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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Ohne dich ist alles dunkel


sjarissa
15.01.2012, 12:15
Mein allerliebster Schatz,
wir waren gut vorbereitet... wenn es so etwas überhaupt gibt... haben unser letztes gemeinsames Jahr in einer unglaublichen Intensität und sehr bewußt gelebt... haben immer über die Zeit nach deinem Tod gesprochen.. und jetzt...
Ich kann all die Versprechen nicht wahrmachen...ich vegetiere dahin...bekomme die simpelsten Dinge nicht geregelt...kann nicht essen...ich koche mir etwas, decke den Tisch so wie wir es immer getan haben...mit Kerzen und Servietten und dann bekomme ich keinen Happen herunter...die letzten 2 Monate haben wir trotz Krankenhausbett immer nebeneinander geschlafen...manchmal mußte ich nachts auf die Couch ausweichen, weil du um mehr Platz fragtest...ich schlafe noch immer auf der Couch...unser Bett ist zu groß, ich fühle mich darin verloren...überall suche ich nach Dingen, die ich in meiner Gedankenlosigkeit irgendwo hingelegt habe und dann nicht mehr finde... ich laufe im Haus hin und her und weiß gar nicht was ich eigentlich erledigen wollte...
Heute hat deine Tochter Geburtsag und sie wird es mir sicherlich verzeihen das ich kein Geburtstagsgeschenk zur Hand habe...ich schaffe es nicht in die Stadt zu fahren...die vielen Menschen, das hektische Hin und Her, der Lärm...ich kann damit noch viel weniger umgehen als sonst...ich habe dann das Gefühl das ich umkippe...
Wir haben soviel nette Bemerkungen über deine Abschiedsfeier bekommen...die Musik, die du ausgewählt hattest hat soviele Menschen berührt...die Texte, die du geschrieben oder ausgesucht hast spiegelten wieder was dich immer innerlich bewegt hat...vor allem der Text aus der Kabbalah, den wir für die Lesung gewählt hatten hat viele Menschen zum Nachdenken angeregt...
Die Metastasen im Gehirn haben dein Atemzentrum zerstört, aber dein Herz, es schlug noch weiter und weiter bis es letztendlich kapitulieren mußte..Du hattest so ein großes Herz, ein "schönes" Herz, danke für deinen Herzschlag...

Sjarissa

petra48
15.01.2012, 12:38
Liebe Sjarissa,

bitte verzage nicht. Es ist noch zu früh. Du musst dir die Zeit zum Trauern nehmen. Du musst nicht perfekt funktionieren.
Es ist doch alles noch so frisch. Ich war am Anfang auch völlig durch den Wind. In der Theorie hat man vieles geplant, was in der Wirklichkeit dann doch nicht so funktioniert. Ich habe ganz komische Sachen gemacht und auch immer etwas gesucht.
Mach dich nicht verrückt. Lass alles auf dich zukommen. Du hast sowieso keine andere Wahl. Mit der Zeit geht es ein wenig besser.l
Wenn deine Tochter heute Geburtstag hat, schenke ihr doch einen schönen Gutschein. Bastel irgendwas Schönes. Man kann so viele schöne Dinge aus der Zeitung ausschneiden oder mit dem Computer bearbeiten. Sonst ist sie vielleicht verletzt.
Auch sie hat ja einen lieben Menschen, ihren Vater, verloren und freut sich auf dich. Wie alt ist sie denn, meine Tochter war 21, als ihr Vater starb.
Versuche dich aufzuraffen und begegne ihr an ihrem Geburtstag.
Es wird dich etwas ablenken.
Diese Tage sind am Anfang sehr hart.
Aber mit der Zeit wird es besser.
Die Zeit heilt nicht alle Wunden, aber sie hilft uns, besser damit umzugehen.

Wünsche dir ein wenig Ablenkung, damit du die nächsten Tage, Wochen, einigermaßen überstehst.

Bist du berufstätig?
Wenn nicht, vielleicht findest du eine Aufgabe oder besuche einen Kurs bei der VHS. Dort siehst du neue Menschen, die dir den Tag ein wenig leichter gestalten.

