Anmelden

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Fehlende Kraft für die Familie. Hier:Schwiegertochter


Norma
04.05.2013, 23:57
Hallo in die Runde,

ich weiß nicht, ob mich jemand versteht.

Seit mittlerweile 11 Jahren bin ich Brustkrebspatientin und natürlich bin ich auch elf Jahre älter geworden.

Unser Sohn hat geheiratet, das hat meinen Mann und mich gefreut. Zwar kannten sich die Beiden vorher nur ein Jahr, aber es schien die richtige zu sein.

Wir haben das junge Glück ganz in Ruhe gelassen; nicht aus Desinteresse, sondern weil uns der Alltag schon so viel Kraft kostet.

Schwiegertochter allerdings diskutiert gerne... über Stunden! Danach bin ich jedesmal todmüde ins Bett gefallen; mein Mann hat sich meist erst gar nicht daran beteiligt, um Kraft zu sparen.

Diese endlosen Diskussionen gingen immer um irgendwelche Kleinigkeiten. Ob man ein Zimmer in grün oder gelb anstreichen soll; ob man eher eine Farbpistole oder eine Rolle nehmen sollte.

Mal davon abgesehen, dass es für mich sinnlose Diskussionen sind: Sie kosten Kraft, viel viel Kraft. Man muss sich ja auf das Thema einlassen, man muss gut zuhören, man muss dem Gespräch folgen können.

Und damit beginnt das Problem. ICH KANN DAS NICHT MEHR. Ich will das auch nicht mehr! Mir ist das zu anstrengend.

Nun planen die jungen Leute nachträglich noch eine große kirchliche Trauung. Und schon gehen diese Endlos-Diskussionen wieder von vorne los.

Welche Farben die Tischdekos haben sollen, welche Musikgruppe wohl die besserei sei und wer an welchem Tisch zu sitzen hat. Dieses Thema scheint irgendwie unerschöpflich zu sein...

Nach zig solcher Gespräche habe ich durchklingen lassen, dass sie gerne alles so arrangieren können, wie es ihnen gefällt. Dass mir das gesundheitlich aber zu viel wird und man die Diskussionen mit mir auf das wesentliche beschränken möge.

Das wird mir jetzt heftigst zum Vorwurf gemacht... von Beiden!
Ich zeige angeblich zu wenig Interesse und würde von nun an überhaupt nicht mehr kontaktiert. Heißt: Man will keinen Kontakt mehr.

Das trifft mich mitten ins Herz. Das habe ich natürlich nicht gewollt; habe auch versucht, ganz ruhig zu bleiben und um Verständnis zu bitten.

Ohne Erfolg. Sie bleiben dabei. Und Schwiegertochter verlangt jetzt, ich solle mich für mein "Verhalten" entschuldigen; ansonsten würden sie mich nicht einladen.

Meine Gemütsverfassung schwankt zwischen wütend sein und sehr traurig.

Dass man von Gesunden kein Verständnis erwarten kann, ist mir schon bewusst. Zum Verhängnis scheint mir zu werden, dass die Erkrankung ja bereits so lange zurückliegt. Die Meinung, dann müsse man ja schon längst wieder die "Alte" sein, hat sich wohl in den Köpfen verfestigt.

Aber ich bin nicht nur körperlich und geistig älter geworden, die Kraft hat auch gehörig gelitten und ich (wir) brauchen alle Kraft für den Alltag. Alles zusätzliche ist eine Kraftanstrengung, die zumindest ICH nicht mehr aufbringen kann.

Gibt es hier jemanden, dem es auch so geht? Man will, aber man schafft es nicht mehr und keiner versteht es?

Ich schick den Beitrag einfach mal so ab. Sorry, falls er verwirrend rüberkommt.

Liebe Grüße
Norma
Diagnose Brustkrebs Nov. 2001 (Chemo, Ablatio, Chemo, Bestrahlungen, 10 Jahre Anti-Hormontherapie)
Diagnose Darmkrebs Juni 2007 bei meinem Mann

Barbara_vP
09.05.2013, 10:13
Liebe Norma

ja ich kann das gut nachvollziehen, die Kraft ist nicht mehr da, auch wenn man möchte. Nicht nur, dass der Krebs (und andere Erkrankungen) mir die Kraft genommen hat, ich werde auch älter.... ich versuche oft Dinge zu tun, an denen ich scheiter, aber mittlerweile weiß ich wo die Grenzen liegen und das ist gut. Nicht alle verstehen es, manche ja und das Nicht Verstehen ist verletztend.

Es ist gut, dass du deine Grenzen kennst und Stop sagen kannst!

Es ist sehr verletzend, dass sich dein Sohn und deine Schwiegertochter von dir abwenden und deine Traurigkeit und Wut ist´nachvollziehbar. Vielleicht wird sich ein klärendes Gespräch ergeben ich wünsche es dir. Ich selbst diskutiere auch viel (manche Dinge geben mir selbst Sicherheit, die ich brauche), aber ich akzeptiere dann ein Stop auch wenn es anfänglich mich verletzt hat, weil das diskutieren für mich wichtig war. Ich will damit nicht deinen Sohn und Schwiegertochter in Schutz nehmen.
Liebe Norma, ich wünsche dir viel Kraft, denn diese Angelegenheit kostet Kraft und ich hoffe, und wünsche dir, dass sich die "Wogen glätten" und Ihr wieder zusammen findet

mickey226
09.05.2013, 11:49
Liebe Norma,

meine Schwiegermutter litt vor Jahren ebenfalls an Brustkrebs und ich denke, eine der wichtigen Lektionen aus dieser Erkrankung heraus ist, daß die Betroffene lernt, auch einmal NEIN zu sagen. Ich habe hautnah miterlebt, wie schwierig der Verlauf war und wie groß die Veränderung meiner Schwiegermutter. Mein Mann und ich haben das jedoch immer und zu jeder Zeit respektiert und sie nie bedrängt. Sie sagte genau wie Du, daß sie manches einfach nicht mehr kann und ihr auch langes Sprechen am Telefon zuviel ist. Für uns war das nie ein Thema - wenn sie uns braucht, sind wir da.

Ich persönlich finde es ungerecht von Deinem Sohn und Deiner Schwiegertochter, Dich zu zwingen, Dich zu entschuldigen. Für was sollst Du Dich entschuldigen? Dass Du leider nicht mehr ganz die Alte bist? Das ist albern und ich würde mich auch nicht dazu zwingen lassen. Wenn sie das so sehen, kannst Du davon ausgehen, daß beide noch kein größeres Verständnis entwickelt haben und im Moment sehr eigennützig reagieren. Ich würde in dem Fall sogar aus Rücksicht auf Dich und Deinen Mann, der offensichtlich ja auch schwer erkrankt ist, auf eine so große Feier verzichten oder Euch zumindest nicht mit der Planung behelligen.

Lass Dich bitte nicht runterziehen - ich versteh Dich völlig und sende Dir eine ganz liebgemeinte (wenn auch virtuelle) Umarmung :knuddel:

Liebe Grüße!

