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Martin84
25.03.2012, 19:05
Hallo Ihr

Ich habe eine dringliche Frage:

Meinem Vater wurde vor rund 4 Jahren ein Tumor im Darm diagnostiziert der bereits in Leber, Bauchdecke und Lymphsystem gestreut hatte.
Mit Chemotherapie konnten die Metastasen immer wieder zurückgedrängt werden bis dieses Jahr dann die Chemo weggelassen wurde und nur noch mit Antikörpern gearbeitet wurde. Sein Zustand verschlechterte sich leider rapide. Was folgte war starker Gewichtsverlust, Gelbsucht, Wassersucht und Übelkeit.
Vor einigen Wochen dann der nächste Schlag: Chemotherapie würde die ohnehin schon größtenteils kaputte Leber zu sehr schädigen und er könnte gleich dabei sterben. Leber ist angeblich nur noch zu 25% intakt und daher auch die gelbe Haut.
Er hat sich dann dafür entschieden keine weiteren Therapien zu machen und bekam Mistelinjektionen verschrieben die angeblich das Wohlbefinden steigern können. Davon merken meine Mutter und ich leider weit und breit nichts. Sein Waserbauch wird immer größer, Appetit ist gleich null und die Übelkeit wird auch immer schlimmer. Frühmorgens fühlt er sich noch am besten, das nimmt aber leider gegen Abend hin meistens ab. Er nimmt etwas zum Entwässern, Paspertin und Novalgin. Paspertin aber auf ärztliche Anweisung schon über den Angaben im Beipackzettel.
Das man nicht mehr viel tun kann ist mir klar, aber ich möchte ihm noch so viel Lebensqualität bewahren wie nur irgendwie möglich.

Habt ihr vielleicht Tips bezüglich Ernährung oder was man tun kann?
Auch wenns nur minimal etwas bringt wäre ich dafür sehr dankbar.

Ins Krankenhaus will er noch nicht, weil er weiss, dass er dann nicht mehr nach Hause kommt, aber so wenig wie er isst und so übel wie ihm meisten ist, fürchte ich dass es nicht mehr lange gehen wird.

Liebe Grüße

fraunachbarin
26.03.2012, 08:02
hallo..
informier dich mal beim arzt über fresubin. das ist ein getränk, das sämtliche nährwerte hat und gern eingesetzt wird, wenn der patient nichts mehr groß essen kann.
wünsch dir weiterhin viel kraft für diesen schweren weg.
lg tine

theresa_n
26.03.2012, 09:26
Hallo Martin,

Die TCM (traditionelle chinesische Medizin) empfiehlt in solchen Fällen gedünstetes Gemüse, Reis und Nudeln. Kein tierisches Eiweiß, auch keine Milchprodukte. Kein Zucker. Möglichst kein Fett, wenn, dann nur wenig hochwertiges Öl. Generell kochen oder dünsten, nicht backen, frittieren oder grillen. Unter Umständen besucht ihr selbst einen TCM-Arzt und lasst euch das genauer beschreiben.
Diese Ernährung entlastet den gesamten Verdauungsapparat und den Stoffwechsel, sie ist aber für unseren Gaumen ungewohnt geschmacksarm. Ich habe es selbst eine Zeitlang gemacht, und es hat wirklich geholfen. Allerdings wollte ich dann irgendwann wieder Käse, Fleisch, Brot und Schokolade essen...
Vielleicht hat dein Vater Lust, es einmal zu probieren.
Ich wünsche euch das allerbeste,
liebe Grüße,
theresa

Mel_1
26.03.2012, 12:14
Ich würde den Vater das zu essen geben, auf das er noch Lust hat. Warum jemanden auf Diät und Co setzen, wenn er eh nur noch eine sehr kurze Zeit zum Leben hat?
Wir hier haben es damals so gemacht, dass ich losgeflitzt bin, wenn mein Mann Gelüste hatte...ähnlich wie bei einer Schwangeren.
Aberich habe ihn nicht gezwungen was zu essen...irgendwann is auch mal gut.
Ein Mensch der mit seinen Kräften am Ende ist, sollte das tun dürfen was er will und es ist ja oft so, dass die Patienten ziemlich schnell die Nahrungsaufnahme einstellen oder reduzieren, wenn sie sterben wollen.
Ich hab das respektiert.
Wie wäre es, wenn Ihr Euch über ein Hospiz in Eurer Nähe mal schlau macht? Auch sollte man erwägen palliativ noch einiges mehr zu machen...nicht nur Novalgin zb.
Viele Grüße
Mel

Martin84
27.03.2012, 20:25
Danke Danke Danke für Eure Antworten!

