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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Endstation Hospiz, wie soll ein Mensch das nur ertragen?


kicia
27.07.2014, 08:23
Hallo, nach vielem Mitlesen schreibe ich nun auch mal wieder.Leider.Damals, vor 9 Jahren nahm mir der Lungenkrebs bereits meine Mutter auf grausame Art.Heute weiß ich, das es noch schlimmer geht. 10 Jahre kämpfte mein geliebter Papi gegen Blasenkrebs, Lungenkrebs jetzt hat er scheinbar auch was an der Speiseröhre und eine Metastase im Kopf.Was hat er nicht alles über sich ergehen lassen. Und nun, seit gestern liegt er im Hospiz. "Warum das alles.Was habe ich getan?" Hat er mich gerade gefragt und geweint.Und er weint sonst nie.Da habe ich auch geweint.Ist das ok? Oder sollte ich nicht versuchen stark für ihn zu sein? Ich bin am Verzweifeln, er wäre so gerne nach Hause. Ein paar Tage haben wir es versucht, ich und meine Schwester allein.Aber es ging nicht.Zumal er auch noch eine Lungenembolie bekommen hat.Immer diese Frage, haben wir wirklich alles getan? Haben die Ärzte ihn nur abgeschoben, aufgegeben? ES tut so unbeschreiblich weh das alles.Ich habe Angst das nicht durchzustehen. Ich würde ihm so gerne etwas von seiner Last abnehmen. Ich will ihn auch nicht allein lassen und verbringe meinen "Urlaub" bei im hier im Hospiz.Ich habe furchtbare Angst dass er allein ist wenn er stirbt.Das war ja bei meiner Mutter so...das hat mich fertig gemacht.Zumindest er soll nicht allein sein:( Nach 9 Jahren kann ich sagen dass ich mich mit dem Tod meiner Mutter arrangiert habe.Sehr lange habe ich gebraucht. Und nun nimmt mir Gott meinen lieben Papi auch noch? Ich war immer ein papakind...

Traurige Grüße von
Einer verzweifelten Agi

mausi69
27.07.2014, 11:16
Liebe Agi!

Deinen Beitrag habe ich unter tränen gelesen, was muss und kann ein Mensch nur aushalten!
Es tut mir so leid für dich!

Weine ruhig im Beisein's deines Papa's er weiß sowieso wie unendlich traurig du bist! Wichtig ist das du ihm immer wider sagst wie lieb du ihn hast und das er gehen darf wenn es soweit ist!

Ich war vor wenigen Wochen in der fast selben Situation wie du! Meine Mama lag zuerst auf der palliativstation und die letzten 4 Tage im Hospiz! Sie wollte auch nur nach Hause, aber mit Rücksprache des Pflegedienstes mussten wir uns dagegen entscheiden und haben Mama das auch erklärt, das wir es zu Hause nicht schaffen!

Dein Papa ist im Hospiz sehr gut aufgehoben und wir rund um die Uhr versorgt! Du hast alles getan was du konntest und das weiß dein Papa!!!

Ganz viel Kraft und eine Umarmung!

Mausi

catw31
27.07.2014, 15:04
Liebe Agi,

wie gut kann ich Dich verstehen! Tausend Fragen... Immer wieder die Gedanken: Habe ich wirklich alles getan... Ich bin mir sicher, Du HAST. Und ich finde es total schön, dass Ihr zusammen geweint habt. Auch ich habe versucht, immer "stark" für meine Mutter zu sein, habe dann aber nach einem psychologischen Gespräch festgestellt, dass das gar nicht gut ist. Ich habe dann nicht mehr "heimlich" geweint, denn sonst hätte meine Mutter denken können, ich wuppe das alles mit links und sie nicht. Im Zusammen-Weinen waren wir uns ganz nah. Und an diese Momente denke ich jetzt sehr gerne :-)

Das Hospiz ist eine so tolle Möglichkeit, denn man kümmert sich fachmännisch um Deinen Papa, so dass Ihr Euch nicht um Ernährung, Pflege, Medikamente etc. kümmern müsst. So könnt Ihr Euch ausschließlich um den Papa kümmern, vielleicht noch reden oder "nur" Händchen halten.