Rauchquarz
11.06.2013, 09:58
Liebe Norma,

Du schlägst Dich seit elf Jahren mit Brustkrebs herum - das ist eben so und Deinen Gemütszustand hat da niemand zu bewerten (kritisieren), es sei denn, Du wünscht Hilfe. Dein Sohn kennt Dich damit seit elf Jahren und sollte doch gelernt haben, damit umzugehen.

M. E. ist hier eher die Schwiegertochter das Problem bzw. ihre Motivation. Hattest Du irgendwo geschrieben, wie alt sie ist? Wie sieht der Umgang mit ihren Eltern aus? Die Renovierungsfragen rühren ja vielleicht aus einer für jüngere Semester noch verständlichen Euphorie, insb. falls es sich um die erste gemeinsame Wohnung handelt. Womöglich hattet Ihr da, wie es ´mal so ist, Eure Hilfe angeboten, weshalb Ihr in jede Kleinigkeit involviert wurdet.

Den Kontaktabbruch halte ich allerdings für ein schwereres Kaliber. Möglicherweise wurde nur ein Grund gesucht, um den Kontakt zwischen Euch und Eurem Sohn zu schwächen. Dies hätte in meinen Augen weniger mit Deiner Krankheit zu tun, sondern vielleicht eher damit, daß Eure Schwiegertochter ihren Mann für sich allein "besitzen" möchte.
Meine Schwägerinnen waren ähnlich unterwegs. Der eine Bruder durfte nirgendwo alleine hinfahren (Verwandtschaft incl.), ohne daß sie gleich angerufen und ihn zurückbeordert hätte. Der andere durfte seine Mutter besuchen, aber nur mit Frau im Gepäck und obendrein deren Schwiegermutter, falls diese gerade in Deutschland weilte. Die Beeinflussung nahm deratige Ausmaße an, daß ich mich schließlich zurückgezogen habe. Meine Mutter dagegen war wie immer dankbar, wenn sich überhaupt einer ihrer Söhne meldete. Beide sind heute längst geschieden.

Wie man sich als Mutter in solch einem Fall verhält, kann ich nicht beurteilen. Vielleicht weiterhin für den Sohn da sein, wenn er wieder auf der Matte steht und wie gehabt zu den üblichen Anlässen gratulieren.
Auf jeden Fall möchte ich Dir sagen, daß das Verhalten der beiden nach meinem Dafürhalten im Grunde nichts mit Deiner Krankheit zu tun hat bzw. zu tun haben sollte, da dies mehr als anmaßend wäre. Sei Dir gewiss, daß diese Frau auch irgendwann einmal beim Arzt sitzen und ein mulmiges Gefühl haben wird. Spätestens dann wird sie sich in Dich hineinversetzen können.

I. ü. muss man seine eigenen (Schwieger-)Eltern nicht förmlich einladen.... :confused:

Halt´ die Öhrchen steif!
Rauchquarz

Norma
24.07.2013, 22:21
Kurze Rückmeldung:

@ Rauchquarz:

Du scheinst tatsächlich voll ins Schwarze getroffen zu haben. "Nur für sich alleine haben wollen" hat allerdings funktioniert. Wir haben keine Einladung zur Hochzeit erhalten; wir durften noch nicht einmal das genaue Datum erfahren.

Ja, eines Tages kommt die Erkenntnis auch bei jungen Menschen, aber dann ist es zu spät, sich für schlimmste Fehler zu entschuldigen.

Das Leben geht irgendwie weiter. Wenn die Zukunft gestorben ist, bleiben immer noch Vergangenheit und Gegenwart.

Alles Gute für alle!

LG
Norma
Diagnose Brustkrebs Nov. 2001
Diagnose Darmkrebs Juni 2007 bei meinem Mann

Ed1
29.07.2013, 21:44
Hallo Norma, hab selber keine Kinder, doch das ist wohl wirklich ein starkes Stück. Ich kann deinen sohn eigentlich nicht verstehen, dass er nicht einmal auf den tisch haut :boese:

Es tut mir leid für Dich, dass du das mitmachen musst.

Aber es ist gibt es schöne weisheit:
Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

In diesem Sinne wünsche ich Dir auch alles Gute, das Blatt kann sich im Leben oft schnell wenden...

lg
ed

niemand2013
11.11.2013, 10:01
Eigentlich hatte ich mich nun in diesem Forum angemeldet, weil in meiner Familie gerade eine mir nahestehende Person an Krebs erkrankt ist. Um diese schwierige Zeit besser verarbeiten und mich mit Informationen eindecken zu können, bin ich nun hier. Jetzt bin ich aber auf diesen Thread gestoßen und dachte, dass ich mir hier mein Herz ein wenig Off-topic ausschütten kann.

Meine beste Freundin hat dieses Jahr eine sehr ähnliche Situation erlebt, wie Norma!
Da ich auch als Trauzeugin fungiert habe, war ich bei allem hautnah dabei. Schon zu Beginn des Jahres fing es damit an, dass die Schwiegermutter jemanden aus der Familie des Bräutigams einlud, ohne es wirklich mit dem Brautpaar abgesprochen zu haben. Meine Freundin (also die Braut) war darüber so traurig, dass ich noch heute nicht verstehe, wie sie ingesamt so ruhig bleiben konnte. Sie sagte aber immer wieder, dass die Krebserkrankung ihrer Schwiegermutter wahrscheinlich zu ihrem gedankenlosen Handeln beitrug.
Nach einem großen Streit und einem gemeinsamen Urlaub, war der Kontakt dann so zerbrochen, dass die Hochzeit ohne die Familie des Bräutigams stattfand.
Tatsächlich hatte ich die ganze Zeit über den Eindruck, dass meine Freundin viel mehr damit zu kämpfen hatte, als der Bräutigam.

Mittlerweile ist es so, dass über ein halbes Jahr seit dem letzten Kontakt vergangen ist und weiterer Kontakt scheint von beiden Seiten nicht gewollt.

Dass die Schwiegermutter bald Oma wird, wird sie wohl nicht erfahren, aber da denke ich mir doch - man sollte doch wieder zueinander finden, oder?

Für meine Freundin wünsche ich mir, dass mehr Verständnis von ihrer Schwiegermutter kommt. Aber ich merke immer mehr, dass jemand der an Krebs erkrankt ist, irgendwie anders denkt!

Ist es möglich, dass du Norma, das Ganze einfach anders wahrnimmst als dein Sohn und deine Schwiegertochter?
Manchmal glaube ich nämlich, dass das das Hauptproblem bei meiner Freundin und ihrer Schwiegermutter ist!

Alles Liebe und Gute!
Die Pinnomaus!

Norma
18.11.2013, 01:07
Aber es ist gibt es schöne weisheit:
Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

In diesem Sinne wünsche ich Dir auch alles Gute, das Blatt kann sich im Leben oft schnell wenden...
Liebe Ed1,

vielen Dank für deine warmherzigen Worte!

Ja, das Blatt kann sich wirklich oft ganz schnell wenden...

