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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : wissen nicht mehr weiter - was tun?


05.11.2003, 10:41
Hallo zusammen!
Bereits vorletzte Woche meldete ich mich schon einmal hier und bekam nette Antworten von Norma, Birte und Kerstin. Inzwischen sind wir noch verzweifelter. Also meine Mutter bekommt derzeit eine Chemo und es ist unglaublich, was mit ihr passiert. Ihre Persönlichkeit verändert sich total. Damit meine ich nicht, dass sie auch mal ihre Meinung sagt, das wäre ja normal. Nein, sie schreit nur noch, niemand kommt mehr zu Wort, sie will ihre Anwältin beauftragen sämtliche Ärzte zu verklagen, sie brüllt JEDEN zusammen, sie bevormundet alles und jeden, zwischendurch heult sie los, dass ihr alles zuviel wird und sie nicht kann, aber sofort danach kümmert sie sich um PillePalle, der gerade während dieser Chemo-Zeit total unwichtig ist. Beispiel: Sie will die Avacon (Strom+Gaslieferant), die SPD und CDU und noch ein paar Leute des Dorfes bei sich zum Kaffeetrinken haben, um das Thema Gasanschluss des Dorfes zu diskutieren. Am besten sofort. Auf die vorsichtigen Versuche eines jeden, dass sie sich doch mehr um sich selbst kümmern soll, reagiert sie wieder mit Brüllen. Auch der Arzt kommt nicht weiter. Wir befürchten also gerade, dass sie durch diese Aufregung, durch ihren eh´ schon hohen Blutdruck und ein Herzproblem über kurz oder lang tot umfällt. Ich habe versucht, einen Termin bei ihrem Onkologen zu bekommen, um mit meiner Tante dort hinzugehen, weil wir nicht weiterwissen und gerne Tipps von ihm hätten, was wir tun können (Medikamente, Therapie, was weiß ich). Von dort kriegen wir nur die Antwort, dass so ein Gespräch nur im Beisein meiner Mutter stattfinden kann. Das geht doch aber nicht, weil ja keiner zu Wort kommt!! Kann mir jemand helfen? Oder wisst Ihr eine Selbsthilfegruppe in Braunschweig, an die wir uns wenden können? Vielen Dank!!

05.11.2003, 10:50
Hab mal bei google.de nachgeschaut.Ruf doch da einfach mal an!!
Verein Krebsnachsorge Braunschweig e.V.
Beratungsstelle für Krebskranke und Angehörige
Anschrift: Hagenmarkt 2
38100 Braunschweig
Telefon: (0531) 1 46 89 oder 1 42 70
Telefax: (0531) 12 47 85
e-Mail: info@krebsnachsorge-bs.de
Internet: www.krebsnachsorge-bs.de
Termine: Montag - Freitag 10.00 - 12.00 Uhr
Dienstag 16.00 - 18.00 Uhr
und nach telefonischer Vereinbarung
Ansprechpartner/in: Nora Lieder, Diplom-Sozialpädagogin
Sigrid Winkler
Jürgen Siegmund, Dipl.-Pädagoge
Andrea Wolff, Diplom-Sozialpädagogin

Grüsse aus Gelsenkirchen
moni

05.11.2003, 12:58
Danke, Moni! Da melden wir uns auf jeden Fall!!

05.11.2003, 13:50
Warum werden hier Leute gesperrt und andere bekommen nette Würmer zugeschickt ich finde das ist nicht OK
Und ich vermute das dieser Verein von der Pharmaindustrie gesponsert wird .
Das löschen bringt nichts denn ich setze es immer wieder rein.
Ein verärgerter Gast

[Anmerkung der Redaktion: Dieser Gast ist verärgert, weil seine Beiträge zur Geistheilung wegen der Werbung für bestimmte Geistheiler gelöscht wurden.]

05.11.2003, 14:42
Hallo verärgerter Gast

was genau meinst Du damit? Und vor allen Dingen, was hat das mit dem Beitrag von Sprudel zu tun?
Bin etwas ratlos jetzt
viele Grüße
elisabeth

05.11.2003, 22:19
Liebe Sprudel,

beim Lesen deines Beitrages dachte ich ganz spontan:
"Entweder Chemo-Unverträglichkeit oder wachsende Hirnmetas."

Eine gewisse Agressivität während der Chemo ist normal, aber sooo schlimm wie du es beschreibst, natürlich nicht!

Du könntest Mutter zur nächsten Chemo begleiten und dann einen Versuch starten, mit dem Arzt zu sprechen (während sie die Chemo bekommt).
Dann wäre sie nicht dabei. ;-)
Den Arzt würde ich auf dem Flur sprechen. ;-)
Du als Tochter hast das Recht auf ein Gespräch!!!

Funktioniert das nicht, dann könntest du mal mit dem Hausarzt deiner Mama reden (hast du nicht bereits Magenschmerzen, die abgeklärt werden müssen? ;-))...

Macht deine Mutter solchen Tamtam auch, wenn sie woanders ist? Oder nur zu Hause?

Bei Ausrastern auch in Gegenwart von Fremden solltest du (leider!) auch an Hirnmetastasen denken!
Dann ist ein Arztgespräch unausweichlich!
Denn dagegen muss ja schnellstens gehandelt werden!

