenn ich ein soziales Umfeld brauche, einfach Freunde, die mir zeigen, dass sie mich mögen, und dass ich wichtig bin. Ich brauche im Alltag meine Stützen, wo ich auch spontan sein kann im Reden, wo ich ehrlich sein darf. Wo ich auf ihre Liebe vertrauen darf.
"Hä? Wieso? Du bist doch nicht krank!"
Nein, echt!
Habt Ihr mir da ein paar Tips, wie ich damit umgehen soll? - Ausser in die Einsamkeit zu flüchten? Wie kriege ich die Leute dazu, dass sie mit ihrer Ingoranz endlich aufhören?
Rebellin
PS. Wenn ich meine Therapien dann endlich fertig habe, werde ich wohl oder übel alleine feiern müssen.
Ja. Ich werde mich besaufen. Alleine.
PS2. Schon gewusst? Singles mit Krebs leben weniger lang, als Krebspatienten, die in einer Beziehung sind oder familiäre Unterstützung haben.
Im Grunde fragwürdig, warum ich dann so um meine Lebensverlängerung kämpfe ... pfff!
Hallo Rebellin
erst mal herzlich willkommen hier :)
es hört sich für mich so an, als hätte es schon vor Deiner Krankheit keine wirklichen Freunde in Deinem Leben gegeben, denn die wären jetzt noch da und würden Dich stützen. Aber so ist das nun mal: erst in Krisensituationen zeigen sich wahre Freunde, und davon bleiben dann nicht viele übrig.
Und die anderen wollen nun mal nicht mit Einzelheiten und negativen Berichten einer Krankheit `belästigt` werden.
Und nicht jeder, der fragt `wie gehts`will eine ausführliche Schilderung Deines momentanen Zustandes, und schon gar keine Vorwürfe über Ignoranz und mangelndes Interesse. Da ergreifen die meisten die Flucht, und melden sich nie wieder.
Du schreibst zuwenig über Dich, als dass ich es wirklich beurteilen könnte
(Alter, Berufstätigkeit usw.) aber ich denke, vielleicht wäre es hilfreich für Dich, wenn Du ein bißchen positiver mit Deinem Thema umgehen würdest.
Es ist sehr schwer, wenn man in einer solchen Situation alleine ist.
Aber vielleicht gibt es ja doch eine Selbsthilfegruppe oder ähnliches, die Dir die Möglichkeit geben eines neues Umfeld aufzubauen.
Ich bin auch ohne Partner und ich habe auch Krebs, aber beim Lesen hier im Forum sind mir so viele wirklich schlimme Schiksale begegnet, dass ich denke, mir geht es noch gut, und ich bin dankbar für die eine wirklich gute Freundin in meinem Leben. Aber auch die darf nicht überfordert werden.
Vielleicht ist in Deinem Leben der Zeitpunkt gekommen, mal ein paar Dinge grundsätzlich zu überdenken und zu ändern, altes loszulassen, positive Gedanken zulassen, und nicht Trost bei Menschen zu suchen, die sich nur am Rande für Dich interessieren.
Ich wünsche Dir auf jeden Fall alles Liebe :)
und wenn keine da ist stößt Du hier mit uns an:prost:
Cora
Rebellin
06.12.2008, 10:21
Hallo Cora
vielen Dank für Deine Worte. - Ich bin einfach sooooo wütend!
Sicherlich ist es fraglich, ob meine Freunde von jetzt auch wirkliche Freunde sind. Aber was bleibt mir anderes übrig, als mich an diese Leute zu wenden? Im Alltag meine ich. Wenn ich die nicht mehr habe, habe ich gar niemanden mehr. Dann brauche ich auch gar nicht mehr aus dem Haus zu gehen.
Beim ersten Krebs vor sieben Jahren war es genau so. Alle hauten ab. Sobald meine "Krisenzeit" dann einigermassen vorbei war, kamen wieder andere Leute, klar. So meinte ich eben auch - damals - naja, es ist ja schön, dass da wieder neue Leute sind.
Aber nun ist's eben wieder so, dass jene neuen Leute, ... genau gleich ignorant sind.
Im "Normalzustand" von Gesundheit, die man hat wenn es einem wieder besser geht, sieht man den Leuten da draussen halt nicht an, ob sie in Kriesenzeiten einem beistehen würden. Ich meine, sie schwingen doch immer so grosse Worte, jaja, dass sie jederzeit helfen würden, ich müsse sie nur anrufen! - Komischerweise hat dann aber nie einer Zeit! Und so zeigt sich dann ihr wahres Gesicht.
Weisst Du, es ist ja nicht so, dass ich dauernd und unablässig mit den Leuten über meine Krankheit reden will. Aber wenn der Moment da ist, und sie fragen, wie es mir geht, ... dann ist das doch MEIN Moment, und dann will ich doch reden können, nicht wahr?
Rede ich hingegen lange Zeit NICHT über meine Krankheit, dann ist eben alles völlig normal, und meine Krankheit wird zum Tabu. Dann hilft mir erst recht niemand. Denn dann gibt es den Krebs bei mir ja nicht. Und schon gar keine Behandlungen, bei welchen ich ein bisschen Aufmunterung und Verständnis brauche. - Ich habe es so satt, diese vergesslichen Worte hören zu müssen: "Ach ja, ... stimmt ja, du hattest vorletzte Woche Chemo!"
Im Ergebnis ist es einfach so, dass mich die dauernde Ignoranz krank macht, und weniger der Krebs! Und da bin ich rebellisch, weil ich mir das nicht gefallen lassen will. Ich will mich nicht dazu gezwungen sehen, Ignoranz zu unterstützen! Das ist für mich das falscheste vom Falschen.
Ich bin auch so eine Helfende. Dauernd. (Weil es für mich selbstverständlich ist. - Sofern ich die Kraft dazu habe, versteht sich.) Die Leute sind es gewohnt, dass ich dauernd da bin und helfe und Verständnis habe. - Vielleicht bin ich ja zu stark für sie? Unvorstellbar für sie, dass ich schwach sein könnte? - Mein Dilemma wahrscheinlich.
Wie soll ich positiver damit umgehen können, Cora? Über Verletzungen kann ich nicht lachen, die kann ich nicht positiv sehen. Keiner von meinen Leuten da draussen gibt sich etwas Mühe, sich mit der Thematik zu beschäftigen. Oder um mir mal eine Freude zu machen. Mich zu besuchen. Sie stellen nur Erwartungen an mich. Und sie sagen mir voll ins Gesicht, dass ICH keine Erwartungen haben darf.
Das ist mir einfach zu viel. Nach über einem Jahr.
Im Grunde bleibt mir nichts anderes übrig, als bei dem Tabu-Spielchen mitzuspielen. Niemandem mehr anrufen zu können (weil ja eh keiner da ist oder Zeit hat), keine Telefone erwarten zu DÜRFEN (weil es ja eh niemanden interessiert), meine Chemos im Alleingang zu machen bis zum Ende, und somit als Krebspatientin ein Trauma von Ignoranz in meiner Seele bis an mein Lebensende mitzutragen. Mir ist es somit auch verleidet, jenen Menschen noch helfen zu wollen. Insbesondere wenn sie selber mal Krebs kriegen. Dann knalle ich ihnen das selbe ins Gesicht: "Naja, damit musst du selber klarkommen. Alleine. Du darfst keine Erwartungen haben. Ich habe schliesslich meine eigenen Sörgelchen ...!"
Tut mir leid, Cora, ich bin momentan total im Frust. Und ich bin so müde, um überhaupt noch etwas unternehmen zu können. Ich mag nicht mehr raus gehen, weil ich weiss, dass meine Situation ein Tabu bleiben muss, um mich selber vor der kommenden Ignoranz zu schützen. Ich habe schon so vieles versucht. Mir so viel Mühe mit den Leuten gegeben. Freundlich. Lieb. Wütend. Weinend. Es nützt alles nichts. Ich denke ja auch immer, wenn ich es den Leuten erklären kann, damit sie es verstehen können, dann können sie besser helfen, können besser damit umgehen. Ich sage ihnen das sogar noch so: "Ich versuch es dir zu erklären, damit du besser verstehen kannst und auch besser damit umgehen kannst." - Aber je mehr ich es versuche, um so mehr ... wollen sie nicht.
Vielleicht bin ich zu direkt? Zu deutlich? Zu intensiv? Ich weiss es nicht, weil es mir ja keiner sagt. Man macht ja nur Sprüche. Und keiner gibt zu, dass er Mühe mit dem Thema hat. Nein, sie tun alle so, als wüssten sie über alles bestens Bescheid. Sie wissen sogar so gut Bescheid, dass sie mir sagen können "Hör doch auf mit dem Mist!", womit meine Behandlungen gemeint sind. Aber sie haben null Ahnung über die Behandlung. Sind nicht mit mir zusammen gesessen, um darüber zu recherchieren. Um die Vor- und Nachteile abzuwägen. Um das Beste - mit mir gemeinsam - raus zu finden.