Dir auch alles Liebe und Gute!

Für meine Freundin wünsche ich mir, dass mehr Verständnis von ihrer Schwiegermutter kommt. Aber ich merke immer mehr, dass jemand der an Krebs erkrankt ist, irgendwie anders denkt!
Du musst gesund sein, wie schön! Sei jeden Tag dankbar für dieses Geschenk!

Natürlich denken Krebskranke anders; jedenfalls die, die ich kenne. Vieles, was man früher als Selbstverständlichkeit angesehen hat, wird heute mit anderen Augen gesehen: Erholsamer Schlaf, schmerzfreies Aufstehen, duftende Brötchen, Sonnenschein, Vogelgezwitscher, blühende Sträucher... alles Dinge, die eine völlig neue Bedeutung bekommen haben.

Manchmal verläuft das Leben nicht so, wie man es sich gewünscht hat. Dann heißt es: Verzweiflung und Tränen zulassen; Zeit vergehen lassen um sich dann wieder neu zu finden und neu zu orientieren.

Das haben wir getan. Wir haben den familiären "Zustand" inzwischen so annehmen können, wie er gerade ist. Sollte er sich wieder ändern... auch gut. Wir sind nicht nachtragend.

Auf keinen Fall würden wir uns aufdrängen oder betteln, um ein eventuell geborenes Enkelkind mal sehen zu dürfen. Unser Sohn dürfte seine Eltern diesbezüglich gut genug kennen. Zu verzichten, damit es den eigenen Kindern gut geht, ist uns schon immer sehr leicht gefallen.

Auf seinem Weg begleiten ihn derweil unsere Gebete; wenn ich ihm etwas mitteilen dürfte, wäre das die Erinnerung an das 5. Gebot. Verstehen würde er es momentan aber wahrscheinlich sowieso nicht...

Bleib gesund!

Norma
Diagnose Brustkrebs Nov. 2001
Diagnose Darmkrebs Juni 2007 bei meinem Mann

niemand2013
19.11.2013, 09:52
Ja, ich bin gesund und danke Gott jeden Tag dafür.
Deshalb sage ich ja auch, dass es mir schwer fällt mich in jemanden, der krank ist oder krank war, hinein zuversetzen.

Aber bedeutet dir die Familie nicht alles?
Nie könnte ich mir vorstellen mit meiner Familie zu brechen.
Nun ist es aber auch so, dass ich mit meinen Eltern gemeinsam im Haus wohne und wir schon immer einen sehr innigen Kontakt haben.
Bei dem Mann meiner Freundin war der Kontakt zu seinen Eltern, nach seinem Auszug nicht mehr wirklich stark. Zu Geburtstagen und Feiertagen wurde sich zwangsläufig gesehen - mehr aber eben nicht. Und selbst darüber war er genervt.

Aber das ist auch kein Wunder. Nach allem was ich heute weiss, ist es in meinem Fall keinesfalls die Schwiegertochter Schuld! Da sind sich alle im Umfeld, einschließlich die Eltern der Freundin die als letztes Kontakt mit der Schwiegermutter hatten, sicher.
Dass sich eine Mutter so unsagbar dumm verhält, ist für mich aber noch immer nicht zu verstehen.


Du liebe Norma, scheinst da aber ja ganz anders zu sein.
An deiner Stelle würde ich hier aber eher die Beziehung zu deinem Sohn in Frage stellen, als der Schwiegertochter die alleinige Schuld zu geben. Nichts im Leben könnte mich von meiner Mutter oder meinem Vater trennen.
Dass dein Sohn nun aber auch keinen Kontakt mehr zu dir möchte, lässt mich eben aufhorchen!? Deshalb wiederhole ich nochmal meine Frage von oben:
Ist es möglich, dass dein Sohn und du die ganze Sache völlig anders wahrnehmen?

Alles Liebe und Gute!
Die Pinnomaus!

Wangi
24.11.2013, 15:29
Entschuldigung, aber was soll daran anders zu verstehen sein?

Von Norma wurde doch nur um Rücksichtnahme gebeten und das mit Recht!
So wie sie hier rüber kommt ist sie nicht der Typ der sagt: Nun macht mal euren Kram alleine, ich hab keinen Bock und kein Interesse und wenn euch das nicht passt bin ich weg.
Bin auch an Krebs erkrankt, 2009 und auch jetzt noch spüre ich die Schlappheit. Auch die Behandlung, Bestrahlung und Chemo, zehrt immer noch an den Kräften. Den normalen Alltag bekommt man gut hin, aber irgendwelche, wenn auch kleinen "Ereignisse" stressen. Das fängt schon mit einem Kaffeebesuch an. Und wenn das auch noch wochenlang so geht, kann ich die Reaktion von Norma sehr gut verstehen.
Natürlich fällt es einem schwer wenn es in der Familie Unstimmigkeiten gibt, aber da muss auch der Selbstschutz eingreifen.
Wenn sich jemand entschuldigen müsste dann wären das der Sohn (hauptsächlich) und an 2. Stelle die Schwiegertochter.

Norma, ich wünsche Dir ganz viel Gesundheit und pass weiterhin gut auf dich auf.

Liebe Grüße
Wangi

Mathias974
26.11.2013, 08:08
Hallo zusammen,

ich muss da nun auch mal was zu schreiben, weil ich muss mich hier gerade echt beherrschen bei einigen was man hier so liest.
Zu aller erst, ich bin selbst betroffener mit LK Metastasen. Anfangs dachte ich mir auch, als "Gesunder", so schlimm kann das ja nicht werden. Pustekuchen ist, denn kein Gesunder wird jemals auch nur im Ansatz verstehen, was du während einer Krebstherapie durchmachst. Was dein Körper an Schmerz ertragen muss, was die Psyche am leiden ist.
Es ist eine Sache einen Krebskranken zu sehen, wie er sich verändert, nur siehst du nicht was innerlich passiert.
Ich kann Norma voll und ganz verstehen und ich würde mich nicht anders verhalten. Der Krebs verändert Dich und wer damit nicht klar kommt, hat auch in meinen Leben nichts mehr verloren und da wäre es mir egal wer es ist.

Dir liebe Norma wünsche ich alles Gute und fühle Dich mal gedrückt, denn gerade jetzt zur Weihnachtszeit sind das unnütze Probleme die dein Sohn hätte umgehen müssen.

LG
Mathias

sanne2
26.11.2013, 23:00
Eigentlich wollte ich hierzu nicht schreiben, denn ich bin keine Betroffene, sondern Angehörige!
Mein Mann ist seit 2003 Betroffener eines Liposarkoms und seit 2004 fertig mit seinen Therapien. 2 OP`s , Chemo und Bestrahlung.
Von 2004 bis 2012 waren seine Nachsorgen in Ordnung und er war wie "immer".
Alle üblichen familiären oder andere Probleme hat er niemals auf seine "ehemalige" Erkrankung geschoben.
Warum auch?
Probleme gibt es immer, auch ohne Krebserkrankung.

