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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Depressionen durch Anti Hormontherapie ?


muri
13.01.2009, 15:34
Halli Hallo,

Hatte letztes Jahr im Januar Brustkrebs und befinde mich zurzeit nach Chemo, Bestrahlung in der Anti Hormontherapie mit Tamoxifen und Enantone.
Tamoxifen und die monatlichen Spritzen bekomme ich seit August 2008. Hab eigentlich immer gedacht, mit allem gut klarzukommen was die Krankheit betrifft. Mittlerweile bin ich aber in so ein tiefes Loch gefallen, hab zu nix mehr Lust, irgendwie nervt mich alles an und ich weiß gar nicht wie ich da wieder rauskommen soll. Habe seit einiger Zeit auch extreme Hitzewallungen vor allem nachts. Irgendwie weiß aus meiner Familie bald wohl auch keiner mehr mit mir umzugehen. Alle wollen es mir recht machen, was mich dann aber noch fuchsiger macht.

Kennt das jemand, das man das Gefühl hat, man will nur noch weg ?
Bin ich depressiv oder geht das irgendwann von selbst wieder vorbei ?

LG muri

Christa
13.01.2009, 17:23
hallo muri,

eine der ersten infos zur AHT war, dass man mir auch geraten hat, serotonin-wiederaufnahmehemmer bzw. MAO-hemmer, also antidepressiva, zu nehmen, da aus der erfahrung heraus eine der nebenwirkungen depressionen sein kann. also kombi AHT & erkrankung und verlauf.

ich war schon vorher auf solche medikamente eingestellt, jetzt wurde mir mit beginn der AHT die dosierung erhöht und es geht mir gut damit.

überleg's dir und besprich das einmal mit der komplementärmedizin oder dem arzt deines vertrauens und/oder einer neurologin/psychiaterin (dort bin ich sehr gut aufgehoben) und lass dich vielleicht mal seicht und ganz leicht einstellen. die wirkung tritt erst nach 3-4 monaten ein, also geduld bewahren.

inzwischen: schreib uns gerne wie es dir geht, wir hören dir zu und werden versuchen, deinen kopf ein bisschen höher zu heben und dir mut zu machen. ich fang gleich mal mit einer freundschaftlichen und verständnisvollen :knuddel: an. :)

lg
christa

muri
13.01.2009, 18:18
Hallo Christa,

danke für Deine lieben Worte.
Eigentlich möchte ich keine Tabletten nehmen, um die anderen Tabletten nehmen zu können, wenn du verstehst was ich meine.
Habs ja schon bei meiner FÄ angesprochen, die meinte, ja die Medis können auf die Stimmung schlagen. So ungefähr ist halt so. Na toll. Hilft mir auch nicht weiter.
Wenn natürlich kein Weg dran vorbeiführt ist das wohl ne Option. Denn so wie es momentan ist, kanns nicht bleiben. Eigentlich hatte ich gedacht, dieses Jahr wird besser, aber gefühlsmäßig siehts momentan recht mau aus.

muri

Christa
14.01.2009, 10:08
hallo schnuckel66, hallo muri!

als ich vor ca. 3 jahren nebenwirkungen auf die antidepressiva bekam, wurde ich umgestellt auf andere. diese sind auch nicht sonderlich gewöhnungsbedürftig, also kann ich es psychisch vertreten, dass ich sie nehmen. wie schnuckel sagt, die schweissausbrüche halten sich in grenzen und der stimmung tut es gut, ich lebe quasi ein normales gesellschaftliches leben und kann lachen, weinen, weggehen und genauso gut mal einen traurigen durchhänger haben.

leider ist es so, dass, wie ich schon sagte, die wirkung erst nach ca. 3-4 monaten einsetzt und du vielleicht 1-2x auf andere antidepressiva umgestellt werden musst, aber glaube mir, irgendwann "stimmt" die medikation und dann gehts bergauf.

so wie du deine stimmungen beschreibst, würde ich dir also wirklich raten, dies gründlich zu überlegen. du willst doch wieder lebensqualität, oder?

lg
christa

bergmädel
14.01.2009, 10:46
Liebe Muri

Ich finde, das Problem mit der AHT nach Krebsdiagnose ist immer, dass man nicht weiss, wieviel Anteil an den depressiven Gefühlen die Antihormongabe hat, und wieviel Anteile sind Folgen des Traumas, welches die Diagnose einer lebensbedrohenden Krankheit immer darstellen kann.

Eine Krebserkrankung wird international als Ursache in der Klassifikation dieses Begriffes "Trauma" oder "Posttraumatische Belastungsstörung" anerkannt.

Ich finde das deswegen so wichtig zu betonen, weil es hoffentlich hilft, auch jedes bisschen schlechte Gewissen zu vermeiden, wenn man auch ein Jahr und mehr nach Diagnose und Behandlungsende noch nicht wieder richtig "funktioniert". Es muss nicht so sein, aber wenn es so ist, ist es eine normale Folge der Erkrankung.

Ich würde mich auf jeden Fall um eine psychotherapeutische Behandlung bemühen. Nur die Einnahme von Antidepressiva finde ich eingleisig und kann vielleicht durch eine unterstützende Gesprächstherapie ganz vermieden werden.
Es muss in der Gesprächstherapie auch nicht direkt um Krankheitsverarbeitung gehen; die Probleme im Umgang mit Familienmitgliedern können genauso gut zunächst im Mittelpunkt stehen.