Im Gegenteil, sie kritisieren sogar mein Urteilsvermögen.
Beim ersten Krebs habe ich keine Behandlungen gemacht. Der Krebs war zu klein, die Situation soweit zu gut. Da kriegte ich von meinen Leuten die heftigste Kritik von allen Seiten. Und weg waren sie.
Diesmal, beim zweiten Krebs, sieben Jahre später, MACHE ich Behandlungen, aber diesmal nun, kritisieren die neuen Leute diese Behandlungen, und meinen alle, ich solle sie NICHT tun (dieser "Mist"!).
Siehst Du, wie ich hier hin und hergeschoben werde? Ich kann tun und lassen, was ich will, es ist nie für jemanden recht. Und so stehe ich unter dauernder Kritik! - Für mich ist's schon recht, ich weiss genau, was ich tue, und bin mir meiner Sache sicher. Im Grunde ist es ja auch das einzige Richtige, dass es für MICH stimmen muss. - Aber verflixt, ich lebe doch nicht alleine auf dieser Welt, ich lebe in einem Kollektiv von Menschen! Ansonsten kann ich ja GLEICH auf eine einsame Insel verschwinden und dort alleine leben! (Dann würde ich es wenigstens noch verstehen, DASS ich alleine damit bin!)
Seufz. - Entschuldige, ich muss hier einfach mal alles rauslassen können. Es ist lieb, dass Du mir "zuhörst". Danke.
Rebellin
PS. Ich bin 48.
Tja, Rebellin,
für mich hört sich das eher nach permanenter Jammerei, Klagerei, Meckerei und Vorhaltungen an. Auch damit können Menschen nicht umgehen bzw. wollen es auch garnicht. Jeder hat seine höchsteigene Hölle, nur bei jedem besitzt sie eine eigene Maske. Was für den einen schlimm ist, belächelt der Nächste nur. Und die Krankheit Krebs ist trotz gewisser Aufklärung im Bewusstsein der Menschen nicht vorgedrungen. Krebs gleich Tod. Wer Krebs hat, muss krank aussehen. Wer noch einigermassen gesund aussieht, hat dann nichts. "Siehst ja gut aus", kommt dann. Ja, wie soll man den aussehen. Du beklagst Dich, erst rufen die Leute nicht an, dann zu Zeiten, die Dir nicht recht sind, okay am Tag der Chemo ist ein bisschen unglücklich. Aber die Leute sind wahrscheinlich ganz "happy" daran gedacht zu haben. Nur weil Du Single bist, heisst es noch lange nicht, dass es Betroffenen in einer Beziehung besser geht. Auch hier gilt, jede Medaille hat zwei Seiten. Schiele also nicht immer nur auf das scheinbar Positive. Und alleine zu den Therapien zu gehen und auch alleine heimzugehen. Auch das machen viele, die einen Partner haben. Natürlich ist die Frage "wie geht´s?" eine der rhetorischer Art. Selbst wenn es mir nicht gut geht, werde ich diese Frage IMMER mit "danke und wie geht es Ihnen" abwürgen. Ich kann ja auch bei der Antwort weghören, meist verstehen die Gesprächspartner aber, dass ich nicht bereit bin mit ihnen über meinen Gesundheitsstatus zu unterhalten. Geht sie auch nichts an. Die Frage ist doch, was erwartest DU? Von Dir und dem Umfeld? Hast Du da zu hohe Ansprüche? Die Krankheit Krebs beinhaltet nicht nur die Krankheit an sich, sondern ganz viele weitere Dinge, zum Beispiel das Differenzieren, wem kann ich was in welcher Form in welcher Ausführlichkeit zumuten. Natürlich ist Anteilnahme da, aber Krebs ist etwas, das den Leuten Angst macht. Und dann bekommen sie in aller Kleinigkeit mitgeteilt, was so abgeht. Das erschreckt und verschreckt die Leute. Du schreibst selbst von Selbsthilfegruppen und Therapeuten. Vielleicht hast Du bisher die für Dich "falsche" Person gegenüber sitzen gehabt. Auf jeden Fall solltest Du dieses Thema nochmals aufgreifen. Allein für Deinen Selbstschutz, der ja bereits einige Löcher aufweist.
Tut mir leid, das wird nicht das sein, was Du gerne hören wolltest, aber um aus dem Kreislauf herauszukommen, braucht man manchmal auch eine gegensätzliche Meinung. Auf jeden Fall drücke ich Dir die Daumen, dass Du die Chemo gut überstehst und Dich dann wirklich auf den Abschluss und hoffentlich auch positiven Ergebnis daraus freuen kannst. Und nicht besaufen, bringt nichts, aber wie wäre es mit dem Erfüllen eines Wunsches, den man sich bisher verkniffen hat? Macht richtig Laune, kann ich nur aus Erfahrung sagen. Und man freut sich jedesmal, wenn man das Gekaufte sieht oder die Erinnerungen (Reiseerlebnis, Museumsbesuch etc) hoch kommen. Oder Du versuchst in dem Thread, den Du eröffnet hast, Deine Frustration los zu werden bzw. Dich mit anderen auszutauschen. Auch das hilft ungemein, denn hier sind die Leute, die genau wissen, was es heisst Krebs zu haben. Und das "Schöne" daran, Du hast die Möglichkeit die Seite des Betroffenen als auch des Anhörigen kennen zu lernen. Und im Brustkrebs-Forum wirst Du mit Sicherheit auch einiges für Dich herausziehen können. Dort wirst Du einen Thread finden, der wimmelt nur von dummen Sprüchen, die man sich so anhören muss. Du bist also nicht allein.
Sei froh, dass Du es rauslassen kannst. Hier ist immer jemand der Dir zuhört.
Dass Du 48 bist, hätte ich nicht gedacht. Beim Lesen Deines Textes hatte ich den Eindruck von einem jungen Mädchen (sorry ;) )
Ja, vielleicht bist Du wirklich zu fordernd und zu direkt.
Wie wärs denn mal mit dem einfachen Satz: Würde es Dir etwas ausmachen, mich heute mal zur Chemo zu begleiten, es ist immer sehr anstrengend für mich?
Ich kann nicht auch nicht verstehen, wie jemand aus Deinem Umfeld Deine Behandlung, die doch sicher mit Deinen Ärzten verantwotungsvoll geklärt wurde, als Mist bezeichnen kann.
Lieber 3 Menschen in Deinem Leben, die Dir zuhören, als 10 von dieser Sorte.
Deinen Text zu lesen ist sehr anstrengend, und ich denke mal so sieht es auch in Dir aus. Ich habe das Gefühl, dass Du sehr viel loslassen mußt in Deinem Leben, um Platz für neue Energien zu haben und bei Dir zu bleiben.
Kling irgendwie alles sehr schulmeisterlich, oder? Sorry:(
Cora
Rebellin
06.12.2008, 11:10
Hi J.F.
Ja was erwarte ich? Von den Leuten meinst Du?
Eigentlich gar nicht viel. Nur Anteilnahme. Zuhören-Können. Mal eine Aktivität die von IHNEN kommt. Ein Interesse.
Dass da mal einer Zeit hat, wenn ich anrufe, und ich grad dringend jemanden benötige zum Reden. Dass man mir nicht DAUERND sagt, dass man grad keine Zeit hat.
Dass sie mich mal FRAGEN, wie sie mich unterstützen könnten. (Wobei da der Wille dafür natürlich schon Voraussetzung wäre!)
Dass sie mir zeigen, dass sie mich mögen, dass ich ihnen wichtig bin. Dass es nicht dann, wenn es grad um mich geht, dann wieder nur um sie geht. Weil ... sonst darf es dann ja nie um mich gehen.
Pff! Wahrscheinlich bin ich wirklich immer von den falschen Leuten umzingelt. Selbst die Therapeuten. Denn wenn ich bei DENEN mit diesem Thema komme, wissen die auch nichts anderes, als mit den Schultern zu zucken. (Und mir zu sagen, dass ich halt Rücksicht zu nehmen hätte. - Dabei dreh ich gleich durch vor lauter Rücksichtnahme!)
Erfüllen eines Wunsches? Im Moment habe ich gar keine Kraft mehr, überhaupt noch Wünsche zu haben. Kommt mir vor, als sei die ganze Aussenwelt auch DA dagegen!
Meine Situation (mit der Ignoranz da draussen) ist für mich selber kaum zu glauben. Selbst wenn ich hier meine eigenen Zeilen lese, denke ich: Das GIBT es doch gar nicht!
Leider ist es aber so. Vielleicht bin ich auch einfach nur so ein Pechvogel.