Normas Erkrankung war 2001.
Es ist schon eine Weile her.
Woher nach all den Jahren die Kraftlosigkeit?
Wir verändern uns eben und das auch ganz ohne Vorerkrankung.
Warum ist ein Problem mit der Schwiegertochter Schuld einer Krebserkrankung, die 12 Jahre zurück liegt?

Mathias, du steckst noch mitten in deinen Therapien.
Da sieht die Sachlage nach meiner Meinung anders aus.
Aber eine Erkrankung, die 12 jahre zurück liegt?
Vielleicht ist es wirklich "nur" ein ganz normales familiäres Problem, wie in vielen anderen Familien auch?

Mein Mann hat sich z.B. auch nach seiner Lungenmetastasendiagnose 2012 nicht veräöndert. Von der Angst vor den Nachsorgen mal ganz abgesehen, aber das ist ein ganz anderes Kapitel.
Er lebt sein Leben wie immer.
Ist er die große Ausnahme?


Viele grüße,
Sanne

Cecil
27.11.2013, 00:34
Hallo in die Runde,

zunächst meinte auch ich:'Bloß gut, der thread schläft ein!'
Da aber in den letzten Tagen wieder 2-3 posts erschienen sind, dachte ich wiederum, dass gerade ich noch am ehesten in der Position bin zu antworten. Warum? Weil ich selbst eine (ehemals) krebskranke Schwiegertochter bin und meine Schwiegermutter etwa 15-20 Jahre vor meiner Erkrankung auch Krebs hatte.

Als ich meiner Schwieger-Familie vorgestellt wurde, war die Krebserkrankung meiner Schwiegermutter (ca. Ende der 80er) mir bekannt. Sie hatte einen Krebs irgendwo zwischen Mundhöhle und Ohr, hatte auf alle Fälle keine Chemo, wie ich meine mich zu erinnern auch keine OP, aber eine ziemlich intensive Bestrahlung. Sie meint heute noch, sie sei verstrahlt worden, weil nicht der Prof, sondern sein Assistent die Dosis berechnet hat. Das kann ich nicht beurteilen. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass man heute die Dosis der Bestrahlung aufgrund modernerer Technik feiner und individueller gestalten kann. Insofern hat sie sicher recht, wenn sie meint, sie hat zuviel abbekommen.

Unter den Folgen dieser starken Bestrahlung leidet sie bis heute; insbesondere hat sie kaum noch Speichel, leidet unter extremer Mundtrockenheit und anderen Symptomen. Wie belastend das sein kann, verstehe ich tatsächlich erst seit meiner eigenen Krebserkrankung so richtig.

Was ich bis heute nicht verstehen kann: Ich habe eigentlich noch nie von meiner Schwiegermutter gehört, dass sie trotz aller Widrigkeiten dennoch froh ist, ihren Krebs so lange (inzwischen mindestens 20 Jahre) und völlig rezidiv-frei überlebt zu haben. Das konnte ich als Gesunde nicht verstehen und kann ich als selbst Krebserkrankte erst recht nicht verstehen. Dass nach ihrer Erkrankung alle ihre fünf Enkelkinder geboren wurden, sie sich natürlich darüber auch gefreut hat, sie aber vordergründig dann doch wieder mit dem Versuch der Behandlung ihrer Symptome beschäftigt war. (Dabei hat sie einen Ärzte-Marathon ohne verwertbares Ergebnis, viel verschwendete Lebenszeit und aus meiner Sicht eine Verschlimmerung durch Übergriff der Beschwerden auf das Ohr bewirkt, aber das auszuführen würde hier zu weit führen.)

Ich kann nicht so recht einschätzen, wie mehr oder weniger betroffen sie war, als ich dann erkrankte (da war ich schon 15 Jahre verheiratet und etwa im gleichen Alter wie sie seinerzeit) und ob sie Angst wegen der Situation ihres Sohnes, vielleicht bald allein mit drei minderjährigen Kindern da zu stehen, empfand. Mir war naturgemäß wichtiger, wie gut mein Mann mit der ganzen Situation umgegangen ist. Sie sagt öfter mal (nachdem sie vorher lange über ihre unumkehrbaren Folgeschäden geredet hat): "Wie gut, dass Du alle so gut überstanden hast." Ich bin mir nicht sicher, ob sie registriert hat, dass ich infolge meiner doch recht intensiven Behandlung nieren- und lungenkrank bin. Manchmal, wenn ich schlecht drauf bin, kann ich mir dann doch eine spöttische Bemerkung nicht verkneifen. Das ist aber nicht soooooo schlimm, weil sie inzwischen recht schwerhörig ist.

Ich bemerke aber an mir, dass ich inzwischen irgendwie "krebsmilde" geworden bin. Soll heißen, es hebt mich gar nicht mehr so sehr an. Ich selbst schlage ganz oft vor, dass wir uns auf die knapp 500 km lange Fahrt machen, damit sie Sohn und Enkelkinder sieht. Eigentlich tut sie mir eher leid, weil sie so gar keine Lebensfreude zu empfinden scheint. Oder doch? - weil, lebensmüde ist sie keinesfalls. Ich werde mich hoffentlich in knapp 20 Jahren meines Lebens freuen und versuche meinen Kindern ständig einzureden, sie mögen es bitte nicht darauf anlegen, alte Eltern zu werden. :smiley1:

Mathias974
27.11.2013, 13:09
Hallo Sanne2,

das eine Chemotherapie über Jahre oder Jahrzehnte hinweg schwerwiegende Nebenwirkungen haben kann, sollte Dir dann auch bewusst sein. Es gibt eben auch viele Nebenwirkungen die nie wieder verschwinden, dazu kann u.U. auch die Polyneuropathie gehören. Mal ganz abgesehen davon, dass die Psyche dann nochmal eine ganz andere Sache ist. Wir wissen nichts über private Umstände oder ähnliches und ich habe hier lediglich meine eigene Meinung geschrieben.

Ja du hast recht, meine Diagnose ist noch sehr jung und meine Therapie gerade mit dem ersten Block fertig. Was ich aber in dieser Zeit alles von meinen Mitmenschen einstecken musste, schlägt dann doch dem Fass den Boden aus.
Unter anderen wurde mir damals auch von meiner Familie bzgl. meine Angst gesagt..."Du bist doch nun geheilt, also Kopf hoch". Das war nach der radikal OP, wo man dann die LK Metastasen feststellte. Wer da dann von geheilt spricht kann mir nur leid tun. Denn danach ging das elend erst richtig los. Vieles ist Unwissenheit, einiges einfach dumm gelaufen und vieles aber auch dreist.

Cecil
27.11.2013, 14:31
Ich möchte noch einmal ganz klar schreiben, dass die Kinder von Norma sich meines Erachtens unangemessen verhalten haben. So verhält man sich nicht den Eltern gegenüber. Geht man von ihrer Schilderung aus, so gibt es meiner Meinung nach nichts, wofür Norma sich entschuldigen müsste. Dass der Sohn das nicht selbst so gesehen und zu seiner Mutter gestanden hat, wundert mich auch.