Liebe Grüße
Petra

sjarissa
15.01.2012, 20:58
Liebe Petra,
danke für deine lieben Worte.
Auch ich hatte die Idee, irgendetwas wirst du schon auf die Beine stellen können, aber es geht nicht, nichts geht. Selbst die kleinsten Kleinigkeiten gelingen mir nicht. Unsere Geburtstage waren immer ein Fest, immer habe ich aus der Wunschliste das ein oder andere ausgewählt und noch die ein oder andere Überraschung gehabt, etwas was Guido oder unsere Tochter im Laufe des Jahres so nebenbei erwähnt hatte. Es ist das erstemal das ich dagestanden bin mit leeren Händen und meine Tochter (31) sagte: Ich habe nichts erwartet, bin kein bisschen enttäuscht, ich weiß das du das momentan nicht leisten kannst. Das hat mir gut getan, verstanden zu werden ohne das man sich groß erklären muß. Wir sind dann zum Friedhof gefahren und haben anschließend eingehakt einen großen Spaziergang gemacht, genießend die Sonnenstrahlen eingefangen, in der Bewegung zur Ruhe kommend.
Ich weiß nicht ob du das kennst, viele Menschen die mir ihre Unterstützung angeboten haben kann und will ich nicht um mich haben. Sie sind zu laut, stellen zuviele Fragen, raus, raus, raus, denke ich dann, ich brauche jetzt, exakt in diesem Moment keine wohlgemeinten Ratschläge, auch möchte ich nicht über Frau X oder Herr Y reden. Ich habe in dem zurückliegenden Jahr soviel Besuch empfangen, ich will nicht mehr Tee setzen, Kaffee kochen, für Schlafbesuch Betten beziehen und wieder abziehen, Essen kochen und und und...ich will diesen Trauerschmerz bewußt wahrnehmen und durchleben und mich nicht zudeckeln lassen durch Nebensächlichkeiten.
Ich vermisse meinen Engel mit den unsichtbaren Flügeln: mein schatteke, schlaf, ruh dich aus, du hast dein Bestes gegeben, nicht dran zweifeln, ich vermisse dich, ich liebe dich

Sjarissa

Morgana
15.01.2012, 22:13
Liebe Sjarissa,
jaa...ich kann mir vorstellen wie es in Dir und um Dich herum jetzt, heute aussieht!
Ich habe mal vor dem gedeckten Frühstückstisch gesessen und an einem Brötchen mit selbstgekochter Marmelade herumgenagt....das Brötchen in Zeitungspapier gewickelt und in den Müll geworfen....Auch, wenn das Radio lief...es war so still...was ging mich die Welt an?
Ja...Ihr ward gut vorbereitet...habt eurer gemeinsames Leben intensiv genossen...mit dem Verstand versucht das "Danach" anzugehen. Gut so!
Das wird Dir später mal helfen, diese brutale Tatsache annehmen zu können.
Was hier und heute ist: Da ist ein riesiges Loch, da darfst Du...vegetieren, Nichts "auf die Reihe" bringen...überzeugt sein, dass Du Versprechen nicht einhalten kannst...das bist DU mit Deiner geschundenen Seele.

Ich habe erstmal ganz auf der rechten Bettseite (wie immer) geschlafen...nein, der "freie" Platz, der war ganz und gar nicht "frei" für mich, das was "sein" Platz.
Heute...nach 3 Jahren, 4 Monaten und zunehmenden Tagen...schlafe ich gern "quer" und kuschele mich, wenn ich länger liegen bleiben darf, gern in dieses weiche Kopfkissen neben mir - ich schlafe aus guten Gründen auf einem "Nacken-Roll-Kissen". "Er" konnte weich schlafen....Katzen haben sich rundum verteilt...war auch erstmal Tabu für sie, weil Herrchen Panik bekam, wenn Katzen auf seinem Bauch landen könnten....

Gesucht...habe ich viele Dinge: Schlüssel, Portmonnaie...Unterlagen...dachte schon, dass ich nun wirklich den Verstand verliere...Entscheidungen???? Ich stand davor...und war wie gelähmt...nicht "Ja" nicht "Nein" - und da gab es Manches, was geregelt und entschieden werden mußte. Es hat dann - rückblickend - geklappt! In Gedanken...habe ich "ihn gefragt", ob das so ok ist. Ich kann mich an kein Gemecker seinerseits erinnern...scheint so als habe ich es so gut ich konnte...hingekriegt...

Die Metastasen im Gehirn haben dein Atemzentrum zerstört, aber dein Herz, es schlug noch weiter und weiter bis es letztendlich kapitulieren mußte..Du hattest so ein großes Herz, ein "schönes" Herz, danke für deinen Herzschlag... Das hast Du sehr, sehr schön beschrieben....auch bei meinem Mann hat das Herz als Letztes aufgeben müssen...nachdem Niere und Leber kapituliert hatten.