Und auch ich mache mir große Vorwürfe, dass ich im Moment des Todes nicht bei meiner Mutter war. Es tröstet mich zu wissen, dass sie es gar nicht gewollt hätte. Hätte ich all die Monate an ihrem Bett verbringen können, dann wäre sie sicherlich gegangen, wenn ich zur Toilette oder zum Telefon gegangen wäre. Sie war vom Typ her einfach so, dass sie, wie ein verwundetes Tier, sich lieber in ein Gebüsch zurückgezogen hat und nicht gerne teilen mochte.

Die Frage nach dem Warum... Ja, da kann man nur ins Philosophieren geraten. Am besten gefällt mir die Antwort: Weil ich in der Lage war, es jetzt zu tragen... Warum es gefühlsmäßig allerdings immer die liebsten Menschen trifft und nicht die ekligen, gemeinen, weiß wohl nur der liebe Gott.

Ich schicke Dir eine große Portion Kraft und Energie,

viele Grüße von catw31

kicia
28.07.2014, 16:04
Danke euch für eure Antworten!
Heute habe ich mir mal ein paar Stunden genommen und bin ins Elternhaus gefahren, solange ist meine Schwester bei ihm. Seit gestern ist er wieder viel klarer. Auch in der Nacht hat er mich noch gefragt warum und wieso und er will nach Hause. Er macht gerade scheinbar unabhängig vom Hirntumor so eine aggressive Phase durch. Wie könnten wir ihn da rein stecken sagt er. Und er ist sauer. Ich habe versucht ihm zur erklären, dass es gar nicht so schlecht ist da. Viel besser als im Krankenhaus. Und dass ich und meine Schwester immer da sind, solange wir nur können (ich Urlaub bis Sonntag vorläufig, Schwester bis Mittw.). Aber er scheint jetzt so vertieft in sich, meckert nur, er will nach Hause, eine kleine Wertschätzung, dass immer jemand da ist 24/7, die kriegt man nicht. Die erwarte ich auch nicht, aber umso größer die Angst, wie er reagiert wenn wir beide wieder arbeiten müssen und nicht jeden Tag da sein können... bin jetzt gerade mal 2 Std. da mal raus- da lässt er erstmal meine Schwester anrufen wann ich wieder da bin. Das ist so einerseits süß, so kindlich, so hilflos. Und andererseits frage ich mich, was sein soll wenn ich wieder 500 km weit fahre um zu arbeiten.

Oh es wurde schon so lang, nur eine kurze Frage: Ich habe gelesen, man soll den Leuten im Hospiz nicht die Hoffnung nehmen. Ist doch richtig oder? Er fragte mich gestern traurig, scheinbar nicht realisierend, was ein Hospiz ist: Muss ich hier für immer bleiben? Ich sagte Nein. "Nur bis du stirbst" habe ich einfach mal weggelassen. Ist doch richtig oder? Obwohl ich eig. der Meinung bin, jeder Sterbende hätte ein Recht darauf. Aber ich bringe es nicht über das Herz!

Liebe Grüße,
Agi

mokilove
28.07.2014, 20:29
Ich habe mit Tränen in den Augen alle Beiträge gelesen...

Bitte fühlt Euch alle virtuell umarmt in dieser schweren Zeit...

Ich würde an Eurer Stelle den Sterbeskranken niemals ins Gesicht sagen, dass sie sterben werden. So nimmt man ihnen (und sich selbst auch) den letzten Funken Hoffnung meiner Meinung nach.

Was mich anbetrifft, bin ich als Angehörige betroffen und wir stehen wohl sehr bald vor der Entscheidung, wie es für meine sterbenskranke Schwiegermama (ihr Schicksal zu lesen im Gallengangskarzinom-Unterforum) weiter gehen soll. Ich würde sie am liebsten zu uns nehmen, weiß aber gleichzeitig, dass es eine riesige Belastung und Verantwortung wäre und ich bin mir nicht sicher, ob ich es psychisch und physisch bewältigen könnte... Eine extrem schwere Entscheidung...

kicia
29.07.2014, 15:33
Heute ist er wieder so traurig:( Es ist schon furchtbar wenn jemand, der so selbstständig war so schnell zum schweren Pflegefall wird. Besonders macht ihm zu schaffen, dass er nach einem epileptischen Anfall nur noch liegen kann:(

Ich bin euch wirklich dankbar für eure hilfreichen Antworten. Manche Dinge muss ich mir wohl selbst bestätigen lassen... wie die Frage, ob ich ihm lieber nicht sage dass er sterben muss. Da steht man so hilflos da und weiß einfach nicht was das Richtige ist.
Es ist so der krasse Gegensatz zu meiner Mutter. Sie hat bis zuletzt niemand gesagt, dass sie stirbt. Und nun weiß es mein Vater selbst bis zuletzt scheinbar nicht, dafür alle anderen.