Das hat aber m. E. nichts mit den Krebserkrankungen von Norma und ihrem Mann zu tun! Es gäbe sicherlich auch eine Menge gesunder Elternpaare, die sich überfordert gefühlt und die Kinder gebeten hätten, alles allein zu organisieren. Wieder andere Eltern mit schwerwiegenden Erkrankungen in der Vergangenheit wären vermutlich tödlich beleidigt, wenn man sie nicht mit einbeziehen würde. Da gibt es wohl genau so viele Möglichkeiten, wie wir Menschen unterschiedlich sind. Zum Glück!

Aber warum muss man seine Krebserkrankung wie eine Monstranz vor sich hertragen? Wer lieber gesellig und nicht gern allein ist, dem würde ich jedenfalls davon abraten. Anfänglich habe auch ich des öfteren gedacht: "Versteht mich denn keiner? Wenn die wüssten, was ich durchmachen musste ....." Inzwischen habe ich verstanden, dass "die anderen" es höchstens in Ansätzen nachvollziehen können und das auch nur bei regelmäßigem und engem Kontakt. Und das ist meiner Meinung nach auch halbwegs in Ordnung so, denn meine Umwelt soll natürlich Verständnis für mich aufbringen, aber mich auch nicht behandeln, als dürfe man mich nur noch in Watte packen. Das macht es keineswegs leichter. (Zum Glück machen unsere Schul-Kinder sich hierüber keine schwerwiegenden Gedanken, sondern fordern ganz normal unsere Aufmerksamkeit ein.)

Und es soll nicht nur eine höfliche Floskel sein, wenn ich jemand Anderem Gesundheit und ein langes Leben wünsche. Ich meine das sehr ernst, und ich weiß, wovon ich spreche.

Norma
27.11.2013, 20:03
OMG!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Das reicht; ich klinke mich aus.

:twak:

Allen anderen: Herzlichen Dank für den Zuspruch! Wünsche eine friedvolle Adventszeit, viel Liebe im Herzen und noch mehr Kraft für den Alltag!

Norma
Diagnose Brustkrebs Nov. 2001
Diagnose Darmkrebs Juni 2007 bei meinem Mann

Mathias974
27.11.2013, 21:57
Ich glaube gar nicht das es darum geht eine Krebserkrankung, egal ob aktiv oder nicht, als Ausreden vor sich herzuschieben. Es geht um die Langzeitfolgen, die man aufgrund von Chemotherapie, selbst heute noch haben kann. Wenn ich mir überlege wie alleine in den letzten 10 Jahren die Fortschritte gewesen sind, möchte ich gar nicht wissen, was Menschen die vor 10 -20 Jahren behandelt worden, heute noch an Nebenwirkungen leiden.
Ich selbst möchte kein Mitleid und auch kein übern Kopf streicheln für meine Erkrankung aber ich erwarte den nötigen Respekt und Anstand vor dem was ich beherberge, in den Falle eben der Krebs. Genau dort fehlt es bei vielen Menschen, entweder aus Angst oder Überforderung oder weil es einen schlichtweg egal ist.


LG Mathias

Wangi
28.11.2013, 00:04
@Cecil
Zitat: Aber warum muss man seine Krebserkrankung wie eine Monstranz vor sich hertragen?

Den Satz finde ich ganz fürchterlich! Und wer tut denn das?

@Norma

Laß dich nicht unterkriegen

@Matthias

Stimme dir komplett zu!

Triangel
28.11.2013, 01:09
Aber warum muss man seine Krebserkrankung wie eine Monstranz vor sich hertragen?

Hallo,

der Satz ist nicht schön, aber ich finde, er trifft das Verhalten mancher Menschen gut.

Vor Jahren wurde mein Vater beerdigt, die Trauergäste kondolierten.
Wir Kinder stehen weinend am Grab, da drückt uns ein entfernter Nachbar, den wir eigentlich nur vom Sehen und Grüßen her kannten, die Hand und fängt weitschweifend davon an zu erzählen, dass er Nierenkrebs hat.

Überhaupt kenne ich das aus den Monaten, als mein Vater krebskrank war.
"Ach, ich habe gehört, Ihr Vater hat Krebs, also ich mit meinem Diabetes, mir geht es ja auch gar nicht gut, ach wissen Sie..." und schwups bekommt man im Detail einen ausführlichen Krankheitsbericht.

Diese Leute kannte ich vom Sehen, habe sie dann zufällig im Supermakt oder sonstwo getroffen und oft wusste ich nicht mal den Namen, aber dann deren Krankheiten.

Ich finde, das kann man bildlich mit "die Krankheit wie eine Monstranz vor sich hertragen" beschreiben.

Natürlich haben auch diese Menschen das Bedürfnis und ganz sicherlich auch das Recht, über ihre Krankheit zu sprechen und Anteilnahme zu erwarten.

Die "Monstranz" aber schafft Distanz und vor allem die Distanz zu erkennen, ob mein Gegenüber jetzt offen ist dafür mir zuzuhören und auf mich einzugehen.

Viele Grüße
Triangel

J.F.
28.11.2013, 06:51
Guten Morgen,

tja, ein schwieriges und auch sehr emotionales Thema.

Diese "Monstranz" tragen aber auch gerne manch Angehörige. Die dann sich "anmaßen" zu meinen zu wissen wie sich es ist diese Krankheit in sich zuhaben oder meinen, dass der Betroffene ganz automatisch auch seine eigene Lebensfähigkeit abzugeben hat.

Auch ist mir aufgefallen, dass selbst Betroffene sowohl aus verschiedenen Krebsarten als auch in den selben Krebsarten mit nur unterschiedlichen Operationsgebieten und -auswirkungen eigentlich nicht beurteilen können wie sich die Nachwirkungen der anderen leben lassen. Dieses berühmte nicht über den eigenen Tellerrand schauend, um mal jemanden zu zitieren. Auch kann so manch Therapie noch Jahre später durch Gewebe-, Muskel- und Knocheneinwirkungen zu massiven Problemen führen, die vorher garnicht oder nicht in den Ausmaßen erkennbar waren und sind.

Von daher fand und finde ich es recht schwierig dieses Thema wirklich beurteilen zu können, denn jeder reagiert in bestimmten Situationen ganz anders als jemand anderes. Hier hilft nur das Gespräch. Da wiederum menschelt es aber gewaltig. Und die Mißverständnisse sind vorprogrammiert.

Und noch ein Wort zu dem / der UserIn, die sich nur angemeldet hat, um Ihren Senf abzugeben: wenn es eine Person aus dem Umfeld der Threaderöffnerin ist, empfehle ich auf jeden Fall ein persönliches Gespräch und nicht diese Art. Keiner steckt in den Schuhen des anderen ;)

Cecil
28.11.2013, 10:23
.....
Und noch ein Wort zu dem / der UserIn, die sich nur angemeldet hat, um Ihren Senf abzugeben: wenn es eine Person aus dem Umfeld der Threaderöffnerin ist, empfehle ich auf jeden Fall ein persönliches Gespräch und nicht diese Art. Keiner steckt in den Schuhen des anderen ;)

Genau das habe ich beim Lesen auch gedacht, mich aber nicht getraut es zu schreiben. Deshalb wäre es mir anfänglich nicht unrecht gewesen, der thread wäre ganz einfach eingeschlafen, wie ich schon schrieb.
Gut, dass Du Dich getraut hast, J.F.! Wenigstens weiß ich jetzt, dass ich nicht als einzige so dachte.

