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ulphin
08.11.2010, 01:06
Reise – ohne Wiederkehr

Ihr Lieben alle,

seit einigen Monaten lese ich dies und das und habe auch weniges gepostet. Dies liegt zum einen daran, dass ich nicht zu denjenigen gehöre, die per se das Herz auf der Zunge tragen und zum anderen mein persönliches Umfeld (Familie, Freunde) mir sehr sehr geholfen haben. Danke an Euch alle.

Nun habe ich für mich das Bedürfnis, darüber zu schreiben, warum ich überhaupt ins Forum gekommen bin.

Vor mehr als zwei Monaten starb meine Mami (Lebermetastasen nach Aderhautmelanom). Sie war so....o tapfer! Und wir vermissen sie soo....o sehr!

Enukleation Nov. 2007, Lebermetastasen April/Mai 2010, ihr Tod im August, ca. 4 Monate später.

Mami hat sich bewusst auf die Enukleation eingelassen, obwohl es auch über Bestrahlungen gesprochen worden war (Tübingen). Die OP war gut verlaufen, sie hat sich auf die Einäugigkeit eingestellt und ist wieder Auto gefahren. Regelmäßig hat sie ihre Nachsorge-Untersuchungen machen lassen, die Ergebnisse waren immer ok. Mein Papi schwört Stein und Bein, dass die Ärzte über mögliche Lebermetastasen NICHT gesprochen haben, und auch nicht darüber, dass sie im Ultraschall nicht gut zu diagnostizieren sind (US ist aber wohl die übliche Folgediagnostik...). Aber das ist nun müßig :(

Ich selbst dachte damals: Auge weg = Krebs weg = alles gut
und habe nicht im WWW nach Fragen und Antworten gesucht – leider.

Sie war sodann in Behandlung und es wurden insgesamt von Mitte Mai bis Ende Juli 3 Chemoembolisationen (Cisplatin) durchgeführt. Die erste davon war durchaus vielversprechend, die weiteren brachten keine Verbesserungen (mehr) sondern Nierenprobleme. Dennoch wurde Mami eine Therapie mit Ipilimumab im Rahmen eines individuellen Heilversuchs vorgeschlagen; dem sie zu einem Zeitpunkt, an dem es ihr bereits nicht gut ging, zustimmte.

Fakt ist, dass sie zu jeder Zeit über das Ausmaß ihrer Erkrankung informiert war. Alles andere wäre für sie unerträglich gewesen.

Zu der Behandlung mit Ipilimumab kam es dann nicht mehr :weinen:

Die ganze Zeit war mein Papi bei ihr, wir, d. h. meine Geschwister und ich, wir haben telefonisch und über Besuche zu Hause und im KH Kontakt gehalten (ca. 400 km :( )

Tumorschmerzen hatte Mami – GOTT SEI DANK – die ganze Zeit nicht. Dafür setzten ihr hämorrhidale Probleme massiv zu, die ließen sich nicht mit den üblichen Schmerzmitteln beheben.

Einige Tage vor ihrem Tod haben wir (sie, Papi, ich) noch einen sehr sehr guten Tag miteinander verbracht, uns gesagt, dass wir einander sehr lieb haben, dass wir eine gute Zeit miteinander haben /hatten etc. und ich bin in den Urlaub gefahren. Mami wollte es so, darüber hatten wir auch gesprochen. Dabei waren wir alle davon ausgegangen, dass wir uns nach meinem Urlaub wiedersehen :( - aber dem war nicht so :( …

Ich vermisse sie so so so …. sehr! Aber ich bin froh, dass sie erlöst und gelassen auf die Reise gehen konnte, auf die ohne Wiederkehr, denn Mami hat sich einen Tag vor ihrem Tod noch mal ihre Lieblingskleidung und -schmuck anziehen lassen.
So wollte sie es.
Papi war, wie so viele lange Jahre zuvor, dabei, als Mami in die andere Welt ging.
Ich nicht.
Ich weiß bis heute nicht, ob ich es mir wünschen sollte.
Was ich weiß, ist, dass Mami mir ausdrücklich sagte, fahr in den Urlaub. Und es war richtig, dass ich diesem ihren Wunsch entsprochen habe. Weil nur so konnte sie loslassen.

Nun ruht sie in einem Friedwald, so wie meine Eltern es gemeinsam nach einem langen gemeinsamen Lebensweg entschieden haben, unter einer aufrechten, alten Buche. Ein wunderbarer Ort, so ihrer, denn sie war immer gerne im Wald, so überhaupt.