Ich versuche dankbar zu sein für die gemeinsame Zeit... immerhin ist er 68 geworden, nur sowas tut immer weh. Wie viel schwerer muss es nur sein wenn man seinen Partner verliert wie du Klesi oder gar sein Kind... ich les hier so viele tragische Geschichten.
Diese Gemeinschaft hier hilft aber ungemein:knuddel:...versuche das Forum auch meiner Schwester nahe zu bringen weil es ihr bestimmt auch hilft. Bisher mag sie aber nicht.

Agi

little_mermaid
29.07.2014, 15:53
Ich möchte dir auch von mir ein Kraftpaket schicken. Ja, es sind unvorstellbare Situationen und sie führen uns zum Kern von Leben und Tod, Geburt und Sterben zurück. Alles, was scheinbar immer "so weit weg" scheint.

Mein Vater wurde auch innerhalb von drei Monaten zum Schwerstpflegefall von einem scheinbar "gesunden" Menschen und ertrug bis zum Ende den Gedanken nicht, dass er (jetzt bereits) sterben musste, obwohl ihm niemand die Wahrheit verschwiegen hat nach den letzten verzweifelten Chemo-Versuchen. Er ist zuhause gestorben, meine Mutter hat ihn bis zum Ende gepflegt. Es ist grauenvoll, einen gliebten Menschen so zu sehen, diese unfassbare Panik vor dem Tod zu ertragen und zu wissen, dass es keinen Ausweg mehr gibt. Eine Palliativärztin hat einmal ganz ruhig mit ihm gesprochen und auch die Wahrheit nicht verschwiegen. Annehmen konnte er es bis zum Ende wohl nicht, also keinen "Frieden machen". Aber wie soll man das schon innerhalb von drei Monaten, wenn einem das Leben weggerissen wird. Und wer mag schon urteilen, wir alle werden uns dem Ende stellen müssen.

Alles erdenklich gute für dich und deine Familie!

zarah
29.07.2014, 22:33
Ich habe gelesen, man soll den Leuten im Hospiz nicht die Hoffnung nehmen. Ist doch richtig oder? Er fragte mich gestern traurig, scheinbar nicht realisierend, was ein Hospiz ist: Muss ich hier für immer bleiben? Ich sagte Nein. "Nur bis du stirbst" habe ich einfach mal weggelassen. Ist doch richtig oder? Obwohl ich eig. der Meinung bin, jeder Sterbende hätte ein Recht darauf. Aber ich bringe es nicht über das Herz!

Manche Dinge muss ich mir wohl selbst bestätigen lassen... wie die Frage, ob ich ihm lieber nicht sage dass er sterben muss. Da steht man so hilflos da und weiß einfach nicht was das Richtige ist.

Ich denke, in dem Fall gibt es kein richtig oder falsch. Sondern nur das, was für euch zu bestimmten Zeiten ganz individuell passt. Mein verstorbener Bruder wollte oft ganz genau wissen, was gerade mit ihm passiert und was noch auf ihn zukommen kann. Also hat er, wenn er solche Themen von(!) sich(!) aus(!) ansprach, von mir ehrliche und (soweit möglich) vollständige Antworten bekommen. Kann nicht ganz falsch gewesen sein, insofern er sich, wenn ihn die Fragen nach dem wann und wie werde ich sterben akut umtrieben, immer wieder gezielt an mich wandte. Zu anderen Zeiten wollte er sich nicht damit auseinandersetzen bzw. lieber weniger realistische Dinge hören. Dann hat er sich eher an Menschen der Hoffnungsfraktion gewandt.

Klar, "nicht die Hoffnung nehmen" hört sich erstmal gut an. "Falsche Hoffnungen machen" hört sich nicht immer toll an. Ganz schrecklich stelle ich mir aber eine Situation vor, in der der Kranke sich nicht traut, den Tod anzusprechen. Obwohl er eigentlich darüber reden möchte. Weil er seine Angehörigen schonen will. Und die Angehörigen sich nicht trauen, den Tod anzusprechen. Obwohl sie es eigentlich möchten. Weil sie den Sterbenden schonen wollen. Da kann die gegenseitige Rücksichtnahme, denke ich, in eine fiese Sprachlosigkeit kippen. Ein riesiger Elefant mitten im Zimmer. Alle tänzeln drumrum, tun aber so, als wäre da nix. So kann man, scheint mir, einen Sterbenden mit besten Absichten vielleicht auch arg alleine lassen.