Falls Du noch Tips oder Infos zur Beantragung einer Psychotherapie möchtest, meld' Dich nochmal.

Alles Liebe, Sandra

Birgit49
15.01.2009, 01:50
Liebe Muri,

ich mache seit 3 Jahren AHT und wurde heftigst in die Wechseljahre "gebeamt". Nach zwei Monaten hatte ich fast alle Nebenwirkungen auf den Beipackzetteln und war psychisch völlig am Boden. Auf Anraten meiner Ärztin habe ich ein Antidepressivum genommen, das auch die Wechseljahresbeschwerden ( Hitzewallungen alle 15 Minuten ...) spürbar gelindert hat. Nach ca. einem halben Jahr ging es mir wieder so gut, dass ich das Mittel absetzen konnte.

Ich führe meine Depressionen ausschließlich auf die AHT zurück.

Nach 2 Jahren AHT ist mein Hormonspiegel leider wieder in den Normalbereich geklettert. Im Oktober 2008 habe ich deswegen meine Eierstöcke entfernen lassen.

Jetzt bin ich das zweite Mal in die Wechseljahre gekommen und ... Hitzewallungen, Schlafstörungen und die Depressionen ... meine alten Bekannten haben sich nach 2 Jahren wieder gemeldet.

Körper und Seele sind für mich eine Einheit, deshalb ist es für mich nachvollziehbar, dass jeder Eingriff in den Hormonhaushalt neurobiologische Veränderungen zur Folge hat, die auch auf die Stimmung Einfluss haben. Ich hatte damals persönlich kein Problem damit, medikamentös meinen Hirnstoffwechsel wieder ins Gleichgewicht zu bringen.

@ Bergmädel : Ich stimme dir zu, dass der schnelle Griff zur "Pille" keine Probleme löst. Eine Krebserkrankung ist immer eine traumatische Erfahrung. Aber es ist doch zwischen einer Depression und einer depressiven Verstimmung zu unterscheiden. Bei jeder depressiven Verstimmung z.B. im Rahmen einer Krebserkrankung ist es sehr hilfreich, sich mit einem Psychoonkologen oder einem Facharzt für Psychiatrie in Verbindung zu setzen. Bei einer Depression wird durch die medikamentöse Einstellung oft erst die Voraussetzung geschaffen, dass sich der Patient auf eine Gesprächstherapie o.ä. einlassen kann und auch davon profitiert.

Liebe Grüße

Birgit

bergmädel
15.01.2009, 11:15
Guten Morgen Birgit

Sicher muss zwischen Depression und depressiver Verstimmung unterschieden werden. Eben das wird aber in dem Augenblick, wenn Antidepressiva ohne vorherige psychologische Diagnosestellung gegen die Nebenwirkungwn einer AHT verschrieben werden, nicht getan.
Und ich bezweifle stark, dass Frauen mit den NW einer AHT meistens zunächst auf Antidepressiva gesetzt werden müssen, um therapiefähig zu sein.
Aber wie gesagt, um das herauszufinden, müssten überhaupt erstmal Gespräche gelaufen sein.

Ich finde die teilweise beschriebene Vorgehensweise der Verschreibung von Antidepr. ziemlich bedenklich. Jede/r weiss, dass die Krebsdiagnose und eine AHT einen Schlag ins Seelenkontor darstellen kann, der schwerwiegende Veränderungen und Folgen verursachen kann.
Unser Gesundheitsystem ist in der Behandlung der körperlichen Symptome und Ursachen dabei weit fortgeschritten. Aber die Voraussetzungen zur Gesundung der Seele und der Förderung einer persönlichen psychischen Weiterentwicklung nach Krebs sind viel weniger ausgebaut. Somatische Folgen einer Krebserkrankung werden erstmal ausgeklammert.
Und das finde ich bedauerlich, und dass Frauen schon mal prophylaktisch gegen die NW der AHT Psychopharmaka angeraten werden, bedenklich.

LG Sandra

Birgit49
15.01.2009, 21:35
Liebe Sandra,

ich stimme dir vollkommen zu, vor jeder medikamentösen oder psychotherapeutischen Maßnahme muss eine fundierte Diagnose stehen.

Und ich bezweifle stark, dass Frauen mit den NW einer AHT meistens zunächst auf Antidepressiva gesetzt werden müssen, um therapiefähig zu sein.

Wenn du meinen Beitrag genau liest, wirst du feststellen, dass ich nicht jede Frau und nicht die Nebenwirkungen der AHT allgemein meine, sondern von Depressionen spreche, die nicht immer einer primären Gesprächstherapie zugänglich sind. Auch da gibt es keine Pauschalaussagen.



Bei einer Depression wird durch die medikamentöse Einstellung oft erst die Voraussetzung geschaffen, dass sich der Patient auf eine Gesprächstherapie o.ä. einlassen kann und auch davon profitiert.

Birgit

So wie du auch lehne ich jeden leichtfertigen Umgang mit Medikamenten ab. Es ist leider richtig, dass eine nichtmedikamentöse Therapie mehr "Arbeit" von beiden Partnern einfordert, Arzt und Patient. Das scheuen beide Seiten oft gleichermaßen.
Aber wie gesagt, jede Art der Therapie hat ihre Berechtigung, wenn sie verantwortungsvoll angewendet wird.

Liebe Grüße

Birgit