Liebe Wangi,

so völlig off-topic finde ich meine Beiträge noch immer nicht. Die Fälle liegen etwas anders; trotzdem fühlte ich mich durch die Grundkonstellation: krebskranke Schwiegermutter und ihre Schwiegertochter an unsere Situation erinnert. Ich möchte ausdrücklich voranstellen und betonen, dass ich meine Schwiegermutter als Mutter meines Mannes achte und nicht negativ bewerte. Ich möchte nur anders als sie damit umgehen.
Als ich selbst noch gesund war, habe ich des öfteren gedacht: 'Was hat sie denn nur und warum freut sie sich denn nicht ihres geretteten Lebens?' Den ersten Teil der Frage konnte ich mir erst beantworten, nachdem ich selbst an Leukämie erkrankt und stammzelltransplantiert worden war. Den zweiten Teil der Frage verstand ich dann aber zunächst noch weniger als vorher.
Alle Familienmitglieder waren der Meinung, sie müsste als Oma doch spätestens dann aufblühen und mehr Lebensfreude zeigen, nachdem ihre beiden jüngsten Enkel geboren waren, die im Gegensatz zu unseren Kindern auch noch in der selben Stadt wie sie leben. Aber es änderte sich nichts. Sie liebt alle ihre Enkel und ist großzügig ihnen gegenüber, muss sie aber nur in Abständen und möglichst mit erwachsener Begleitperson um sich herum haben. Alles andere wird ihr, nicht mit Hinweis auf ihr Alter (zwischen dem ältesten und dem jüngsten Enkel sind ca. 10 Jahre Altersunterschied), aber durchaus auf ihre Krankengeschichte, schnell zu anstrengend.
Wir haben nie mit ihr darüber "gestritten", sondern uns nur immer sehr gewundert und selten auch mal eine kurze Bemerkung gemacht. Aber erst nach mehreren Jahren habe ich verstanden, dass sie das wohl genau so haben will und ihre "Isolation", wie wir anderen meinten, gar nicht als solche empfindet. Dann ist es doch eigentlich auch gut so.

@Cecil
Zitat: Aber warum muss man seine Krebserkrankung wie eine Monstranz vor sich hertragen?

Den Satz finde ich ganz fürchterlich! Und wer tut denn das?

Ich meinte es allgemein und haargenau so, wie Triangel es dankenswerter schon beschrieben hat. Das hatte ich schon in meinem Beitrag davor beschrieben, kam aber wohl nicht so deutlich heraus.

Ganz selbstkritisch habe ich auch mich selbst damit gemeint. Nachdem meine Transplantation durch und ich nach mehr als fünf Wochen endlich aus dem KH heraus war, hat "meine Monstranz" nämlich Beine bekommen und ist einige Monate lang immer so einen halben Meter vor mir her gelaufen.
Das lag zum einen daran, dass ich in der Zeit zwischen ED und Ende der SZT "im Tunnel", d. h. nur auf das Gelingen der hochriskanten Behandlung fixiert war und mich dann mit einigen Monaten Verspätung der Schock über meine Erkrankung einholte.
Zum anderen sah man mir meine Behandlung auch äußerlich überdeutlich an. Damit meine ich nicht die relativ unauffällige Perücke; ich hatte 15 kg abgenommen, schlich nur und zitterte beim Schleichen und musste eine erhebliche Zeit lang außer Haus Mundschutz und Handschuhe tragen. Menschen mit Kleinkindern oder Hunden wechselten vor mir die Strasse. Am liebsten hätte ich mir ein Schild um den Hals gehängt.
Ich verspürte also einen starken Drang, vielen meine Geschichte auf die Nase zu binden, um das Offensichtliche erklären und abzumildern. Plötzlich kamen dann so Geschichten, wie Triangel sie beschrieb: Plötzlich stellte sich heraus, dass die Frau hinter der Theke Colitis ulcerosa hatte, ein Nur-Vom-Sehen-Bekannter eine galoppierende MS mit raschem Rollstuhlzwang oder der Vater einer Freundin Corea Huntington. Aber im Gegensatz zu den Geschichten oben bei Triangel hatten meine Erzählungen alle eine positive Botschaft: Es muss nicht immer nur Krebs sein, unerwartet viele haben ihr Päckchen zu tragen, sie schaffen es häufig sich damit einzurichten und Du schaffst das auch. Wir wollen daran glauben.

Inzwischen ist es mir ganz recht, dass nur die Personen meine Krankengeschichte kennen, die ich anfänglich informiert hatte. Auf einer Feier neulich wollte eine charmante Dame partout wissen, warum ich meinen Beruf, den zu erlangen ich einige Mühen auf mich genommen hatte, denn nicht mehr ausübe? Ich stöhnte innerlich: ' Hoffentlich hörte sie gleich auf zu fragen...', aber im Gegensatz zu mir hatte sie 1-2 Gläschen Wein getrunken und fragte nochmal. Da platzte aus mir heraus, dass mein Ex-Beruf höchste Konzentration und Merkfähigkeit von mir verlangte, die ich aufgrund einer schweren Erkrankung einfach nicht mehr aufbringen kann.
Ich habe wenigstens 10 min gebraucht, um die Eiseskälte, die schlagartig am Tisch ausgebrochen war, wieder aufzutauen. Gemeinsam haben wir das dann geschafft.

Alles Gute!

Wangi
28.11.2013, 12:28
Hallo Triangel.
Kann ich sehr gut nachvollziehen dass es, wenn man gerade selber sehr betroffen ist, nervt. Aber das hat ja gar nichts mit Normas Problem zu tun, deshalb habe ich diesen Satz nicht verstanden und fand ihn daneben.

Gruß Wangi

Hallo Cecil.

Ich fand den Satz so schlimm weil er, für mich, ausdrückte, als ob man als Krebskranker doch bitte nicht die Erkrankung zu oft erwähnen sollte. Und ich finde das hat so gar nichts mit dem Problem das Norma hat zu tun. UND man kann ja auch eine Krebserkrankung und deren Nachwirkungen nicht mit der Anderen vergleichen. Zu meinen, Naja nach so und so viel Jahren ist das ja wohl ausgestanden und man funktioniert wieder komplett normal, ist nun mal nicht so.
Ich kann Norma vollkommen verstehen, auch ich bin lange nicht mehr so belastbar wie vor der Erkrankung und bei mir ist es auch schon 4 Jahre her. Gottseidank sehen meine Söhne das auch ein.
Aber auch wenn diese Nicht-Belastbarkeit NUR am Älter werden oder einem Schnupfen liegen sollte hat der Gegenüber das doch zu akzeptieren und gerade wenn das so eine nahe stehende Person wie ein Sohn ist.