Ich kann Petras Beitrag nur warm unterstützen...und grüße Petra mal ganz lieb :remybussi

Es ist furchtbar schrecklich schlimm...nimm Dir die Zeit für Deine Trauer.
Jeden Tag einen Schritt nach vorn...zwei Schritte zurück...keinen Schritt...auch ok. Du hast den Menschen verloren mit dem Du Dein Leben geteilt hast!

Auch, wenn jetzt alles verdammt dunkel geworden ist...sei lieb zu Dir...Du hast soviel in Liebe mit Deinem Mann gelitten - Du darfst stolz auf Dich sein!

Ich sende Dir ganz liebe Grüsse und ein winziges Fünkchen...Licht... in der Dunkelheit!

Morgana

sjarissa
16.01.2012, 00:22
Liebe Morgana,
ich kann mich in Vielem zurückfinden. Ich, die immer nach einer Tagesstruktur verlangte, jetzt durcheinander gewirbelt...nicht wissend welcher Tag heute ist, jedes Gefühl für Zeit und Raum verloren hat...so hilflos, so zerbrechlich, so tief traurig... hoffend, das das verändert...hoffend, das ich den Verlust von meinem Schatteke einen Platz in meinem Leben einräumen kann...hoffend, nicht wissend...

Schatteke,
mit schmerzerfülltem Herzen sage ich Dir: Auf Wiedersehen.
Hab Mühe Dich loszulassen, aber ich weiß..
Ich sehe Dich wieder...irgendwann..

Die tiefste Stelle in meinem Herzen gehört Dir.

Deine aufrechte Liebe,
Deine warmen Umarmungen,
Deine Worte,
Deine Tränen,
Dein Optimismus,
Dein Humor,
Deine Kampfeslust,
Dein Kampf,

Du bist und bleibst der beste Mann der Welt.

Ich wünsch Dir eine gute Reise.

Worte reichen nicht, können nicht ausdrücken was zwischen uns war und ist...
Du bist so wohlwollend mir gegenüber gewesen!

Meine Versprechen halte ich, hab keine Angst...

Danke für so Vieles!

Danke für deine Träume,
Danke für deine letzten Worte.

Ich werde Dich nie vergessen!


Sjarissa

Bulldogge
16.01.2012, 07:57
Liebe Sjarissa,
ich weiß, es gibt momentan keinen Trost für dich :knuddel: und dieses Loch im Herzen, aus dem uns brutal unsere große Liebe entrissen wurde, heilt nur ganz langsam. Dennoch wirst du irgendwann merken, dass es mit jedem Tag ein klein wenig leichter geworden ist sich dem Alltag neu anzupassen. Ob und wann alles wieder halbwegs normal sein wird .... ich bin nach 20 langen Monaten immer noch auf der Suche nach dem richtigen Weg für mich, wie manche anderen Mädels hier auch.
Schreib dir deine Schmerzen von der Seele, wir helfen dir so gut wie möglich :remybussi

Liebe Grüsse
Maria

sjarissa
16.01.2012, 18:25
Liebe Maria,
danke für deine mutmachenden Worte.
Heute habe ich ein wenig erledigen können, der Papierstapel war ins Unermeßliche gewachsen und wird durch Guido´s Tod nur noch größer und undurchsichtiger. Hier bei mir in Belgien ist das alles vollkommen anders als in Deutschland. Vor fast 4 Jahren ist mein Vater gestorben und ich habe damals für meine Mutter alles geregelt. Ich kann mich nicht erinnern das das so eine eingewickelte Angelegenheit war, aber nun bin ich auch anders betroffen. Das Beerdigungsinstitut bietet eine kostenlose - man staune - Nachsorgekonsultation an, habe mich vormerken lassen, habe total keine Idee wie das hier in Belgien läuft, dazu kommt noch das die hier ständig mit Abkürzungen für die ein oder andere Institution sprechen und ich dann ständig fragen muß, wo ich diese denn finde, Telefonnummer etc.
Mit allerkleinsten Mäuseschritten vorwärts gehen, den Schmerz aushalten und durchleben, das ist mein heute entwickelter Stufenplan.