Hm!
Ich sollte ein Buch darüber schreiben. Extra für Angehörige und Freunde von Krebs-Singles. - Wär doch was, oder?
Wie machst Du es, wenn Du nur Sprüche hörst? - Mir fehlt in solchen Momenten eben immer die Schlagfertigkeit, weil mich der Spruch so verletzt. Dann komme ich jeweils immer in "Verteidigungshaltung" und Rechtfertigung, und versuche weiter zu erklären, in der Hoffnung, dass ich DANN verstanden werde.
Wahrscheinlich ist aber gerade DAS falsch?
Rebellin
Ilse Racek
06.12.2008, 11:11
Hallo Rebellin :winke:
Deine Beiträge verlangen förmlich nach dem Rat, eine Selbsthilfegruppe zu besuchen ;)
Ich habe dieses Angebot zwar selbst n i c h t genutzt, weiß aber von einer Mitstreiterin, dass sie - nach zweimaligem Anlauf - sehr viel Verständnis dort gefunden hat.
"Zweimaliger Anlauf" deshalb, weil wohl die erste Gruppe ihr nicht so gelegen hatte.....
Natürlich kommt es auch auf einen selbst an, wie die Menschen reagieren - aber eben nicht n u r ;)
Ich hoffe sehr, dass Du das Richtige findest und es Dir bald besser geht :pftroest:
LG :winke: :winke:
Tja, Rebellin,
Du sprichst eifrig immer von der Außenwelt. Nicht aber von Deiner Innenwelt. Wie Du auf die Leute zugehst, so wird die Resonanz sein. Und keine Wünsche, na, hör mal, jeder hat einen Wunsch. Auch die ganz kleinen zählen dazu. Was habe ich mich auf ein bestimmtes Essen gefreut als ich mal wieder im Krankenhaus war und eine elfstündige Op hinter mich gebracht habe. Ein kleiner Wunsch mit einem riesen Anschub, denn ich wollte dieses Essen, dazu musste ich aber durch die Hölle. Und ich habe mir das Essen gemacht und erstmal ungläubig vor dem Teller gesessen *lach*. Eigentlich hatte ich keinen Hunger, aber allein dieses Gefühl! Du musst Dich auf Dich selbst konzentrieren, sozusagen Dein Inneres mal ausputzen. Denn nicht nur das Umfeld muss mit Dir umgehen, noch wichtiger, DU musst mit Dir auskommen. Und das klappt zurzeit ganz offensichtlich nicht. Du bist mit den Situationen (da scheinen einige Baustellen zu bestehen) völlig überlastet. Wie heisst es so schön, eine grosse Strecke beginnt mit einem Schritt. Schritt für Schritt, nicht alles auf einmal verändern wollen.
Rebellin
06.12.2008, 11:49
Liebe Cora,
nein, Du bist nicht schulmeisterlich. Ich bin so verzweifelt darüber, dass ich gar nicht mehr weiter weiss. Da kann ich ein paar liebe Worte gut gebrauchen. Und Du hast sicherlich recht, dass ich da ne menge altes loslassen muss, ... aber eben, das ist so schwer, weil ich dauernd daran denke.
Ich hab's auch schon versucht. Mit Ablenkung. Eigener Ablenkung. Irgendwas Schönes für mich, hm? Und währenddessen von da draussen ja nur: Funkstille! - Okay, dann kommt wieder die Therapie. Schon vor der Therapie bin ich nervös. Brauche ganz dringend jemanden. Zur weiteren Ablenkung. Zum Reden. Nicht nur über anderes, sondern da will ich ja auch sagen können, dass ich nervös bin. Wegen der Therapie.
Entweder erreiche ich dann niemanden, oder keiner hat Zeit, ... und wenn ich Glück habe, erwische ich jemanden, aber der hat grad gar keine Lust auf tröstende Worte. Also folgt wieder ein Spruch: "Ich finde du übertreibst."
Im Endeffekt darf ich also nicht nervös sein. - Also im Grunde kann ich es auch sein lassen, DASS ich jemanden anrufe.
Dann die Therapie. Hinterher geht's mir schlecht. Entweder ruft GAR niemand an (weil's die Leute vergessen haben oder es sie nicht interessiert, oder weil sich niemand "zuständig" sieht, mich irgendwie stützen zu wollen, ... ja, weil sie sehen sich ja nicht als mein Lebenspartner, nicht wahr?), ... oder sie rufen an, weil SIE etwas von mir wollen.
So. Und wie gehe ich jetzt damit um?
Dann folgt das "Hinterher" oder "Zwischendurch" bis zur nächsten Therapie, dann will ich ja auch mal Pause von dem Thema haben, und eben NICHT darüber reden. - Hm? Das passt den Leuten wunderbar, denn dann GIBT es das Thema eben gar nicht für sie! Und sie erwarten volles Funktionieren weiterhin von mir.
Wollen sie einen Termin mit mir abmachen, wo ich ihnen helfen soll, und ich sage: "Du, sorry, aber ich habe dann gerade meine Chemo!", dann heisst es vorwurfsvoll: "Ja aber den ANDEREN hilfst du ja auch dauernd!" (Was für mich auf Deutsch heisst, ich habe gefälligst meine Chemo abzusagen oder zu verschieben!)
Ich habe schon mehrfach versucht, die Leute zu fragen, ob sie mich begleiten könnten. Zur Chemo. Zur Untersuchung. Zum Arzt. - Es ist unglaublich, aber sie haben dauernd Ausreden! "Das kannst du doch auch alleine!" oder "Du, dann ist es grad schlecht für mich."
Es ist zum ... Haareraufen!
Ich könnte noch unzählige solche Beispiele bringen, weil es NUR solches Zeug bei mir gibt. - Die falschen Leute, ja wahrscheinlich.
Und weisst Du, es lässt mich nicht los, weil ich den Eindruck bekomme, die sind ALLE so! Also kann ich es auch sein lassen, irgendwann überhaupt neue Leute kennen lernen zu wollen. Es ist wie ... ein totaler Vertrauensmissbrauch in die Menschen, was da bei mir passiert. Und das kann ich schlecht einfach so locker zur Seite schieben und nach vorne schauen.
Ja, ich fühle mich im Moment auch wie ein Kind. Ein total verlassenes Kind, auch wenn das jetzt wahrscheinlich total dämlich klingt.
Ich hab mir jetzt eine neue Psychiaterin gesucht. Vielleicht - da hab ich wieder Hoffnung - kann die mir ja etwas helfen, wie ich damit umgehen könnte. - Aber eben: Meine Hoffnungen werden andauernd enttäuscht. Würde mich nicht wundern, wenn auch DIE wieder nur mit den Schultern zuckt.
Im Grunde ist es natürlich auch ein unlösbares Problem in der Gesellschaft. Es sei denn, es würde mehr Aufklärung geben, und das Interesse DA sein, wie man als Aussenstehender damit umgehen kann.
Ich selbst kann schon lange gut damit umgehen. Ich habe mich schon längst mit dem Krebs abgefunden. Nur heisst das ja nicht, dass ich keine Stütze bräuchte, während ich in den Therapien bin.
Aber ich habe nicht den Eindruck, dass da meine Leute überhaupt ein Interesse daran haben, eine Stütze SEIN zu wollen. Sie kümmern sich lieber um ihre eigenen Problemchen. Das gegenseitige HELFEN und Stützen ist beim mir in der Umgebung eh kaum ein Thema. Irgendwie so unter dem Motto: "Jeder muss für sich selber schauen." oder "Nur der Stärkere überlebt." Aber wenn natürlich ALLE so denken, ... kann ich eben auch LANGE nach Stützen SUCHEN!
Nun denn, ich danke Dir von Herzen für's "Zuhören", im Moment zumindest konnte ich mein Problem raus lassen (meine Wut ist grad ein bisschen weg), ich melde mich später dann wieder.
Rebellin
Rebellin
06.12.2008, 12:14
Hi J.F. (weiss jetzt gar nicht wie ich Dich ansprechen darf, bist du ein Mann oder eine Frau?),
ah so, die "kleinen" Wünsche sind natürlich schon da, doch-doch. (Ich hab durchaus auch Freude an einem Teller Spaghetti). Ich dachte, Du meinst irgendwie künftige Ziele, die ich mir wünsche. Da hapert's im Moment, weil ich einfach kein Ende sehe, UM überhaupt ein Wunsch-Ziel ins Auge zu fassen.
Ja, ich denke auch, ich bin völlig überlastet. Und die Ignoranz von da Draussen drückt mir noch eine zusätzliche Last auf.
Boh-eh!
Hast Du denn eine Idee, wie ich diese ... Schritte ... Schritt für Schritt tun könnte? Wie komm ich da raus aus dieser Verzweiflung über die Ignoranz? Soll ich gegen die Ignoranz eine Gegen-Ignoranz-Aktion starten? (Wobei ich das hasse, Gleiches mit Gleichem zu vergelten ...!)