Bei meinem Bruder war halt alles da: Mal wollte er sich, durchaus detailliert und bis hin zu scheußlichen Details, die Krebs im Kopf-Hals-Bereich mit sich bringen kann, mit seiner Krankheit und dem Sterben auseinandersetzen. Mal wollte er hören, dass er ja bestimmt noch in einem halben Jahr mit einer Freundin XYZ machen würde. Und mal wollte er einfach seine Kontoauszüge durchsehen. Oder in netter Gesellschaft Fussball kucken. Wir haben uns an dem orientiert, was er jeweils signalisierte. Und an unserem Bauchgefühl. Er war nicht allein. Mit keinem seiner Wünsche und Bedürfnisse. Weder mit dem Wunsch nach offenen Gesprächen. Noch mit dem Wunsch nach zeitweiligem Verdrängen. Und das war, denke ich, gut so.

Ja, es sind unfassbare Situationen. Ich wünschte, diese furchtbare Krankheit hätte Andreas nie erwischt. Aber es war eine Ehre, ihn begleiten zu dürfen. Auf seinem ganz eigenen, ganz charakteristischen Weg. Und es ist ein gutes, warmes Gefühl, dagewesen zu sein, als er uns brauchte. So wie er es brauchte. Das bleibt.

Auch von mir alles Gute dir und deiner Familie! zarah

kicia
31.07.2014, 07:56
Heute Nacht ist er nach etlichen Stunden, nach zeitweise starken Schmerzen erlöst. Ich konnte zusehen, wie seine Atmung nachdem er so lange röchelnd da lag immer ruhiger wurde. Ich wusste dass es gleich soweit ist. Es war mein innigster Wunsch dabei zu sein. Aber auf einmal überkam mich die Angst.

Ich bin geblieben, habe ihm bei seinen letzten Atemzügen gesagt, dass wir ihn lieben, er soll sich keine Sorgen machen, wir schaffen das und er soll auf uns bitte aufpassen.

Dann hörte er ganz auf zu atmen. Ist es das, was ihr friedlich einschlafen nennt? Ich bin jedenfalls wenigstens darüber froh, dass er scheinbar keine Schmerzen dabei hatte.
Trotzdem diese Zweifel, haben wir alles getan? Haben wir genug hinterfragt? Haben wir ihn zu früh aufgegeben? Gekämpft hätte er noch. Er hat so viel gegessen im Hospiz. Meine Schwester hatte ihm im Kh immer gepredigt, wenn er fleißig isst dann kommt er schneller zu Kräften und kann schneller nach Hause:(

Er hätte uns so gern noch was gesagt aber er konnte nicht. Sicher wollte er wieder sagen was ist mit mir los. Was ist passiert. Warum bin ich hier. Ich will nach Hause.
Es tut mir so weh dass er nicht sterben wollte. Er wollte uns um keinen Preis allein lassen, er hat sich so viele Sorgen gemacht um uns, dass wir den Kredit für das Haus nicht allein abbezahlen können etc.

Papi, ich hoffe du bist jetzt alle Leiden los. Es tut mir so leid dass ich dich nicht viel öfter besucht habe, dass du nicht mehr miterlebst wenn ich nach Berlin zurückkehre und dass ich dir so viel Kummer bereitet habe.
Wir lieben dich.

Caroline3
31.07.2014, 12:31
Liebe Agi,

erstmal mein aufrichtiges Beileid...es ist furchtbar, wenn ein geliebter Mensch von einem gehen muss, auch wenn er dann von seinen Leiden erlöst ist.
Ich wünsche dir für die nächste Zeit viel Kraft und Zeit, das alles zu verarbeiten.

Ich selber stehe auch vor dieser Situation; meine Schwester liegt seit einigen Tagen auf der Palliativstation, sie hat BK mit multiplen Metastasen. Es geht ihr so schlecht, sie bricht fast nur noch, und ich habe große Angst vor dem, was kommt.
Bin seit 5 Monaten bei ihr, um sie zu pflegen, es war nicht immer einfach, aber jetzt rückt das Ende scheinbar immer näher, und ich weiss nicht, wie ich das bewältigen kann.

