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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : In Gedenken an Mama! Geboren 01.05.54 Gestorben 06.12.2009


salzigerhering
27.12.2009, 02:54
Liebe Mama, viel zu früh für uns und mich.
Für dich, vielleicht viel zu spät. Ich weiß es nicht, habe nie mit dir darüber gesprochen. Jetzt, wo du fort bist würde ich es so gern tun. Ich würde mit dem Wissen von heute noch viel mehr tun. Die Zeit nochmal zurück drehen. Reden, lachen, weinen und die Zeit als dein Sohn noch viel mehr genießen. Ich bin früh ausgebrochen, heute frage ich mich, wo die Reife, die man mir immer bescheinigt, hin ist. Ich vermisse dich so sehr und werde spätestens wenn ich ans telefonieren denke in die Realität ohne dich ohne unsere Verbindung telefon zurück geholt. Ein Kloß im Hals und die Hosen voll. Ich bräuchte deinen Rat und deinen Tatendrang.

Noch im Krankenhaus, in den letzten Tagen bevor du die letzte Reise angetreten hast, warst du Mutig, Tapfer und einfach unsere Mutter. Hast uns in den Arm genommen uns gesagt das du uns lieb hast. Die Stunden bei dir waren manchmal schwer. Du hast viel geschlafen. Wenn du wach warst waren erstmal wir im Mittelpunkt. Hast versucht zu lächeln wolltest mit uns reden. Dein Schlaganfall hat es nicht mehr zugelassen. Nicht mehr in dem Umfang wie wir es manchmal gerne wollten. Dann wolltest du gerne trinken hast Cola verlangt und wir haben es dir irgendwann verwehrt. Warum? Heute weiß ich es nicht. Wir wollten das beste für dich. Nachdem du getrunken hast musstest du jedes mal abgesaugt werden. Auch das hast du über dich ergehen lassen. Ein paar Tage zuvor hast du noch auf der Bettkante gesessen und es sah so aus, als wenn ich dich bald, wie versprochen, für ein paar tage mit zu mir nach Sylt nehmen kann. Schon da hast du gesagt, dass schaff ich nicht. Wer hätte gedacht das du nur zwei tage später einen Schlaganfall bekommst? Hast du auf mich gewartet? Wolltest alle um dich haben. Ein letztes mal, wie es früher war. Es tut weh und realisiert habe ich es noch nicht. Nicht wirklich. Tiefe leere macht sich breit. Ich will es nicht!

Nikolaus, 06.12.2009, war dein großer Tag. 8:40 Uhr morgens. Ich habe mit Thomas telefoniert, habe heute länger geschlafen weil ich wusste, dass du gewaschen wirst. Mehr als auf dem Balkon des Krankenhauses stehen und rauchen hätte ich nicht tun können. Ich blieb an diesem Morgen im Hotel habe mit Thomas telefoniert und mich danach im Bad meines Hotels weiter zurecht gemacht. Dann sah ich aus dem Fenster. Der Himmel schimmerte in sämtlichen Farben und zwei silberne Streifen zogen von links nach rechts ihre Bahnen. Leise habe ich mir gedacht heute wäre ein schöner Tag für Dich. 10 Minuten später erreichte mich der Anruf, dass du dich auf den Weg gemacht hast. Nicole sagt Du hast auf das ok von mir gewartet. Wie in trance bin ich zu Dir gefahren, nicht zu wissen was mich erwartet. Aber du sahst gut aus. Warst noch warm und so saß ich neben Dir wie die Tage zuvor. Habe dich gestreichelt und dir küschen gegeben. Die Stille im Raum war unerträglich. Das Sauerstoffgerät bluberte nicht. Das Zischen war verstumt. Dein Brustkorb bewegte sich nicht wie noch einen Tag zuvor krampfhaft nach oben und unten. Und dein "Schnaufen" war einfach ausgeblieben. Du sahst gut aus und die Schwestern haben dir eine Rose in deine gefallteten Hände gelegt. Es sah so aus als wenn du gleich losbrabbeln würdest. Es sah leider nur so aus. Obwohl ich vörmlich drauf gewartet habe.

Ich werde nie unsere/meine letzte Zigarette mit Dir vergessen. Als du aufgebart warst sahst du so herrlich aus. Du hast eine Zigarette und ein Feuerzeug von Nicole in den Sarg gelegt bekoomen und mir wurde "die Ehre" zuteil die letzte mit dir rauchen zu dürfen. Sandra hat dir so schöne Sachen rausgesucht. Wenigstens etwas, das Dir gehört.Es errinnert mich so stark an die abende wo du zu uns kindern gekommen bist und gefragt hast sehe ich gut aus. Du sahst immer gut aus. Am liebsten hätte ich dich aus der Kiste genommen und ins Auto gesetzt. Nur diese Reise musstest du nun alleine antreten. Ich weiß, dass du bei uns bist. Das warst du immer und wirst du immer bleiben. Wenn ich heute daran denke fange ich an zu grinsen. Nicht weil ich mich freue das du weg bist. Nein, weil ich denke dass es Dir da wo du jetzt bist um einiges besser geht. So wie du ausgesehen hast bist du jetzt angekommen.