Phü! Das stimmt. Ich scheine mit mir selber nicht auszukommen. Ich ertrage meine eigene Verzweiflung nicht mehr. - Und ... ich hab da ja auch noch schrecklichen Liebeskummer ... das AUCH noch! (Und keine Lösung oder kein Happyend in Sicht!) ...
Rebellin
Sodele, Rebellin,
wir kommen der sache näher ;) oder :o, beides passt.
Heisst Du, es kommt nicht darauf an was die Umwelt denkt oder lenkt. Du bist für Dich ganz alleine zuständig, mit oder ohne Partner. Nur Du allein musst jeden Tag in den Spiegel schauen können und sagen, ja das bin ich. Was andere denken, kann Dir erstmal egal sein. Denn Du musst für Dich Entscheidungen treffen und sie dann auch "ausbaden". Andere haben eine andere Meinung, die müssen die dann tragen, nicht Du. Du projezierst zu sehr Deine Probleme auf das Umfeld. Fang mit Dir an. Wenn Du selbst in Dir wie ein Fels in der Brandung bist, dann kann Dir auch das Umfeld (fast) niemals wehtun. Die Ruhe und die Kraft stecken in jedem, sie muss nur auch bemerkt und zugelassen werden. Das ist Deine Aufgabe. Danach kannst Du Dich um andere Sachen kümmern, vorher macht das keinen Sinn. Es sieht immer aus als wenn da ein kleines Kind etwas haben möchte, es nicht bekommt und dann mit dem Fuss aufstampft. Bildlich gesprochen. Kümmer Dich um Dich, lass die Anfragen auf Hilfe erstmal aussen vor. Du bist erstmal wichtiger als alles andere. Noch so ein Spruch: Wenn eine Tür sich schliesst, öffnet sich eine andere. Ist auch was Wahres dran. Fang mit kleinen Dingen an. Wenn Du Hunger hast und auch essen kannst, es auch bei Dir behältst, dann decke Dir den Tisch schön. Mit Blume(n), Kerzen, egal, mach es schön. Du magst lieber einen Kaffee in einer schönen Umgebung, dann geh dort hin, such Dir einen schönen Platz und schaue einfach. Nicht kritisch, nur schauen. Du wirst einiges zum Schmunzeln entdecken. Versuche Dir immer wieder kleine Inseln zu erschaffen, die Dir Freude und auch Spass machen. Die braucht man, um den Wahnsinn, den man ja durchmacht, auch mit einer gewissen Nonchalance zu durchleben. Nicht nur das Negative sehen, suche nach dem Positiven. Ich stelle mich auch gerne mit einer Tasse Tee ans Fenster und schaue dem Regen zu. Und was den Liebeskummer anbelangt, tja, dafür wird man nie zu alt :cool:. Auch hier spielt Deine innere Einstellung eine grosse Rolle. Weisst Du, Du solltest wirklich ein paar positive Dinge, die nur für Dich sind, in Dein Leben einbauen.
http://www.smilies.4-user.de/include/Winken/smilie_winke_003.gif (http://www.smilies.4-user.de) ;)
Hallo Rebellin,
ich bin zwar "nur " Angehörige, hab aber trotzdem eine Meinung;). Ich kenne dieses Gefühl von Menschen umgeben zu sein die nicht passen, von diesen Menschen habe ich mich verabschiedet. Sie geben nichts ( oder ich meinte das ), oder es paßt nicht-lieb auf Wiedersehen sagen und ein schönes Leben wünschen.
Für den Alltag habe ich mir einen kleinen positiven Trick aus nem Buch gesucht. Steck dir morgens Bohnen in die linke Tasche-jedes mal wenn etwas schönes passiert 1 Bohne in die rechte Tasche tun und abends jede Bohne einzeln raus holen und an die schönen Situationen denken ( fliegender Vogel, lächelder Mitmensch, netter Busfahrer, Sonnenstrahlen auf dem Gesicht, lachende Kinder, ein leckesres Stück Kuchen..............................)
Menschen die passen kann ich nicht suchen das Leben schickt sie mir vorbei ich muss nur aufmerksam und positiv zu mir sein.
Sprich doch mal ehrlich und offen über deine Gefühle und sag das du ganz dringend Hilfe brauchst, gib deiner neuen Psychaterin mal eine Chance. Sie gibt ihr bestes ;)
Einen schönen zweiten Advent, sei nett zu Dir selbst.
Koni
Rebellin
06.12.2008, 18:17
Hallo J.F.
ja, du hast recht. - Aber da kommt jetzt wieder meine rebellische Frage: Und wie WIRD man wie ein Fels in der Brandung? - Mit Krebs?
Mit Selbstsuggestion? Medidation?
Und dann kommt wieder die nächste Chemo, und alle wollen was von mir. Werde ich dann einfach nur noch "oooohmmmmm" sagen?
Grins! Jetzt muss ich selber lachen.
Danke, Du bringst mich wenigstens auf lustige Gedanken.
Nein, im Ernst, ich finde ich sehe durchaus ganz viel Positives, die Blümchen, die Schneeflöckchen, der Teller Spaghetti, jeden Augenblick (ihr kennt das ja), ... und ich sehe mich als ziemlich zähe Kämpferin, die in gesundem Egoismus auf sich schauen kann, aber genau so für andere da ist.
Aber im Endeffekt brauche ich da auch jemanden, oder zwei oder drei, die eben mal KEINE Sprüche machen. Auf die Dauer hält das doch kein Krebspatient aus.
Ja sicher komme ich mir sogar dämlich damit vor, eben wie ein kleines Kind, dass mit dem Fuss aufstampft und ruft: "Und ich will auch mal!"
Doch was will das kleine Kind? - Einfach ein bisschen Liebe und Zuwendung. Von den eigenen Leuten.
Der Gedanke, dass ich mein ganzes soziales Umfeld deswegen "streichen" muss, erschreckt mich. Ich finde es eben auch nicht die richtige Lösung. (Jetzt denke ich wieder an die anderen, siehst du?) Natürlich verbinde ich mein Leben mit dem Leben da draussen, mit den anderen. Weil ich mich nur als Sandkörnchen von vielen sehe, und wir nur zusammen den weissen Hawaii-Strand ergeben. :) Ich sorge mich um die Probleme der anderen, weil ich auch will, dass es ihnen gut geht. Da gehöre ich aber eben auch dazu: Wenn es mir gut geht, dann geht es auch den anderen gut. Und daher kann ich mir nicht vorstellen, dass die Leute wollen, dass es mir NICHT gut geht!
Öhm! Verstehst Du, was ich meine? - Genau darum bemühe ich mich ja, die Leute nicht zu sehr zu belasten, nehme Rücksicht, ... aber wenn dann mal die Frage kommt, wie's mir geht, ... oder wenn ich meine Therapien habe, ... ist denn das so schwer, da mal für mich da zu sein, OHNE Sprüche und OHNE Forderungen an mich?
Im Grunde denke ich, dass es diese Leute sind, die da Hilfe brauchen (im Verstehen). Aber das schaff ich nicht alleine. Und würde ich ihnen sagen: "Geh doch mal zu einer Beratungsstelle.", dann würden die MIR den Kopf abreissen.
Nein, sie sehen nur: ICH habe den Krebs, also ist es MEIN Problem.
Ich schaffe mir Inseln für mich. Dauernd. Tue dies, tue das. Zu meiner Entspannung. Meinem Wohlbefinden. Ich glaube, niemand geht dann so lieb mit mir um, wie ich selbst mit mir. (Bin ja geübt darin, als Krebspatientin seit über acht Jahren.)
Aber dann knallt man mir wieder einen Spruch hin, eine Ignoranz, eine Belehrung oder eine Forderung an mich, ... und schon bin ich wieder das kleine Kind, das verletzt worden ist.
Man muss natürlich sehen, dass dies jetzt - seit meiner Diagnose letzten September - schon über einem Jahr so geht. Die Grenze ist schon längst erreicht, wo ich es nicht mehr ertrage.
Ja. Inseln bauen, dann wieder ein's auf die Kappe kriegen. Wieder eine Insel bauen, dann wieder ein's auf die Nase kriegen. Wieder Insel bauen, ... usw.
Im Grunde muss ich mich "einbunkern", wenn ich wie ein Fels in der Brandung werden will. (Mit dem "einbunkern" krieg ich keine Sprüche, keine Forderungen, keine Ignoranz mehr.) Nur auf mich selbst konzentriert. Keine Telefone mehr, keine Gespräche mehr. Aber dann auch keine "Hilfs-Gesuche" und kein "Wollen" mehr von mir.
