PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Verlust


Servala
27.04.2015, 18:10
Hallo ihr Lieben,

ich habe mich heute erst hier in diesem Forum angemeldet, weil ich irgendwie das Gefühl habe, über meine liebe Frau Romy schreiben zu müssen. Meine eingetragene Lebenspartnerin, wie es so schön heißt.

Romy ist gestern früh im Krankenhaus auf der Palliativstation verstorben, im Alter von 33 Jahren - einen Tag vor ihrem 34. Geburtstag. Es war ein langer Kampf für sie aber auch für mich.

Angefangen hat alles vor knapp anderthalb Jahren, sofern mich mein Gedächtnis da im Moment nicht ein wenig im Stich lässt. Sie hatte gerade Wäsche in den Keller gebracht, kam wieder hoch und klagte plötzlich über massive Schmerzen im Bauch / Unterleib. Ich habe einen Krankenwagen gerufen und gedacht, das es vielleicht der Blinddarm sein könnte. Leider stellte sich nur kurze Zeit später heraus, das sie eine riesengroße, Zystenartige Flüssigkeitsansammlung am rechten Eierstock hatte und eine - eher recht klein ausfallende - Geschwulst.

In einer ersten Operation wurde die Geschwulst und auch die Flüssigkeit entfernt. Alles zur Untersuchung eingeschickt. Der Befund war eigentlich recht erfreulich, vor allem da ich schon damals mit dem Schlimmsten gerechnet habe.

Es hieß es würde sich um einen Borderline-Tumor handeln, einer der nicht streut. Zur Vorsicht sollte man jedoch über eine Totaloperation nachdenken, da es durchaus vorkommen könnte, das diese Art von Tumoren später erneut wachsen und dann ein weitaus bösartigeres Verhalten an den Tag legen. Kurz und Schmerzlos hat sich Romy dann dazu entschieden, die Operation gleich durchführen zu lassen, da sie sich ja nun schon einmal im Krankenhaus befand.

Danach kämpfte sie sich wirklich schnell wieder auf die Beine. War Fit und lebensfroh, suchte sich einen neuen Job. Wir hatten eine wirklich wunderschöne Zeit. Alles schien gut zu werden. Mal keine finanziellen Sorgen mehr, wir waren glücklich und lebten gemeinsam unser Leben. Die Nachsorgeuntersuchungen waren allesamt unauffällig und ich hielt jedesmal den Atem an wenn sie wieder zur Gynäkologin musste, ich rechnete irgendwie immer im Unterbewusstsein mit einer schlimmen Nachricht. Vielleicht auch, weil ich einige Jahre zuvor meine Mutter an den Krebs verloren hatte, sie war erst 52 und ich damals gerade 22 geworden, heute bin ich 33.

Es kam allerdings alles weitaus schlimmer als ich es mir je hätte vorstellen können. Ich war eines Nachts unterwegs und habe Zeitungen ausgetragen (den Job haben wir bis dahin gemeinsam gemacht) und sie war bereits seit drei Wochen zu Hause. Alle dachten, sie hätte eine Magenschleimhautentzündung. Auf den Termin zur Magenspiegelung hätten wir noch beinahe 6 Wochen warten müssen.
Sie schrieb mir eine SMS das es ihr gar nicht gut ginge und ich versuchte sofort, zurück zu rufen. Niemand ging ans Telefon. Also informierte ich kurzerhand meine Chefin, das ich dringend nach Hause musste und jemand meinen Bezirk übernehmen müsse.

Wieder zu Hause stellte ich fest, das sie zwar - Gott sei Dank - einigermaßen okay war. Aber sie musste sich immer und immer wieder heftig übergeben, klagte über starke Krämpfe im Bauchbereich. Es ging also wieder ins Krankenhaus und der neue Befund war schnell da. Sie hatte einen Ileus (Darmverschluss) verursacht von einer massiven Ansammlung von Metastasen. Leber und Nieren waren ebenfalls bereits betroffen. Es handelte sich um eine sogenannte Peritonealkarzinose mit einer sehr geringen Lebenserwartung, so gut wie keine Heilungschancen.

Romy wurde recht schnell operiert und beinahe der gesamte Dickdarm musste entfernt werden. Beinahe hätte sie die Operation nicht überlebt, durch den massiven Flüssigkeitsverlustes, Eiweißverlustes und so weiter. Die Operation dauerte wahnsinnig lange, viel länger als geplant und dann schwoll das Gewebe stark an, so dass der Darm und die Wunde nicht vernäht werden konnten. Man brachte sie also - in ein künstliches Koma versetzt - auf die Intensivstation und tat wirklich alles dafür, damit sich ihr Zustand wieder besserte. Aber es sah sehr schlimm aus in dieser ersten Nacht, es war mehr als nur knapp.

Da sie so viel Flüssigkeit benötigte und auch zugeführt bekam, war sie furchtbar aufgedunsen - aber immer noch meine Romy. Die Schwester sagte ich sollte mich nicht erschrecken wenn ich gleich in den Raum gehe. Es wäre möglich das ich sie nicht erkennen würde. Sie erklärte mir auch einfühlsam und sehr geduldig was gemacht worden war, wie es um meinen Schatz stand und das es sein könnte, das sie es nicht schaffen würde. Kaum stand ich vor ihrem Bett dachte ich nur: "Lächerlich, ich würde sie immer und überall erkennen".

Die Woche die nun folgte war wirklich die bis dahin schlimmste in meinem Leben. Jeden Tag saß ich von morgens bis abends an ihrem Bett, redete mit ihr, las ihr vor, hielt ihre Hand und hoffte, das sie wieder aufwachen würde. Es kam mir so vor, als würde die Zeit überhaupt nicht vergehen wollen. Dann eines Tages, sagten mir die Ärzte bei der Visite, das sie Romy aufwecken wollten. Das erste Mal klappte jedoch nicht so gut, weil die vielen Schläuche sie so aufgeregt haben. Der Chefarzt sagte dann, das man lieber noch ein, zwei Tage länger warten wolle, bis sie einige davon los wäre. Und dann war sie auch wirklich wieder wach. Oh Gott ich kann heute noch nicht dieses unglaubliche Glücksgefühl beschreiben, als sie mich angesehen und erkannt hat. Natürlich war sie noch ein klein bisschen durch den Wind von der Sedierung, aber das legte sich sehr schnell und der Kampf zurück ins Leben begann nun auf andere Art und Weise.

Sie musste langsam wieder anfangen zu essen. (In der Zwischenzeit war zumindest die Wunde im Darmbereich zusammengenäht worden. Für den Rest wurde ein sogenannter Vakuum-Schwamm eingesetzt). Zuerst gab es natürlich nur ganz vorsichtig Suppen, später dann festere Nahrung und es war wirklich schwer für sie, weil das Essen ihr auch Schmerzen verursacht hat. Aber sie hat sich zurück gekämpft, Schritt für Schritt.

Und dann sagte sie zu mir: Lass uns heiraten, wenn wir das noch könnten, wäre das wirklich wunderbar. Das ist mein größter Wunsch. In dem Moment war ich ein bisschen geplättet, denn ich wusste gar nicht wo ich anfangen soll. Das war im November 2014 und ich hatte nicht den blassesten Schimmer, das in besonderen Situationen Standesamtliche Trauungen auch im Krankenhaus möglich sind. Glücklicherweise hat die Standesbeamtin, bei der ich mich erkundigt habe alles erstaunlich schnell in die Wege geleitet. Ich war ganz baff, als sie mich drei Tage später anrief und sagte, sie habe sich alle notwendigen Unterlagen besorgt, nun bräuchte ich nur noch einen Termin.

Nachdem mir die im Krankenhaus tätige Seelsorgerin angeboten hatte, den Raum der Stille für die Trauung zu nutzen, war beinahe alles geklärt. Ich hatte sogar Ringe, die wir austauschen konnten. Wir mussten Romy mit dem Krankenhausbett hinunter in den Raum fahren, sogar noch mit einer Sauerstoffflasche dabei. Aber es war wirklich einfach nur wunderschön und ich bin so froh das wir es getan haben. Alleine ihr Lächeln und wie sie mich angesehen hat, werde ich niemals vergessen.

Nach einer sehr langen Zeit auf der Intensivstation - 7 Wochen insgesamt - wurde meine Frau dann auf die normale Station verlegt und sie haben mit einer leichten Chemotherapie angefangen. Die hat auch wirklich gut angeschlagen, alle Werte wurden besser, die Metastasen schienen sogar weniger zu werden.

Wir hatten das Glück, das sie im Dezember nach Hause entlassen wurde und so konnten wir noch einmal gemeinsam Weihnachten und Silvester feiern. Es waren ein paar schöne Wochen/Monate. Bis Romy dann Anfang März wieder anfing sich zu übergeben. Nichts bei sich behalten konnte. Im Krankenhaus wurde festgestellt, das der Darm erneut in seiner Tätigkeit beeinträchtigt war und man stellte die Therapie um. Nach zwei Wochen auf der normalen Station, wurde uns angeboten Romy auf die Palliativstation zu verlegen. Und ich bin im Nachhinein so froh das wir das getan haben... denn Romy hat das Krankenhaus leider nicht mehr verlassen können.

Das übergeben wurde immer schlimmer, so das sie sich dafür entschieden hat, sich eine Magensonde legen zu lassen. Das war zwar nicht angenehm, aber sie war mit ihren Kräften so am Ende, das sie sich fast nicht mehr auf den Beinen halten konnte.

Ich habe viel dort übernachtet und bin bei ihr gewesen. Besonders in ihren letzten Tagen. Eigentlich wollte ich erst letzten Montag wieder dort bleiben, denn ich hatte mir eine kleine Erkältung eingefangen. Aber am Samstag war sie so traurig und schwach, das wir uns dazu entschlossen haben, das ich doch schon bleibe.

Nun, nachdem wir uns Sonntagabend noch ganz normal unterhalten hatten, wachte sie am Montagmorgen nicht richtig auf und schlief die ganze Zeit. War zwar immer mal wieder ansprechbar und wach, aber diese Phasen wurden schnell weniger. Nach einem Gespräch mit der Ärztin war klar, das es keine Möglichkeit mehr gab diesen Zustand ins positive zu kehren.