Danke für's Zulesen und für etwaige Antworten.

Ulphin

Bremensie
08.11.2010, 05:59
Guten Tag Ulpin,
zu dem Tot deiner Mutter mein herzliches Beileid. Ich meine es ist OK dass du in den Urlaub gefahren bist. Deine Man wollte es so. Nur darum konnte sie los lassen und über die Regenbogenbrücke gehen.
Traurige Grüße von Erika.

Linestraum
08.11.2010, 12:22
Hallo, ich möchte Dir mein Mitgefühl und meine aufrichtige Anteilnahme aussprechen...ich kann das, was Du schreibst, den Schmerz des vermissens, unendlich nachfühlen...seit mein Pa gegangen ist, fühlt sich alles nur halb so gut an in meiner Welt. Er fehlt mir entsetzlich...Alles Liebe für Dich, Lines

ulphin
09.11.2010, 23:08
Ihr Lieben,

danke für Eure Zeilen, für Eure Anteilnahme. Mir hat es sehr geholfen, einfach mal runterzuschreiben was so passiert ist...

LG ulphin:sad:

ulphin
27.11.2010, 00:20
Ihr Lieben alle,

es liegt schon einige Tage zurück, dass ich in „meinem“ Thread gepostet habe, aber ich finde es nun an der Zeit, mich mal wieder zu melden.

Am vergangenen Wochenende haben wir die Kleidung von Mami gesichtet, meine Schwester, unser Papi und ich, weil unser Papi wollte es schwersten Herzens so. Und das war sooooo schwer. Jedes Teil, das wir in die Hand nahmen ließ uns intensiv an Mami denken, aber wie brachte es meine Schwester passend auf den Punkt, die Erinnerung hängt nicht im Kleiderschrank... :o


Nun werden wir bei nächster Gelegenheit en famille überlegen, wer welche Kleidungsstücke „forttragen“ mag in dem sicheren Wissen, dass Mami es gut fände.

Gerne erwähnen möchte ich auch, dass ich nun – nach langen Jahren einer intensiven und sehr offenen Beziehung zu Mami, aus der Papi teilweise ausgeschlossen war – eine völlig andere neue spannende positive ++++ Beziehung zu Papi finde. Das tut sooooooooooooooo gut! Wir lachen und weinen zusammen, wir reden anders und – ja – machen's bewusster.

LG ulphin

Linestraum
27.11.2010, 15:57
Hallo Ulphin, mir fällt grad spontan was auf das ich mit dir teilen möchte:...
ich erlebe das, was Du schreibst (was du dir mit deinem Pa jetzt wünscht) genau umgekehrt...seit mein Vater verstorben ist, haben meine Ma und ich ein sehr viel innigeres Verhältnis bekommen. Wir telefonieren fast täglich und sie freut sich darüber, sie weint im Moment noch fast immer am Telefon, was ja auch vollkommen ok ist- ich höre ihr oft einfach nur zu und versuche "da zu sein"-dann lachen wir aber auch gemeinsam wenn bei uns so manche Erinnerung hochkommt...ja, das geht sogar schon, an manchen Tagen. ich muss wirklich sagen, dass das eine ganz neue und schöne Erfahrung ist für mich. ich kann mit meiner Mutter zusammen FÜHLEN und weinen, das wäre vorher für mich gar nicht denkbar gewesen (warum?, ich weiß es nicht...)-wenn Papa das wüßte, es würde ihn sicher freuen. Das wünsche ich Dir mit deinem Papa auch...
Herzliche Grüße und weiterhin Kraft, Lines

ulphin
28.12.2010, 17:09
Hallo Ihr Lieben alle,

da nun die Weihnachtstage für Euch alle hoffentlich ruhig und besinnlich vorbeigegangen sind, wollte ich mich mal wieder in meinem Thread melden.

Veränderungen - unter diesem Stichwort lässt sich sicherlich das diesjährige Weihnachtfest fassen. Für Papi das erste mal ohne seine geliebte Frau. Für meine Schwester das erste Mal mit Papi an Heilig Abend, für uns ebenfalls das erste Mal mit Papi am 1. und 2. Feiertag...