Okay. - Nur hab ich Angst, dass ich dann in die totale Einsamkeit abrutsche.
Rebellin
PS. Ich weiss, es ist für Euch hier auch nicht leicht, mir zu helfen. Zum einen kennt ihr das Problem selber, und zum anderen macht das Problem allgemein ohnmächtig. - Ich bin halt jetzt grad so ein Spezialfall-Single, der von nirgendwo Stütze kriegt. Das ist echt hart. Ich suche auch dauernd nach Lösungen. So wie ich jemand anderem helfen würde, der in meiner Situation stecken würde. - Aber hier fällt mir eben selber kaum noch gross eine Lösung ein.
Sagte mir letzthin jemand meiner Leute, ja das wäre doch gut, wenn ich ausschliesslich nur mit der Psychiaterin darüber rede. Das ist dann ja eben eine Fachfrau. Und die Aussenstehenden, so sagte diese Person, können das halt nicht nachvollziehen, die können da nicht wirklich helfen.
- Spürst Du das, wie das "verdreht" ist? Diese Person hat absolut nicht verstanden, dass ja eigentlich nicht ich ein Problem mit dem Umgang habe, sondern die LEUTE!
Rebellin
06.12.2008, 18:27
Hallo Chifel,
vielen Dank für Deine lieben Worte.
Okay.
Ich bin gut - Ich bin super - Ich bin gut - Ich bin super - Ich bin gut - Ich bin super ...
:knuddel: Umarmung für Dich.
Rebellin
Rebellin
06.12.2008, 18:39
Hi Koni,
ich freu mich auf meine neue Psychiaterin, ja.
Wie immer, bin ich positiv eingestellt. Vorher.
Hoffe, dass es diesmal klappt.
Sicher brauche ich Hilfe. Aber die betrifft - aus meiner Sicht - gar nicht den Krebs, sondern eher die Einsamkeit damit. Den Einzelkampf. Den ich gar nicht so führen will. Alleine. Nicht GANZ so alleine. Weisst Du, wie ich meine?
Ich brauche doch mein soziales Umfeld wie jeder andere auch. Und Freunde. Und hab ich das nicht, ... wie geht es mir dann?
In drei Monaten müsste meine Therapie (der grösste Brocken) dann fertig sein. Vielleicht kann ich ja DANN endlich aufatmen. - Denn dann gibt's von den Aussenstehenden auch nichts mehr bei mir zu ignorieren. Was nicht da ist, kann man auch nicht ignorieren. ;)
Sag, warum nennst Du Dich "nur" Angehörige? - Ich bewundere alle Angehörigen, die hier im Krebskompass schreiben, sich austauschen, und sich mit der ganzen Thematik befassen wollen. - Hach! Wenn meine Leute doch nur auch so wären ...!
Rebellin
Rebellin
06.12.2008, 18:54
Ihr Lieben,
vielen Dank Euch allen, dass Ihr Euch meinem Problem so widmet. Und verzeiht mir meine Wut bitte, sie war nicht gegen Euch gerichtet.
Ich bin eben bloss wieder so frustriert gewesen, weil ich gerade wieder eine Chemo hatte, und eben ... keiner meiner Leute Rücksicht genommen hat. Wie jedesmal.
Ich danke Euch für Eure lieben Vorschläge und Tips. Ich schlaf jetzt einfach mal drüber.
Alles Liebe soweit für Euch
Rebellin
Hallo Rebellin,
tja, weisst Du, der Fels in der Brandung hat nichts mit dem ohm zu tun. Find ich aber lustig. Sollte ich vielleicht mal probieren, wobei....ich krieg da immer einen Lachkrampf...also für mich nicht wirklich geeignet.
Die Person, die Dir zu verstehen gegeben hat, dass "die anderen es nicht nachvollziehen können, die können nicht wirklich helfen" hat leider richtig, richtig recht. Wie willst Du mit Worten einem erklären wie es ist eine Chemo oder eine Immuntherapie durchleben zu müssen, wenn man selbst die "Erlebnisse" nicht in Worte fassen kann. Der Ideenreichtum, die Phantasie wird zwar immer als unendlich bezeichnet, aber in Wirklichkeit ist sie in bestimmten Bereichen mehr als begrenzt. Weisst Du, Du siehst alles nur in dunklen Farben, Du gehst schon automatisch davon aus, dass nach einem "Inselbesuch" Du gleich eins auf die Kappe bekommst. Und Deinen Freundes- und Bekanntenkreis zu "streichen" glaube ich auch nicht. Natürlich hat die Umwelt Probleme, Du aber auch. Es sind beide Seiten, die einen gemeinsamen Weg finden müssen. Auch eine Aufgabe, die uns die Krankheit stellt. Wie sieht es aus, gehst Du mit Deinen Leutchen auch mal essen, ins Kino, ins Museum? Machst mit denen etwas schönes ohne ein Wort über die Krankheit zu verlieren? Oder magst Du nicht mehr, willst Deine Ruhe, weil Du keine Kraft hast? Eigentlich in Deinem Dilemma regelrecht versunken bist? Weisst Du, jeder, absolut jeder, ob gesund oder krank, hat schlechte Phasen. Es gibt soviele Krankheiten, die nichts mit Krebs zu tun haben, aber auch ein schreckliches Gesicht besitzen. Wir mit unserer Krankheit sind nicht allein, die zum Teil einen Wahnsinn hinter sich bringen. Ich war vor kurzem auf einem Vortrag, der über Parkinson und der Möglichkeit einer Hirnschrittmachers handelte. Mein Gott, diese Krankheit ist in der fortgeschrittenen Phase der Hammer. Zwei Betroffene haben ihre Erfahrung mitgeteilt. Einer sagt, man muss den Mut der Verzweiflung haben, um diese OP überhaupt anzutreten. Die Bilder bzw. Filmaufnahmen haben das mehr als bestätigt.
Noch ein netter Spruch: Hilf der selbst, dann hilft Dir Gott. Wie wahr, wie wahr. Vielleicht sucht Du zu verbissen, lass es einfach mal schleifen. Der Fels in der Brandung hat nichts mit einbunkern zu tun. Du sollst Dich nur auf Dich selbst besinnen. Ein schwieriges Unterfangen, aber gerade dafür gibt es onkologische Therapeuten. Deren Hilfe anzunehmen nichts mit Schwäche oder Psychiater zu tun hat. Mach es! Lass Dir helfen!
Rebellin
06.12.2008, 20:10
Hi J.P.
ich schreib nochmal schnell, nachher muss ich dringend was Essen. (Denke gerade an Spaghettis ...!)
Du hast recht, die Person, die mir das gesagt hat, dass Aussenstehende das nicht nachvollziehen können, die HAT recht.
Und genau das macht mich aber auch ohnmächtig. Denn im Grunde gibt mir der Aussenstehende zu verstehen, dass er sich selber gar keine Mühe geben will, um selber zu verstehen. Nicht diese Person will also Arbeit an sich selber leisten, sondern ... nur die Psychiater sollen für die Krebspatienten da sein. Und schon kann sich der Aussenstehende gemütlich zurücklehnen. Hat sich damit angeblich schweisstreibendes Denken erspart.
Schau, da kam letzthin wieder so eine Erwartung von einem Aussenstehenden. Ich hab ihm gesagt, dass ich die Sache nicht habe tun können, weil ich grad die Chemo hatte.
Okay. Normale Erklärung von mir, nicht wahr? Ich meine, ANDERS kann ich es ja wirklich nicht erklären. Im Groben. Soviel DENKEN mute ich sogar meinen Leuten noch zu, dass die verstehen können, dass ich keine Leistungen noch erbringen kann, wenn ich gerade eine Chemo hatte.
Darauf ist er aber nicht eingegangen, blieb bei "seinem" Thema, und ich musste mir nun SEIN Gejammer anhören. Sehr drängend.
Also fing ich an, ihm - in freundlichen Worten - zu erklären, WIE mein Befinden ist nach so einer Chemo. Als ich nach zwei Sätzen dabei war, zu beschreiben, dass ich dann einfach nicht "klar" im Kopf bin, und Schwierigkeiten beim Denken habe, dass ich da völlig auf mich konzentriert bin, ... hat er mich unterbrochen und gesagt: "Jetzt übertreibst du aber!"
(Mir geht es nicht in den Kopf, wie man SO ignorieren kann!)
Was habe ich dann für Möglichkeiten? Er bleibt ja stur dabei, DASS ich übertreibe, ... und schon haben wir den Konflikt.
Ich habe - dem lieben Frieden zuliebe - vielleicht die Möglichkeit, ihm dann halt recht zu geben, oder ich versuche mich weiter zu verteidigen, oder kriege einen Wut oder Weinanfall. oder ich sage einfach frustriert, dass es nichts bringt, dass wir darüber reden. - Im Endeffekt ist KEINER von uns zufrieden.