Sonntag Nacht dann konnte ich nicht schlafen, hatte den ganzen Tag schon so ein unbestimmtes Gefühl gehabt. Lag bis halb drei wach, lauschte immer wieder ihren Atemgeräuschen und strich ihr über den Arm. Bis ich dann doch eingeschlafen bin. Keine 45 Minuten später wollte ich aufstehen da ich schrecklichen Durst hatte und habe - so wie ich es immer tat - meine Hand auf ihren Arm gelegt und in diesem Moment war mir klar, das sie bereits eingeschlafen war. Die Haut war schon so kühl und es war nichts mehr zu hören.

Mein einziger Trost ist, das sie sehr friedlich ausgesehen hat und nun wenigstens keine Schmerzen mehr hat. Aber sie fehlt mir so unendlich. Als hätte man mich in zwei Hälften geteilt und vergessen, mir die bessere wieder zurück zu geben.

Peggy70
27.04.2015, 19:43
hallo servala,
mein herzliches beileid...ich wünsche dir viel viel kraft für die kommende zeit...

ja der verlust des partners ist schrecklich, auch ich fühle mich halbiert, ein teil von mir fehlt und ist unwiederbringlich weg...und es ist wirklich ein kleiner trost zu wissen, dass sie nun keine schmerzen mehr ertragen müssen, das leiden vorüber ist...

ich wünsche dir nochmal ganz viel kraft

shahan
28.04.2015, 11:49
Hallo servala

Es tut mir von Herzen leid, dass du deine Frau in so jungen Jahren verloren hast.
Ich kann mit dir fühlen, wünsche dir Kraft und liebe Menschen, die dich tragen in deinem Schmerz.

l.g.Shahan

schwarzehexe
28.04.2015, 20:17
Hallo Servala,
mein herzliches Beileid das du deine bessere Hälfte verloren hast und wünsche dir viel Kraft für die kommende Zeit.
Kann dich sehr gut verstehen und denke genauso wie du, das die bessere Hälfte nun immerhin keine Schmerzen mehr hat...das müssen wir uns vor Augen halten
l.g.

Servala
11.05.2015, 17:07
Jetzt sind es schon über 2 Wochen und irgendwie wird meine Trauer immer schlimmer.
Am Anfang war es komisch, da erschien es mir den größten Teil des Tages in Ordnung. Ich wusste sie muss nun nicht mehr leiden, nicht mehr kämpfen.

Aber jetzt? Ich glaube mir wird erst nach und nach bewusst, das sie wirklich nicht mehr da ist - und auch nicht wieder kommen wird. In unserer gemeinsamen Wohnung halte ich es kaum aus. Aber ich weiß auch nicht, was ich ansonsten machen soll. Ich bin allerdings schon auf der Suche nach einer neuen Wohnung, hauptsächlich weil die alte für mich alleine auch viel zu teuer ist auf dauer gesehen.

Ich wäre lieber heute als morgen hier weg. Hier erinnert mich einfach alles an sie und der Schmerz und die Leere sind schrecklich.

Glaube39
12.05.2015, 23:49
Hallo Servala,
Auch von mir , mein aufrichtiges Beileid.... Ihr beide , du und deine Romy.... Ich habt ja wirklich eine ganz schwere Zeit hinter euch, deine Romy ist erlöst... Obwohl ihr Leben noch so lange hätte gehen sollen, aber es wurde ihr / euch genommen ..... Du bist übrig geblieben ... Und hast noch eine sehr harte Zeit vor dir.... Bis der Schmerz und die leere nachlassen werden....
Mein Mann ist am 22.02. gegangen .... Und ich kann es immer noch nicht wirklich annehmen... Die leere ist zu groß.
Dir weiterhin weiterhin ganz viel Kraft für deine nächste Zeit.

Servala
17.05.2015, 10:47
Hallo zusammen.

Nun ist auch die Beerdigung gewesen. Am 15.05. und es war... ich weiß nicht so recht. Auf der einen Seite hat der Bestatter die Trauerfeier wirklich sehr schön gestaltet. Alles war so, wie wir es besprochen hatten, so wie Romy es sich gewünscht hätte.

Auf der anderen Seite war es einfach nur schrecklich. Die Urne zu sehen mit ihrem Bild daneben. Zu wissen das sie wirklich verbrannt worden ist, nie mehr zurück kommen wird. Ich habe die ganze Zeit ihr Bild angesehen und mir irgendwie gewünscht, das alles nicht wahr sein kann, das es ein böser Albtraum ist und ich irgendwann aufwachen würde.

Aber ich habe auch nochmals Abschied nehmen können. Nicht nur bei der Beerdigung. Romy ist nicht an unserem Wohnsitz beigesetzt worden. Wir wohnen in Hameln und sie wollte immer gerne in ihrer Heimat in Stralsund die letzte Ruhe finden. Also habe ich alles organisiert, damit es auch so statt findet. Ich bin mit zwei Freunden nach Stralsund gefahren und wir konnten bei meiner Schwiegermutter übernachten.

Ich habe in Romy's altem Zimmer geschlafen, irgendwie hatte ich das Gefühl, das tun zu müssen. Es war nicht leicht, aber hat auch auf eine merkwürdige Art und Weise gut getan. Und ich konnte nochmal die Strecke entlang gehen, die wir früher immer genommen haben, wenn wir mit dem Hund raus gegangen sind. Mir war bis dahin überhaupt nicht klar, wie viele schöne aber auch in dieser Situation traurige Erinnerungen in dieser Gegend stecken. Ich bin jeden Abend dort lang spaziert und habe mich an der Stelle, wo die beiden immer herum getobt sind auf die Bank gesetzt. Es war fast so, als könnte ich sie sehen. Das hat so schrecklich weh getan.

Aber dort, an genau der Stelle konnte ich zum ersten Mal auch mit ihr reden. Es war gar nicht mehr schwer.

Wir haben noch einige andere Sachen unternommen, ihre Mutter, unsere Freunde und ich. Leider war die Zeit recht kurz und alles haben wir nicht geschafft. Aber wir haben uns fest vorgenommen, noch einmal hin zu fahren und den Rest nach zu holen. Alles das, was Romy gerne noch einmal gemacht hätte aber nicht mehr konnte.

Aratha
17.05.2015, 13:34
Es tut mir sehr leid, dass du deine Romy so früh verloren hast.

Ich wünsche dir viel Kraft für die kommende Zeit und liebe Menschen um dich herum.


LG Aratha

Servala
26.05.2015, 16:42
Irgendwie fühle ich mich im Moment wie in einer Tretmühle.

Ich bin dazu gezwungen ihre Sachen auszuräumen - nicht wegzuwerfen, das kann ich noch nicht. Aber ich muss mir eine neue, kleinere und vor allem günstigere Wohnung suchen. Ich glaube sonst würde ich NIE jetzt schon anfangen, alles zu sortieren und durchzusehen.

Schnell komme ich damit nicht wirklich voran. Gestern musste ich immer mal wieder Pause machen wenn mir ein besonderes Kleidungsstück in die Hände gefallen ist. Und obwohl wirklich nicht viele ihrer Sachen bei den Altkleidern gelandet sind (wirklich nur diejenigen, die eigentlich nur noch im Schrank gehangen haben und die sie so gut wie gar nicht mehr angezogen hat) war ich total fertig, nachdem wir die Sachen in den Container geworfen hatten.

Auf der einen Seite geht es mir irgendwie nicht schnell genug mit einer neuen Wohnung und auf der anderen Seite will ich hier nicht weg. Das fühlt sich so schmerzhaft an alles, ich kann es gar nicht in Worte fassen.

Und dann, ja dann sind da noch die Momente in denen ich gerne mit ihr über alles reden würde. Auf gewisse Art tue ich das auch, aber manchmal ist die Stille einfach zuviel für mich und ich möchte nur noch alles rückgängig machen. Natürlich kann das niemand, das ist mir leider nur allzu klar. Aber das sind die Augenblicke, in denen sie mir so sehr fehlt, das ich nicht weiß wohin mit dem Schmerz.

Elisabethh.1900
26.05.2015, 21:05
Liebe Servala,
hiermit möchte ich Dir meine aufrichtige Anteilnahme aussprechen. Für die kommende Zeit wünsche ich Dir ganz viel Kraft.

In stiller Trauer,
Elisabethh.

Lena1805
27.05.2015, 01:30
Liebe Servala,
ich musste weinen, als ich deinen Text gelesen habe.
Es tut mir wahnsinnig leid, dass du deine Romy schon so früh gehen lassen musstest! Viel zu jung. Viel zu schnell.
Ich möchte dir viel Kraft senden für die kommende Zeit. Und wünsche dir Menschen um dich herum, die dir zuhören, wenn du reden magst und mit dir schweigen, wenn dir die Worte fehlen. Die dich auffangen, wenn du abstürzt und dich in den Arm nehmen, wenn du das brauchst.

In stillem Gedenken
Lena

Marion 54
27.05.2015, 08:10
Liebe Servala,
mein Aufrichtiges Beileid .
Ich kann nach vollziehen wie Du dich nun fühlst. Da ich meinen Mann auch vor kurzem verloren habe. Er ist für mich noch heute all gegenwärtig. Ob wir es schaffen je über den Verlust eines geliebten Menschen hin weg zu kommen das bezweifel ich. Habe meinen Mann auch auf der Palliativstation bis zum Schluss Begleitet ,so manch einer sagte warum tust Du dir das an. Aber ich bereue keinen Augenblick. Nun sagt man nach vorne schauen( Aber wo ist vorne? )
Soweit bin ich noch nicht,Am 8 Juni gehe ich das erste mal in einer Trauergruppe,sie wird hier von der Krebshilfe Angeboten. Währe das auch etwas für dich? Wünsche dir viel Kraft und Zuversicht für die die kommende Zeit.
in stillen Gedenken
Marion

Servala
29.05.2015, 19:20
Hallo ihr,

danke für eure Worte und fürs lesen. Es tut gut zu wissen, nicht ganz alleine auf der Welt zu sein. Denn im Moment fühle ich mich sehr oft so, einfach nur furchtbar alleine. So als ob ich mit niemandem richtig reden könnte. Eigentlich kann ich das auch nicht wirklich, mir fehlen immer die Worte die ausdrücken könnten, wie es wirklich in mir aussieht.