Für mein schatteke:

Deinen Mut, deine Kampflust, deine Gespräche, dich schlafen hören, dich ansehen, streicheln, leise deine Lieder summend....
und probieren dir zu helfen...
es hat mir gut getan das erfahren zu dürfen.
Dinge mit dir zu teilen, lachen und weinen...

Die Kunst des Genießens ist vor allem die Kunst mit der Realität umzugehen, egal wie diese sich zeigt... und das hast du so großartig getan.

To the world you may be just one person; but to one person you may be the World.

Ich liebe Dich, für immer in meinem Herzen.

Sjarissa

Morgana
16.01.2012, 19:34
Mit allerkleinsten Mäuseschritten vorwärts gehen, den Schmerz aushalten und durchleben, das ist mein heute entwickelter Stufenplan.
Sjarissa

Prima, Sjarissa! :)
Es wird verdammt hart werden....Es wird Rückschläge geben...
Es ist ein langer Weg...doch mit der Liebe im Herzen wirst Du ihn gehen.

LG
Morgana

sjarissa
17.01.2012, 21:36
Ihr Lieben,
die Trauer kriecht wie eine zähflüssige Masse durch meinen Körper.. an meiner schwachsten Stelle setzt sie sich fest..ohne jedes Mitgefühl...mein Rücken bricht entzwei...den ganzen Tag schon überlege ich wie ich diese klebrige Maße transformieren kann...ich habe Angst das es noch schlimmer wird...sind das die Rückschritte von denen du sprachst Morgana?
Wie findet man einen Weg aus diesem Dunkel...hab überhaupt keine Orientierungsgefühl...bin so verloren...würde so gerne das ein oder andere in Angriff nehmen....ich muß mich in Geduld üben...ja, ihr habt recht...werde mein Tempo einer Schnecke gleich anpassen...

Für mein schatteke:

Es weht der Wind ein Blatt vom Baum
von vielen Blättern eines.
Das eine Blatt... man merkt es kaum,
denn eines ist ja keines

Doch dieses eine Blatt genau
war Teil von meinem Leben.
Drum wird mir dieses eine Blatt
für immer, immer fehlen.

Slaap wel mijn schatteke, ik mis je....

Sjarissa

sjarissa
19.01.2012, 00:53
Ihr Lieben,
heute hatte ich meinen Termin beim sogenannten Nachsorgekonsulenten. Es war positiv, ein großer Berg der administrativen Dinge wird er übernehmen: das Abmelden der Mitgliedschaften, Abos, das Umschreiben der laufenden Rechnungen wie Wasser, Strom, Gas etc..
Auf der einen Seite froh das ich mich nicht auch noch um diese Dinge kümmern muß, auf der anderen Seite traurig: immer weniger Post die adressiert ist an mein schatteke. Mit allem was geregelt und verändert werden muß wird mir auch mehr und mehr die Endlichkeit bewußt...Die sch...ß Bürokratie, läßt einem noch nicht mal Adempausen...Im Moment hätte jeder Vorwerk-Staubsauger-Vertreter große Chancen mir einen nicht notwendigen Allessauger zu verkaufen...
In meinem Herzen ändert sich nichts, du bist und bleibst mein schatteke und ich vermiss dich mehr und mehr...


Für mein schatteke, dein Lieblingsgedicht:

Wenn ich morgen sterbe,
Erzähl es den Bäumen
Wie sehr ich Dich liebte
Erzähl es dem Wind
Der durch die Bäume klettert
Oder aus den Ästen fällt
Wie sehr ich dich liebte.

Erzähl es einem Kind
Das jung genug ist um es zu begreifen
Erzähl es einem Tier
Vielleicht nur durch es anzuschauen
Erzähl es den Häusern aus Stein
Erzähl es der Stadt
Wie sehr ich dich liebte

Aber erzähl es keinem Menschen
Sie würden es nicht glauben
Sie würden es nicht glauben wollen das
Allein ein Mann allein eine Frau
Das ein Mensch einen Menschen so lieb haben konnte wie ich dich.

Slaap wel schatteke, ik mis je....