L G Wangi

HelmutL
28.11.2013, 13:35
Moin zusammen,

Aber auch wenn diese Nicht-Belastbarkeit NUR am Älter werden oder einem Schnupfen liegen sollte hat der Gegenüber das doch zu akzeptieren und gerade wenn das so eine nahe stehende Person wie ein Sohn ist.

Dazu kann ich nur laut Beifall klatschen.

Was das Getöse um diese Monstranz hier zu suchen hat, entzieht sich meinem Verständnis. Es ist richtig, daß es solche Menschen gibt, doch das Norma zu unterstellen besteht absolut kein Anlass.

Aber bedeutet dir die Familie nicht alles?

Dazu sage ich kurz und bündig: nein!

Ich liebe meine Kinder und gäbe mein Leben für sie, wenn nötig. Ich denke/hoffe/glaube/weiß, dass es umgekehrt auch so ist. Die Tatsache, miteinander blutsverwandt, also Familie, zu sein, heißt jedoch nicht bis zum bitteren Ende des Einzelnen allein auf dessen Kosten. Liebe hat auch hier ihre Grenzen, wenn auch sehr hohe. Die Grenze kann irgendwann erreicht sein und dann ist Feierabend. Egal ob, wie in diesem Fall, zwischen Kind und Eltern oder wem auch immer.

Das alleine genügt schon. Kommt dann noch, wie bei Norma und ihrem Mann, die Belastung durch Krankheit und deren nicht zu unterschätzenden Langzeitfolgen hinzu, ist die Belastungsgrenze auch innerhalb der Familie wesentlich niedriger als bei einem gesunden Menschen und die Toleranzgrenze des Gegenüber sollte daher wesentlich höher sein als normal. Wer das nicht versteht oder nicht verstehen will, der hat nicht verstanden, was eine Beziehung, welcher Art auch immer, bedeutet.


Herzliche Grüße,

Helmut

Cecil
28.11.2013, 16:49
@alle:

In wenigen Minuten wird Gitti diesen Beitrag hier zu Recht löschen (burn after reading); aber diese wenigen Minuten wollte ich nutzen um mitzuteilen, dass ich meinen vorstehend post wie angekündigt um einen mittleren Roman erweitert habe.
Wen's also interessiert ....

Wangi
28.11.2013, 19:16
@alle:

In wenigen Minuten wird Gitti diesen Beitrag hier zu Recht löschen (burn after reading); aber diese wenigen Minuten wollte ich nutzen um mitzuteilen, dass ich meinen vorstehend post wie angekündigt um einen mittleren Roman erweitert habe.
Wen's also interessiert ....

Hallo Cecil,

wenn du das so erlebt hast und es für dich okay ist so damit umzugehen ist das doch gut. Ich habe aber deinen Beitrag als Antwort auf Normas Problem mit ihrem Sohn und ihrer Schwiegertochter gesehen (was auch sonst) und fand deshalb den Satz total daneben, da Norma nicht dern Eindruck macht als ob sie die Erkrankung als Ausrede benutzt oder vor sich her trägt.

Ich sage mal - man kennt nur eine Seite. Ob es der Sohn auch so erzählen würde?
Seine Reaktion ist einfach zu heftig, als das die Familie vorher einwandfrei funktionierte.

@HelmutL
Du widersprichst dich.
Erst würdest du dein Leben geben für deine Kinder, um dann aber doch Grenzen aufzuzeigen.

Was zeigt das alles?
Es geht nur mit gegenseitiger Rücksicht, die von Gesunden mehr abverlangt werden kann. Das heisst aber nicht, dass wir Kranke da aussen vor stehen.

Denkst du auch daran dass seine Frau einigen Einfluss auf ihn hat? Vielleicht liegt seine heftige Reaktion auch daran. Ich denke er sitzt zwischen 2 Stühlen, Mutter <-> Frau, und macht es sich einfach in dem er einer Diskussion aus dem Weg geht.

Dass Helmut sich widerspricht finde ich gar nicht. Ich würde, wenn es nötig ist, auch mein Leben für meine Kinder geben, trotzdem dürften sie mir nicht auf der Nase rum tanzen und sollten meine Entscheidungen respektieren, wie umgekehrt auch.

Und genau diese Rücksichtnahme hat Norma doch eingefordert, mehr doch nicht.

Und danke an die Moderatoren dass die Beiträge hier stehen bleiben. Ich finde eine Diskussion über solche Themen vollkommen normal und man muss nicht jeden Beitrag mögen und das auch sagen dürfen.

LG Wangi

Cecil
28.11.2013, 19:25
Mensch, Wangi, jetzt wird's wirklich schwierig .....
ich meinte doch nur meinen inhaltsleeren Beitrag Nummer 25, mit dem ich auf meinen wesentlich erweiterten Beitrag Nummer 22 hinweise!

Wenn wir uns schon in so simplen Dingen gründlich missverstehen, dann hat J.F. völlig recht, dann sollten wir uns lieber erst recht nicht an so schwierige Psycho-Themen heranwagen.

Aber die Frage: Wie reagieren einige ("unfassbar dumme und rücksichtslose") Mitmenschen incl. Angehörige? taucht hier alle Nasen lang auf.

Vielleicht sollten wir uns alle auch mal nur an unsere Nasen fassen und uns fragen: Wie hätten wir als Gesunde und ohne vorherige Krebsfälle in der Familie reagiert? Wir reden hier vom hohen Ross herab, weil wir da durch mussten und wissen, was es bedeutet.

HelmutL
28.11.2013, 19:45
Hallo Schnuckel66,

ich denke nicht, dass darin ein Widerspruch liegt. Vielleicht habe ich mich ein bisschen missverständlich ausgedrückt. Mein Leben, "wenn nötig", ja. Doch wenn Forderungen und Belastungen auch innerhalb der Familie nur auf eine einzelne Person abgeladen werden und dadurch deren Belastungsgrenze überschritten wird ohne dass diejenigen, die dafür verantwortlich sind, sich nicht selbst auch nur einen einzigen Schritt zurück nehmen sondern im Gegenteil gänzlich uneinsichtig immer noch eins oben drauf legen, dann ist eine Grenze nicht nur erreicht sondern überschritten, bei der auch innerhalb der Familie mehr als "Stop!" gesagt werden darf.

Das dürfte jetzt eindeutig sein.


Liebe Grüße,

Helmut

Wangi
28.11.2013, 20:04
Cecil,
ich habe das schon sehr gut verstanden dass du deinen Beitrag weiter geschrieben hast, so wie angekündigt.

Ich bin aber auf deinen Beitrag mit dem Satz über die "Monstranz vor sich hertragen" eingegangen, was auch ich auch damit "fand deshalb den Satz total daneben" zu verstehen gegeben habe.