Alle sagen irgendwann wird es besser werden. Aber ich bin mir nicht einmal sicher ob ich das überhaupt will. Denn das bedeutet auch loslassen. Romy loslassen. Dazu bin ich einfach noch nicht bereit. Irgendwann muss ich das tun, ich weiß. Aber wie wenn ich es ganz tief in mir drin gar nicht möchte?

Wisst ihr, im Moment bin ich in einer schwierigen Situation. Unsere gemeinsame Wohnung ist für mich alleine viel zu teuer und ich müsste hier ausziehen. Mir was anderes suchen. Das versuche ich auch. Aber als ich heute nach einer Wohnungsbesichtigung nach Hause kam, stürzte alles auf mich ein und mir blieb wirklich die Luft weg. Ich konnte eine ganze Weile nicht richtig Luft holen und die Panik hat es natürlich nicht besser gemacht. In genau dem Moment, als es wieder einigermaßen ging wurde mir klar das ich eigentlich gar nicht aus dieser Wohnung raus möchte. Naja, wenigstens noch nicht jetzt. Aber eigentlich habe ich da nicht wirklich großen Spielraum.
Ich weiß einfach nicht wie ich damit umgehen soll. Es tut weh hier zu sein, aber es würde mir derzeit noch viel mehr weh tun auszuziehen.

Manchmal möchte ich einfach nur das es aufhört. Aber dafür gibt es keine Lösung. Es ist so schlimm für mich, das ich mir sogar die Besuche im Krankenhaus zurück wünsche, das übernachten dort. Ihre Nachrichten morgens wenn sie geschrieben hat das es ihr gut geht, sie sich darauf freut mich zu sehen. Ich kann nichtmal ihr Handy abmelden. Es liegt hier neben mir und ich muss es oft ansehen, aber mein eigenes bleibt stumm. Ich kann mich morgens nicht mehr darauf freuen ihr zu schreiben oder von ihr zu lesen weil sie einfach nicht mehr antworten wird.

Meine Freunde sagten ich soll ihr trotzdem schreiben... ich habe es versucht, nur ist die ausbleibende Antwort zu schlimm für mich.

Ich habe auch schon darüber nachgedacht zu einer Trauergruppe zu gehen, bisher konnte ich mich noch nicht dazu durchringen.

Im Moment ist es alles zu schwer für mich.

Rachel
08.06.2015, 07:33
hallo servala,

mein mann (52 Jahre) ist am 27.7.2013 an Lungenkrebs gestorben, 1,5 jahre haben wir mit der Krankheit gelebt, sein Tod war eine Erlösung für ihn.

zu beginn war ich völlig unter schock, ich war völlig zerissen, so als hätte man mir einen fuß abgenommen oder eine Hand, dann habe ich nur geweint, bin am boden gelegen, habe geschrien, habe nach meinem mann gerufen und gefragt warum warum warum warum .............. ich konnte nichts essen, nicht schlafen, es war einfach furchtbar, nichts hat geholfen, keine therapie, keine trauergruppe, keine Reha, keine freunde die um mich waren. dieser zustand hat bei mir fast 1,5 jahre gedauert, erst als ich begonnen bilder wegzuräumen, das gewand von meinem mann verschenken, mich wieder mit freunden treffen, raus gehen in die welt, die augen aufmachen und zulassen was auf mich zukommt. es gibt kaum einen tag - auch heute noch - wo ich nicht weine, wo mein mann mir nicht fehlt. mein leben ist sehr einsam geworden, ich bin traurig und nichts ist mehr so wie es mal war aber ich habe begonnen wieder am leben teilzunehmen aber so was dauert ........... ich kann dich so gut verstehen, nachvollziehen wie es dir geht und ich weiß wie furchtbar das alles ist. zu mir hat man damals gesagt das es mit der zeit besser werden wird, ich habe es nicht geglaubt, war mir auch egal was die leute gesagt haben aber ich kann es nur bestätigen, es wird besser mit der zeit, viel besser aber es braucht alles seine zeit. ich werde bald 51 jahre und ich habe mich entschlossen weiterzuleben und das beste daraus zu machen. ich wünsche dir von ganzen herzen das es auch dir eines tages gelingen wird wieder die sonne zu spüren, die Blumen zu riechen und Freude haben am leben ..............

lg gitti

P.S. auch ich schreiben meinen mann heute noch SMS, zu Beginn fast täglich, heute ca. 1 x pro Woche

Servala
01.08.2015, 17:16
Hallo,

nach einigen guten Tagen, ich möchte sogar fast sagen sehr guten Tagen ist es jetzt mal wieder richtig schlimm. Ich finde das so verwirrend, das die Trauer so von jetzt auf gleich zurück kommt und mich so sehr lähmt.

An den besseren Tagen frage ich mich manchmal, warum es sich so in Ordnung anfühlt, warum ich es schaffe, alles einfach so hinzunehmen und weiter zu machen. Heute frage ich mich das nicht, denn ich schaffe nichts. Ich kann nur weinen, sitze hier und nichts macht mir Spaß, ich schaffe es nicht einmal mich per Whatsapp bei jemandem zu melden und zu sagen: hör zu es geht mir nicht gut, ich brauche jemanden.

Romy fehlt mir so sehr. Ich breche sogar in Tränen aus wenn ich unseren Kater ansehe oder er zum kuscheln kommt.

In solchen Momenten weiß ich manchmal nicht wie ich damit umgehen soll und hoffe nur, das sie - wie bisher auch - wieder vorbei gehen.

Geht es euch auch oft so das ihr gerne nochmal einen bestimmten Moment zurück hättet?
Bei mir ist das der Moment als wir gemeinsam bei der vorletzten Blutuntersuchung gewesen sind. Alle Werte waren wirklich super und wir waren so glücklich. Ich kann mich noch daran erinnern, das ich ein kleines Stofftier gekauft hatte das Romy irgendwie witzig fand. Ein kleiner Drache.

Dieses Glück hätte ich gerne noch ein einziges Mal gefühlt. Diese Hoffnung die in mir aufkam obwohl ich es hätte besser wissen müssen - nein obwohl ich es ja besser wusste. Das wünsche ich mir wirklich, denn dieses Gefühl kann ich mit keinen Worten beschreiben.

Und mein Wunsch, meine Romy auf dem Friedhof zu besuchen wird immer größer und doch ist es im Moment nicht möglich. Stralsund ist so weit weg von meinem Wohnort. Manchmal wünsche ich mir, das ihr Urnengrab hier auf unserem Friedhof wäre, dann bräuchte ich einfach nur aus der Haustür gehen und einen kleinen Spaziergang machen. Es ist merkwürdig. Vor ihrem Tod hat es mich nicht interessiert, jemanden auf dem Friedhof zu besuchen. Nicht bei meinem Papa, nicht bei meinen Großeltern, nicht bei meiner Tante und auch bei meiner Mutter nicht. Ich sagte mir immer: Das was dort auf dem Friedhof liegt, hat ja mit dem Menschen nichts mehr zu tun. Nichts ist übrig von ihm.

Bei Romy ist das anders. Soviel ich ihr auch Schreibe, ich spüre diesen Wunsch nach einem Besuch auf dem Friedhof immer stärker. Ich weiß nur nicht genau warum. Denn schließlich ist sie ja auch in meinem Herzen. Ich kann an viele Orte gehen die mich an sie, an uns erinnern und das tue ich auch. Aber es kommt mir nur wie ein schwacher Ersatz vor.

Ich hoffe nur, das sie ein klein wenig stolz auf mich wäre für das, was ich bisher schon alles geschafft habe. Ich bin wesentlich aktiver als vorher und nutze meine Zeit um zu joggen, Rad zu fahren und zum schwimmen gehen. Ich habe es auch geschafft endlich bei der Rentenversicherung anzurufen und um einen Beratungstermin gebeten. Denn ich möchte dringend weg von meiner EU-Rente und wieder einen Einstieg ins Berufsleben finden. Wie der letztendlich aussehen wird - ob ich zurück zu meinem erlernten Beruf muss oder ob ich evtl. sogar eine Umschulung machen könnte weiß ich noch nicht. Vorher muss ich mich mit einem Seitenlangen Antrag herumschlagen und mit meinem Therapeuten und der Krankenkasse die fehlenden Unterlagen zusammen tragen. Die Sachbearbeiterin sagte mir, das so ein Antrag gut und gerne 2 - 3 Monate Bearbeitungszeit benötigt. Ich wünschte wirklich, ich hätte das alles schon hinter mir. Im Moment geht alles so schleichend voran und ich habe nicht wirklich viel Einfluss drauf.

Warum kommt mir das heute alles so wenig vor? So klein? Wenn ich bedenke wie viel Zeit ich bisher nicht wirklich genutzt habe bekomme ich ein schlechtes Gewissen. Wahrscheinlich hätte ich schon viel weiter sein können. Aber mir ist auch bewusst, das ich mir Zeit nehmen muss, nichts überstürzen darf denn ich brauche auch die Trauer, bzw muss sie zulassen. Manchmal ist das so furchtbar schwer und ich habe Angst, mich darin zu verlieren. Ohne ihre Stärke, nur ich alleine mit meinen ohnehin ständig kreisenden Gedanken. Es gibt niemanden der mich auf die Art auf den Boden der Tatsachen zurück holen könnte wie sie es konnte und das macht mir Angst, schreckliche Angst.

Servala
02.08.2015, 18:54
Der Tag heute war wieder etwas besser, dafür bin ich wirklich dankbar.

Ich habe das schöne Wetter auch gleich für eine kleine Fahrradtour genutzt. Manchmal tut selbst das weh, alleine unterwegs zu sein, wo wir sonst immer zu zweit waren.

