Anmelden

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Seminom IIB, pT2 L1


M aus D
19.06.2015, 23:33
Liebe Leidensgenossen, hallo zusammen,

wenn ich ehrlich bin lese ich nun schon seit knapp 6 Wochen hier im Forum mit. Beinahe täglich. Heute habe ich mich entscheiden auch meine Geschichte hier hinzuzufügen. Vielleicht hilft es dem ein oder anderen - oder jemand hat ähnliche Erfahrungen die er teilen möchte.

Kurzfassung:
Seminom IIB, pT2 L1
Entfernung rechter Hoden anschließend
SAKK Studie (Carboplatin mono + Bestrahlung)
Erfahrungen etwas gemischt aber zu verkraften

Kurz zu mir, 30 Jahre alt. Stand bis vor knapp 6 Wochen mitten im Leben. Toller, neuer Job. Privat auch alles prima. Sehr langen und schönen Urlaub (Auszeit) gehabt ... bis es mich dann an einem schönen Freitag Morgen auch erwischt hat. In chronologischer Reihenfolge:


Ende April Besuch bei meinem Urologen zu einer kurzen Kontroll-Untersuchung. Hatte ein etwas unwohles Gefühl um den rechten Hoden (leichtes ziehen, etwas verhärtet, halt komisch). Hingelegt, Ultraschall angeworfen. Fahrlässiger-weise sagte der Doc noch "wird nichts schlimmes sein, vermutlich eine kleine Entzündung". 2min vergingen ... Blickkontakt und folgender Wortlaut "Herr x, das sieht nicht gut aus". Verdacht auf Hodenkrebs (90% Wahrscheinlichkeit), Freilegung unbedingt erforderlich, sofort ins Krankenhaus überstellt.



Der Weg vom Urologen ins Krankenhaus war glaube ich das erste tiefe Loch, wie ich dahin gekommen bin kann ich bis jetzt noch nicht zusammensetzen.



Habe mich für die Uni Klinik hier entschieden. Soviel vorab, eine hervorragende Wahl. Zu dem damaligen Zeitpunkt war es aber die pure Empfehlung meines niedergelassenen Urologens und die Tasache das ich mehr oder weniger um die Ecke wohne.



Ab in die Ambulanz, Blutbild, etwas Wartezeit, Arztgespräch. Die Wahrscheinlichkeit, dass es Hodenkrebs ist wurde dann von 90 auf 99% erhöht. Dann folgte ein kleiner Marathon. OP am Montag, an diesem Tag noch zur Kryokonservierung, Krankenhaus Anmeldung, Anästhesie, HIV und Hepatitis Test, Blutabnahmen, nochmal in die Urologie und 5h später durfte ich gehen. Das Adrenalin und die Beschäftigung haben meine Gedanken etwas im Zaun gehalten, bis zu dem Zeitpunkt. Freitag Nachmittag, OP am Montag morgen. Jetzt folgte das zweite Loch und nach meiner Auffassung das schlimmste Wochenende meines Lebens.



Montag ins Krankenhaus nach einer schlaflosen Nacht, OP gegen 11 Uhr. Verlief alles problemlos. Hoden wurde entfernt, kein Drainage oder sonstiges. Beim aufwachen relativ starke Schmerzen. Die Nacht war dank der Medis und der wirklich sehr sehr netten Krankenpfleger/innen gut. Am nächsten Tag ging es zum CT. Einmal vom Hals abwärts bis zur Hüfte. Ein kurzes Gespräch mit den Stations-Ärzten und dem Chefarzt dann durfte ich gehen, leider mit einer unguten Nachricht. Raumforderung im hinteren Bauch. Weitere Behandlung erforderlich, alles weitere sollte ich eine Woche später in der Chefarzt-Sprechstunde erfahren wenn der Bericht vom Pathologen und der Radiologie fertig ist.



Eine Woche auf heißen Kohlen folgte nun. Verschiedenste Broschüren (z.B. die blaue Krebs-Broschüre) und Berichte im Forum haben mich doch sehr panisch gemacht, man fokussiert dann doch immer auf die schlimmeren Szenarien. Vor allem hatte ich Angst vor weiteren größeren Operationen oder eine Diagnose mit zweifelhafter Heilungschance.



Die finale Diagnose war: Seminom IIB pT2 L1, 1 präcavaler Lymphknoten 2,9cm. Die erste und wichtigste Nachricht zu diesem Zeitpunkt; das wird wieder, 100% Heilungswahrscheinlichkeit. Durchatmen. Mir wurden 4 Optionen, auf sehr verständliche Art und und Weise angeboten: 1) Operative Entfernung des Lymphknotens, relativ hohe rezidiv Rate und komplizierte Operation da der betroffene Knoten nahe der Hauptschlagader liegt
2) Bestrahlung mit 36 Gray und dem Hockey-förmigen (großen) Bestrahlungsfeld, geringeres rezidiv Risiko aber erhöhte Wahrscheinlichkeit für Zweit-Tumoren
3) 3x PEB Chemo, 100% Heilung aber belastend und Verschlechterung der Gefäße und des Stoffwechsels langfristig
4) SAKK Studie, 1x Carbo-Platin mono und 36 Gray Bestrahlung auf kleinem BestrahlungsfeldSeine Empfehlung war Option 4, die SAKK Studie. Deckte sich mit meinem Bauchgefühl. Auch wenn es sich um eine Studie handelt, dort werden ja nur bestehende Verfahren sinnvoll kombiniert. Die bisherigen Daten waren auch mehr als nur positiv, kein Rückfall bei Patienten in meinem Stadium bei ca. 52 Monaten Nachkontrolle im Mittel. Sollte es dann doch rezidiv sein, gäbe es immer noch 3x PEB als Exit-Szenario um der Sache endgültig den gar aus zu machen.