Liebe Grüße und alles Gute von Caro

BerliNette
31.07.2014, 15:36
Liebe Agi,

ich fühle mit dir und denke an Dich. Bitte plage Dich nicht mit Zweifeln. Ich wünsche Dir viel Kraft alles zu verarbeiten.

Liebe Grüße

Anette

little_mermaid
31.07.2014, 15:46
Mein Beileid und viel Kraft.

kicia
07.08.2014, 11:48
Ein Woche später...

ich fühle mich recht stabil. Ich habe Angst, dass der große Zusammenbruch erst später kommt... ich und meine Schwester haben so viel zu tun... zumindest weiß ich, dass ich mich um meine eigene Bestattung schon frühzeitig auch ohne Krankheit kümmern werde. Es ist sehr schwierig unter diesen Umständen Entscheidungen zu treffen, das möchte ich dann bei mir wenn es so sein sollte, den Hinterbliebenen ersparen. Das alles mit dem Bestattungsunternehmen, einen katholischen Priester für einen evangelischen Friedhof finden, die Lieder, der "Leichenschmaus", die Kleidung für ihn, die ganzen Papiere...als wenn man nicht genug mit sich selbst zu tun hätte. Aber vielleicht ist es auch erstmal gut so mit dem Stress. Ich habe auch in dem in den letzten Monaten etwas runtergekommenen Garten sehr viel zu tun, Zaun abschleifen, zweimal streichen, Unkraut weg etc. ...

Die ersten zwei Tage haben ich und meine Schwester nur geweint. Aber danach kamen dann die vielen Aufgaben hinstl. der Bestattung und dem Garten, den man im Sinne seines Vaters pflegen möchte, auch natürlich damit die Verwandten nicht ein runtergekommenes Haus sehen bei der Bestattung. Die weltlichen Sorgen eben. Wie gern hätte er selbst sich um den Zaun gekümmert:weinen: . Das Auto meines Vaters war auch runtergekommen. Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben vor einem Motor gestanden mit der Aufgabe, das Ding wieder zum Laufen zu bringen... und ich habs geschafft!

Zwischendurch muss ich immer die Tränen unterdrücken, aber den großen Zusammenbruch, den ich erwartet hatte, den hatte ich nicht. Vielleicht sind es eben die Umstände, die einen stark sein lassen jetzt? Was vorher war, war so schlimm und unerträglich, dass ich jetzt scheinbar "Rand voll" bin mit Leid, Kummer, Sorgen... . Ich habe echt das Gefühl, ich müsste eigentlich permanent weinen, aber kann es nicht, weil mein Hirn mich "beschützt" wie ein natürlicher Reflex, weil das alles zu viel war.
Ich habe deswegen auch ein schlechtes Gewissen, dass ich nicht genug weine um ihn. Obwohl ich weiß, dass es schöner für ihn ist, wenn wir so schnell wie möglich für ihn und unsere Mutter unser Leben glücklich erleben.
Das haben wir wirklich auch nötig...

Ich bin vollgekleckst bin brauner Farbe und allenmöglichen Dreck von da draußen und mache mich auch gleich wieder an die Arbeit, den der erste Anstrich ist noch nichtmal fertig. Aber ich habe Freude daran, bei jedem einzelnen Pinselstrich. Weil ich weiß, mein Vater ist stolz auf uns! Er hatte "nur" drei Töchter- aber wir können eig. alles, und wer solche Töchter hat, wer braucht da schon nen sohn:laber:

Lieben Dank an Euch!

BerliNette
07.08.2014, 12:27
Liebe Agi,

es ist erst so kurze Zeit her, dass du deinen Papa gehen lassen musstest. Ihr macht das prima:pftroest: Ich finde es sehr gut, dass du dich momentan mit viel Arbeit ablenken kannst.

Bitte hab kein schlechtes Gewissen weil du meinst nicht genug zu weinen. Meine Liebe, wer soll den Trauer messen? Jeder Mensch trauert anders und das drückt sich nicht in Tränen aus.

Dein Vater ist stolz auf euch!

Liebe Grüße und weiterhin viel Kraft

Anette

catw31
07.08.2014, 19:37
Hallo Agi,

ich glaube nicht, dass noch ein großer Zusammenbruch kommt. Meine Mutter verstarb im Nov. 2013 an BSDK. Auch ich hatte danach so viel zu tun: Bestattung, Papierkram, Wohnungsauflösung etc. Das war auch gut so, so konnte ich gar nicht in ein Grübelloch fallen. Bis heute kam kein Zusammenbruch. Ich glaube, ich habe bei der Diagnose und der Begleitung bis zum Tod so viel geweint, dass ich quasi die Trauer "vorweggenommen" habe...