Es gibt nicht viele Wege die wir nicht gemeinsam entlang gewandert sind oder die wir mit dem Fahrrad zurück gelegt haben. Fort von hier möchte ich trotzdem nicht. Auf eine merkwürdige Weise fühle ich mich hier noch immer zu Hause, fühle mich noch immer wohl. Ich weiß, egal wohin ich gehen würde, sie ist immer in meinem Herzen. Aber noch bin ich nicht bereit dazu. Werde ich das jemals sein? Ich weiß es nicht, lasse es auf mich zu kommen. Was bleibt mir auch anderes übrig?

Ich überlege schon die ganze Zeit, ob ich meine Schwiegermutter nicht einfach mal für eine Woche einladen soll. Aber ob ihr das gut tut? Die Wohnung zu sehen? Die Orte zu besuchen an denen wir so oft mal wenn sie uns besucht hat gemeinsam Zeit verbracht haben? Ich werde sie demnächst einfach fragen.

Servala
04.08.2015, 13:41
Manchmal möchte ich mich einfach wieder hinlegen und den Tag verschlafen.
Ich war heute im Garten und habe ein bisschen Unkraut gezupft und den Wein geschnitten. Irgendwann habe ich dann die Kette mit den Eheringen verloren.

Ich hätte es wissen müssen, warum habe ich sie auch nicht abgenommen? Leider verliere ich sie ja an den Fingern weil ich soviel ab genommen habe. Meinen habe ich wieder gefunden. Aber Romy's nicht. Ich glaube auch nicht das ich ihn wieder finde. Oh mein Gott warum passiert mir immer sowas.

Was für ein bescheidener Tag :weinen:

Heimchen
04.08.2015, 14:33
Lieber Servala, das tut mir leid, dass du den Ring von Romy verloren hast. Ich wünsche dir, dass du ihn wieder findest. Mein Sohn hatte einen kleinen Frosch am Schlüsselband. Was er aussagen sollte weiss ich nicht. Ich trag ihn immer bei mir. Auch ihn hab ich mal fieberhaft gesucht, da ging es mir ganz schlecht. Zum Glück ist er wieder aufgetaucht.
Unser Friedhof ist bei uns in der Straße, wir gehen jeden abend hin.
Liebe Grüße Eva

Peggy70
04.08.2015, 14:59
Hallo,

ich trage den Ring von meinem Stefan auch an einer Kette und seine Armbanduhr.

Vor einigen Tagen blieb die Uhr stehen - ich war völlig panisch - die Batterie konnte es nicht sein. In der Mittagspause bin ich zum Uhrmacher gedüst und habe sie zum Nachschauen abgegeben, ich war bis zum Abend unruhig. Der Uhrmacher wusste warum mein Herz so sehr an dieser Uhr hing und hängt, als ich sie am Abend abholte, funktionierte sie wieder und ich war sehr sehr froh.

Diese Dinge haben einen so immensen Wert - sind unersetzlich.

Lieber Servala, ich wünsche dir, dass du den Ring wieder findest - schaue in aller Ruhe nochmals nach ihm.

Ja die Gefühle fahren Achterbahn, oft schießt so ein Blitz in die Gedanken und schon laufen die Tränen und man bekommt das Gedankenkarussell einfach nicht zum stoppen. Diese Auf und Abs bestimmen den Tag, das Leben, das Sein.
Heute morgen fragte mich eine Kollegin was mit mir sei, ich würde mich so niedergeschlagen anhören - ja sagte ich, ich bin traurig, ganz einfach traurig.

Aber es gibt auch schon wieder gute Tage, an denen ich auch Lache, mich freue und gut fühle.

Ich nehme es so, wie es kommt und wenn ich weinen muss, die Tränen einfach laufen, dann ist das eben auch so.

Ich wünsche dir einen annehmbaren Tag und erfolgreiche Suche

Heimchen
04.08.2015, 15:32
Liebe Peggy, auch mir geht es so wie dir und vielen Anderen hier. Ich lasse die Tränen fließen wie sie kommen. Dann geht es erst mal für einige Zeit.
Liebe Grüße Eva

lilly75
05.08.2015, 10:49
Lieber Servala!

Habe mir mal deine Geschichte durchgelesen. Ich muss sagen ich bin zu Tränen gerührt. Mein aufrichtiges Beileid für dich! Es tut mir so leid für dich das du deine Rom so früh gehen lassen musstest.

Auch ich habe meinen Dad am 15.05.2015 hier auf dem Stralsunder Friedhof beisetzen müssen. Nach nur 3 Monaten nach Diagnosestellung. Es ist immer noch so unwirklich und tut immer noch so weh. Wenn ich zu meiner Mama nach hause fahre, ist es als wenn mir jemand die Kehle zuschnürt. Schon wenn ich das Auto vor der Tür einparke, habe ich einen riesigen Kloß im Hals.
Meine Eltern wohnen dort seit 28 Jahren in der Wohnung. Meine Mama möchte auch dort wohnen bleiben. Es ist alles so leer ohne meinen Dad. Wenn ich reinkomme sehe ich ihn da sitzen, höre ihn reden und dann fange ich wieder an zu realisieren.....das er nie mehr wiederkommt. Dann weinen wir (Mama&ich) und weinen und weinen. Es ist schwer zu verstehen und ich weiss es wird noch einige Zeit dauern.
Letztens, als meine Kinder mit den Zeugnissen kamen (die wirklich gut waren) fing ich an zu heulen. Meine Kids starrten mich an und dachten ich wäre traurig wegen der Zensuren. Nein, ich war traurig weil mein Papa das nicht mehr erleben durfte. Er wäre so stolz gewesen! Die Halbjahreszeugnisse hatte er ja noch gesehen.

Es gibt immer wieder Momente wo man sich vorstellt, jetzt hätte der jenige dies gesagt und das gemacht. Dann ist es oft so als stehe die Welt still.

Ich wünsche dir für deinen weiteren Lebensweg alles erdenklich gute und viel Kraft. Wenn du weinen musst, lass es raus! Es hilft!

LG

Servala
05.08.2015, 18:52
Hallo lilly75. Mein Beileid zum Verlust deines Papas.

Ich kann dich so gut verstehen. Bisher war ich nur einige kurze Tage in Stralsund bei meiner Schwiegermama. Es hat so unendlich weh getan die Orte zu sehen an denen wir früher glücklich gewesen sind. Ich weiß bis heute nicht genau, warum es so verdammt weh tut dort zu sein. Denn wir haben hier zu Hause eigentlich viel mehr Zeit verbracht, weit weg von Stralsund in Hameln.

Hört es sich komisch an, wenn sich der Verlust dort irgendwie realer angefühlt hat? Vielleicht auch weil es direkt nach der Beerdigung war. Diese Leere auf den Wegen die wir früher gemeinsam gegangen sind... ich kann es nicht wirklich in Worte fassen.

Und ich kann auch deine Mutter gut verstehen, wenn sie dort wohnen bleiben möchte. Mir geht es mit unserer gemeinsamen Wohnung im derzeit ähnlich. Es tut weh hier zu sein, die Erinnerung um sich zu haben und auf der anderen Seite ist es gut so, fühlt sich richtig an. Im Moment gehöre ich hier her mit meiner Trauer und dem Schmerz und auch mit den guten Tagen die sich zum Glück ab und an einstellen.

Ich möchte dir und deinen Lieben auch viel Kraft wünschen.


Hallo Heimchen und Peggy70.

Bisher habe ich den Ring noch nicht wieder gefunden. Ich hoffe das sich das morgen ändert, da habe ich ein bisschen Unterstützung bei der Suche. Es ist aber auch wieder typisch für mich, das ich ausgerechnet beim Wein zurück schneiden den Ring verloren habe... das dauert bis ich alles durchgesehen habe.

Es geht mir im Moment genau so. Es fühlt sich nicht richtig an, den Ring nicht zu tragen - auch wenn ich ihn an einer Kette tragen musste.

Dazu kommt noch das dieser Ring eigentlich nur eine Notlösung war... die Standesamtliche Trauung ging so schnell das ich keine Zeit hatte andere Ringe zu organisieren. Also habe ich mir einen ausgesucht der ohnehin schon einen hohen emotionalen Wert für mich besaß. Meine Oma hat ihn mir damals zur Konfirmation geschenkt und er passte Romy wie angegossen.

Oh Gott ich hoffe ich finde ihn wieder.

Servala
07.08.2015, 18:32
Oh Gott sei dank ich habe heute morgen tatsächlich Romy's Ehering wieder gefunden. :rotier:

Wenn ich jemandem erzähle wie das tatsächlich abgelaufen ist, halten mich sicher alle für verrückt ^^ Aber ich muss es trotzdem irgendwo los werden.

Gestern nachmittag habe ich einer meiner besten Freundinnen erzählt das ich den Ring verloren habe und ihn einfach nicht finden kann. Statt lange Reden zu halten stand sie dann plötzlich mit einem Metalldetektor vor der Tür. Da muss ich schon das erste mal nicht sonderlich intelligent ausgesehen haben :D Ich meine, wer hat sowas auch schon zu Hause?

Wir sind dann ein paar Stunden in unserem Vorgarten mit dem Detektor rumgelaufen und durch den Wein an der Hauswand gekrochen. Haben alles Zentimeter für Zentimeter abgesucht. Alles was wir gefunden haben war die Kette, der Verschluss war komplett kaputt, kein Wunder also das ich nichts davon bemerkt habe.

Irgendwann haben wir es dann erstmal gut sein lassen, als wir angefangen haben jedes Schneckenhaus für einen Ring zu halten. Danach war ich ganz schön fertig. War wütend auf mich, traurig das ich den Ring wohl für immer verloren hatte. Wusste nicht wohin mit dem Schmerz. Also habe ich meine Schwiegermutter angerufen und erzählt was passiert war. Nach dem Gespräch ging es mir tatsächlich etwas besser und ich fing an mir zu sagen, das Romy ja auch ohne den Ring noch immer in meinem Herzen ist, noch immer bei mir. Dadurch konnte ich dann wenigstens einschlafen.

In der Nacht dann habe ich immer wieder von einem Ring versteckt unter einem Blätterhaufen geträumt, war mehrmals wach aber der Traum kam immer wieder - immer nur das gleiche Bild.