In den vergangenen Jahren war es so, dass wir nicht gemeinsam gefeiert haben. Aber wir haben immer an Heilig Abend ausgiebigst telefoniert. Tja, nun geht das leider nicht mehr :(. Dennoch waren unsere gemeinsam verbrachten Weihnachtstage sehr sehr wohltuend, ruhig, besinnlich. Mami war die ganze Zeit bei uns.

Am 27. haben wir dann gemeinsam Mamis Kleidung gesichtet und verteilt. Dies hat mich noch mal sehr sehr traurig gemacht. Auch macht mir das Tragen der Kleidungsstücke meiner Mami nochmal zusätzlich bewusst wie sehr sie mir fehlt... Andererseits freue ich mich aber auch daran, ihre selbstgestrickten Pullover zu tragen, in denen auch ihr Duft noch hängt... und Mami hätte es aus ihrer pragmatischen, dem Leben so zugewandten Einstellung in jedem Fall gut geheißen, dass ihre Kleidung weiter getragen wird.

Heute haben Papi und ich Mami an ihrer Ruhestätte besucht. Der tief verschneite Winterwald verbreitet eine Ruhe, eine Stille, eine Stimmung die einfach einmalig ist. Papi malte ein Herz mit den Initialien Mamis in den Schnee und schrieb daneben „Ich liebe Dich“. Ich fand das so sehr bewegend.

Nun neigt sich das für mich doch sehr traurige Jahr dem Ende zu. Ich bin gespannt, wie es denn im neuen Jahr weitergehen wird. Als sehr wohltuend empfinde ich die neue. Andere, viel intensivere Beziehung zu meinem Vater.

Es wünscht Euch allen für 2011 alles Gute, vor allem Gesundheit.

ulphin

ulphin
17.02.2011, 21:27
Ihr Lieben alle,

es ist schon länger her, dass ich direkt was über mich, was passiert ist, wie es mir geht etc. im Forum geschrieben habe. Meine Postings in den letzten Wochen beschränkten sich auf mehr oder weniger kluge Ratschläge, die auch mehr oder weniger kontrovers aufgegriffen wurden:rolleyes.

Insgesamt ist für mich diese Erfahrung des Austauschs im Forum eine völlig neue, auf die ich aber gerade im Moment nicht verzichten möchte. Danke Euch allen dafür.

Ein halbes Jahr ist nun fast rum seit dem Tod meiner Mami und es vergeht kein Tag, an dem ich nicht intensiv an sie denke, sie nicht in irgendwelchen Kleinigkeiten vermisse, auch wenn wir – zugegebenermaßen – in den letzten Jahren einen eher sporadischen direkten Kontakt hatten (400 km können so endlos weit sein unter dem Vorwand des Alltags); aber wir telefonierten regelmäßig ausgiebig miteinander.

Ein halbes Jahr ist aber auch annähernd rum, seit meine damals 16-jährige Tochter aufbrach zu ihrem Auslandsjahr in Kanada, zu einer Reise mit Wiederkehr, davon gehe ich ganz fest aus :). Sie vermisse ich nur nicht oder wenn, dann nur gelentlich. Es klingt paradox, ist aber so, denn zum einen ist sie bei einer so unglaublich netten Gastfamilie, die sie im Zusammenhang mit dem Tod meiner Mutter, der sich ca. eine Woche nach der Ankunft meiner Tochter ereignete, sehr sehr liebevoll aufgenommen und aufgefangen hat und zum anderen wird die Abwesenheit meiner Tochter überlagert vom Tod meiner Mami... :sad:

Zwischenzeitlich wäre auch Mamis Geburtstag gewesen, der 74. Ich war bei meinem Papi und wir haben eine sehr gute und innige Zeit zusammen verbracht. Nach wie vor freut es mich sehr, dass die Beziehung zu meinem Papi sich so vertieft hat. Das tut einfach gut. Und er handhabt sein Witwer-Dasein wirklich äußerst tapfer, obwohl er Mami noch viel viel mehr oder nur anders? – nach immerhin fast 48 guten Ehejahren – vermisst als ich. Ich kann ihn da nur bewundern...

Auch habe ich mich nach und nach daran gewöhnt die nun mir „zugewachsene“ Bekleidung von Mami zu tragen. Anfangs, bei jeder Bluse die ich das erste Mal aus dem Schrank nahm, dachte ich , Mensch, die hat Mami das letzte Mal gebügelt :( Bei einer besonders warmen Winterjacke ging's dann etwas einfacher, denn die hat mir bei diversen beruflichen Terminen sehr sehr gute Dienste geleistet). Mami würde sich freuen.

So nimmt denn das Leben seinen Lauf, und das ist gut so. Ich persönlich meine, dass der Blick nach vorne sehr sehr tröstlich ist; es bedeutet auch nicht, dass man den so geliebten Verstorbenen vergisst.

Einen Platz in meinem Herzen wird meine Mami immer einnehmen.

Danke fürs Zulesen.

ulphin

HelmutL
19.02.2011, 02:03
Liebe Ulphin,

vielleicht hilft es dir ein wenig, zu verstehen, was in deinem Vater vorgeht. Ich kann das natürlich auch nicht so genau wissen. Ich kenne ihn ja nicht. Ich versuchs trotzdem.

Es ist der Verlauf des Lebens, dass Kinder ihre Eltern irgendwann verlassen, sich ihr eigenes Leben aufbauen in welchem die Eltern an- und fürsich nur noch Gäste sind. Wenn auch liebe Gäste. Ist auch nichts Schlimmes. Bei meinen Töchtern ist das auch so. Mama und Papa sind nicht mehr der Mittelpunkt des Lebens der Kinder. Sicher, sie gehören dazu, doch nicht mehr im Zentrum. Das liegt woanders.

Bei Papa und Mama ist das anders. Wie zu Beginn ihrer Ehe sind sie wieder alleine. Ein neuer, befreiter Lebensabschnitt beginnt. Ja, befreit. Nicht, dass ihnen die Kinder zur Last fielen oder unbequem geworden wären. Nein. Doch jetzt haben sie wieder viel ungeteilte Zeit für sich. Du schreibst von einer guten Ehe. OK, sie rücken noch dichter zusammen (oder wieder) als vorher. Ich erinnere mich noch ganz genau daran.

Na gut, Mama und Papa merken und wissen schon, dass sie älter werden und auch sind. Nur, wenn sie sich ansehen, ist der oder die andere immer noch gleichalt wie man selber. Kein Unterschied zu vor 30 oder 40 Jahren. Im Gegensatz dazu merken Kinder schon, dass die Beiden älter und auch alt werden. Die Beiden selber eher weniger.

Viel mehr als in jungen Jahren wachsen diese Beiden nun mit dem Älterwerden zusammen. Man kennt den Partner in- und auswendig, versteht sich ohne grosse Worte, weiss genau, was der andere möchte und denkt: man kommt sich fast vor wie eine Person. Oft wird das sogar vom Umfeld so gesehen. Kaum vorstellbar, wenn die eine Hälfte des eigenen Ichs gehen muss auch wenn man um die Endlichkeit des Lebens weiss.

Und dann passiert es doch.

Verstehst du, was ich meine? Jede Trauer ist schlimm und schwer, doch ganz anders. So ist meine Erfahrung.


Alles Liebe, Helmut

ulphin
19.02.2011, 21:40
Danke, lieber Helmut, für Deine Zeilen.

Ich denke, dass Du Dich in meinen Papi sehr viel besser hinein versetzen kannst als ich, denn auch Du hast Deine geliebte Gefährtin, Partnerin, Frau verloren, ich dagegen „nur“ meine Mami. Es ist in der Tat etwas völlig anderes. Aber wir finden uns wieder in der gemeinsamen aber anders erlebten Trauer.

Ja, so war es auch bei meinen Eltern, sie waren so Eins und nun ist nur noch eine Hälfte übrig :(. Der Text der Traueranzeige spiegelt dies wieder.

„ … Nicht von seinen Ängsten vor der Zukunft ohne sie würde er sprechen, nein, er würde ihr sagen, welch großes Glück ihre Zeit und ihre Zuneigung gewesen waren und wie dankbar er dafür war, für jeden einzelnen Tag, den er sie gehabt hatte“ (Y. Iglesias, Glückliche Ehe).

So war es.

Dies steht darunter.

Herzlich

ulphin

HelmutL
19.02.2011, 23:16
Liebe Ulphin,

dein Vater wird sich ganz gewiss auch verändern mit der Zeit. Das ist so ist ganz normal. Ich meine jetzt nicht zum Negativen. Hat er sich früher gefragt: "Wie sieht das meine Frau?" und hat dann seine Entscheidung getroffen, so wird er sich in Zukunft immer öfter die Frage anders stellen: "Was möchte ich?". Natürlich wird er sich auch immer noch die Farge stellen: "Wie hätte das meine Frau gesehen?". Die eine oder andere Handlungsweise wird dir also vielleicht eher untypisch erscheinen. Irgendwann.

Mach dir keinen Kopf darüber. Er ist immer noch der gleiche Mensch. Er bleibt auch dann immer noch der Vater, der er jetzt für dich ist. Meine Töchter verstehen mich auch nicht immer so ganz. Sie akzeptieren es und unterstützen mich dabei.

Ich wünsche deinem Vater seinen, für ihn richtigen, Weg und euch Beiden noch viele zufriedene, harmonische Jahre.


Alles Liebe, Helmut

Kamuffel
26.02.2011, 00:02
Wie zu Beginn ihrer Ehe sind sie wieder alleine.

Dieser oben genannter Satz, den Helmut geschrieben hat trifft den Nagel auf den Kopf.
Genau so geht es mir seit ich meinen Mann nicht mehr habe. Es stürzt da eine riesengroße Mauer ein. Plötzlich überfällt einem Angst, Unsicherheit, eine Leere und eine Stille, die körperlich weh tut, es verbeißt sich was in unserer Mitte und man fühlt sich einfach nur hilflos alleine. Und das wird von Monat zu Monat immer schlimmer.... so geht es mir im Moment. Erst war ich sehr froh, daß mein Mann es "geschafft" hat ins Regenbogenland zu gehen, dann will man mit aller Macht alles ungeschehen machen, man schreit ins Dunkle "Ich will meinen Mann zurück, ich will mein Leben wieder haben", was kommt als Antwort ? Nichts rein nichts.
Habe Geduld mit deinem Papa. Ist leichter gesagt als getan. Du trauerst auch, ich weiß.........
Ganz liebe Kamuffelgrüße an Dich in der Hoffnung, das endlich die Frühlingsonne kommt und dich erwärmt im Inneren und im Äußerem.......:1luvu:

ulphin
26.02.2011, 01:56
Liebe Ilonka,

Danke für Deine Zeilen.

Ich denke, dass auch Du meinen Papi besser verstehst als ich, denn auch Du hast einen geliebten, langjährigen Partner verloren. Der Verlust der Mutter ist was ganz anderes.

Mein Papi hat in den letzten Wochen gezielt eine neue Partnerin gesucht – und möglicherweise auch gefunden, so dass er in seiner tiefen Trauer wieder Licht sehen kann (auch hierzu waren sich meine Eltern einig, dass der Hinterbliebene nicht den Rest seines Lebens allein verbringen soll).

Es mag irgendwie paradox klingen, es gehörte aber zu dem Weg meiner Eltern, diese Freiheit. Hierüber kann ich mich auch freuen, für meine Eltern, weil es ein Zeichen von Vertrauen, Austausch, Liebe ist.

Anders ist meine Trauer. Mami, in diesem kurzen Wort, da steckt es drin. So einfach. DAS erste Wort bei den meisten aller Kinder. Sie fehlt mir so.

Herzlich

ulphin

Kamuffel
26.02.2011, 14:05
Liebe Ulphine

In dem Wort Mama steht Liebe, Zuhause sein, daheim sein, Geborgenheit und nochmals Liebe, und das verliert man wenn die Mama nicht mehr wiederkommt. Wenn man als Kind zurückbleibt bleibt nur ein dickes tiefes Loch und das tut weh...... Egal wie alt man ist als Kind. Mir ging es so als meine Mama vor 10 Jahren an Leberkrebs starb.

Gruß Ilonka

ulphin
26.02.2011, 18:32
Danke, Ilonka.

Mit Deinen Zeilen bringst Du es auf den Punkt.

Der Alltag hilft mir aber sehr im Umgang mit der Trauer, verhindert den Absturz ins Loch, ich kann mich dennoch am Leben erfreuen.

Und für Dich ist es doppelt schwer. Ich drücke Dich auf diesem Weg.

Herzlich

ulphin

HelmutL
26.02.2011, 19:03
Liebe Ulphin,

eine neue Partnerin für deinen Vater. Immer wieder ein Thema auch bei vielen anderen. Ich hab das auch versucht und hab das wieder aufgegeben. Zumindest vorläufig ;). Jeder hat diese Freiheit, ob der verstorbene Partner das nun explizit "erlaubt" hat oder nicht. Wobei es durchaus für den Hinterbliebenen ein beruhigendes Gefühl ist, diese Erlaubnis zu haben. Niemand muss sein Leben alleine fristen. Dafür ist der Mensch an- und fürsich nicht gebaut. Doch jeder muss das für sich selber entscheiden.