Genau da suche ich dauernd nach Lösungen, wo es für beide Seiten stimmen kann. Mir kommt es dann eben immer so vor, als wenn man mir schon gar nie eine Chance dazu gibt.
Und ich habe in solchen Situationen nicht den Eindruck, dass ich etwas Falsches gesagt habe, sondern ich habe die Situation bloss erwähnt. Irgendwo MUSS ich ja eben auf mich schauen, und den Leuten sagen, wo meine Grenzen sind.
Ich finde eben, man kann es den Aussenstehenden durchaus versuchen, in Worten zu erklären. WENN sie denn wirklich zuhören wollen. Aber nur WENN.
Und so erfolgt - immerwieder - das Ergebnis für mich, dass meine Leute - im Grunde - gar nicht zuhören wollen. Sie wollen NICHTS davon wissen.
Ja, ich versuche immer wieder mal, mit Leuten Kontakt aufzunehmen, um einfach mal dies oder jenes zu unternehmen. Einen Kaffee trinken zu gehen oder so. - Aber irgendwie sind alle am sparen. Hat keiner Lust und keine Zeit. Und wenn ich es dann doch mal schaffe (was nicht oft vorkommt), dann rede ich nicht über mich. Ich gehe gerne auf mein Gegenüber ein. Mal anderes hören. Ablenkung. Was Lustiges. Und ich höre die Geschichte meines Gegenübers. Seine Pläne. Seine Ziele. Seine Wünsche. Manchmal fragen sie mich dann mal wieder schnell, wie es mir denn so geht. Da schenken sie mir etwa zwei oder drei Antwortsätze, und schon geht's - hoppla! - wieder weiter mit ihrer Geschichte.
Normalerweise stört mich das nicht gross. Ich will ja nicht immer über mich reden. - Nur jetzt, während meiner Therapie, fällt es mir eher auf, weil ich eben auch die ganze Zeit - im Hinterkopf - mein eigenes Schicksal habe.
Wie gesagt, ... vielleicht bin ich viel zu sehr für andere da. Und die sind das schon so gewohnt, dass die sich gar nichts anderes mehr vorstellen können.
Wäre noch irgendwie verständlich. - Würde aber auch zeigen, dass sie eben gar nicht nachdenken!
Und sie WOLLEN nicht meine Geschichte hören. Sie wollen einfach nicht.
Ja, ich mach das mit der Psychiaterin. (Ich schon!) Da habe ich auch keine Hemmungen. - Aber im Grunde ändert das eben nichts an der Ignoranz der Leute, nicht wahr?
Nun, jetzt muss ich aber dringend an den Kochtopf. Die Spaghettis warten!
Rebellin
Hallo Rebellin,
ich finde es erstaunlich und sicher auch für Dich wahnsinig anstrengend was Du an einem einzigen Tag hier alles rausgelassen hast.
Aber es ist gut so, denn da ist eine Menge in Dir, was raus muß, neu sortiert oder entsorgt werden muß.
Und mein ganz spontaner Gedanke grade war, dass wenn Du mir persönlich gegenüber sitzen würdest, Du wärst glaube ich ein Mensch, der mir sehr viel Energie und Kraft entziehen würde.
Kann es sein, dass es `Deinen Leuten` (ich finde diesen besitzergreifenden Ausdruck bemerkenswert) in der Kommunikation mit Dir genauso geht?
Blocken sie vielleicht im Vorfeld schon alles ab, weil Du z.Zt. zu anstrengend für sie bist.
Denn so viele Ignoranten um einen einzigen Menschen herum kann es doch gar nicht geben.
Nur mal so, als Gedankenanstoß :)
Ich wünsch Dir eine gute Nacht
Cora
Rebellin
07.12.2008, 09:48
Guten Morgen Cora,
ich hab drüber geschlafen. War ein besserer Schlaf heute Nacht.
Mir ist was aufgefallen. An mir. In diesem Sinne war mein gestriger "Ausbruch" hier vielleicht ganz nützlich. Tut mir aber leid, wenn ich für Euch anstrengend war. Oder bin.
Ich denke nicht, dass ich allgemein so anstrengend für die Leute bin. (Das bin ich vielleicht jetzt grad hier gewesen gestern, weil da - vor Wut - alles raus musste.) Ich denke, es ist eher das Gegenteil. Weil ich die ganze Zeit Rücksicht auf die Leute nehme und ihnen helfe (was ich als Selbstverständlichkeit sehe), ... platzt mir dann irgendwann plötzlich der Kragen, weil dann ich auf der Strecke bleibe. Ich glaube, es ist eher DAS. Und DANN bin ich sicherlich sehr anstrengend, ja, das kann ich mir vorstellen.
Weil mir ja sonst keiner zuhört. Wenn ja alle bei mir ignorieren. Weisst du, wie ich meine? Das Forum hier ist somit irgend ein weiterer Verzweiflungs-Schritt, meine Sorgen raus lassen zu können.
Im Grunde will ich es aber gar nicht bei anderen Krebspatienten raus lassen. Und DIE noch damit belasten. Nein, im Grunde will ich es meinen Leuten sagen können. (Aber die hören mir ja nicht zu.)
Und so hat J.P. schon recht, ich bin da richtig verbissen darin.
Die Ignoranz (bei mir da draussen) hat mich natürlich schon beim ersten Krebs vor acht Jahren ziemlich beschäftigt. Nicht nur beschäftigt, sondern auch geschockt. (Weil ich immer vom Guten ausgehe im Menschen.)
Und da ich "Ungerechtigkeiten" nicht leiden mag (und ich auch immer an andere Krebspatienten - oder allgemein Kranke - denke, die das ähnliche durchmachen), ... regt sich dann was in mir (die Rebellin), die daran was ändern möchte.
Grundsätzlich meine ich es dann ja eben immer im Guten. Ich denke mir, dass mein Gegenüber - wenn er denn WILL - durchaus versuchen kann, zu verstehen. WENN er dann versteht, dann hilft das nicht nur mir, sondern eben auch anderen Krebspatienten. Denn DIESES Gegenüber hat sich dann ja somit mal ernsthaft Gedanken darüber gemacht. Beim nächsten Krebspatienten, der ihm über den Weg läuft, wird er sich vielleicht anders/besser verhalten. (Keine Sprüche, keine Ignoranz, usw.)
Genau das ist die Rebellin in mir. Gutgemeint. - Aber eben wahrscheinlich viel zu verbissen. Ich hoffe - in meinen Erklärungen an die Aussenstehenden - dauernd auf Veränderungen, Einsichten bei den Leuten, gebe meine ganze Energie dafür, ... aber letztendlich schaffe ich es einfach nicht. Oder wer weiss, ich erreiche damit genau das Gegenteil. Sie stellen eine "Wand" vor mir auf, stur, ... und genau darüber werde ich dann wütend. Ihre Ignoranz wird noch mehr zur Ignoranz. (Das sind dann eben genau die, die NICHT wollen! - Und offenbar erlebe ich es dauernd, dass die Leute nicht WOLLEN.)
Natürlich versuche ich das nicht dauernd bei meinen Leuten. Ich überfalle sie damit ja nicht.
Grundsätzlich erlebe ich es einfach so, dass jemand, der WEISS, dass ich da Krebstherapien mache, das jetzt erst mal WEISS.
So! Und nun kommt der, und will dauernd etwas von mir. Oder fragt nie, wie es mir geht. Das alleine ist ja bereits auch schon Ignoranz. Das geht dann ja über Wochen oder gar Monate so, hm? Irgendwann betone ich dann halt mal im Gespräch, dass ich ja schliesslich in Krebstherapien stecke, und sorry, leider nicht immer die Kraft dazu habe.
Das wird dann erst mal geschluckt, aber im Grunde ändert sich dann gar nichts. Die Erwartungen des vollen Funktionierens an mich werden von ihm einfach weiter gestellt. Rücksichtslos.
Irgendwann muss ich ihn dann WIEDER daran erinnern. Diesmal bin ich wahrscheinlich etwas verzweifelter in meinen Worten - kommt halt darauf an, wann das gerade ist und wie ich mich gerade fühle.
Ja. Und dann kommt das "Abblocken" von ihm. Oder der blöde Spruch.
Ich denk mir dann: Das kann's doch echt nicht sein! Und klar, irgendwann versuche ich dann zu BESCHREIBEN, wie das ist, was ich da durchmache, in der Hoffnung, dass er es DANN versteht.
Aber ich sag ja: Wer nicht will, der will halt nicht.