Am nächsten morgen dann bin ich früh nach draußen und stand erst ein wenig unschlüssig herum, habe mir dann den Rechen aus dem Geräteschuppen geholt und einfach angefangen, die Blätter ein wenig auf dem Gehweg auszubreiten. Es hat keine 5 Minuten gedauert, da habe ich nach unten geschaut und plötzlich lag er da, mitten auf dem Weg.

Ich kann euch überhaupt nicht beschreiben wie glücklich ich in diesem Moment gewesen bin. Ich habe den Ring aufgehoben, ihn mir an den Finger gesteckt und dann konnte ich nicht mehr, ich musste mich auf dem Rasen hinknien und weinen. Vor Freude, vor Trauer, Dankbarkeit... alles gleichzeitig.

Das nächste mal wenn ich im Garten vor mich hin arbeite, werde ich mit Sicherheit beide Ringe in der Wohnung lassen. So einen Schock brauche ich nicht nochmal. :winke:

Servala
11.08.2015, 16:31
Manchmal wünschte ich mir, ich könnte im Moment aktiver sein, mehr tun.
Ich hatte mich bei der Rentenversicherung erkundigt ob für mich evtl. eine berufliche Wiedereingliederung in Frage kommt (derzeit bekomme ich volle EU-Rente). Die Auskunft die ich bekommen habe, hörte sich auch ganz gut an. Der Antrag dafür liegt hier auch schon vor mir.
Jetzt ist es allerdings so, das ich damit zu meinem behandelnden Arzt muss - der ist leider noch bis zum 24.08. im Urlaub und wenn das erledigt ist, darf ich mit dem fertig ausgefüllten Antrag auch noch zur Krankenkasse. Ich hasse Dinge, die ich nicht direkt beeinflussen kann. Das heißt warten, immer noch mehr warten, geduldig sein. Dabei möchte ich doch bloß wieder einen Einstieg in das Berufsleben finden. Das würde mir gut tun denke ich.

So fällt mir hier langsam aber sicher die Decke auf den Kopf. Trotz Gartenarbeit mit der ich mich ablenken kann und auch Spaziergänge oder Sport machen alles nur für kurze Zeit besser. :( Ich hätte einfach gerne wieder eine sinnvolle Aufgabe mit der ich mein eigenes Geld verdienen kann. Das sich die Sache als so langwierig herausstellt, hätte ich nicht gedacht. Es ist auch nicht einfach, einen Nebenjob zu finden. Ich dürfte im Moment laut Auskunft der Rentenversicherung nur 2 Stunden am Tag arbeiten und alle Minijobs die es hier in der Nähe gibt sind mindestens halbtags.
Würde ich ja auch machen, aber mir wurde geraten das vorerst nicht zu tun, da man sonst schnell seine EU-Rente los ist, gerade wenn ein Antrag auf berufliche Wiedereingliederung gestellt wurde. Manchmal möchte ich einfach nur schreien.

In solchen Momenten fehlt mir meine Romy so sehr. Zusammen hätten wir das locker durchgestanden. Aber jetzt stehe ich alleine vor diesem riesigen Berg und was ich auch tue, es zieht sich alles so in die Länge das mich das einfach nur deprimiert.
Warum konnte es nicht einfach so bleiben wie es war? Wir zwei zusammen, wir wollten einen Neuanfang wagen. Ich hatte meinen kleinen Nebenjob als Zeitungszustellerin um etwas dazu zu verdienen und Romy hatte ihren Job. Damit wollten wir unsere finanzielle Situation ein wenig aufbessern und dann umziehen, nach Stralsund in Romy's Heimat. Einen Job hätte sie dort sogar schon in Aussicht gehabt.

Und dann? Dann wurde uns durch die Krankheit einfach alles aus den Händen gerissen. An Tagen wie heute kann ich es einfach nicht begreifen. Vor allem mache ich mir dann Vorwürfe das ich damals durch meine Depressionen meinen Job verloren habe, auf Rente angewiesen bin. Es wäre wirklich eine ganze Ecke leichter, wenn das niemals passiert wäre. Aber man sieht so etwas nicht kommen, erst wenn es bereits zu spät ist.

Ich weiß das ich nicht in einer so traurigen Verfassung wäre wenn meine Frau noch da wäre. Aber ich würde gerne noch einmal mit ihr reden über diesen ganzen Mist. Irgendwie hatte sie immer die richtigen Worte parat und wusste was mir hilft. Einfach ihre Stimme hören, mich an ihrer Schulter ausheulen bis keine Tränen mehr kommen. Wobei... derzeit sieht es eher so aus als würden die Tränen nie versiegen. Wann wird es besser? Wann wird der Schmerz ein bisschen erträglicher? Ich weiß das er nie ganz vergehen wird und das macht mir ein bisschen Angst.

Servala
30.08.2015, 12:53
Was für eine Woche.

Ich durfte so viel Neues (und eigentlich gleichzeitig auch Altes) erkennen und für mich wieder finden.

Im Moment bin ich zwischendurch mal richtig beschäftigt, weil ich meiner besten Freundin helfen kann. Leider ist ihr Papa auch an Krebs erkrankt und es gab einige Dinge zu erledigen bei denen ich helfen konnte.

Ihr Vater ist 77 geworden dieses Jahr und bis zu der Diagnose Darmkrebs eigentlich nie richtig krank gewesen. Mal ein Schnupfen hier oder Kopfweh da, aber nie etwas ernstes.

Nach der Operation ging es dann immer mal wieder aufwärts und abwärts. Er wurde von Intensiv auf Normal verlegt, fing sich eine Lungenentzündung ein, wurde wieder zurück gebracht. Dann ein paar Tage später wieder auf Normalstation, da kam es dann zum Herzstillstand und er musste reanimiert werden. Bei der Gelegenheit hat eine der Krankenschwestern sein Gebiss verlegt welches sich bis heute nicht wieder angefunden hat. Insgesamt ist er über 9 Wochen im Krankenhaus gewesen und so gut aufgehoben und begleitet meine Frau und ich uns dort auch gefühlt haben, bei ihm lief das irgendwie ganz anders.

Von den Ärzten gab es immer nur ausweichende Antworten, der Sozialdienst hat irgendwie nicht richtig mitgearbeitet und um überhaupt erstmal die Verlustmeldung der Zähne in Gang zu bringen.... mir fehlen da einfach die Worte und ich kann noch immer nicht richtig glauben, das dass alles in demselben Krankenhaus passiert ist.

Nun wurde ihr Vater entlassen, erstmal in eine Kurzzeitpflege da er noch immer auf den Rollstuhl angewiesen ist und immer nur einige wenige Schritte mit Krücken machen kann.
Ich mache mir ein wenig Sorgen darüber wie es weiter geht. Der Tumor hat über das Lymphsystem gestreut, wobei im Bauchraum etc. noch keine Metastasen zu finden waren, bis auf eine ungeklärte Stelle laut Arztbericht. Es wäre noch eine Chemotherapie nötig die aber im Moment aufgrund seines schwachen Herzens nicht möglich ist. Ich weiß das alles aus dem Arztbericht, den ich mir mit meiner Freundin zusammen durchgelesen habe. Im Moment habe ich das Gefühl, das dieser Umstand noch nicht ganz bei der Familie angekommen ist. Das noch eine Therapie nötig wäre, sein schwacher Zustand das jedoch nicht zulässt.

Nun haben wir sein Schlafzimmer erstmal soweit hergerichtet das mit dem Pflegebett zusammen genügend Bewegungsfreiraum da ist. Hat ziemlich lange gedauert, weil sich dort über eine lange Zeit viel Kram angesammelt hatte und als wir fertig waren, war ich völlig erledigt aber auch froh. Es war so ein gutes Gefühl etwas sinnvolles tun zu können, zu helfen, auch wenn es natürlich an der Situation nichts ändert.

Den Tag haben wir dann abends noch alle zusammen gegessen. Meine Freundin, ihr Mann, ihr Sohn und ein anderer Freund und ich habe erkannt, das ich doch noch eine Familie habe, auch wenn fast alle meiner eigenen Verwandten bereits verstorben sind. Es war genau wie früher, als wir noch alle zusammen in einem Haus gewohnt haben, einen gemeinsamen Garten hatten. Ich sollte vielleicht dazu sagen das der Kontakt einige Zeit fast gar nicht vorhanden war. Es hat sich irgendwie so ergeben. Meine Frau und meine Freundin haben sich nicht wirklich verstanden und so ist der Kontakt einfach eingeschlafen. Damals habe ich das gar nicht so richtig bemerkt.

Und als Romy gestorben war, da stand meine Freundin einfach vor der Tür nahm mich in die Arme als wäre nie etwas gewesen. Da konnte ich zum ersten Mal richtig weinen, die Tränen kamen mir einfach und ich konnte lange nicht aufhören. Ich frage mich wirklich womit ich solche Freunde verdient habe, die immer für mich da sind egal um was es geht und ich hatte nicht einmal die Kraft, mich um die Freundschaft zu bemühen. Es macht mich traurig das ich damals nicht erkannt habe wie wertvoll diese Menschen für mich sind. Um so besser fühle ich mich deswegen, wenn ich auch wirklich mal etwas zurück geben kann.

Mein Therapeut, bei dem ich derzeit noch in Behandlung bin sagte zu mir, das es nicht ungewöhnlich ist für Freundschaften die während der Jugendzeit geschlossen werden, einen festen Bestand im Leben einzunehmen, auch wenn es mal Zeiten gibt in denen man sich nicht sieht. Vielleicht ist es das. Wir kennen uns nun schon fast 22 Jahre. Ich weiß noch das ich damals 12 oder 13 gewesen sein muss, als sie nebenan mit ihren 4 Kindern eingezogen sind. Und wenn ich so zurück denke... was wir alles zusammen erlebt und auch durchgemacht haben, wie ich auf die Kinder aufgepasst habe in den Ferien weil (haha, damals hätte ich gesagt "die Erwachsenen") alle arbeiten mussten. Als meine Mama krank wurde und gestorben ist und dann meine Oma. Wie ich völlig verzweifelt damals Rat gesucht habe weil ich nicht weiter zur Schule gehen wollte aber nicht wusste wie ich meiner Mutter beibringen soll, das ich viel lieber eine Ausbildung machen würde um eigenes Geld zu verdienen und meine Freundin mich damals unterstützt und die richtigen Worte gefunden hat die mir fehlten.