Sjarissa

sjarissa
21.01.2012, 00:11
Schatteke,
ich vermiß dich, ich möchte das du zurückkommst...ich möchte für dich sorgen können...möchte dich umarmen...deine Wärme spüren...mir deine Tageserlebnisse schildern lassen und dir meine erzählen...ich möchte dir sagen und dich spüren lassen wie sehr ich dich liebe...
Wieder liegt eine schlaflose Nacht vor mir, ich brauche 3 Zudecken um nicht zu frieren, leblos liege ich dar, wartend auf Dich, wartend auf deinen Gute Nacht Kuss, du fehlst mir...
Die Nächte sind am schlimmsten, schlaflos, voller Gedanken und Selbstzweifel, voller Sehnsucht nach dem was war...den Film zurückspulen und die STOP Taste drücken...der Kopf schwer wie Blei, nicht fähig das zu akzeptieren was ist, der Rücken gemarteld von aller Last...meine Hände so ungeschickt in den alltäglichen Bewegungen...soviel zu tun und nichts gelingt mir...ich mache mir jetzt für alles einen sogenannten Erledigungszettel um nichts zu vergessen und dennoch passiert es das ich vieles übersehe... du warst immer so stolz auf meinen klaren Geist, nichts ist davon übriggeblieben...In mir ist alles dunkel, klebrig, kalt und leer..und niemand und nichts kann das verändern...gib mir Kraft und Lebenswillen um das zu einem guten Ende zu bringen was ich dir versprochen habe...
Slaap wel schatteke, ik mis je...
Sjarissa

Morgana
21.01.2012, 23:05
Liebe Sjarissa,
jaa...Du erlebst eine Zeit, wo Dir Dein Schatteke ganz nahe ist...wie auch nicht, wenn man in Liebe verbunden ist und so intensiv Höhen und Tiefen gemeinsam gelebt hat?
Ich schenke Dir...diesen Link:
http://www.youtube.com/watch?v=PJ4KlgW-dxU&feature=related

Oh...jaa...ich hatte beim erstmaligen Hören und Blick auf den Schottlandkalender (kleines Haus mit Wiese an irgendeinem Loch...) den intensiven Gedanken dabei...wir hätten einfach abhauen sollen...ein kleines Haus mit weissem Zaun...dahin hätte der Krebs nicht folgen können.."We could stay there and never come back"...
Unsinn...und ich wußte es...doch...da war diese spontane intensive Idee, dass wir hätten etwas ändern können!???

Dein Schatteke wäre stolz auf Dich, denn er weiß doch am besten, was Du bist...auch, wenn Du im Moment Dich total schwach fühlst.
Ich glaube, er vertraut Dir, dass Du für Dich den besten Weg findest!

Ich sende Dir mal liebevoll ein kleines Fünkchen Licht...:remybussi

LG
Morgana

sjarissa
22.01.2012, 08:46
Liebe Morgana,
hab Dank für deine liebevollen Worte und den link.
Welch ein Zufall...(oder ein Gruß von meinem schatteke???) Guido spielte oft die CD Minor earth, major sky von A-ha.
Musik hatte für Guido zeit seines Lebens immer eine ganz besondere Bedeutung. Sie diente ihm als schweigsame Môglichkeit das mitzuteilen was gerade in diesem Moment in ihm lebte, ihn innerlich beschäftigte. Von Klassik, Jazz, Rock, Pop, R&B, Chansons, seine CD-Sammlung wuchs mehr und mehr. Ich habe sie noch nicht zählen können, aber es sind sicherlich mehr als 600 Cd´s, für jedes Lebensgefühl ein besonderes Musikstück. So hatte er auch ganz klare Vorstellungen von der Musik die auf seiner Beerdigung gespielt werden sollte und ich habe ihm diesen Wunsch schenken können.
Ja, wir haben auch oft daran gedacht...weggehen...inmitten der Natur und in der Anonymität ein neues Leben beginnen...die Identität nicht preisgeben, damit der Krebs uns nicht findet...doch unsere realitätsbezogene Erziehung hat das verhindert. Manchmal glaube ich wir hätten diesem Herzenswunsch folgen sollen... weg von den Kliniken, weg von den vielen Untersuchungen, weg von den langen Wartezeiten in kahlen Räumen, weg von den Ärzten die Guido´s Fragen immer ausweichend beantworteten... die mit der Direktheit von Guido nicht umgehen konnten... Standardantworten wie "das wird schon wieder" gaben...
In den letzten Lebenswochen haben wir dann doch noch über die ambulante Hospizbetreuung die Menschen gefunden die in der Lage waren mit dieser Situation umzugehen: respektvoll, liebevoll, zuhörend, schweigend, ausreden lassen... Danke liebes CODA Hospice team. Ihr ward und seid großartig.