Du sagst, dass es soviel Ignoranz um einen einzigen Menschen gar nicht geben kann. - Das dachte ich auch immer, und ich sage ja, dass es unglaublich ist. Oder ich habe einfach dieses Pech. Keine Ahnung. Die Ignoranz überrascht mich selber immer wieder. Ich rechne nicht damit, weil ich ja gar nicht so negativ denke, sondern eben immer an das Gute glaube im Menschen. Und werde somit aber eben jedesmal enttäuscht.
Nein, meine Leute haben nicht im Vorfeld abgeblockt, weil ich ihnen zu anstrengend war, sondern sie wollen das Thema einfach nicht hören! Nicht mal nur die Erwähnung davon! (Genau DAS stelle ich eben bereits schon in Frage.)
Du siehst ja in meinen Beispielen, die ich erwähnt habe, wie das in etwa abläuft. Es ist unglaublich. Ich kann es selber nicht glauben.
Und daher denk ich schon auch, dass das wohl die "falschen" Leute sind. Was DAS angeht. - Aber ich mag diese Leute eben trotzdem. Sie haben dafür andere Stärken.
Mir ist klar, dass ich von dieser Verbissenheit loslassen muss. Nur weiss ich dann halt, dass ich im Grunde bei meinen Leuten das Thema dann auch gar nie mehr erwähnen darf. Das ist dann schlussendlich das Dilemma dabei. Und im Endeffekt bin ICH bei einer Psychiaterin, und nicht jene, die zu faul sind, der Realität ins Auge zu sehen.
Ich meine das nicht böse diesen Leuten gegenüber. Aber für mich - als Rebellin - stimmt es im Endeffekt so einfach nicht. Denn dann bin ich dauernd für andere da, höre ihnen zu, helfe wo ich kann (sofern ich kann), aber es gibt im Grunde kein Entgegenkommen mir gegenüber.
Weisst Du, ich kann "Unfähigkeiten" oder Schwächen von Menschen durchaus verstehen. Ich kann das wunderbar nachfühlen. Und wer kann besser helfen als jemand, der selber ein Leid durchgemacht hat?
Aber ich merke halt immer wieder, dass ich von einer Gesellschaft umgeben bin, die lieber Fremdbestimmt. Was der "Selbsterlebte" oder "Erfahrene" durchgemacht und erkannt hat, ist für die meisten da draussen nichts wert. Das KANN nicht so sein. Sie können es nicht glauben. Sie wollen es nicht so glauben. Sie wollen dann auch nicht hinhören. Und dann "drehen" sie das Ganze so, ... dass zum Schluss der "Selbsterlebte/Erfahrene" dann halt der Idiot ist. DER macht alles falsch! Aber keinesfalls sie selbst.
Im Grunde schreit die "Rebellin" in mir nach Taten, nach Aufklärung für die Leute. Ein Buch schreiben. Aufklärungskampagnen machen. Alles mögliche. Aber da ich nicht die Kraft habe, versuche ich es halt bei den einzelnen Menschen in meiner Umgebung. Im Kleinen. - Aber ich schaff es nicht.
Nun, wahrscheinlich muss ich DA loslassen. Meine "Rebellin" verschleisst hier zu viel Energie, die mir schadet. - Hm!
Entschuldigt meine langen Einträge. Meine Gedanken sind halt so viele.
Rebellin
Hallo Rebellin,
ist Dir eigentlich aufgefallen, dass Du zwar Deinem Umfeld den schwarzen Peter zu schieben möchtest, aber eigentlich immer wieder betonst, wie toll Du gegenüber anderen bist, so aufopfernd, so verständnisvoll, so rücksichtsvoll, so belehrend..und so weiter. Das Problem sind nicht die anderen, DU bist es. Auch der Hinweis, ja, Du gehst zum Therapeuten, wo doch die anderen dahin müssen. Mädchen, Mädchen, Dir hat wohl noch keiner mal den Kopf gerade gerückt. Du bist eher sehr selbstbezogen, auch ichbezogen genannt. Solche Leute kenne ich zu Genüge, die Herrschaften sind sehr anstrengend. Denn sie opfern sich ja für die anderen auf. Nur, wo sind sie, wenn es wirklich so weit ist? Sie sind, wie Du, der Meinung immer alles für die anderen zu tun. Nur so ist es nicht, sie stehen nur dann auf dem Plan, wenn es für sie von Vorteil ist. Und genau diesen Eindruck bringst Du jetzt immer mehr rüber. Das Arbeiten am Menschen ist sehr wohl angebracht, aber nicht bei den anderen, sondern bei Dir.
Rebellin
07.12.2008, 11:55
Hi J.P.
Ich glaube, Du hast mich falsch verstanden. Ich hab es jetzt mal erwähnt, das Helfen von mir. Ich BIN so selbstlos. Ich setze mich für die Armen ein. Berate sie. Begleite sie. Das ist einfach ein IST-Zustand, den ich gerne mache. - Weil ich auch da Veränderungen will. (oftmals Politisch).
Ich brüste mich damit nicht, denn ich kann das schaffen, so lange es mir gut geht. Ich helfe sehr gerne. Ich bin sogar viel zu gutmütig.
Nun kam aber mein zweiter Krebs. Und damit bin ich selber wieder in eine schwache Position gerutscht. Wo ich eben selber Stütze brauche. Und genau da kommt der Konflikt. Die Erwartungen an mich sind noch immer da, weil die Leute es sich gewohnt sind, wie ich mich da so einsetze.
J.P., ich bin jetzt hier, im Forum, sehr ichbezogen. Wie selten oder praktisch nie. Bitte hab Verständnis dafür. Ich kann es sonst ja nie tun.
Aber wenn es Euch belastet, dann sagt es mir. Es geht für mich durchaus um das Thema "Umgang mit Krebs", und ich bin einfach eine "Rebellin", die da was ändern möchte. Verbissen halt, aber ich hab's ja eingesehen, dass ich da nichts ändern darf.
Ich habe auf mich zu schauen.
(Doch was ist denn jetzt egoistischer und ichbezogener? Eine Krebspatientin, die nur an sich selber denkt, oder eine Krebspatientin, die eine Lösung für einen Ausgleich sucht im Geben und Nehmen?)
Rebellin
Hiddelbrimpf
07.12.2008, 12:25
Hallo Rebellin,
ich möchte nur kurz auf deinen letzten Satz eingehen. Ich habe das Gefühl, dass du so oder so nur an dich denkst. Denn du willst ja nur einen Ausgleich zwischen Geben und Nehmen schaffen, wie du es so selbst formuliert hast, damit du davon profitierst.
Versteh mich nicht falsch, da ich selbst Betroffen bin weiß ich nur zu gut um das Unverständnis mancher Menschen bescheid. Und auch ich musste mit ansehen wie sich Menschen die ich gerne mochte von mir abgewendet haben und das tut weh. Allerdings habe ich gemerkt wie wichtig es ist, nicht nur sein eigenes Leid sondern auch das der Anderen zu sehen und ernst zu nehmen. Freunde, Angehörige und Kollegen eines Krebspatienten leiden ebenso Höllenqualen wie der Betroffene selbst. Sie sind machtlos, können nicht helfen und fühlen sich, als wären Ihnen die Hände gebunden. Manche sind eben in einer solchen Situation dermaßen überfordert, dass sie sich lieber abwenden aus Angst etwas falsch zu machen.
Wenn du etwas ändern willst in deinem Umfeld, dann bemerke auch die Nöte der anderen und gehe offen damit um. Ich bin so am besten damit gefahren und nach und nach haben es meine Freunde und Bekannten geschafft wieder "normal" mit mir umzugehen, weil ich es geschafft habe ihnen die Ängste zu nehmen, etwas falsch zu machen.
dir wünsche ich viel Glück und vorallem etwas Abstand zum Betrachten deiner Lage
Gruß
Rebellin
07.12.2008, 13:13
Seufz. Ich versuche die ganze Zeit zu erklären, wie selbslos ich bin und dauernd den anderen zuhöre, ihnen helfe, sie stütze. Dass ich aber selber Krebspatientin bin, und AUCH mal eine Stütze brauche. Da stimmt es nicht im Geben und Nehmen. Und natürlich MUSS ich doch da an mich auch denken, warum sollte ich das nicht tun dürfen? Ich stecke schliesslich mitten in den Krebstherapien. Also ein BISSCHEN Aufmerksamkeit, Stütze, Hilfe oder gute Worte brauche auch ICH mal zwischendurch! Ich bin Single, da ist das Ganze noch viel Schwieriger. - Aber GAR nichts?
Es ist interessant, die einen von Euch raten mir, dass ich nur auf mich selbst schauen soll und nicht immer auf die da draussen (was ich dann wiederum egoistisch finde), und die anderen raten mir, wie ich doch auf die anderen eingehen soll, und ihre Nöte beachten soll (wo ich dann wieder selbslos sein soll).