Und heute? Heute bin ich ein anderer Mensch. Weil ich viel mit mir selbst kämpfen musste und meine Frau mir eine Stärke mitgegeben hat, die ich nicht für möglich gehalten habe.
So traurig die Umstände auch waren die zu dieser Veränderung geführt haben, bin ich unendlich dankbar dafür. Ich weiß jetzt das nicht alles verloren ist wenn man einen geliebten Menschen - den einen Menschen fürs Leben - verloren hat. Sondern das es auch andere Dinge gibt die es Wert sind gepflegt zu werden.
Endlich kann ich mich wieder auf Freundschaften einlassen die ich so lange Zeit während meiner Depression einfach beiseite geschoben habe. Ich bin dankbar dafür, das die wenigen Menschen in meinem Leben die mir geblieben sind auch eine Familie sind auf die man sich jederzeit verlassen kann - egal wie schlimm es auch wird. Das tut so gut, auch wenn es mich komischerweise zum Weinen bringt. Ich wünsche mir Romy könnte das erleben. Könnte wissen, das ich nicht alleine und verloren da stehe. Denn das war eine ihrer größten Sorgen, das ich mich wieder zurück ziehe in mein kleines Schneckenhaus, aus dem sie mich so mühsam herausgeholt hat.

Warum konnte ich nicht schon so sein als sie noch gelebt hat? Das wäre es gewesen was sie verdient hätte. Ich war lange Zeit nur mit mir selbst beschäftigt, habe das jedoch nicht erkannt. Wie sehr muss sie mich geliebt haben um dennoch bei mir zu bleiben. Wir hatten schwere Zeiten und wundervolle Zeiten und es tut so sehr weh, das sie nicht mehr da ist um zu erleben, wie ich meinen Weg gehe. Das wir den Weg nicht mehr zusammen gehen können.

Bitte entschuldigt den langen Text, das Durcheinander. Es musste raus. Ich bin wirklich dankbar für dieses Forum und die tollen Menschen die ich auch hier kennen lernen durfte. Ich möchte euch allen nochmal viel Kraft wünschen. Wir alle haben manchmal etwas bessere Tage und dann kommen wieder viele dunkle, schlimme und schmerzhafte Stunden auf uns zu. Für diese dunklen Zeiten möchte ich euch einfach mal ein kleines Licht anzünden.

Servala
12.10.2015, 20:22
Nun ist es bald schon ein halbes Jahr her das meine Frau Romy friedlich eingeschlafen ist. Und gerade jetzt wo die Tage kürzer und teilweise auch dunkler werden sitze ich hier und dieses Gefühl der vollkommenen Leere ist wieder da.
Immerzu muss ich daran denken, wie ich neben ihr auf der Palliativstation aufgewacht bin, mit meiner Hand ihren Arm berührt habe und dann diese schreckliche Kälte. Das will mir nicht aus dem Kopf gehen im Moment.
Ich habe so schreckliche Angst vor den kommenden drei Wochen, wenn meine beste Freundin und ihre Familie im Urlaub sind und ich dann alleine hier bin. In der Zeit hätte auch meine Mutter Geburtstag gehabt und das war schon immer schlimm für mich, obwohl Mama ja nun auch schon seit 10 Jahren nicht mehr da ist.
Ich weiß nicht wie ich das heile überstehen soll. Und überhaupt habe ich Angst vor den Weihnachtsfeiertagen und vor Silvester.

Romy und ich haben es uns immer gemütlich gemacht, etwas leckeres zusammen gekocht und die Feiertage richtig genossen. Wenn ich jetzt daran denke, das meine Wohnung leer sein wird tut mir mein Herz so weh.
Eigentlich möchte ich nicht mal unsere Weihnachtsbeleuchtung aus dem Keller holen.
Ich frage mich manchmal, wie viel Schmerz man ertragen kann.

paul38
13.10.2015, 09:23
Hallo Servala,
wir kennen uns nicht, ich lese meistens nur still mit, aber deine Geschichte hat mich so sehr an meine Geschichte erinnert. Meine Frau hatte auch erst Borderline-Tumore, die dann zu Eierstockkrebs kippten und schließlich in einer schlimmen Perithonealkarzinose endeten. Aber ihr beide habt das in Zeitraffer durchstehen müssen. Meine Frau hat insgesamt 11 Jahr gegen die Krankheit gekämpft. Meine Frau ist dieses Jahr im Mai gestorben und musste mehr als zwei Jahre mit einer Magensonde leben und wurde künstlich ernährt.
Mir kommt alles so bekannt vor, was du schreibst. Die Hoffnung und die Freude, die man hat, wenn eine OP gelingt, eine Chemo anschlägt und die Blutwerte besser werden. Die Hoffnungslosigkeit, die einen befällt, wenn die Krankheit zurückkommt. Die Panik, die man hat, weil man allem so hilflos gegenüber steht. Und dann diese furchtbare Leere, wenn man alleine zurückbleibt. Es gibt immer wieder Aufs und Abs - mal geht es einem gut (fast zu gut) und dann fällt man wieder in ein Loch. Es wird dauern, bis die die Trauer verarbeitet ist und man wieder einigermaßen "normal" leben kann.
Ich wünsche dir nur das Beste.
Paul

Servala
17.10.2015, 16:09
Hallo Paul,

ich wollte es eigentlich gar nicht, aber dennoch kamen mir bei deinen Worten die Tränen.
Manchmal schleicht sich der Gedanke ein, das man völlig alleine ist mit dem Schmerz und mit dem was man erleben musste. Aber wenn ich dann lese was andere durchmachen musste... viel länger mit der Krankheit kämpfen mussten ja dann bin ich irgendwie dankbar das Romy's Kampf nicht so lange gedauert hat und das wir viele wunderbare Tage hatten, es waren auch viele schlimme Tage dabei, aber auch die möchte ich nicht vermissen.

Heute hatte ich eigentlich vor das alte Handy von Romy zu verkaufen und zu diesem Zweck wollte ich es auf Werkseinstellungen zurück setzen. Dann ist mir aufgefallen, das natürlich alle unsere Nachrichten und Fotos noch da waren und habe mir alles noch einmal angesehen. Ich glaube das Handy werde ich behalten. Ich kann es einfach nicht weg geben. Statt dessen werde ich jetzt einfach mal sehen, ob ich nicht in der Wohnung irgend etwas tun kann.

im Moment scheint bei uns die Sonne, es ist ein einigermaßen guter Tag. Und da ich weiß das die nächsten dunklen Stunden mit Sicherheit nicht lange auf sich warten lassen, werde ich die Zeit versuchen so gut wie möglich zu nutzen. Es fühlt sich heute so an als wäre sie noch bei mir und es macht mich merkwürdigerweise nicht traurig sondern froh. Ich hoffe es geht euch zwischendurch auch mal so oder ähnlich. Es ist als wäre man für eine Zeit lang frei von Schmerz und Trauer, obwohl auch das nicht wirklich wahr ist.

Servala
25.10.2015, 08:04
Irgendwie befinde ich mich im Moment in einer sehr merkwürdigen Stimmung.

Gestern Abend habe ich mir ein Glas Rotwein gegönnt obwohl ich Wein eigentlich nicht gerne trinke. Romy hat ihn gerne getrunken und so habe ich es auch einmal versucht. *lach*

Die Tage sind im Moment so dunkel für mich sogar wenn die Sonne scheint. Dennoch bin ich dabei langsam und Zimmer für Zimmer die Wohnung so einzurichten wie wir es immer vorgehabt haben. Mit ein paar kleinen Änderungen, da ich ja nun alleine bin. Wenn man erst einmal irgendwo angefangen hat geht es auch voran, manchmal kann ich mich dazu aber nicht motivieren.

Und morgen... morgen am Montag ist es genau ein halbes Jahr her das mein Schatz eingeschlafen ist. Ich habe Angst vor diesem Tag. Ich bin im Moment alleine hier und versuche das Beste daraus zu machen.

Ich hatte irgendwie das Gefühl ich sollte etwas Besonderes machen für diesen morgigen Tag. Es ist so ein Bauchgefühl auf das man hören sollte. Also habe ich überlegt was ich tun kann... letztendlich habe ich mich tatsächlich dazu durchgerungen eine kleine Gedenkseite zu erstellen. Ich bin nicht gut darin einen Nachruf zu verfassen, eigentlich weiß ich gar nicht wie man so etwas macht. Habe einfach drauflos geschrieben und... naja sie ist noch nicht fertig.

Aber es tut irgendwie gut. Nochmal wirklich inne zu halten, zurück zu denken. Nicht nur an uns sondern auch an die lieben Menschen die uns durch die Krankheit begleitet haben, auch an die Menschen die mich jetzt begleiten, jetzt für mich da sind. Ich glaube das hätte Romy wirklich gefallen.

carlchen
25.10.2015, 10:04
Guten Morgen Servela,

ich wollte dir noch einen kleinen Gruß senden.

Ich überlege was soll ich dir schreiben und wünschen. Schwierig, nicht wahr.