Ich hoffe, dein Vater hat sich das wohl durchdacht. Trauer ist ein starkes Gefühl und wenn man jemanden findet, bei dem man sich ausheulen kann, so heisst das noch lange nicht, dass es für eine lange Beziehung reicht. Im Überschwang des Gefühls: ich werde verstanden, in den Arm genommen, ich bin nicht alleine, man kann zusammen lachen und reden, gemeinsam vieles unternehmen, glaubt Mann nur zu gerne, das ist eine neue Liebe.

Die grosse Gefahr dabei ist, es ist eine Beziehung zu dritt. Deine Mama wird immer noch mit am Tisch sitzen, mit ins Kino gehen oder was weiss ich. Dein Vater wird auch zukünftig immer noch seine Zeit brauchen, um sich deiner Mama zu widmen, um zu trauern. Alleine, ohne die neue Partnerin. Wichtige Fragen stellen sich da in den Raum. Kann man als Trauernder die ständige Anwesenheit einer neuen Partnerin überhaupt ertragen? Und, noch viel wichtiger: kann die neue Partnerin das aushalten? Das sind ein sehr wichtige Aspekte. Nämlich sich auch zu überlegen, was und wie sie fühlt, welche Vorstellungen sie hat. Welche Belastung man ihr damit zumutet. Was passiert, wenn dein Vater vielleicht feststellt, dass er doch noch nicht mit jemand anderem zusammen leben kann? Eine erneute Trennung wäre für deinen Vater vielleicht sehr schwer zu überstehen sein. Von der neuen Partnerin garnicht zu reden. Sie darf nicht benutzt werden! Vor 40 Jahren brauchte er sich darüber keine Gedanken zu machen.

Dein Vater ist keine 20 oder 30 mehr und die Situation, aus welcher heraus er eine neue Bindung eingehen möchte, ist eine komplett andere als damals. 40 Jahre zieht man nicht mit dem Unterhemd aus. Er treibt leckgeschlagen auf stürmischer See und greift nach einem Rettungsanker. Erst wenn sämtliche Lecks repariert sind (und wenn auch nur notdürftig), sollte er weiterdenken. Hat das "Rettungsschiff" (sorry den Ausdruck, er passt halt so schön :cool:) die Reperaturarbeiten überstanden und man fährt immer noch Bord an Bord, dann kannn und sollte man es versuchen. Doch auch eine tiefe Freundschaft ist etwas sehr Wertvolles, das es zu bewahren gilt und hält sehr oft sehr viel länger als so manche enge Beziehung.

Jetzt mal was Positives. Vorgestern im Laden meiner Tochter. Ein Mann kommt herein. So Mitte 70, Witwer. Ausnahmsweise mal alleine. Sehr freundlich und an seinen Fältchen um die Augen sieht man, dass er sehr gerne und viel lacht. Immer noch ein stolzer Mann und gesundheitlich voll auf der Hohe. Meine Tochter kennt ihn seit etlichen Jahren und er ist mir ihr "umgezogen". Sag ich mal. Auf einer Geburtstagsfeier, so hat er ihr mal erzählt, hat er seine jetzige Lebensgefährtin kennengelernt. Auch sie ist Witwe. Man verstand sich, ging zusammen aus und irgendwann fragte man: warum nebeneinander alleine sein? Also zieht man zusammen und ist glücklich miteinander. Man sieht es. Hand in Hand laufen sie durchs Dorf. Gemeinsam kauft man je eine Rose und bringt sie gemeinsam auf den Friedhof. Ich finde, ein tolles Paar. Oder?

Etliche hier aus dem Forum haben bereits einen neuen Partner gefunden. Mal früher, mal später. Sie wissen genau, was der aus zu halten hat. Und es geht doch!

Ich denke, du verstehst, was ich mit meiner Schreiberei sagen möchte.


Dir alles Liebe und deinem Vater: toi, toi, toi ..... ;)

Helmut

IreenS
26.02.2011, 23:37
Hallo,

ich schreib jetzt einmal auf Helmuts Zeilen.

Ich - für mich persönlich - denke,
wenn mir jemand vor die Füße fällt, dann soll es wohl so sein.