Nach einer schlimmen Sonntagnacht ist er mittlerweile im Krankenhaus und wird dort für mein Empfinden sehr gut versorgt. Der Wasserbauch ist anscheinend nicht mit Wasser, sondern mit Luft gefüllt. Die Ultraschalluntersuchung wurde heute noch einmal durchgeführt. Die Ernährung findet größtenteils künstlich statt. Ich hab mir nicht gemerkt wie diese Fläschchen heißen, haben aber ca. 300 cal und sind in verschiedenen Geschmacksrichtungen zu haben. Erdbeere riecht nichtmal so übel, aber ihm ekelts vor so ziemlich allem. Das machts eben auch so schwer ihm einen Wunsch diesbezüglich zu erfüllen. Wenn wir also wissen, was einigermaßen Verträglich ist und doch auch schmeckt ist uns schon sehr geholfen. Die Krankenhausküche ist zwar größtenteils sehr gut, falls er aber doch mal Lust auf etwas anderes bekommt, wird dieser Tip mal zum Einsatz kommen. Hinzu kommt aber auch, dass er vieles auch garnicht vertragen hat, auch wenn er es noch kurz davor wollte. Deswegen meine Frage, nach Ernährungstips. Zusätzlich gibt's dann noch einen 2000ml Beutel der ihm über den Port verabreicht wird. Dieser Eingriff für den Port war damals sicher eine gute Entscheidung. Nicht auszudenken wenn man da jedesmal extra gestochen werden müsste. Ansonsten bekommt er jetzt auch reichlich Flüssigkeit.
Darmbewegungen waren aber schon stark reduziert, die Blutwerte sehr mies usw..
War also richtig ihn davon zu überzeugen doch ins Krankenhaus zu fahren. Er hatte halt totalen Bammel davor und lehnte jede Art von Hilfe ab. Eigentlich wollte er nichtmal die Schmerzmittel wie verordnet nehmen weil er anscheinend dachte, damit sein Leben verlängern zu können. Entsprechend lehnte er auch kategorisch eine Betreuung zu Hause ab, obwohl ich sehr viel gutes über das mobile Hospiz bzw. das Hospiz Rennweg gehört habe.
Mittlerweile glaube ich, dass ihm das ganze auch Geistig sehr zugesetzt hat. Als ob ein paar Schmerzmittel weniger seine Leber retten könnten...

Wenigstens wissen wir jetzt, dass er in guten Händen ist und das Möglichste für ihn getan wird. Wenn man weiss was Sache ist, kann es sehr schlimm sein. Am furchtbarsten fand ich aber die Ungewissheit der letzten Tage.
Mal schaun wies jetzt weitergeht.
Danke nochmal für die Tips und die Anteilnahme!

anna11
27.03.2012, 21:36
Hallo Martin,
die hochkalorischen Drinks schmecken gekühlt besser. Gegen Übelkeit hilft sehr gut Dexamethason( ist ein Cortison) was nebenbei auch noch appetit anregend wirkt. Wäre ein Hospiz oder eine palliativ Station nicht eine gute Alternative zum Krankenhaus?

Anna

Martin84
27.03.2012, 22:18
@Anna11:
Danke für die Info bezüglich kühlen des Drinks und des Medikaments.

Ich halte wie schon gesagt recht viel von besagtem Hospiz in Wien und es dürfte eben dort sehr gut für die Menschen gesorgt werden. Gibt sogar einen sehr einfühlsamen und keineswegs pietätlosen Film über Menschen die dort ihren Lebensabend verbringen.

Das "Problem" ist halt, dass mein Vater sich dagegen mit Händen und Füßen wehrt und sich anscheinend im Krankenhaus besser aufgehoben fühlt. Es war aber auch schon sehr mühsam ihn davon zu überzeugen. Dort kennt er wenigstens schon die Ärzte und das Schwestern/Pflegerteam persönlich und ich muss sagen man kümmert sich dort auch wirklich gut um ihn. Insofern grenzt es an Haarspalterei für mich wenn ich versuche ihm das Krankenhaus auszureden und ihn ins Hospiz zu verfrachten. So viel mehr könnte man dort für ihn wohl auch nicht tun. Ist wohl die Diskussion mit ihm nicht wert. Wir wollten einfach, dass er eben bis zuletzt noch so viel Lebensqualität wie möglich besitzt und bis zuletzt so schmerzfrei wie möglich gehalten wird. Das wurde zugesichert und bis jetzt gehalten. Bekam schon ein leichtes Schmerzpflaster und hat sich ein bisschen erholt und wir konnten auch ein bisschen Schmähführn wie das Herumalbern bei uns in Wien so schön heißt.
Ich glaube viel mehr kann man nicht erwarten. Natürlich sind wir sehr traurig dass er wohl nicht mehr lange zu leben hat, aber es ist doch ein gewisser Trost wenn man weiss, dass er jetzt in guten Händen ist und getan wird was getan werden kann.

Gibt es deiner Erfahrung nach einen entscheidenden Vorteil eines Hospiz ggü einem Krankenhaus?