Irischer Segen

Vergiß die Träume nicht, wenn die Nacht wieder über dich hereinbricht
und die Dunkelheit dich wieder gefangen zu nehmen droht.
Noch ist nicht alles verloren.
Deine Träume und deine Sehnsüchte tragen Bilder der Hoffnung in sich.
Deine Seele weiß, daß in der Tiefe Heilung schlummert
und bald in dir ein neuer Tag erwacht.
Ich wünsche dir,
daß du die Zeiten der Einsamkeit nicht als versäumtes Leben erfährst,
sondern daß du beim Hineinhorchen in dich selbst
noch Unerschlossenes entdeckst.
Ich wünsche dir,
daß dich all das Unerfüllte in deinem Leben
nicht erdrückt, sondern daß du dankbar sein kannst
für das, was dir an Schönem gelingt.
Ich wünsche dir,
daß all deine Traurigkeit nicht vergeblich sind,
sondern daß du aus der Berührung mit deinen Tiefen
auch Freude wieder neu erleben kannst

Viele Grüße und eine dicke, fette Umarmung
Carolin

heidilara
25.10.2015, 13:54
liebe servela,

ich möchte dir sagen, dass du das mit der gedenkseite total gut hinbekommen hast (u da kommt ja bestimmt noch mehr), der nachruf ist wahnsinnig schön geschrieben, leidenschaftlich, mit soviel gefühl, eure geschichte berührt mich sehr! du bist ein sehr sensibler mensch, glaub ich, hast aber auch viel mut u kraft, wahrscheinlich sogar mehr als du selber denkst :cool: auch was du hier im forum bisher geschrieben hast, hat mich schwer beeindruckt.

carolins irischer segen ist auch hilfreich, find ich - hallo carolin :winke:

alles liebe für deinen weiteren weg :pftroest:
wünscht dir von herzen
heidilara

Servala
27.10.2015, 09:44
Hallo carlchen, hallo heidilara :winke:

Vielen Dank für eure lieben Worte.

Der Segen ist wirklich sehr schön. :knuddel:

Hm wie schreibe ich das jetzt ohne das es sich merkwürdig anhört. Ich habe den 26.10. einigermaßen glücklich überstanden. Der Tag an dem es nun ein halbes Jahr her war. Komischerweise schien hier den ganzen Tag die Sonne, davor war das Wetter die ganze Zeit nur düster, regnerisch. Ich muss zugeben, das ich natürlich auch keinen Wetterbericht gesehen hatte. Innerlich war ich auf einen sehr schlimmen Tag für mich gefasst gewesen. Aber... er war okay, fast gut möchte ich sagen. Natürlich habe ich auch getrauert, aber es war nicht diese richtig schmerzhafte Trauer, die auch nach stundenlangem Weinen nicht vergeht.

Ich hatte ja angefangen eine Gedenkseite zu erstellen und dort noch einmal zusammen gefasst, wie ich die Zeit mit Romy erlebt habe. Das hat ganz gut geholfen. Auch wenn ich die Worte die ich dort geschrieben habe im Nachhinein nur noch schwer lesen kann. Es tut einfach so weh. Und ich fürchte langsam, das dieser Schmerz nicht abklingen wird, nicht erträglicher wird. Gerade jetzt in dieser Zeit.

Und ich bin mit der Gedenkseite irgendwie nicht zufrieden. Vielleicht fällt noch etwas ein das eher meinen Vorstellungen entspricht. Es war nur die erste Seite über die ich gestolpert bin.

Servala
29.10.2015, 05:48
Geht es euch eigentlich auch so, das viele eurer Freunde die vorher gesagt haben: Ich bin da wenn was ist, plötzlich weder vorbei kommen, anrufen oder sich per SMS melden?

Es ist nicht so das ich mich nicht melde, aber ich glaube irgendwie bringt das nichts. Wenn man dann auch noch zu hören bekommt: Ja wir kommen demnächst mal rum und nichts passiert... das hat mich ziemlich runter gezogen.

Auf der anderen Seite hört man immer wieder das viele Menschen nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen. Weiß das denn überhaupt einer von uns? Eigentlich reagieren wir doch in Zeiten der Trauer nur oder sehe ich das falsch? Sicher, manchmal gelingt es tatsächlich aktiv zu sein und sich abzulenken, aber dennoch funktioniert man nicht so gut wie vorher. Ist es das, was vielen Menschen Angst macht?

Mich hat das nur ein wenig nachdenklich gestimmt... denn ich bin noch auf Facebook in einer Trauergruppe aktiv und dort liest man auch immer mal wieder das scheinbar sehr gute Freunde im Trauerfall plötzlich nicht mehr gesehen werden.

Wie geht ihr mit so etwas um? Ich habe für mich entschieden, da nicht mehr hinterher zu laufen. Es macht mich nur unnötig traurig und wenigstens ich habe ja noch eine Hand voll liebe Menschen, die sich von sich aus melden und immer für mich da sind.

Ich weiß natürlich auch das Menschen kommen und gehen im Leben, nur finde ich dieses stille verschwinden einfach nur unfair, insbesondere dann, wenn es wichtig wäre für jemanden da zu sein. *seufz*

Servala
01.11.2015, 07:20
Ach ja gestern war so ein schöner Tag und es hat mich irgendwie nach draußen gezogen. Ein bisschen frische Luft schnappen, den Kopf frei bekommen.

Ich habe mir einfach mein Fahrrad geschnappt und bin losgefahren. Es war angenehm warm und richtig herbstlich. Endlich muss ich dazu sagen. Davor gab es einige wirklich graue Tage und ich merke immer, wie an diesen Tagen die Stimmung von vorne herein schlechter ist.

Irgendwann bin ich dann bei uns an der Domänenburg gelandet. Dieser Ort ist für mich etwas besonderes. Dort in der Nähe befinden sich der Kindergarten den ich besucht habe, die Grundschule und die Realschule. Der Ententeich zu dem ich mit meiner Oma immer gegangen bin um Enten zu füttern oder im Winter um auf dem Eis zu laufen *lach* Heute darf man den Teich natürlich nicht mehr betreten. Dort befindet sich auch der Treffpunkt, den wir als jugendliche immer genutzt haben. Eigentlich hat sich dort meine gesamte Kindheit abgespielt. Und ich habe ein paar schlimme Erinnerungen daran, die Zeit in der mein Vater gestorben war und ich Angst davor hatte im Kindergarten alleine bleiben zu müssen. Und wirklich schöne Erinnerungen wie die Laternenumzüge, oder lange Sommernächte in den Ferien an denen man sich getroffen hat um gemeinsam die "Freiheit" von der Schule zu genießen. Den Ort mochte Romy auch sehr gerne, obwohl sie natürlich nicht dieselben Erinnerungen damit verbunden hat wie ich.

Ich habe mich einfach auf eine Bank oben vor der Burg gesetzt und die Gegend beobachtet. Es war so wunderbar still, bis auf einige Spaziergänger und die Fontäne im Teich war eigentlich nur der leichte Wind zu hören, die raschelnden Blätter.

Ganz spontan habe ich natürlich auch ein Foto gemacht, es ist bearbeitet, weil meine Handycamera immer ziemlich blasse Fotos macht. Irgendwie gefällt es mir aber trotzdem.

http://www2.pic-upload.de/thumb/28734349/12191724_916040158481425_8795986912441325247_n.jpg (http://www.pic-upload.de/view-28734349/12191724_916040158481425_8795986912441325247_n.jpg .html)

Es wäre so schön gewesen, diesen Tag gemeinsam mit meinem Schatz verbringen zu können. Wir haben solche Spaziergänge immer geliebt. Einfach raus gehen und die Seele ein wenig baumeln lassen, den Tag genießen. :1luvu:

Servala
06.11.2015, 08:29
Ach ja.
Ich habe Romy versprochen, mich um ihre Mutter zu kümmern. Vor einigen Tagen hat meine Schwiegermama dann gefragt was mit Weihnachten ist und ob wir nicht zusammen feiern wollen.
Bis zu diesem Tag hatte ich mir noch nicht wirklich Gedanken darüber gemacht, wie ich Weihnachten eigentlich verbringen möchte. Da ich auch noch einen Kater hier habe und nicht einfach mal so eben in den Zug steigen und 600 km weit fahren kann habe ich gesagt, das ich da gerne nochmal drüber schlafen würde. Es war halt die Frage, wer von uns wohin fährt ^^
Ich bin dann zu dem Entschluss gelangt, das gemeinsam Weihnachten feiern wirklich schön wäre. Also habe ich wieder angerufen und ihr gesagt das ich wirklich gern zusammen feiern würde. Das war genau einen Tag später... habe ihr sogar noch angeboten ihr die Fahrt zu bezahlen (sie hatte durchblicken lassen, das sie auch gerne her kommt, aber viel Geld hat sie halt auch nicht).

Ja was soll ich sagen... sie meinte jetzt hat sie schon was vor. Ich sollte nicht enttäuscht sein... natürlich bin ich enttäuscht. Sehr sogar. Ich fühlte mich ein wenig verar**** wenn ich das so sagen darf.

Nun ja, habe mich damit abgefunden alleine zu sein über die Feiertage. Aber das hat mir irgendwie so richtig den Boden unter den Füßen weg gezogen. :sad:

Yogi 12
06.11.2015, 14:57
Hallo Servala,

es tut mir leid, dass du von deiner Schwiegermutter eine Absage für die Weihnachtstage bekommen hast.

Du bist noch so belastet durch den frühen Tod deiner Frau, und wenn du sonst ein gutes Verhältnis zu der Schwiegermutter hast, wäre gerade an den Feiertagen ein nettes persönliches Miteinander mit ihr - die ja auch mit dem Verlust der Tochter leben muss - vielleicht tröstlich.

Auch ich war gelegentlich enttäuscht von der Mutter meines Mannes und habe mir vorgenommen nicht mehr viel zu planen.
Unruhe und Enttäuschungen wiegen in der Zeit der Trauer doppelt schwer und werden wenn es möglich ist von mir vermieden. Ich bleibe dann lieber allein.
So - und Feiertage haben in meiner jetzigen Situation keine besondere Bedeutung mehr, außer dass sie mich wehmütig an mein "altes" Leben erinnern und immer etwas langweiliger sind als der normale Alltag.

Ich wünsche dir und den anderen Hinterbliebenen ein möglichst gutes Wochenende.

Jutta

Servala
08.11.2015, 10:27
Hallo Yogi,

danke für deine Worte.

Ein gutes Verhältnis zu meiner Schwiegermutter... naja ich würde sagen es funktioniert, wenn wir nicht zu viel Kontakt haben.
Mittlerweile habe ich mich auch endlich wieder ein wenig beruhigt. Ich weiß ja das sie tun muss was gut ist für sie selbst, genau so wie ich das auch tun muss. Das unsere Interessen da nicht immer übereinstimmen ist vermutlich völlig normal.