Mein Patenonkel z.B. hatte nachdem er Witwer geworden war
Kontakt mit den Bekannten und Freundinnen seiner Frau.
Und irgendwann hat es sich für eine sehr alte Freundin seiner Frau
und ihn als gute Idee erwiesen dann doch in ein Haus zu ziehen
und so nicht allein zu sein.

Für einen kommt dieser Moment ziemlich rasch
für einen anderen später oder nie.

Ich denke, da sollte man nicht hinein reden.
Sollte mir noch einmal jemand "vor die Füße fallen"
bin ich auf jeden Fall überzeugt,
dass meine Kinder dafür offen sind - es ist ja auch mein Leben.

Noch dazu: mein Vater ist sehr bald verstorben,
meine Mutter war noch noch nicht 40 als sie Witwe wurde.
Wir Kinder hätten vielleicht auch ein Problem mit einem neuen Partner gehabt,
aber ich meine darauf sollte der "Betroffene" keine übertriebene Rücksicht nehmen.

Schließlich ist jeder seine Glückes Schmied,
da sollte man nicht rein reden.

Keine Frage, dass man Sorge hat - ist auch klar.
Aber trotzdem: jeder ist für sich verantwortlich - sollte für sich sorgen.
Ist mir auch erst ziemlich spät klar geworden.

Alles Gute
Ireen

ulphin
27.02.2011, 02:59
Lieber Helmut,
liebe Ireen,

danke für Eure Zeilen, auf die mir eine Antwort nicht leicht fällt, weil ich viele Gedanken dazu im Kopf habe, die die verschiedenen Aspekte der bisherigen Postings in diesem Thread betreffen sich aber aufgrund der Vielschichtigkeit in unterschiedliche Richtungen bewegen.

So fange ich mal hier an: Ich vermisse meine Mami, trauere um sie, sehr sehr sogar. Mein Alltag, der aus meiner Ḱleinfamile, meinem Beruf, meinen Freuden, denen ich nahe bin, meinen Hobbies und derzeit auch Euch, Ihr lieben Forumsler besteht, fängt mich aber auf. Ich kann mich darüber auf mich selbst besinnen, mich erden. Vor dem Tod meiner Mami habe ich mir nicht vorstellen können, wie sich das anfühlt, wenn die eigene Mutter, der Mensch, der einen immer und bedingungslos liebt, den man auch immer und bedingungslos liebt, von einem Tag zum anderen nicht mehr da ist, obwohl es in meinem Umfeld einige liebe Menschen gibt, die diese Erfahrung schon vor längerer Zeit gemacht haben und mir darüber erzählt haben. Auch wenn ich mir sehr deutlich bewusst gemacht habe, dass unser aller Lebensuhr irgendwie irgendwann dem Ende entgegen tickt, dass Mami schwerst krank war, dass sie nicht mehr leiden musste, so ändert dies nichts daran, dass ich sooooooooo traurig bin...:(

Aber: mein Leben geht weiter. Und das ist gut so.

Eine andere Sache ist es für meinen Papi. Er hat Mami sehr sehr intensiv und nah und liebevoll begleitet, auf ihrem letzten Weg. Er hat dafür gesorgt, dass Mami aus dem KH nach Hause kam. Er hat sie sehr sehr geliebt, so wie man sich als „altes“ Ehepaar lieben kann. Aber auch Papis Leben geht weiter.

Dass er sich eine neue Partnerin sucht und hoffentlich gefunden hat, fühlt sich für mich noch sehr ungewohnt (nicht störend) an, da ich meine Eltern immer als zusammengehörende Einheit (wenn man es denn so sagen kann) erlebt habe. Nun eine andere Frau an der Seite meines Vaters – was mache ich daraus?

Ich werde mich daran freuen. Mich auf sie einlassen, mir wünschen, dass sie sich auf mich einlassen kann. Meine Mami wird bei allem immer in meinem Herzen sein.

Was meinen Papi angeht, Helmut, ja, ich bin sicher, er hat es gut durchdacht und auch kommuniziert, wie es ihm geht, was er erwartet. Ich finde ihn wieder in der Beschreibung des Kunden Deiner Tochter. Sicherlich wird es erleichtert dadurch, dass sie auch verwitwet ist und weiß, wie sich der Verlust eines geliebten, langjährigen Partners anfühlt...

Aus Tochter-Sicht kann ich die Überlegungen von Dir, Ireen, nur unterstützen. Meines Erachtens geht es dabei auch nicht um „erlaubt“ sondern um Loslassen in alle Richtungen, Vetrauen und Liebe.