Falls jemand einen kulinarischen Tip gebrauchen kann: Er hatte sehr viel Freude an einer halben Zuckermelone und diese auch gut vertragen. Es sind halt doch die kleinen Dinge die viel Freude machen :)

anna11
27.03.2012, 22:33
Hallo, ich denke das Hospiz bietet viele Vorteile:

Der Personalschlüssel ist deutlich besser, sprich die Schwestern haben viel mehr Zeit sich um deinen Vater zu kümmern und im Hospiz arbeiten ehrenamtliche Mitarbeiter die einem jeden Wunsch von den Augen" ablesen ". Auch wird sich intensiver um die Angehörigen gekümmert die im Krankenhaus ja doch zu kurz kommen.
Ich denke auch das entgültige Abschied nehmen wird im Hospiz deutlich professioneller begleitet, aber wichtig ist natürlich nur was Dein Vater möchte und wenn er sich im Krankenhaus sicher und gut betreut fühlt ist das gut so!!
Es macht dann sicherlich keinen Sinn ihm das "auszureden".
Möchte dein Vater im Krankenhaus bleiben oder nach Hause zurück?

Ganz viel Kraft für dich

Anna

Martin84
29.03.2012, 12:21
Danke für die Information. Ist gut zu wissen welche Vorteile ein Hospiz konkret bieten würde. Ich will ihn damit aber nicht konfrontieren. Er liegt ohnehin auf einer Station wo nur 12 Patienten liegen. Viel mehr geht glaub ich nicht und er hat eben großes Vertrauen in die Menschen die dort arbeiten. An sich wäre es ihm natürlich lieber wenn er zu Hause wäre. Diese gute und intensive Betreuung wäre bei uns aber vermutlich nicht möglich. Ist also wohl die bessere Variante wenn er im KH ist und wir ihn so oft wie möglich besuchen.
Er hätte wohl auch nicht mehr viel davon. Er ist nach ein paar Metern gehen schon erschöpft und schläft sehr viel. Das ist aber auch gut so, da er dabei keine Schmerzen hat.
Weiss jemand vielleicht warum es ihm meistens Nachts/Abends schlechter geht als am Morgen? Hängt das nur mit der Müdigkeit und Erschöpfung zusammen oder hat das andere Ursachen?

Liebe Grüße aus Wien
Martin

anna11
29.03.2012, 14:27
Hallo Martin,

es ist bei vielen Patienten so das es ihnen abends/nachts schlechter geht.

Nachts kehrt Ruhe ein, es ist dunkel, man ist alleine, es gibt keinerlei Ablenkungen mehr. Ablenkung lindert viele Symptome.Gibt es keine Ablenkung egal ob positiv oder negativ richtet sich der Fokus auf Übelkeit, Schmerzen etc.... Vielleicht fängt dein Vater nachts auch an zu grübeln?

Was heißt es geht ihm nachts schlechter?

Meine Mutter hat zum Schlafen ein leichtes Antideprssivum eingenommen, damit konnte sie gut schlafen.

Liebe Grüße

Anna

theresa_n
29.03.2012, 18:21
Hallo Martin,
zusätzlich zum von Anna erwähnten Thema Grübeln kommt noch der Biorhythmus dazu. Der Magen zB macht von etwa 18h bis zum Frühstück Pause. Der Darm, Leber, Milz und Bauchspeicheldrüse arbeiten allerdings die Nacht durch, teilweise mit höherer Aktivität als tagsüber. Und dann können krankheitsbedingte Schwächen eines oder mehrerer Organe einen Menschen schon mal aufwecken.
Ich merke das immer besonders stark während und in den ersten Tagen nach der Chemo. Deshalb hat mir mein Onkologe für diese Tage ein leichtes Schlafmittel verschrieben. Ich werde dann zwar oft trotzdem munter, dreh mich aber einfach um und schlaf gleich wieder weiter. ;)
Liebe Grüße,
theresa

Martin84
29.03.2012, 20:59
Das klingt sehr plausibel was ihr da sagt.
Was sich Nachts verschlechtert ist seine Übelkeit und Bauchschmerzen. Essen kann er nichts mehr, der Gang zur Toilette eine Plagerei da sein Darm noch immer nicht vernünftig arbeitet und seine Müdigkeit nimmt immer mehr Überhand. Das letzte ist allerdings noch halbwegs positiv, da er da keine Schmerzen spürt bzw. weniger davon hat. Er wirkte auch etwas teilnahmslos und starrte zu Beginn nur zum Fenster raus.
Seit heute sind auch Kopfschmerzen und Kurzatmigkeit dabei. Auch seine Handlungen werden immer unverständlicher. Als die Schwester heute das unangetastete Mittagessen wieder mitnehmen wollte, bestand er z.B. darauf dass sie es noch stehen lässt obwohl er nicht essen kann.

Was immer man tut ist schwierig derzeit. Geht man hin brichts einem das Herz weil ihn sogar das Reden anstrengt und der Besuch als ganzes auch. Geht man wieder weil er immer öfter einschläft, ist das Abschiednehmen auch sehr bitter weil man nicht weiss obs noch ein morgen gibt und ist man wo anders, ist man vielleicht physisch dort, mit seinen Gedanken aber ganz wo anders.

Vor ein paar Minuten klingelte das Telefon und ich bin mit ziemlichem Bammel hingegangen, aber es war Gott sei Dank mein Vater. Viel konnte er nicht reden, aber es waren nochmal schöne Minuten.

Danke Euch allen für die Anteilnahme!