Jetzt folgte erstmal etwas Erleichterung. Eine Woche später hatte ich das Vorgespräch. Auch hier muss ich sagen, super. Gleiches Feedback wie beim Chefarzt. Absolut kompetent, sehr menschlich und vertrauenswürdig. Sehr zugänglich. Fühle mich bestens aufgehoben. Formalitäten und Voruntersuchungen wurden schnell abgewickelt, Termin für die Infusion in der darauffolgenden Woche.



Jetzt hatte ich wieder ein wenig Panik kurz der Chemo. Ging aber fix, nach 2h war ich raus aus dem Krankenhaus, alles ambulant. Üblicher Ablauf, Vorspülung, Anti-Brechmittel, Kortison, Carboplatin auf Trägerlösung und nochmal Nachspülung hinterher. Der erste Tag war auch völlig problemlos. Ungebremster Appetit, normal geschlafen, keine Nebenwirkungen. Die 3 folgenden Tage waren aber ein ziemlicher Horror um ehrlich zu sein. Massive Übelkeit ganztägig, Kopfschmerzen, völlig kaputt. Hausmittelchen halfen nicht wirklich weiter. Die Infusionsstelle am Arm hat ungefähr alle Farben des Regenbogens angenommen. Hat sich aber nach ein paar Tagen reguliert. Seit dem hatte ich eigentlich garnichts. Blutwerte alle hervorragend. Etwas dünne Haare und ziemlich Abgeschlagen, Kleinigkeiten. Habe halbtags eigentlich durchweg normal gearbeitet.



Das ist nun 4 Wochen her, seit Mittwoch läuft die Bestrahlung. Vermutlich liegt es ein Wenig an der inneren Einstellung / Erwartung aber aktuell sind die Erfahrungen etwas ernüchternd. Der Tagesablauf ist halt sehr beschädigt wegen der Fahrerei zum Krankenhaus. Die Pflaster (für die Markierungen) nerven tierisch und ich habe mit ziemlicher Übelkeit zu kämpfen (eigentlich den ganzen Tag) vergleichbar mit der Chemo. Appetit daher problematisch und hänge eigentlich nur auf der Couch. Grundsätzlich alles zu erwarten aber bin schon sehr genervt im Moment, zähle jetzt schon die Tage bis zur letzten Bestrahlung.



Natürlich bleibt dauerhaft die Hoffnung und der Wunsch, dass dieses Kapitel in - knapp 3 Wochen von jetzt an - für immer beendet ist.

Soviel zu meiner Geschichte. Ich kann mich nur nochmal bedanken für die ganzen Berichte hier im Forum, haben mir schon sehr weitergeholfen und hoffe auch das ich mit meiner Erfahrung nun neuen Leidensgenossen Unterstützung bieten kann.

Viele Grüße,
Marc

eistee
20.06.2015, 11:53
Hallo Marc,

willkommen bei uns, auch wenn die meisten hier wohl gern auf die Bekanntschaft verzichtet hätten... :rolleyes:

Das Schlimmste an dieser Erkrankung ist tatsächlich die Warterei auf Befunde, Ärzte etc. und die damit einhergehende Ungewissheit...
Umso wichtiger ist es auch, dass man sich bei den behandelnden Ärzten gut aufgehoben fühlt - und das scheint bei dir ja gegeben zu sein!

Ich wünsche dir alles Gute für die kommenden drei Wochen. Das packst du auch noch! Und dann ist das Thema Krebs ein für allemal erledigt :)


Gruß

Philipp

DerNik
20.06.2015, 12:27
Hallo Marc,

herzlich Willkommen im Forum, auch wenn der Grund unerfreulich ist.
Aber auch dich bekommen sie, wie viele anderen von uns, wieder hin!

Die Raumforderung im hinteren Bauch ist der Lymphknoten mit 2,9cm ?
Wann wird nach den 3 Wochen wieder ein bildgebendes Verfahren durchgeführt?

Drücke dir für die nächsten 3 Wochen die Daumen!

Liebe Grüße

Nik

b45
20.06.2015, 15:44
Hey Marc,

sicherlich können hier einige gut nachvollziehen was Du gerade durchmachst. Bei mir startet übermorgen der dritte PEB Zyklus und ich würde darauf SEHR gerne verzichten, aber dass es in 1 Woche vorbei gibt noch die nötige Kraft, hoffentlich dann für immer.

Halt durch und viel Erfolg! :)

M aus D
24.06.2015, 14:19
Ja, die Raumforderung war der Lymphknoten.