Ich freue mich auf einen weiteren Diskurs hier

Herzlich

ulphin

ulphin
24.08.2011, 01:59
Ihr Lieben alle,

zur nachtschlafenen Zeit und nur kurz, heute jährt sich der Todestag meiner Mami zum ersten Mal. Ich vermisse sie nach wie vor soooo sehr:cry::cry::cry:.

Ich hatte dieser Tage ein Gespräch mit meiner Tochter, sie war mit meiner Nichte bei meinem Papi, ihrem Opa, die drei haben - so ist mein Eindruck - auch noch gute Gesrpäche gehabt.

Meine Tochter war im vergangenen Jahr nicht da (Austauschjahr), als ihre Omi starb, sie konnte an der familären Trauerarbeit nicht teilhaben. Wir haben nochmal sooo geweint....:cry::cry::cry::cry::cry: aber es war gut

Herzlich

ulphin

ulphin
26.02.2012, 02:29
Ihr Lieben alle,

18 Monate sind es nun her, als meine Mutter ihre Reise ohne Wiederkehr antrat, 18 Monate, und kein Tag, an dem ich nicht an sie dachte, sie nicht vermisste und mir so sehr wünschte, sie wäre da, ich könnte sie berühren, sie sehen, mit ihr sprechen, sie anrufen, sie hätte teil an unserem Leben, an ihrem Mann, an ihren Kindern an ihren Enkeln... 18 Monate – verdamp lang her – und doch so kurz – und daran wird sich auch nichts ändern, nicht in weiteren 18 Monaten oder 18 Jahren. Der Verlust eines so lieben und geliebten Menschen hinterlässt eine unendlich große Lücke, das brauche ich keinem von Euch zu erzählen...

Meine Mutter war ein außerordentlich lebensbejahender Mensch, sie hätte demnach ganz gewiss nicht gewollt, dass wir uns in unserer Trauer einigeln, den Blick für das Leben verlieren. Wir durften sie in der Phase ihrer Erkrankung begleiten, haben ihr Hoffen und ihr Bangen geteilt, fühlten uns wütend, hilflos, waren auf der Suche nach der Antwort auf die Frage „warum“; eine Frage ohne Antwort. Wir waren ihr nahe. Sie wusste, der Tod gehört zum Leben. Es war ihr, und dafür sind wir alle in höchstem Maße dankbar, ein friedlicher, schmerzfreier Tod vergönnt, zu Hause, und mein Vater, mit dem sie annähernd 48 Jahre verheiratet war, war bei ihr.

In der ersten Zeit nach dem Tod meiner Mutter habe ich im KK, insbesondere im Chat zur nächtlichen Stunde, sehr viel Mitgefühl, Unterstützung, Austausch mit sehr sehr unterschiedlichen Menschen, Betroffenen, Angehörigen, Hinterbliebenen erfahren, Euch allen nächtlichen Mitchattern sei hierfür mein ganz herzlicher Dank gesagt. Dank für den Trost, die Anregungen, Dank auch für das Weinen, das Lachen, ja, das Leben, Dank, dass auch ihr mich habt teilhaben lassen an Eurer Geschichte. Mit dem anderen oder einen gibt es nach wie vor einen gelegentlichen Kontakt an dieser und jener Stelle, Kontakte, die stets von Verständnis und – ja – einer besonderen Vertrautheit geprägt sind.

Auch im Forum habe ich mich mit einigen Usern sehr verbunden gefühlt, habe mich mit gefreut über gute und mit gelitten wegen schlechter Nachrichten, auch wenn ich nicht so häufig gepostet habe und fand es immer wieder so bewegend, wie Ihr Betroffenen, Angehörigen, Hinterbliebenen mit Euren persönlichen Geschichten umgeht... und hilfreich zu spüren, dass man nicht allein ist.

Warum schreibe ich das? Weil – bei aller Trauer, die sicherlich jeder völlig anders empfindet – das Leben weitergeht. So banal wie er klingt, so richtig ist er, dieser Satz, meiner Meinung nach.

Mir war danach, diese Zeilen im KK zu posten und ich hoffe sehr, dass es auch anderen gelingen möge, aus der Erinnerung an den lieben Menschen, der so fehlt, aus der Vergangenheit, den Blick ins Heute und den Weg ins Morgen zu finden.

Seid von Herzen gegrüßt von

ulphin