Schatteke,
du warst ein Mann mit einem großen Herzen, aufmerksam, charmant und durch und durch ehrlich. Das du eine echte Führungspersönlichkeit warst, wird niemand verneinen, aber für dich war jeder Mensch wichtig, die die ganz unten waren ebenso wie die die oben waren, das Besondere war, das du dich mühelos an jeden anpassen konntest, das du dich einleben konntest in dein Gegenüber. Mitfühlend hörtest du jedem zu, liest sie aussprechen, kamst nie dazwischen, und erst nach einer Weile kam deine wohlüberlegte Antwort. Menschen mit Sorgen fühlten sich durch dich begriffen und gestöhnt. Danke für dein lauschendes Ohr und dein großes Herz.
Wer dich gekannt hat, weiß welche Wunde mein Herz trägt.

Euch allen wünsche ich einen regenfreien Sonntag und die die gerne mögen, ein Musikstück das Guido gerne hörte

http://youtu.be/lV3SHBFyDZM

Sjarissa

sjarissa
22.01.2012, 23:04
Schatteke,
ich fühl mich so........Frage mich, wie geht es dir...Wie geht es dir heute...Ich vermisse dich...

dein Poeske

Sjarissa

sjarissa
23.01.2012, 00:10
Gott verdammt noch mal,

was ist das Leben unehrlich...ich vermisse dich


Sjarissa

sjarissa
31.01.2012, 22:20
Heute vor 4 Wochen, dein letzter Atemzug, unfaßbar.. ich vermisse dich so....

Ich fühle deinen letzten Atem
stärker als mein Leben
so nah
deine Augen
deine Ohren
dein Mund
deine Hände
deine Fuße
dein Atem.

Noch einmal und nie wieder
so nah und fühlbar
ewig
Teil von mir.


Schatteke, ich liebe dich.

Sjarissa

sjarissa
29.02.2012, 21:33
Du warst so nah. Es war ein Geschenk. Durch dich lernte ich mich selbst zu lieben, mich zu entdecken indem, was ich selbst war und bin. Wir ließen uns fallen in dem Fluss, der Leben heißt. Wir flossen ineinander, subtil getrennt und doch eins. Viel gegeben, viel bekommen. Oft ohne Worte. Wir haben füreinander gekämpft, gekämpft, für eine gemeinsame Zukunft. Das Schicksal wollte es anders. Ich fühle deine Nähe und doch bin ich verloren, noch einmal, nein, immer wieder möchte ich deine Hände fühlen, neben dir einschlafen und aufwachen, deine Stimme hören... unsere Liebe kennt kene Grenzen...

Sjarisa

Mirilena
02.03.2012, 21:05
Liebe Sjarissa,

ich habe gerade deinen Thread gelesen und es berührt mich sehr, was und wie du schreibst. Es tut mir unendlich leid, dass du deinen Mann verloren hast und da fehlen mir ehrlich gesagt auch die Worte. Es gibt wohl nichts, was ich dir Tröstendes schreiben könnte, da der Verlust von Guido unendlich schwer wiegt.

Leben außerhalb von Zeit und Raum. Und die Banalität des Alltags ist so erdrückend, oder? So empfinde ich es zumindest und vor allem am Arbeitsplatz. Ich würde mir gern die Zeit nehmen, die ich jetzt benötige, um um meinen Vater zu trauern, aber ich muss jetzt wieder arbeiten. Allerdings fühle ich mich konfrontiert mit der absoluten Sinnlosigkeit.

So schmerzhaft es ist, ich kann gut nachempfinden, dass du der Trauer bewusst begegnen willst. Ich glaube auch, dass es wichtig ist, damit du eines Tages wieder heil bist und bei dir. Damit du zurück ins Leben findest und dir das Leben wieder Freude bereitet. Es ist schön, dass du dich so gut mit deiner Tochter verstehst. Ich finde, es hilft schon sehr, wenn man zumindest einen Menschen hat, von dem man weiß, dass er einen auch ohne Worte versteht, dass man vor ihm keine Maske tragen muss oder lächeln, wenn einem zum Weinen zumute ist.

Du bist bestimmt auf dem richtigen Weg, wenn er auch hart und mühselig ist! Alles, alles Liebe für dich
Miriam

sjarissa
05.03.2012, 16:26
Liebe Mirilena,

danke für deine liebevollen Worte.
Ja, ich bin auf dem Weg nicht wissend ob es der richtige ist, jedoch deutlich spürend das es mein Weg ist. Oft steinig und steil, schwer zu erklimmen. Pausieren muß ich oft, einerseits nutze ich diese Zeit um liebevoll und mit großer Dankbarkeit zurückzublicken, andererseits nach vorne zu schauen in freudevoller Erwartung auf das Unbekannte. Mein Ziel werde ich wohl nur in kleinen Etappen erreichen, aber das ist gut so. Verlockend sind die Abkürzungen auf meinem Weg und ich muß der Versuchung immer aufs Neue widerstehen. Mein Gefühl sagt mir, daß ich dann einen wichtigen Baustein meiner Trauerarbeit vermisse und das kann und will ich nicht zulassen. Mein "neues" Leben soll und muß auf einem gesunden Fundament stehen.

Einen lieben Gruß

Sjarissa

sjarissa
08.03.2012, 00:40
Die Tage grau und naß
warten auf Leben
ein Aufblühen wie nur der Frühling es kennt
loslassen was war
wissend das alles kommt und geht
und doch
es ist alles anders
ohne dich

Die Nächte kühl und leer
suchend nach Wärme
ein Verlangen das nur die Liebenden kennen
loslassen was war
wissend das alles kommt und geht
und doch
traümend und fühlend
du bist bei mir

Meine Seele geschunden und wund
hoffend auf Heilung
ein Wunsch der nach Erfüllung sehnt
loslasssen was war
wissend das alles kommt und geht
und doch
innig liebend und behaltend
für immer in mir

Schatteke, ik mis je en hou zielsveel van jou

Sjarissa

sjarissa
27.03.2012, 20:17
Heute sind es 12 Wochen...lange Wochen im Dunkel...auch der einzughaltende Frühling kann meine Stimmung nur bedingt aufhellen. Ich bin den ganzen Tag beschäftigt um den großen Garten auf Vordermann zu bringen...zuviel ist im vergangenen Jahr liegen geblieben. Ich frage mich, ob das wohl Sinn macht...keiner der ein lobendes Wort ausspricht...alles ist so selbstverständlich...der Garten, wo immer mein Herz dranhing...eigenartig wie sich alles mit deinem Tod verändert hat.
Letzte Woche kamen "per Zufall " 2 Männer langs und wollten unsere Auffahrt und Terrasse reinigen und neu einfegen... wir sind uns einig geworden über den Preis...und dann begann das Szenario...vollkommen respektlos gingen sie an die Arbeit...ständig musste ich sie ermahnen, den Unrat nicht in die Beete zu spritzen...dann hatte ich noch einen Termin den ich unbedingt wahrnehmen musste...auf dem Weg dorthin eine Autopanne..abschleppen...in die Autowerkstatt...Batterie ausgewechselt...bezahlt...und dann war ich gegen 18 Uhr wieder zuhause...2 wildfegende Männer...und alles nicht so wie besprochen...große Diskussion...mein Standpunkt war sie könen morgen oder übermorgen wiederkommen und dann werden wir sehen...es begann schon dunkel zu werden und ich konnte ihre Arbeit nicht wirklich kontrollieren...was ich sehen konnte war, das sie hingegen unserer Absprache Sand in die Fugen gestreut hatten und nicht Dolomit...sie versuchten dann den Preis um 66% zu reduzieren aber ich bin hartnäckig geblieben und habe gesagt: Gute Arbeit, korreter Preis. Sie sind dann gegangen und haben als Abschiedsgeschenk einen Stein aus der Einfahrt durch mein Flurfenster geworfen...gegen die Wand...großes Loch...und dann ist der Stein nach unten gefallen...Macke im Fußboden...Polizei angerufen...sind gekommen und haben alles aufgenommen...Freitag stellte ich dann fest das alle Türschlösser von außen nicht mehr fuinktionieren...wieder Polizei gerufen.. Habe alle Kostenvoranschläge an die Versicherung durchgegeben und warte nun ob sie den Schaden übernehmen... Nun bin ich seit Tagen damit beschäftigt den Sand aus den Fugen zu bekommen...ein neu hinzugezogener Experte versicherte mir, daß dies nicht von Fachleuten durchgeführt ist...neuen Anbieter kontaktiert und in der Woche nach Ostern wird dann alles wieder in Ordnung sein... hoffentlich...bis dahin muss ich versuchen soviel Sand wie möglich aus den Fugen zu saugen... bei 300 qm ein Auftrag für Wochen... inzwischen sieht es schon ganz ansehnlich aus uind ich bin froh, das der Wettergott es gut mit mir meint. Die Arbeit geht mir nicht aus und während ich sauge, träume ich davon morgens um 8Uhr zu einer Arbeitsstelle zu fahren und um 17 Uhr nach Hause zurückzukehren...
Meine von dir so gelobten Kochkünste habe ich auf ein Minimum reduziert, viele Dinge die ich so gern gekocht habe kann ich nicht essen...zuviel Wehmut an vergangene Zeiten...
Die Geschichte der vergangenen Woche zeigt mir auch wie verletzbar ich bin...ich nehme Entscheidungen, die ich im Nachhinein nie genommen hätte... Das ist letztendlich auch der Grund daß ich das, was wir miteinander besprochen habe wahrmachen will...ich habe das Haus bei einem Makler zum Verkauf angeboten...wohin dann? ich weiß es noch nicht...vielleicht Richtung deutsch belgische Grenze...
Schatteke, es fällt mir unsagbar schwer meinen Lebensdraht aufzunehmen...ich vermiß dich so...und doch spüre ich dich in meiner Nähe...du warst ein Freund der Amseln...jeden Tag nähert sich mir ein Amsel auf einen halben Meter und wenn ich mit ihr plaudere singt sie mir ein Lied...ich weiß, das du es bist...du hast mich nicht verlassen...du bist in mir und bei mir...für immer