Ich hoffe nur, das es für sie ein einigermaßen angenehmes Weihnachtsfest ist. Eigentlich ist uns beiden nicht nach feiern zumute. In erster Linie geht es hauptsächlich darum, mit lieben Menschen zusammen zu sein und alles andere kommt dann entweder von selbst oder eben auch nicht. Wir haben beide nicht mehr viel Familie. Wenn ich es recht betrachte, habe ich eigentlich nur noch meinen Onkel, meine Tante... und der Kontakt ist eher gering. Wir verstehen uns, aber Weihnachten dort zu feiern könnte ich mir so gar nicht vorstellen. Das haben wir auch noch nie gemacht.

Vielleicht nimmt meine Schwiegermama es mir auch übel, das ich noch nicht wieder nach Stralsund gefahren bin, sie seit Mai (und der Beerdigung) noch nicht wieder besucht habe. Aber ich kann das im Moment einfach nicht, ich habe auch versucht zu erklären was in mir vorgeht, das ist jedoch sehr schwer. Hier ist es schon an manchen Tagen kaum zum aushalten, weil mich alles an meine Frau erinnert. Wenn ich nur daran denke das ich mit dem Zug fahren müsste, wieder auf dem Bahnsteig sein auf dem wir uns zum ersten Mal gesehen haben. Das Haus, ihr altes Zimmer. Der Hafen und die Plätze an denen wir immer mit dem Hund spazieren gegangen sind... das ist einfach zuviel auf einmal. So gerne ich ihre letzte Ruhestätte besuchen würde... vielleicht kommt der Zeitpunkt noch. Wäre sie hier bei uns beigesetzt worden, würde ich sehr oft zum Friedhof gehen. Aber das war ihr letzter Wunsch den wir alle respektiert haben und ich werde das irgendwie schaffen, auch wenn ich den Weg noch nicht sehen kann.

Yogi 12
08.11.2015, 18:42
Hallo Servala,

es ist bemerkenswert, wie diplomatisch du die Entscheidung der Schwiegermutter sehen kannst. Immerhin war es ihre Idee sich mit dir Weihnachten zu treffen.
Natürlich soll jeder für sich ausprobieren und entscheiden was ihm/ihr gut tut.


Jutta

Servala
09.11.2015, 12:02
:)

Ich hätte evtl. dazu schreiben sollen, das ich die Sache nicht von Anfang an so gesehen habe. Ich war verletzt, wütend, fühlte mich alleine gelassen und natürlich auch ein bisschen verar****.

Aber... nach einigen Gesprächen mit meinen Freunden ist mir klar geworden, das es vielleicht auch besser so ist. Natürlich ich habe meiner Frau versprochen mich um ihre Mum zu kümmern, das werde ich auch tun. Meine Tür steht immer offen. Nur nehme ich mich selbst jetzt ein wenig zurück. Ich kann und werde niemanden dazu zwingen, den Kontakt zu mir zu halten. Ich glaube dafür bin ich einfach zu... habe mich zu sehr verändert. Früher war es mir wichtig was die Leute von mir denken. Jetzt muss ich sehen, wie ich alleine klar komme, meinen Weg gehe. Und genau so muss das auch meine Schwiegermama für sich tun.

Es ist schwer eine Ablehung in dieser Art erfahren zu müssen, aber wenn ich ehrlich bin, war mir von Anfang an klar, das es mit uns nicht wirklich lange gut geht. Dafür steht zu viel zwischen uns.

Servala
09.11.2015, 18:57
Zwei Beiträge an einem Tag habe ich glaube ich auch noch nicht geschafft.

Aber... irgendwie ist heute Abend wieder nicht so gut. Ich bin alleine zu Hause und mir fällt die Decke auf den Kopf. Kann zu niemandem gehen weil ich nicht viele Freunde habe denen ich mich anvertrauen kann und in diesem Fall habe ich auch wirklich Angst vor der Reaktion, wenn ich sage was mit mir derzeit los ist (Erklärung folgt weiter unten).

Wenn ich von der Arbeit komme ist die Stille in der Wohnung, die Leere wirklich unerträglich für mich.
In solchen Momenten fehlt mir mein Schatz so sehr das es körperlich weh tut, nicht nur seelisch. Dann frage ich mich, ob ich jemals wieder jemanden finden werde den ich so sehr liebe und der mich vor allen Dingen auch liebt.

Wisst ihr, es ist so das ich jemanden kennen gelernt habe. Das ist allerdings schon ein bisschen her. Das schlimme ist das ich diesen Menschen durch meine verstorbene Frau kennen gelernt habe. Die beiden waren befreundet. Es hat sich irgendwie ergeben, das wir in Kontakt geblieben sind. Zu Anfang habe ich gar nicht darüber nachgedacht, warum, wieso, weshalb... Es hat einfach gut getan zu reden. Naja und mittlerweile hat es mich ganz schön erwischt. Ich fürchte ich habe mich mehr als nur ein wenig verliebt. Eigentlich ist das ja nichts schlechtes, aber die Person ist bereits vergeben und ich Trottel habe nichts besseres zu tun, als mich Hals- über Kopf zu verlieben. Als ob die Trauer alleine nicht schon schlimm genug wäre. Ich wollte das alles nicht, es ist einfach passiert.

Das klügste wäre es vermutlich, den Kontakt abzubrechen und über die Sache hinweg zu kommen. Denn natürlich habe ich nicht erwähnt was mit mir los ist und eigentlich habe ich das auch nicht vor, denn ich bin mir fast sicher diese Gefühle beruhen nicht auf Gegenseitigkeit und außerdem habe ich nicht das Recht, mich in eine Beziehung einzumischen, das habe ich noch nie getan und werde jetzt sicher nicht damit anfangen.

Und es ist so verwirrend... mir fehlt meine Frau so sehr und dann auf der anderen Seite die Gefühle für die andere Person. Leider sind sie wirklich da. Ich dachte zuerst das ich vielleicht einfach nach Romy suche, sie so sehr vermisse das ich diese Gefühle auf eine andere Person projiziere. Nur ist das nicht der Fall.

Wie kann das sein? Das will mir nicht in den Kopf. Ich versuche nicht darüber nachzudenken, aber es funktioniert nicht. Meine Gedanken drehen sich im Kreis und ich komme zu keinem Ergebnis. :sad:

Servala
11.11.2015, 11:48
Warum kann nicht ein einziges Mal im Leben etwas einfach sein?

Warum kann ich nicht einfach mal meine Gedanken abschalten, zur Ruhe kommen? Früher ist mir das zwar auch nicht leicht gefallen, aber mit meiner Frau an meiner Seite... war es anders, war alles so leicht, unbeschwert.

Jetzt bin ich alleine und muss sehen, wie ich mit mir, meiner Trauer und dieser anderen Sache klar komme. Oft frage ich mich in letzter Zeit: Warum ich? Es klingt vielleicht viel zu dramatisch, aber der nächste Gedanke ist dann: Bitte lass diesen Kelch an mir vorüber gehen, nur ein einziges Mal.

Ich möchte weglaufen, vor der Trauer, der Einsamkeit, vor mir selbst vermutlich am meisten. Wenn das doch nur ginge. Mir fehlt dieser eine Mensch so sehr, der mich mehr verstanden hat als ich mich selbst. Der ohne Worte trösten konnte, einfach durch eine Umarmung.

Kann es so etwas denn noch einmal geben? Ist es möglich, das ein zweites Mal im Leben zu finden? Und will ich das überhaupt?
Vor einigen Tagen sagte ein Freund zu mir: Du wirst wieder jemanden finden, der Mensch ist nicht dazu geschaffen, alleine zu sein. Du wirst dich wieder verlieben.

Ich musste bitter über diesen Satz lachen. Ich bin verliebt, das ist nicht das Problem. Das Problem ist das ich nicht aufhören kann mich zu hinterfragen. Und dann kommt immer der Gedanke hoch: Wäre meine Frau noch da... dann wäre das niemals passiert. Wahrscheinlich hätte ich diesen anderen Menschen dann noch nicht einmal wirklich wahr genommen.

Bitte entschuldigt mein wirres Geschreibe... ich weiß nicht wohin mit mir und es sich von der Seele zu schreiben hilft wenigstens ein kleines bisschen.

Servala
09.03.2016, 17:14
Lange habe ich nichts geschrieben, wenn ich mir das Datum meines letzten Beitrages so ansehe.

Dabei ist so viel passiert. Nun ist es fast ein Jahr her das meine Romy von mir gegangen ist. Genau am 26.04. Sie fehlt mir noch immer. Aber irgendwie werden die Trauerphase kürzer, waren teilweise gar nicht mehr vorhanden. Manchmal frage ich mich wie das so schnell gehen kann, sie war doch mein ein und alles. Und in diesen Momenten habe ich beinahe ein schlechtes Gewissen. Naja, nicht nur beinahe. Ich habe ein schlechtes Gewissen. Wie kann es sein, das es mir jetzt schon wieder so gut geht?

Auch meine Schwiegermutter versteht das nicht. Sie sagt nicht direkt etwas, aber sie ist ein Mensch bei dem man am Tonfall sehr schnell merkt was los ist. Nach wie vor gehe ich regelmäßig zu Gesprächen zur Trauerbewältigung und mein Arzt meint, das es völlig ok ist so zu empfinden. Es wäre doch toll, das es mir wieder so gut geht.

Ich bin mir sicher das auch meine Frau das gut finden würde sie wäre glücklich mich jetzt zu sehen, warum also das schlechte Gewissen? Ich weiß es nicht.

Ein bisschen mulmig ist mir wenn ich daran denke, das Schwiegermama im April eine Woche zu Besuch kommt. Hoffentlich geht das gut. Einerseits bin ich froh das sie herkommt denn dann muss sie Romy's Todestag nicht alleine verbringen. Auf der anderen Seite wird das schwer für mich, weil es für mich tatsächlich schwierig ist, längere Zeit friedlich mit ihr zu verbringen. Hoffentlich schaffe ich das. Ich habe Romy versprochen mich um sie zu kümmern und das tue ich auch weiter, manchmal weiß ich nur nicht so recht, wo ich die Kraft dafür her nehmen soll.