Lt. Nachsorgeplan CT Abdomen nach 3 Monaten, Röntgenaufnahme Brust nach 6 Monaten. Glaube das ist in der Studie festgeschrieben. Keine Ahnung ob früher oder später normal ist.

shrimps62
24.06.2015, 18:20
Hi Marc,hatte ziemlich genau die gleiche Diagnose wie du.Selbst die Raumforderung(lustiger Name für den Dreck)hatte die gleiche Größe.Bei mir gabs aber keine Studie,sondern direkt 3*PEB.Im nachhinein bin eigentlich ganz froh das direkt aus vollen Rohren geschossen wurde,Wait and See oder irgendwelche Studien würde ich psychisch nicht durchstehen.Mir reichen schon die Nachsorgetermine.Alles Gute und ich halte dir Daumen.100% wollen wir mal glauben:D

DerNik
25.06.2015, 15:45
Lt. Nachsorgeplan CT Abdomen nach 3 Monaten

Würde mal Rücksprache halten mit den Ärzten ob es auch möglich wäre auf MRT umzustellen bzw. es, wenn möglich, einfordern.

Toby01Harv
26.07.2015, 13:05
Hallo,

ich schreibe zum ersten Mal hier im Forum. Mich traf die Diagnose Seminom vor ca. 2 Jahren (dann W&S) und nun trat ein Fortschreiten im Bauchraum auf.

Ich bin seit ca. 2 Jahren München in Behandlung. Mein Prof. sagte zu meinem Fall, der nun ähnlich liegt wie der geschilderte, Folgendes:

1) Bei einem Seminom hat man selbst im fortgeschrittenen Stadien super Chancen! Also keine Sorge wegen nachfolgender Kritik!!
2) Aus diesem Grund würde er bei der Nachsorge nie zu einem CT, sondern immer nur zu einem MRT, Ultraschall und Blutkontrolle raten. Man solle die Strahlenbelastung möglichst gering halten. Auch das Röntgen der Lunge soll man nur ganz bedacht einsetzen (ggf. auch hier MRT, da die Metastatsen idR. so groß wären, dass man diese auch im Thorax-MRT sähe). Da man auf die Behandlung idR. super anspreche, will er nicht durch unnütze Maßnahmen die Belastungen für die Folgejahre erhöhen.
3) Single-Carboplatin ist eigentlich nur sinnvoll, wenn keine Metastasen vorliegen. Liegen solche vor, würde er immer zu mind. 2 Zyklen, am besten 3 Zyklen raten. Eine OP an dieser Stelle sei Qatsch, weil lebensgefährlich.

Kurzum, an der Studie kann man ja teilnehmen, weil auch bei einem Wiederauftreten die Heilungschancen super sind. Ich würde aber eine engmaschige Kontrolle und v.a. eine weniger strahlungsintensive Nachsorge bevorzugen.

Beste Grüße

Dusty
26.07.2015, 14:18
Auch das Röntgen der Lunge soll man nur ganz bedacht einsetzen (ggf. auch hier MRT, da die Metastatsen idR. so groß wären, dass man diese auch im Thorax-MRT sähe)

Ein MRT Thorax wird von den meisten Radiologen abgelehnt. Durch die viele Luft in der Lunge bekommt man keine klaren Bilder, die Luft ist da ein zu großer Störfaktor. Jeder der schon mal im MRT war kennt das ja mit den Atemkommandos. Mittlerweile gibt es aber auch einige hochmoderne MRT Geräte, die prinzipiell in der Lage sind die Lunge dennoch abzubilden, allerdings sind die eher selten. Von daher ist sofern überhaupt notwendig noch Röntgen bzw. CT angesagt (leider). Aber prinzipiell genau richtig, so wenig zusätzliche Strahlung wie möglich, leider haben das viele Ärzte noch nicht verinnerlicht und schicken einen pauschal zum CT...

@ Marc: Wie schauts bei dir aus? Bestrahlung müsste doch durch sein?! Alles gut verkraftet, also abgesehen von den ohnehin schon geschilderten Problemen bei der Bestrahlung?

max82
09.02.2017, 11:33
Hallo M aus D,

mich würde es interessieren wie es dir heute geht? Du bist der Einzige hier im Forum bei dem ich was über die SAKK Studie gelesen habe.

Mich würde allgemein interessieren, ob auch andere Foristen hier an der SAKK Studie teilgenommen haben.

Soweit ich weiß geht das nur bei den Stadien 2a und 2b, also wenn Lymphknoten betroffen sind, die nicht größer als 5cm sind, richtig?

Gruß

Geschafft
30.03.2017, 23:43
Hallo Max

Ich habe auch bei der SAKK Studie mitgemacht.
Es ging alles sehr gut, ich hatte weniger Probleme als M aus D. Ich hatte praktisch keine Übelkeit.
Mein Doc hat mir Tabletten vorbeugend aufgeschrieben, vielleicht lag's auch daran.
Vor ein paar Wochen hatte ich wieder meine Untersuchung, alles gut weiterhin!

Und ja, die Studie geht nur beim Stadium IIa und IIb,.