Ich erzähle Euch die ganze Zeit: Ich tue nur zweiteres! Nehme Rücksicht. Habe Geduld. Höre IHNEN zu. - Und darum bin ich auf die Dauer jetzt ja so ratlos und rufe: Und ich?
Aber ich hab's jetzt. Ich tu ersteres!
Nein, ich bin eben nicht ichbezogen oder egoistisch. Und darum ist es umgekehrt: Ich muss jetzt genau den Weg des Egoismus gehen! Ich helfe nämlich viel zu viel. Höre viel zu viel zu. So viel, dass ich selber auf der Strecke bleibe. Das habe ich erkannt. - Gerade vorhin, als ich unter der Dusche stand. (Wegen dem Vorwurf von Euch, dass ich nur an mich denken würde.)
Genau, ich muss jetzt egoistisch WERDEN! Viel härter!
Ja. Das ist es!
Damit fällt eine ziemliche Last von mir ab. Zwar eine, die ich gerne tue (das Verständnis für andere und das Helfen für sie), aber in DIESER Zeit, so lange ich noch in den Krebstherapien stecke, GEBE ich davon nichts mehr. Da muss ich für mich schauen. Egoistisch.
Ich verarbschiede mich hier von Euch, Ihr Lieben. Sorry, wenn ich Euch belastet habe. - Macht es gut, vielleicht ein andermal wieder.
Rebellin
liebe rebellin,
ich glaube, dass gerade dein gefühl, dass du viel für andere getan hast, dir jetzt im weg steht. denn es ist schwer, einfach zu "schauen", was von wem zurückkommt und nicht allzusehr der enttäuschung raum zu geben, wenn das eben nicht in dem maß passiert, wie man es möchte. und es ist umso schwerer, wenn man von sich das gefühl hat, selbst viel gegeben zu haben.
ich habe den leuten gegenüber, die so gar nicht mit meiner krankheit umgehen konnten, blöde meldungen abgaben oder sich gar nicht meldeten, eine "verzeihensmeditation" gemacht (nach simontons buch "wieder gesund werden"). denn es kostet viel energie, sich zu grämen und ich wollte nicht, dass mein groll meine energie auffrisst, die ich doch für mich brauche.
@hiddelbrimpf: na klar will man einen ausgleich zwischen geben und nehmen für SICH SELBST, wenn man das gefühl hat, dass man mehr gibt als bekommt. da find ich nix schlechtes dran.
die frage ist doch eher, ob sich "geben und nehmen" überhaupt so hochrechnen lässt.
ich selber habe von leuten sehr viel bekommen, wo ich es nicht erwartet hatte - oft ganz überraschend. kleinigkeiten oft, die aber genau den PUNKT trafen.
liebe rebellin, es tut mir leid, dass dich nun alleine fühlst - eine selbsthilfegruppe könnte dir vielleicht helfen, aber wichtig find ich auch, für dich zu klären, wann und was du von wem möchtest und dies dann ganz klar zu vermitteln.
ein "nein" kann immer kommen und muss auch okay sein (man kann nicht immer "helfen" oder "unterstützend da sein" - nein MAN KANN ES NICHT IMMER, niemand). aber je klarer du formulierst, umso klarer siehst auch du, wer nun für dich da sein kann und will.
und vielleicht ist es auch wichtig, zu fragen, wieviel und wann und auch warum du helfen willst und wolltest. politisch okay, das ist klar, verstehe ich, aber für mich klingt es, als hättest du versucht, die last der welt auf deine schultern zu nehmen, und das ist entschieden zuviel - und auch ein bisschen eine selbstüberschätzung.
ich wünsch dir alles liebe
suzie
Hm, ich habe bei dir, Rebellin, auch das Gefühl, dass du laut nach Aufmerksamkeit schreist. So wie es sich für mich anhört, erwartest du aber zzt. nur Aufmerksamkeit, die in deine Richtung fließt. Wenn deine Bekannten dich anrufen, interessierst du dich zzt. dann auch noch für Ihre Probleme oder möchtest du nur noch über deine Krankheit reden und Mitleid heischen?
Ich selbst befinde mich zzt. auch in einer Chemo, die noch eine Weile dauert. Ich kann absolut nicht feststellen, dass sich einer meiner Freunde zurückzieht, im Gegenteil, so viele Anrufe, Besuche, Post wie in den letzten Monaten habe ich sonst nicht bekommen. Alle fiebern mit mir mit, ABER ich möchte auch am Leben der Anderen teilhaben und interessiere mich ehrlich für meine Freunde. Ich lasse mich nicht in ein Loch fallen - ist auch für den Heilungsprozess nicht gut -, sondern versuche mein Leben, auch mein Arbeitsleben, so weit wie es möglich ist, weiterzuleben.
Ich hoffe, dass es mit deiner Seele bergauf geht und wünsche dir für deine Gesundheit das Allerbeste.
Hallo Rebellin
Naja, ich denke das es auch nicht einfach für alle in deinem Umfeld ist.
Ich weiß, das hört sich an als wenn DU jetzt noch Rücksicht auf die anderen nehmen sollst, aber so ist es nicht gemeint.
In meinem Freundeskreis.. und sicher auch im Familienkreis, gibt es den einen oder anderen, der auch nicht wirklich damit klar kommt.
Ich habe auch schon Sprüche erhalten wie: Och das ist doch kein Weltuntergang.. wurde doch früh genug festgestellt.
Und wenn erstmal die Gebärmutter raus ist, haste Ruhe.
Oder, wenn du alles hinter dir hast, möchte ich aber erstmal nichts mehr von schlechten Neuigkeiten hören :eek:
Es verletzt ganz klar.. aber sie wissen nicht, wie man selbst sich fühlt.
Sie sind Unwissend.
Ich habe Heilig Abend einen Anruf von einer sehr sehr guten Freundin erhalten, die mir mitteilte, das sie Notdürftig mit ihrer Tochter zu ihrer Mutter ziehen mußte. Sie ist aus der Wohnung geflogen (Gründe sind ja jetzt egal)!
Das tat mir undendlich leid und ich sagte ihr, Mensch wenn du Hilfe brauchst sag bescheid.. bin da!
Sie erschrack wohl .. hielt einen Moment inne und meinte, Ich heul hier rum und dabei ist das was mich plagt ein kleines.. im gegensatz zu dir.
Du denkst da noch an andere? Sieh zu, das du Gesund wirst und wenn DU Hilfe brauchst, melde dich bitte SOFORT! :)
Naja, du siehst, es gibt Menschen die haben auch ihre Probleme die in diesem Moment Große erscheinen.. sich aber dann doch im klaren werden, das "unser" Päckchen ein größeres ist.
Und mit denen, wo ich so eine Reaktion erhalten habe (dumme Sprüche), mit denen haben ich ein ganz ganz ruhiges Gespräch geführt.. über das was wirklich in mir vor geht und was passieren KANN!
Sie wurden ruhiger.. haben nachgedacht, denn ich denke auch ihr Fehlverhalten uns gegenüber spricht von Hilflosigkeit und schützendes Mauerwerk.
Sie wollen sich mit dem Thema nicht eingehend beschäftigen, da es für viele Emotional schon alleine ein TABU ist.
Krebs bedeutet für viele noch, sterben! Was ja nicht der Fall sein muß!
Und so lange man nicht sterbenskrank im Bett liegt, ist man für sie Gesund :(
gina-lisa
28.12.2008, 12:43
Ich kann absolut nicht feststellen, dass sich einer meiner Freunde zurückzieht, im Gegenteil, so viele Anrufe, Besuche, Post wie in den letzten Monaten habe ich sonst nicht bekommen. Alle fiebern mit mir mit, ABER ich möchte auch am Leben der Anderen teilhaben und interessiere mich ehrlich für meine Freunde. Ich lasse mich nicht in ein Loch fallen - ist auch für den Heilungsprozess nicht gut -, sondern versuche mein Leben, auch mein Arbeitsleben, so weit wie es möglich ist, weiterzuleben.
liebe Manu, genau so war es bei mir auch. selbst alte freunde von denen ich lange nichts mehr gehört hatte standen plötzlich auf der matte. hat mich sehr gefreut.
tut mir leid wenn sich bei anderen betroffenen die freunde zurückgezogen haben... echt !
ich denke rebellins größtes dilemma ist ihr liebeskummer.
sie hat wenig darüber geschrieben, aber es ist sicherlich für niemanden
schön in einer akuten krankheitsphase verlassen zu werden.
dann hadert man schnell mit gott und der welt und zerfließt in
selbstmitleid.
@rebellin dein leben verläuft gerade nicht so wie du es gerne hättest,
denke positiv und mach dir deine zukunft nicht schwerer als sie eh
schon ist. ich wünsche dir von herzen ein schönes und gesundes 2009,
alles liebe und eine menge lebensfreude, vielleicht liest du ja noch hier.
gruß
gina-lisa
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