Viele Grüße von catw31

kicia
09.08.2014, 13:24
Das trifft es glaube ich sehr genau, dass man die Trauer "vorweggenommen" hat. Wieviel Leid muss ein Mensch nur ertragen können. Ich glaube, für mich war der Weg bis zum letzten Atemzug das Allerschlimmste. Das ständige stark sein müssen, die vielen Krankenhausbesuche und dann diese furchtbar traurigen Augen, die einem nur sagen: Ich will nicht sterben, ich will nach Hause.

Ich tu mich noch etwas schwer, aber es geht mir recht ok. Wie es halt so auch bei den anderen ist. Man macht auf einmal alles zum ersten Mal ohne ihn. Ich muss an sein geliebtes Werkzeug, bei jedem Griff denke ich mir welchen Kommentar er gerade wohl abgeben würde... "NEIN! Ganz falsch!xD" "Das musst du so und so machen!".

Und dann habe ich die Angst, meinen Vater zu vergessen. 9 Jahre ist meine Mutter nun tot. Und ich habe nicht mehr viele Erinnerungen an sie. Selbst ihr Wesen ist mir fremd, deshalb habe ich Angst auch ihn zu vergessen. Nicht mit Absicht, aber es passiert dann wohl...
Es ist und bleibt nicht schön, aber ich denke wenn der da oben weiß was er tut dann muss es wohl so sein:((

Ich wurde zumindest mit einem Geschenk gesegnet: Ich durfte bei ihm sein als es so weit war. Das hat mir extrem viel bedeutet. Sehr sehr viel sogar, ich zehre sicher lange davon.

Schöne Grüße,
Eure Agi

schnaddi
09.08.2014, 13:56
Ihr Lieben,

ja so ging es mir auch. Die schlimmste Trauer hatte ich in der letzten Woche vor Moms Tod. Da haben wir gemeinssam geweint, ich hab alleine geweint usw. Als es passiert ist, war ich schon ziemlich tränenleer, und ich habe fast mehr Erleichterung gespürt. Ich glaube das Zugucken wie jemand leidet, ist noch schlimmer als zu trauern, dass man ihn nie mehr sehen wird.

Die kicia hat aber grad was Interessantes geschrieben, und das erklärt mir auch noch bissel, warum ich es besser annehmen kann als manch anderer im Forum. kicia schrieb:"Diese traurigen Augen, die sagen, ich will nicht sterben. Bei uns war das völlig anders. Mom hat knapp sechs Wochen vorher die Chemo aus Eigeninitiative abgebrochen. Hat sich dann sehr bewusst fürs Hospiz entschieden, obwohls ihr schwer fiel. Und sie sagte schon beim Einzug ins Hospiz:"Das soll jetzt hier aber auch nciht mehr so ewig weiter gehen" Mama hat auf den Tod gewartet und war unterdessen guter Dinge, sie ist fast ein bißchen feierlich gegangen, ganz ehrlich. Wie sie das hinbekommen hat, aber Mama war immer eine sehr starke Frau, und das war sie wirklich bis zum Schluss. Ich bin so stolz auf sie und liebe sie wahnsinnig, so sehr, dass sie es fast schon spüren müsste ;)

Kicia, die Erinnerung wird nicht verblassen, denn du bist jetzt viel älter. Meine eine Oma ist gestorben als ich 16 war, und da kann ich mich kaum erinnern, weil ich sie als Kind kannte, und nicht ihr wahres Ich gesehen habe. Also die Persönlichkeit hab ich als kind ja nicht wahrnehmen können, demnach ist nicht sehr viel an Erinnerung da, ein bißchen eben. Der freund meiner Mama ist vor sieben Jahren gegangen, an den hab ich viel mehr Erinnerung, weil ich ihn in einem anderen Alter kennengelernt habe. So wird es dir jetzt auch gehen. Du wirst sehen...........eines Tages wird dein Herz vor Freude hüpfen, wenn du an sie denkst und du wirst froh sein, dass sie deine Mama war :)

und naja wer weiß, vielleicht sehen wir uns ja alle eines Tages wieder, und wenn das nicht so ist, dann hat doch wenigstens die Hoffnung darauf geholfen :)

Drück dich mal
liebe grüße
Tanja