sjarissa
26.04.2012, 08:24
Schatteke,

heute ist unser Hochzeitstag...weiß nicht wie ich diesen Tag durchstehen kann...ohne dich...
Ich vermisse unsere Rituale...ich vermisse dich unendlich...möchte mich am liebsten verkriechen...niemanden sehen und hören...diese Endlichkeit dringt mehr und mehr zu mir durch... noch immer schaffe ich es nicht die richtigen Mengen an Lebensmitteln einzukaufen...noch immer überlege ich beim Einkaufen was ich dir denn leckeres kochen könnte...das hört sich so belanglos an, aber während ich mich dabei erwische stürze ich wieder ab...ab in diese bodenlose Tiefe...

Schatteke, ik hou zielsveel van jou en ik mis je... dikke kus

Sjarissa

sjarissa
09.06.2014, 00:30
Schatteke,

war lange nicht hier, mir fehlten die Worte um zu beschreiben was ich fühle, wie stark ich dich vermisse. Letzteres ist nach wie vor da, aber ich darf ganz vorsichtig behaupten das ich zurückgefunden habe ins Leben - ohne dich und doch mit dir.
Manches Mal erschienen mir die Wege zu unwegsam, zu lang die Durststrecken, zu wenig labende Oasen, die mich wieder zu Kräften kommen liessen und ich bin oft verzweifelt, es schien als ob ich immer wieder die "Gehe zurück auf Los- Karte" gezogen hätte...

Es gab und gibt Menschen die mich auch in meiner - selbst nicht beschmeichelnden - Form ausgehalten haben, dafür bin ich unglaublich dankbar. Aber ich bin auch dankbar das ich mir selbst treu geblieben bin, das ich, obwohl ich mich selbst oft zerstören wollte, der an dich versprochenen, mir eigenen Lebenshaltung, festgehalten habe.

Und irgendwie, ich kann es gar nicht an einem Ereignis festmachen, passierte es, einfach so, ohne grosses Bemühen, da bekam das Leben wieder Tiefe, plätscherte nicht einfach so dahin ohne mich zu berühren. Das Gelb der Narzissen in diesem Frühjahr wahrzunehmen war wie eine Auferstehung, das Spriessen der Bäume, deren lindes Grün, die Kraft der Natur, der Wille derselben sich durch die ein oder andere Art der "Beschneidung" nicht geschlagen zu geben.

Vorsichtig formuliert darf ich sagen, ich hab den Weg durch tiefe Schluchten mit glatten, nicht zur Besteigung fähigem Gestein hinter mich gelassen, bin oft einfach sitzengeblieben, zu müde und entkräftet, ohne deutliche Zielvorstellung. Heute weiss ich das dein Licht immer da war und sein wird, ich war ein schlechter Lehrling und gelobe Besserung.

Mit dir - so fest verankert in meinem Herzen - bin ich nie allein

Sjarissa