Sind diese Ausbrüche aber hauptsächlich zu Hause, dann könnte das Chemo-Mittel schuld sein; sie kann dann nämlich noch gesteuert denken...
Es sollte dann dringend das Mittel gewechselt werden!
Also ist wieder ein Arztgespräch unumgänglich.

Egal was es nun ist. So ein Verhalten zehrt an den Nerven der Angehörigen und deshalb solltest du/ihr handeln!

Ansonsten kann ich nur raten, bei unsinnigen Gedanken oder Handlungen RUHIG zu bleiben.
Gib ihr einfach keine Antwort ODER, falls das nicht klappt, sage ihr, dass du dich *darum* kümmern wirst.
Und dann versuche sie abzulenken...

Niemals in so einer Schrei-Situation WIDERSPRECHEN!!! Das reizt sie noch viel mehr!!!

Klar kann sie zur Zeit nicht über Strom- und Gasanschluss diskutieren; aber wenn sie das Gefühl bekommt, du/ihr richtet euch nach ihren Wünschen, dann...wird sie ruhiger werden. Versprochen! :-)
Wenn sie dann später noch einmal nachfragt, WANN denn nun dieser Kaffeenachmittag ist, dann sagt doch einfach, dass XY und YZ zur Zeit krank sind und das deshalb später stattfinden wird.
Kleine Notlügen sind erlaubt! ;-)

Fazit: Bei Geschreie entweder gar nicht reagieren oder eine Zustimmung geben.

Das Allerschlimmste was du/ihr machen könnt, ist... ihr sagen zu wollen, was sie zu tun und zu lassen habe!!!
Das will sie nämlich absolut nicht hören und löst nur einen weiteren Wutanfall aus!

Ich wünsche dir/euch starke Nerven und trotz allem einen gewissen Abstand!
Schließlich geht EUER Leben ja auch weiter und die Belastung sollte nicht zur Qual werden!

Alles Liebe und Gute!
Norma

06.11.2003, 09:21
Hallo Norma!

Wieder eine so gute Antwort von Dir! Du hilfst mir sehr. Ich werde das mit meiner Schwester und meiner Tante besprechen. Meine Mutter flippt aber auch bei fremden Leuten aus. Zur Minute tut sich etwas beim Onkologen - vermutlich bekomme ich gleich einen Anruf von dort. Meine Tante ist auch schon total fertig, weil meine Mutter sie gestern und heute nur zusammengebrüllt hat. Hoffentlich können wir etwas tun, bevor meine Mutter vor Aufregung umfällt. Danke noch mal!

Sprudel
06.11.2003, 15:06
Bei uns gibt es wieder Neuigkeiten: Meine Tante hat es geschafft, mit dem Onkologen zu sprechen - völlig ergebnis- und erfolglos! Es hat die ganze Zeit da gesessen, sie nicht angesehen und am Ende gesagt, dass das so nicht von der Chemo kommen kann und er nichts machen kann. Toll! Inwischen war meine Tante bei meiner Mutter - die hat sie zusammengebrüllt und rausgeworfen. Meine Tante brachte nur etwas vom Arzt vorbei und war ganz ruhig und lieb zu ihr. Nichts zu machen! Dem Arzt hat meine Mutter erzählt, es gäbe große familiäre Probleme - alle wären gegen sie. Das stimmt doch aber gar nicht. Ich habe das ungute Gefühl, dass es sich um eine Psychose handelt. Was soll ich tun? Ich kann doch nicht gegen ihren Willen etwas mit ihr machen lassen. Ich habe bei der Krebshilfe in Braunschweig angerufen und will versuchen, meine Mutter zu einem Termin zu überreden (wenn sie mich sprechen lässt). Vielleicht klappt das ja. Ansonsten weiß ich auch nicht weiter.

06.11.2003, 15:36
Hallo Sprudel,
ja, das klingt alles gar nicht gut - ein bisschen klingt das schon nach einem seelischen Zusammenbruch. Was nicht weiter wundern muss, denn Deine Mutter befindet sich in einer Lebenssituation der totalen Überforderung: ihre nackte Existenz ist unmittelbar bedroht, ihre Autonomie ist völlig in Frage gestellt. Ihr Leben ist dominiert von Ereignissen, die SIE so nicht gewählt, entschieden, gewollt hat. Sie spürt die totale Fremdbestimmung durch die Erkrankung, dass sie nämlich wenig bis gar keinen Einfluss auf den Verlauf und Ausgang hat. Das ist furchtbar! Das kann sicher sogar Psychosen verursachen.
Ich denke, Ihr MÜSST etwas tun. Deine Mutter steht ganz offensichtlich unter einem enorm großen Leidensdruck. AUch wenn das jetzt sicher 'brutal' klingt: aber wenn Deine Mutter tatsächlich psychotisch sein sollte, dann werdet Ihr sie mit Argumenten und Rücksichtnahme nicht erreichen, dann solltet Ihr vielleicht besser mit einem Psychiater Kontakt aufnehmen und Euch fachkundig beraten lassen. Notfalls - also wenn Selbstverletzungs- oder auch Fremdverletzungsgefahr besteht - solltet Ihr sogar darüber nachdenken, Deine Mutter kurzfristig zur Krisenintervention in ein psychiatrisches Krankenhaus einweisen zu lassen.
Das klingt alles nicht so toll, ich weiß, aber ich denke wirklich, Ihr solltest da handeln.
Herzliche Grüße und alles, alles Gute!
Emilia