Ich verspreche Dir von ganzem Herzen, so wie du mich am telefon vor meine Anreise gemahnt hast, ich werde die Ohren steif halten. Auch wenns schwer fällt. Ich weiß irgendwo da draußen bist du.

Ich habe Dich lieb, wir haben dich lieb. Mama du bist die Beste!

lyra
27.12.2009, 12:50
Lieber Mike,
ein wunderschöner Brief an Deine Mutter.
Sie ist ganz nah bei Dir.
Liebe Grüße
Lyra

salzigerhering
27.12.2009, 12:59
Danke Dir. Es tut gut anteilnahme zu bekommen. Mein Partner ist so stark. Es scheint immer als wenn er schon im normalen Leben wieder angekommen ist. Das wettrennen kann ich im augenblick leider nicht. Es tut weh ich will Ihn nicht runterziehen. Bin aber selbst noch ganz zerüttet!

Danke von ganzem herzen!

lyra
27.12.2009, 13:12
Lieber Mike, Du sollst kein "Wettrennen" machen.
Jeder trauert anders und für Dich als Sohn ist es sicher ganz anders als für Deinen Partner.
Ich kenne das, dass man keinen runterziehen will, mir geht es ganz genau so.
Da Trauer etwas so Individuelles ist, kann man nur schwer allgemeine Tips geben. Aber die Trauer zuzulassen und "auszuleben", das ist ganz wichtig. Wenn Du versuchst, sie zu verdrängen, tust Du weder Deinem Körper noch Deiner Seele etwas Gutes.
Vielleicht hilft es Dir, wenn Du Deiner Mutter regelmässig so wunderbare Briefe schreibst und sie dann per Flaschenpost losschickst- auf Sylt ist das doch ideal.Ich bin sicher, sie wird Dir Zeichen schicken- das erste hast Du ja schon bekommen, als sie ihre Reise angetreten hat.
Liebe Grüße
Lyra

Ute08
27.12.2009, 17:43
Auch von mir ganz herzliche Kraftwünsche.
Ich glaube, man muss sich selbst die Zeit geben,
die man braucht. Das ist dann bei jedem individuell.
Aber man sollte die Trauer zulassen und nicht daran
"ersticken", weil andere ne gewisse Erwartungshaltung
an einen haben.
Drücke dich unbekannterweise und schicke einen lieben
Gruß in den Norden
Ute

vintage
27.12.2009, 22:49
lieber m.,

wir schrieben uns ja schon per pm. :knuddel:
deine zeilen an deine ma sind sehr schön.

Mein Partner ist so stark. Es scheint immer als wenn er schon im normalen Leben wieder angekommen ist. Das wettrennen kann ich im augenblick leider nicht...
sieh es so: wenn er jetzt so stark wirkt, kannst du umso mehr ganz bei dir sein und trauern. er regelt das "normale leben", den alltag, und du musst dich nicht auch noch darum kümmern. er ist dein fels nun in deiner (gefühls-)brandung.
es wird noch so viel zu regeln sein und zu denken und fühlen, es ist schön, wenn du jemanden an deiner seite hast.
und überhaupt deine ganze familie, so wie du sie im brief oben beschreibst, das ist etwas sehr kostbares.

liebe gruesse, vintage

salzigerhering
28.12.2009, 16:47
Danke für euren lieben Antworten!

Es baut auf. Wie gut auch mal andere Sichtweisen zu erfahren. Ich hoffe demnächst auch wieder eine andere Lebensweise für mich zu entdecken.

Schön das Ihr alle da seid.

Susanne1969
28.12.2009, 16:58
Lieber Mike

Mein herzliches Beileid :pftroest:

Mein Papa ist auch am 6.12. gestorben. Er ist meiner Mama gefolgt, sie hat am 15.01. den Kampf gegen den Krebs verloren.

Ich denke dass Dein Partner auch für Dich stark ist.

Für mich ist es manchmal so unfassbar dass ich keine Eltern mehr habe. Es ist nicht so dass ich jeden Tag weine, es sind die kleinen Dinge des Lebens die mich "anhalten" lassen: Im Moment findet in Davos ein Eishockey-Turnier statt und ich weiss dass mein Vater Stunden vor dem Fernsehe verbracht hätte! Schlimm ist auch immer wieder das Gefühl "das muss ich Mama erzählen" und dann die Gewissheit dass ich sie nicht anrufen kenn.

Ich denke jede/r trauert auf seine eigene Weise, was aber nicht heisst dass sie den/die Verstorbene/n nicht vermissen. Es ist doch auch schön dass Du einen starken Partner an Deiner Seite hast.

Liebe Grüsse
Susanne