Und noch dazu:"Wie hätten wir als Gesunde und ohne vorherige Krebsfälle in der Familie reagiert?"
Selbst wenn meine Mutter auch keinen Krebs hat, aber mal ihre Ruhe haben will und von mir Rücksicht verlangt, würde ich nicht so reagieren wie die Kinder/Schwiegerkinder von Norma.

Ich habe Gottseidank ein Umfeld wo ich auch nach 4 Jahren noch mal rum jammern darf.

Ich denke wir sollten es dabei bewenden lassen, vielleicht haben wir einfach nicht die selbe Sprache

Gruß Wangi

Cecil
28.11.2013, 20:11
.....
Selbst wenn meine Mutter auch keinen Krebs hat, aber mal ihre Ruhe haben will und von mir Rücksicht verlangt, würde ich nicht so reagieren wie die Kinder/Schwiegerkinder von Norma. ....

.... Norma konnte das nicht einmal als Kranke einfordern; mit Deinem richtigen statement beantwortet sich ihre Frage und schließt sich der Kreis.

Triangel
30.11.2013, 15:52
Hallo... sehr interessantes Thema... muss ich auch noch mal was zu schreiben ;-)

Ich glaube, das mit der Rücksicht ist ein generelles Problem.

Da bittet jemand um Rücksicht und anstatt das es das Gegenüber einfach mal so annimmt, wie es ist, nämlich, dass da jemand ist, dem diese Rücksichtsnahme ein Bedürfnis ist, fangen viele an, diese Bitte zu bewerten.

Da wird bewertet, ob der Zustand desjenigen tatsächlich so ist, dass Rücksichtsnahme erforderlich ist.
Bewertet wird anhand eigener Erfahrung, anhand von Vergleichen mit anderen usw.
Da wird das Bedürfnis des Bittenden dem Anliegen des anderen gegenübergestellt und eine Rangordnung gebildet.

Sowas kann ja gar nicht gut gehen.
Denn dann geht der Blick auf den Einzelnen verloren.

Bittet jemand um Rücksicht, so hat er einen Grund dazu.
Ob wir diesen Grund verstehen, nachvollziehen können oder für gerechtfertigt halten, ist meiner Meinung nach unerheblich.
Uns steht es nicht zu, die Bitten von anderen zu bewerten.

Daher ist es bitter, was Norma passiert ist.

Natürlich kamen mir auch so Gedanken, dass man den Einfluss von Schwiegertöchtern nicht unterschätzen darf und das dies vielleicht nicht das einzige Problem in dieser Familie ist.

Aber das sind alles andere Themen.
Hier hat Norma um Rücksicht gebeten und diese Bitte ist nicht angenommen worden.
Das verletzt, das grenzt aus, das tut weh und ich finde, das hätte nicht passieren dürfen. Besonders nicht von der eigenen Familie.

Viele Grüße
Triangel

Cecil
30.11.2013, 16:21
Hallo, Triangel,

vielleicht hätte sie von Anfang an klare Grenzen ziehen sollen und nicht erst dann, als sie festgestellt hat, dass die Schwiegertochter so ist, wie sie ist.
Ihr Mann hat das doch auch ganz selbstverständlich so gehandhabt.

Ich möchte noch einen ganz allgemeinen Gedanken äußern und möchte nicht, dass der wieder auf Norma bezogen wird, sondern ganz allgemein auf Familien mit Kindern und einem krebskranken Elternteil: Ganz oft hört man noch, und ich finde das total falsch und veraltet: "Das Kind wollen wir nicht belasten, das lassen wir außen vor." Wie gesagt, die meisten jüngeren Krebskranken sind darüber schon längst hinweg und klären ihre Kinder altersgemäß auf.

Wer es dennoch so gehandhabt hat (war früher ja gängige Praxis), der weiß später, warum wenig Verständnis da ist. Mir sagte ein Freund, dessen Mutter (vorübergehend) schwer erkrankt war, als er 17 war: Er habe das zwar bemerkt und sei natürlich auch irgendwie ... betroffen gewesen, aber habe sein Teenager-Leben im Wesentlichen weitergeführt. So richtig verstanden und verarbeitet habe er das zu seinem Leidwesen erst als Erwachsener. Bei uns war das ähnlich (das mit dem Wunsch, sein Teenager-Leben trotzdem leben zu dürfen).

Mathias974
30.11.2013, 16:53
Hallo Cecil,

du kannst Kindern aber auch nicht alles erklären, dann kommt es ganz klar auch auf das Alter des Kindes an.
Meine kleine ist acht Jahre alt und wir haben ihr soweit es geht alles verständlich erklärt, auf jeden Fall den Grund warum es mir schlecht geht und was in einer Chemotherapie gemacht wird. Sie fragt natürlich auch sehr viel, wo sie aber nicht auf alles eine Antwort bekommt. Denn auf die Frage ob ich sterben werde, will ich ihr nicht antworten, denn ich weiß es nicht. Fakt ist, ich wurde 2 mal operiert, wovon die letzte OP es in sich hatte. Leberteilresektion, Lymphknoten entfernt, Gallenblase raus. Diese OP hat mich natürlich geschwächt, was auch unsere Tochter mitbekommen hat.
Da ich Lymphknoten Metastasen habe und ein sehr hohes Rezidiv Risiko, kann es auch passieren das mein Leben nicht mehr ganz so lang sein wird. Willst du dann einer acht Jährigen erzählen das es sein könnte das man stirbt. Halt ich für nicht richtig solange man nicht weiß was passieren wird.
Sollte bei mir irgendwann der Fall eintreten das es einen nicht mehr heilbaren Rückfall gibt, dann wird die Zeit kommen wo ich es ihr erzählen muss, aber nicht vorher.

Des weiteren schließe ich mich ausnahmslos Triangels letzten Post an, Rücksicht ist das A und O, egal in welcher Situation im Leben man sich befindet.

Mathias

Cecil
30.11.2013, 17:05
Hallo, Mathias,

aus diesem Grund schrieb ich: altersgemäß.

Man muss übrigens aufpassen, das zeigt mir unser Jüngster immer mal wieder, dass man den Kindern nicht eine Krebs-Angst um das eigene Leben aufbürdet. Ist 'ne echte Gratwanderung. Dennoch, im Leben passieren auch Tiefschläge, und mitunter erwischen sie die eigene Familie oder sogar einen selbst.

Außerdem ist es schon schwierig, einen Fall wie Deinen (der mir sehr leid tut) mit einem Fall, in dem nur noch regelmäßige Kontroll-Termine im Rahmen der Nachsorge stattfinden und Rezidive ausbleiben mögen, zu vergleichen.

Ich wollte mich dahingehend eigentlich nicht outen, aber wir haben nur Söhne, und da ich erkennbar selbst mal ein Mädchen war (und 'ne Schwester habe), stelle ich tagtäglich fest, dass minderjährige Jungs gaaaaaaaaaaanz anders ticken als Mädchen. Das nur am Rande.

Jetzt muss ich mich in die Weiten des INetzes begeben und herausfinden, ob Rücksichtnahme eine ererbte, erlernte oder anerzogene Eigenschaft ist. Bis bald! :winke: