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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wie kann ich ihm Mut machen?


Kapua
15.05.2017, 22:48
Hallo,
Bei meinem Vater wurde letztes Jahr im Dezember Speiseröhrenkrebs diagnostiziert.... plattenepithelkarzinom 23 Zentimeter ab ZR mit lymphknotenmetastasen. Im Februar begann die Chemo/Strahlentherapie die den Tumor soweit verkleinern konnte das Ende April die Operation stattfinden konnte! Die Op lief gut ohne nennenswerte Komplikationen. Soweit so gut.
Erste Schwierigkeit, die Naht am Hals eiterte sehr stark so das 1 Woche später in kurzer Narkose die Wunde gespült werden musste. Er durfte ganz langsam anfangen einige schlucke Wasser zu trinken, welches seitlich an der halsnaht wieder rauskam weil wie sich herausstellte die Naht nicht dicht ist! Nun wird er über eine Nasensonde ernährt und man sagte ihm das man jetzt abwarten müsste bis die Naht an der Speiseröhre verwachsen ist... dies könnte einige Monate dauern :-/ hat jemand Erfahrung damit? Meinem Vater quält der Gedanke sehr das er solange nicht essen und auch nichts trinken darf.
Psychisch ist er sehr schlecht drauf, da er sich zu alle dem mit verschiedensten Darmkeimen rumplagen darf, als wäre alles nicht schon genug.
Wie kann ich ihm den nur Mut machen?

lotol
16.05.2017, 03:45
Liebe(r) Kapua,

...Psychisch ist er sehr schlecht drauf,...

Es ist wie es ist. :)

Versuch bitte, nicht nur das Deinem Vater klarzumachen, sondern auch, daß er unter permanenter ärztlicher "Aufsicht" steht.

Und er sich insoweit keine Sorgen darüber zu machen braucht, ob ihm seine Nahrung nun von ihm selbst zerkaut oder (hilfsweise) per Sonde zugeführt wird, bis wieder alles "im Lot" ist.

Anders ausgedrückt, ist all das wohl das geringste Problem.

Im Februar begann die Chemo/Strahlentherapie die den Tumor soweit verkleinern konnte das Ende April die Operation stattfinden konnte! Die Op lief gut ohne nennenswerte Komplikationen. Soweit so gut.
Erste Schwierigkeit, die Naht am Hals eiterte sehr stark ...

Versuch bitte auch, Deinem Vater klarzumachen, daß der an sich gute Verlauf der OP allen Anlaß zu Hoffnung gibt, daß er den Drecks-Krebs überleben kann. :winke:

Dazu kannst Du auch versuchen, seine Ärzte zu "mobilisieren", daß auch sie ihm das klarmachen.
Denn sie können ihm vielleicht auch besser klarmachen, wo hier eigentlich die Prioritäten liegen bzw., daß Nahteiterung + Sonden-Ernährung usw. vorübergehend sind.
Ganz abgesehen davon, daß so etwas besser "in den Griff" zu bekommen ist als ein Krebs.

Viel Glück dabei.


Liebe Grüße
lotol

hierfalsch
16.05.2017, 07:47
Hallo Kapua,

Also ich finde ja, Dein Vater hat das Recht auf etwas miese Stimmung, ich meine es IST doch zum heulen??? Er hat sich durch Chemo, Bestrahlung und OP gekämpft und jetzt, wo es ihm besser gehen sollte, kommt so eine Schei***???
Es ist auch ohne monatelange künstliche Ernährung durchaus nicht unüblich, dass nach den Therapien nicht himmelhochjauchzend folgt, sondern erstmal ein Loch, er muss das alles so UNFASSBAR leid sein...

Ich denke, Dein Vater weiß diese ganzen "nicht zu ändern" "besser als tot" Dinge doch alle selber, aber ich an seiner Stelle fände nicht, dass ich jetzt auch noch dankbar sein "müsste" für diesen Schei***!!! Ich habe es so gehasst, wenn mir jemand (gesund, frisch aus dem Urlaub zurück, braungebrannt und strahlend) erzählte, wie GUT es sei, dass ich schon einen Tag ohne übergeben geschafft habe. (Es ist ja WAHR, anders wäre schlechter, aber ich wollte trotzdem immer "DAS findest DU GUT???? Findest Du??? Möchte Dich mal sehen!!!" brüllen)

Mein Vorschlag: Sag ihm, dass er sauer, genervt, enttäuscht sein DARF. Ertrag diesen Zustand und versuch DANN ihm was gutes zu tun um ihn ein bisschen aufzuheitern. (Alles Schei*** ach so, bis auf seine tolle Familie, die jeden Tag kommt. Und bis auf die Tatsache, dass...). Ich würde versuchen die "Diese Dinge sind gut" Liste wachsen zu lassen und ich könnte mir vorstellen, dass Dein Vater irgendwann auch keine Lust mehr auf schlechte Laune hat, sondern lieber Zeit mit seiner Familie verbringen / im Garten sitzen / Tolkiens gesammelte Werke lesen wird...

Flüstermann
16.05.2017, 08:13
bin zwar nicht durch Krebs in die Vorzüge einer Ernährung mittels Nasensonde gekommen (Unfall mit Pharynx- und Larynxabriss), hatte aber eine Fistel in der Trennwand zwischen Speiseröhre und Luftröhre.

Dies sollte ebenfalls natürlich zuwachsen, darum war eine offene Rinne angelegt worden (man konnte in die Speiseröhre gucken und die Magensonde sehen).

Nun dem war nicht so, es musste operiert werden (Hautübertragung, Knorpelübertragung) was letzlich auch klappte.
Vorher war ich natürlich auch nicht dicht, sprich mir lief Essen oder Trinken in die Luftröhre, somit musste ich mich absaugen.

Nach dem Verschluss der Fistel musste ich das Essen neu lernen: gut kauen, Luft holen, schlucken und abblasen - war anstrengender als ich es hier schreibe, den eigentlich schluckt man und holt dann Luft!

Warum ich dies hier schreibe?

Nun auch ich war sehr launisch, zumal die erste Phase ja nicht klappte - ein halbes Jahr verschwendet- und auch die 2. Phase mit 9 Ops auch nicht unbedingt schnell vonstatten ging.

Mein Vorteil war damals: 25 jahre jung!

Somit möchte ich euch bitten, diese für den Betroffenen unbefriedigende Situation mit sehr viel Geduld und Liebe zu begegenen (mein Dank gilt heute noch meiner damals erst ein jahr lang gewordene Frau!!).

Vielleicht hilft ihm auch meine Geschichte ein bißchen, dies mit mehr Geduld zu ertragen, denn heute ist es nur noch Erinnerung!

lg
Harald alias Flüstermann (nomen est omen - kommt von der obigen Geschichte)

Safra
16.05.2017, 15:26
Hallo kapua,

mit diesem Krebs kenn ich mich nicht aus, aber meine Verwandtschaft hatte zwei verschiedene im Mund-Rachenbereich und durfte auch nichts essen. Er hatte eine PEG-Sonde und wurde über diese ernährt, bis es wieder auf normalem Wege ging. Das Erlebnis des Essens und Trinkens ist natürlich dahin, besonders schlimm für Leute, für die das einen großer Teil ihrer Lebensqualität darstellt.

Es wäre ja schön, wenn die Ärzte die Keime in den Griff bekämen. Solange die Wunden nicht verheilen, ist es schwierig, Mut zu fassen. Ich glaube, Ihr macht das schon richtig, hört einfach zu, wenn er Euch etwas erzählt, verkneift Euch platte Sprüche wie: "das wird schon" (wie ich das hasse!), fragt, was Ihr ihm Gutes tun könnt. Erzählt, was Euch so bewegt.

Und lasst Euch von den Ärzten alle Informationen geben, Befunde usw. Damit Ihr gut Bescheid wisst, was Sache ist. Ob man das alles dann Eins zu Eins weitergibt, ist eine andere Geschichte.

Viele Grüße! Safra

lotol
17.05.2017, 02:52
Hallo,

Es wäre ja schön, wenn die Ärzte die Keime in den Griff bekämen. Solange die Wunden nicht verheilen, ist es schwierig, Mut zu fassen. Ich glaube, Ihr macht das schon richtig, hört einfach zu, wenn er Euch etwas erzählt, verkneift Euch platte Sprüche wie: "das wird schon" (wie ich das hasse!), fragt, was Ihr ihm Gutes tun könnt. Erzählt, was Euch so bewegt.

Erlaub mir dazu bitte mal eine Frage, weil ich es nicht so recht verstehe, warum Sprüche, wie z.B. "das wird schon" o.ä., denn hassenswert sein sollten.

Damit Du das nicht mißverstehst:
Keineswegs will ich Dich damit irgendwie persönlich "angreifen".
Denn so etwas wird hier immer wieder - nicht nur von Dir - analog genannt.

Ich verstehe das einfach nicht. :)
Denn offensichtlich gibt es immer wieder Menschen, die psychisch mehr oder weniger "auf dem Hund" sind.
Total "im Keller", was ihre Zuversichtlichkeit anbelangt.

Meinst Du nicht, daß es besser wäre, darauf einzugehen, was solche Menschen "in ihrem Keller befangen hält" als denen irgendeinen Sums zu erzählen, der Angehörige "bewegt"??

Denn nur sie "hocken im (relativ tiefsten) Keller" und brauchen Zuspruch, um da wieder heraus kommen zu können.
Nur das ist das unmittelbar "Gute", das ihnen angetan werden kann.

D.h. Angehörige sind aus meiner Sicht prädestiniert dafür, psychische "Aufbauarbeit" leisten zu können, welche die Ärzte so gar nicht leisten können, weil sie zwar auch (im Idealfall) ein Vertrauensverhältnis zum Patient haben, das jedoch ganz anders gelagert ist, als familiäre Vertrauensverhältnisse.

Anders ausgedrückt:
Psychisch bestmöglich "Gutes" können Angehörige leisten, wenn das erforderlich sein sollte.
Medizinisch bestmöglich "Gutes" können Ärzte leisten.

Wenn es um das insgesamt bestmöglich "Gute" geht, warum sollten dann "aufbauende" Sprüche fehl am Platz sein?

Normalerweise braucht ein zuversichtlicher Mensch derartige Sprüche nicht - das ist richtig.
Falsch ist jedoch aus meiner Sicht, daß derartige Sprüche nicht dazu geeignet wären, nicht zuversichtlichen Menschen irgendwie behilflich sein zu können.

Knallhart ausgedrückt:
Zuversichtliche Menschen hocken prinzipiell nicht "im Keller".
Weil ihr Optimismus unzerstörbar ist.
Nicht mal ein Krebs kann den zerstören!
=> Sprüche überflüssig wie ein Kropf am Hals. ;)

Aber nicht zuversichtliche Menschen "greifen nach jedem Halm", der sie aus ihrem Keller "hochziehen" könnte.

Was sollte es bei Letzteren nützen können, denen irgendeinen Sums zu erzählen, der sie letztlich eigentlich gar nicht interessiert?
Sie brauchen dringend Hilfe!

Und zwar ganz konkret Hilfe bzgl. Zuversichtlichkeit.
Z.B. dadurch, daß man ihren Glauben bestärkt, daß "das schon wieder wird".
Denn höchstwahrscheinlich mangelt es bei ihnen an diesem Glauben.
Anderenfalls wären sie nämlich psychisch nicht "auf dem Hund". :)


Zugegeben:
Es ist äußerst schwierig, hier etwas generalisieren zu wollen.
Weil wir Menschen dazu viel zu unterschiedlich sind.
Weshalb wir uns m.E. auch davor hüten sollten, irgendetwas "über einen Kamm zu scheren".

Was im Einzelfall für Angehörige hilfreich sein kann, können nur Angehörige ermessen.
Weil sie die "Schwachstellen" Angehöriger besser kennen als jeder Außenstehende.
Und auch besser wissen, wie sie einen Familien-Angehörigen "packen" können, um ihn "aufrichten" zu können.

Was nützen dabei platte, vermeintlich "hassenswerte", Sprüche?
Was wissen wir Außenstehende schon großartig davon, was fremden Angehörigen nützlich sein könnte oder nicht??

Wir können nur unsere Sichtweisen darlegen.
Sozusagen als überdenkenswertes "Angebot", das Richtige "auszuwählen".

Vom jeweils Richtigen haben wir jedenfalls noch viel weniger Ahnung als Angehörige. :winke:


Liebe Grüße
lotol

Safra
17.05.2017, 18:07
Hallo lotol,

Denn so etwas wird hier immer wieder - nicht nur von Dir - analog genannt.
Also muss da vielleicht was dran sein, auch wenn Du es nicht verstehst?

Natürlich müssen und können Angehörige Aufbauarbeit leisten, habe ich was anderes behauptet?

Und zwar ganz konkret Hilfe bzgl. Zuversichtlichkeit.
Z.B. dadurch, daß man ihren Glauben bestärkt, daß "das schon wieder wird".
Denn höchstwahrscheinlich mangelt es bei ihnen an diesem Glauben.
Anderenfalls wären sie nämlich psychisch nicht "auf dem Hund".
Dieser Glaube kommt nicht auf Befehl, Du kannst nicht Zuversicht erzeugen, indem Du solche allgemeinen Sprüche ablässt. Vielleicht wird es in dem Moment abgenickt und "Jaja" gesagt und sich ein Lächeln abgerungen, aber innen sieht es trotzdem anders auch. Dass dieses "Denk positiv" nicht auf Befehl geht, haben übrigens schon Leute nachgewiesen, die von Psychologie was verstehen. Ob so ein Spruch der Halm ist, an dem sich einer hochziehen kann, wage ich zu bezweifeln.

Zuversichtliche Menschen hocken prinzipiell nicht "im Keller".
Weil ihr Optimismus unzerstörbar ist.
Nicht mal ein Krebs kann den zerstören!
=> Sprüche überflüssig wie ein Kropf am Hals. Glaube ich nicht so unbedingt. Auch Optimisten können erst einmal im "Keller" landen. Vielleicht ziehen sie sich bisschen schneller hoch. Genauso wie Pessimisten - wozu ich neige - trotzdem kämpfen - und Sprüche klopfen hassen.

Und zwar ganz konkret Hilfe bzgl. Zuversichtlichkeit.
Z.B. dadurch, daß man ihren Glauben bestärkt, daß "das schon wieder wird".
Denn höchstwahrscheinlich mangelt es bei ihnen an diesem Glauben.
Anderenfalls wären sie nämlich psychisch nicht "auf dem Hund".
Meines Erachtens helfen da andere Texte und nicht Allgemeinplätze. Vielleicht dass man mal zusammen überlegt, was schon geschafft wurde, wie es weitergehen wird, welche Unterstützungen ich anbiete. Und wenn ich schrieb, dass man selber erzählen soll, was einen bewegt, dann ist ja klar, dass den anderen das interessieren sollte. Ich wollte zumindest, auch als ich schwer krank war, wissen, wie es meinen Lieben geht.

Was im Einzelfall für Angehörige hilfreich sein kann, können nur Angehörige ermessen.
Weil sie die "Schwachstellen" Angehöriger besser kennen als jeder Außenstehende.
Und auch besser wissen, wie sie einen Familien-Angehörigen "packen" können, um ihn "aufrichten" zu können.
Natürlich wissen Angehörige oft am Besten, wie sie mit demjenigen umgehen müssen, der krank ist. Aber wenn sie es nicht so genau wissen, dann z.B. schreiben sie eben hier und versuchen sich Rat zu holen. Dafür sind wir doch da, oder?

Safra

Mathias974
18.05.2017, 11:39
Hallo zusammen,


muss mich jetzt auch mal dazu äußern.

Dieser Spruch " Das wird schon wieder " , kann ich langsam auch nicht mehr hören, denn nicht auf jeden Krebskranken trifft das zu.
Erzähle mal einen unheilbar Erkrankten, das wird schon wieder, ohne das dieser sich verarscht vorkommt. In meinen Augen sind das Standardsprüche um sich nicht damit auseinandersetzen zu müssen.
Auch muss ich sagen, dass ich mit Sicherheit nicht in der Ecke sitze und den Kopf hängen lasse, dennoch gehen gewisse Aussagen gar nicht.
Wenn ich darüber ein Buch schreiben müsste, wäre ich nächstes Jahr noch nicht fertig. Manchmal ist es nämlich wichtiger Feingefühl zu besitzen und einfach mal auf den Erkrankten einzugehen, ohne mit irgendwelchen Standardphrasen anzukommen.


LG
Mathias

Kapua
18.05.2017, 22:22
Hallo an alle!
Vielen Dank für die zahlreichen Nachrichten, Erfahrungsberichte und Tipps!
Es ist in der Tat so das mein Vater solche gutgemeinten Sprüche wie: lass den Koof nicht hängen, geb den Mut nicht auf und das wird schon wieder" zeitweise mehr hören konnte und wollte. Das lag vor allem daran das er natürlich wusste das die Operation ein schwerer Eingriff ist, aber natürlich davon ausging das es Tag für Tag ein bisschen besser wird. Und das Gegenteil der Fall war durch verschiedene Infekte und zunehmenden Rückenschmerzen da er bis auf eine halbe Stunde Physiotherapie nur im Bett liegt und an den pberwachungsgeröten angeschlossen ist.
Er hat Hochs aber auch Tiefs und natürlich steht ihm das zu.
Wir sind als Familie da auch seine Kumpels kommen ab und an zu Besuch und ich hoffe das ihm das, auch wenn es aufgrund des Aufenthaltes auf der Intensivstation nur eine Stunde am Tag sein darf :-/, Mut und Kraft gibt!
Er wird noch einen weiten Weg vor sich haben bis er ansatzweise hoffentlich ein halbwegs normales Leben führen kann. Aber wir hoffen das Beste!
Lieben Dank bis hier hin an alle!
Grüße Kapua

Kapua
31.05.2017, 23:26
Mein Vater wurde Ende April die Speiseröhre entfernt, zumindest ein großer Teilstück, und ein Magenhochzug gemacht.
Nach geglückter Operation waren verschiedene Komplikationen eingetreten, unter anderem die zwei noch letzten, aber wohl auch schwerwiegendsten, luftknappheit ( 1 Stimmband war durch den Tumor gelähmt das 2. bewegt sich seit der Op auch nicht mehr, da wohl der Nerv verletzt wurde) dies hängt wohl gravierend mit der Atmung zusammen. Natürlich kann ich verstehen das bei diesen Atemnotanfällen auch eine sehr große Angst dazu kommt.
Nach nun mittlerweile knapp 5 Wochen Intensivstation und einer Operation wo ein Stimmband zur Seite geschoben wurde, ist er endlich auf einer normalen Station verlegt worden!
Die Tatsache das er nicht mehr von Kopf bis Fuß verkabelt ist, lässt ihn etwas mutiger werden....
Nun ist es aber so das er nicht mal ein Schluck Wasser trinken kann :-(
Er versucht es immer mal wieder, aber er schluckt es wohl irgendwie falsch und dann bekommt er Hustenanfälle. Gegessen hat er seit der Operation noch gar nicht. Er wird über eine Nasensonde ernährt....
Diese zwei Hauptproblemstiken deprimieren ihn zunehmenst. Er versucht stark, tapfer und mutig zu sein, aber er sagt auch manchmal das es sehr schwer ist.
Gibt es jemanden mit ähnlichen Erfahrungen und kann mir sagen das es besser wird? In der Reha soll er Logopädie bekommen..... eine Art Schluck und atemtraining... kann ihm das helfen?

Liebe Grüße Kapua

lotol
01.06.2017, 02:14
Liebe(r) Kapua,

Er wird noch einen weiten Weg vor sich haben bis er ansatzweise hoffentlich ein halbwegs normales Leben führen kann. Aber wir hoffen das Beste!

...Er versucht stark, tapfer und mutig zu sein, aber er sagt auch manchmal das es sehr schwer ist.
Gibt es jemanden mit ähnlichen Erfahrungen und kann mir sagen das es besser wird? In der Reha soll er Logopädie bekommen..... eine Art Schluck und atemtraining... kann ihm das helfen?


Welche Antworten erwartest Du?
Solche, die Dir niemand geben kann?

Meinst Du nicht, daß sich Deine Frage im zweiten Zitat schon durch das erste Zitat beantwortet hat?
Genauer gesagt, daß nur noch Hoffnung auf Verbesserung seines Zustandes besteht.

Die Realität anerkennen zu können, sieht wohl so aus, daß die Ärzte Deinen Vater so weit "stabil" halten können, daß er per Sonden-Ernährung weiterhin leben kann.

Derzeit verschluckt er sich bereits, wenn er etwas trinken will.
Was meinst Du, wie gewaltig er sich erst bei Feststoff-Zufuhr verschlucken würde??

Die Ärzte tun ihr Mögliches, um den Zustand Deines Vaters verbessern zu können.
Es bleibt ihnen auch nichts anderes übrig, als zu hoffen, daß das auch klappt.

Dazu gehört aber auch, daß Dein Vater lernt, mit den Gegebenheiten umgehen zu können.
Und zwar so, daß er weiterhin leben kann.

Nur das ist der Sinn von Reha und Logopädie:
Sich mit Situationen "anfreunden" und in deren Randbedingungen bestmöglich leben zu können.

Versuch bitte, Deinem Vater das "beizubringen" und seine Hoffnung zu bestärken, daß es auch erfolgreich sein kann.
Geeignete Worte dazu solltest Du besser kennen als wir alle hier. :winke:


Liebe Grüße
lotol

Keriam
01.06.2017, 06:19
Zwar eine ganz andere Krankheit, aber evtl. doch geeignet zum Mut machen:-)
Mein Vater wurde nach einer Gehirnblutung eineinhalb Jahre lang künstlich ernährt. Er hat mit Hilfe einer Logopädin sowohl Essen und Trinken als auch das Sprechen wieder gelernt.

Die ganzen "Das wird schon wieder" Sprüche kann ich nach 4 Jahren Krebs auch nicht mehr hören. Es wird eben nicht wieder. Viel mehr helfen mir persönlich positive Aussichten für die Zeit, wo ich nicht mehr so kann wie ich möchte. Wenn ich mich da aufgefangen und sicher fühlen kann hilft mir das viel mehr.

LG Keriam, hoffnungslos optimistisch, auch aus schlimmen Zeiten das Beste heraus zu holen

Safra
01.06.2017, 13:44
Hallo,

@ lotol:Nur das ist der Sinn von Reha und Logopädie:
Sich mit Situationen "anfreunden" und in deren Randbedingungen bestmöglich leben zu können. Das ist nur ein Teil der Reha.
Der Sinn der Reha ist also schon eine Verbesserung des Zustandes. Ob und wie das nun konkret bei Deinem Vater gelingen wird, kann hier niemand sagen. Aus eigener Erfahrung weiß ich aber, dass in einer guten Reha-Einrichtung sehr viel dafür getan wird, den aktuellen Zustand zu verbessern - nicht nur, sich damit abzufinden (anfreunden gleich gar nicht). Aktive Mitwirkung des Patienten ist natürlich wichtig, er bekommt dort Wege aufgezeigt. Insofern denke ich schon, dass die Maßnahmen etwas bringen können, sonst wären sie sinnlos.

Safra

p53
01.06.2017, 17:03
Ich habe mal eine womöglich ketzerische Frage:

Dient das ganze Mutmachen nicht mehr dem Angehörigen? Als Mutmacher?

Vielleicht hat man manchmal im Leben auch einfach Lust und das Recht dazu zu sagen: Ja, es ist einfach alles Sch****. Punkt.

Und das ist dann auszuhalten, auch vom Umfeld. Punkt.

Vielleicht möchte er jetzt gerade einfach gar keine Mutmacherei, sondern nur von Tag zu Tag leben und hoffen, dass es besser wird und sich der Lebensmut wieder einstellt. Von außen kann der meiner Meinung nach weder gereicht noch verordnet werden.

Ich stelle mir das wirklich ganz schlimm vor, als Betroffener diese Erwartungshaltung zu spüren, doch endlich mutiger zu sein und optimistisch und wieder ganz der Alte werden am allerbesten. Oder zumindest was in die Richtung. Das ist ja auch verständlich, jeder wünscht sich ein gutes, aushaltbares Leben, und Dinge weg, die sehr belasten (natürlich nicht willentlich gesteuert).
Ich meine, in diese Richtung geht das Mutmachenwollen auch ein bisschen - es dient den Angehörigen selbst als Bewältigungsstrategie.

So eine Reha auch mit ein bisschen Distanz zum Alltag (und zu erwartungs- und hoffnungsvollen Angehörigen) kann sicher sehr hilfreich sein. Und mit viel nettem Fachpersonal, das kein Muthaben und andere Erwartungshaltungen hat:cool:
Bitte nicht böse sein, ich sag halt einfach gerne ohne bliblablubb was ich denke und war selbst schon sehr krank (nicht Krebs), weiß also auch, was einen so alles nerven kann.

lotol
03.06.2017, 04:33
Hallo,

Dient das ganze Mutmachen nicht mehr dem Angehörigen? Als Mutmacher?

Vielleicht hat man manchmal im Leben auch einfach Lust und das Recht dazu zu sagen: Ja, es ist einfach alles Sch****. Punkt.

Und das ist dann auszuhalten, auch vom Umfeld. Punkt.

Ketzerische Fragen sind m.E. an sich immer weiterführend. :winke:
Weil dabei sozusagen "der Finger in die Wunde gelegt" wird.

Ich wage es nicht, ermessen zu wollen, wem nun das Mutmachen im Einzelfall mehr dient.
Zweifellos ist da eine Wechselseitigkeit vorhanden, die aber äußerst unterschiedlich sein dürfte und insoweit gar nicht generalisiert werden kann.

Was die jeweils höchst unerfreuliche Situation anbelangt:
Alle Beteiligte sind sich i.d.R. darüber im Klaren, wie sie nun mal ist.
Eine ausdrückliche Feststellung erübrigt sich deshalb m.E.

Was oder wem sollte die denn nützen können??
Einen Status quo im allseitigen Interesse sozusagen "einfrieren"??
=> Alle haben das dann auszuhalten. Punkt.

Ich kann mir nicht so recht vorstellen, daß so etwas weiterführend sein sollte.

Denn, wenn Du schon annimmst, daß die Mutmacherei mehr den Angehörigen dient als dem (direkt) Krebs-Betroffenen, was wäre dann (überspitzt) naheliegender als daß die Angehörigen einem Betroffenen ganz unverblümt sagen:

Wir stellten nun fest, daß die Lage für alle Beteiligte beschissen ist.
(Wobei, nebenbei gesagt, der Grad der Beschissenheit der Situation m.E. unzulässig nivelliert wird, weil die Situation eines tatsächlich Krebs-Betroffenen eine ungleich andere ist als die derer, die seinen Krebs mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit überleben werden.)

Aber sei's drum:
Allseits wurde die Lage als beschissen akzeptiert.

Was wäre also näherliegend als daß die Angehörigen (überspitzt) dem Betroffenen "verklickern":
Weißt Du was - wir alle fühlen uns beschissen.
Jetzt "reiß Du Dich mal gefälligst zusammen", damit wenigstens wir uns besser fühlen. :lach2:

Das kann's doch auch nicht sein.
Oder wie siehst Du das?


Liebe Grüße
lotol

Safra
03.06.2017, 16:54
Hallo,

Was wäre also näherliegend als daß die Angehörigen (überspitzt) dem Betroffenen "verklickern":
Weißt Du was - wir alle fühlen uns beschissen.
Jetzt "reiß Du Dich mal gefälligst zusammen", damit wenigstens wir uns besser fühlen.
Das ist natürlich Blödsinn und wird kaum einer machen. Aber es ist schon so, dass die Lage mitunter aussichtslos ist, jeder weiß das, und da braucht es keine Mutmachersprüche (welcher Art auch immer), sondern man sollte die Lage akzeptieren. Das ist es, glaube ich, was p53 meint. Und Fakt ist auch, dass Angehörige die Betroffenen unter Druck setzen können und das auch leider oft tun. Eine eigene Meinung wird dem Kranken nicht zugestanden, sondern er hat eben "zu kämpfen". Sehr schön kommt das raus - wenn auch mit anderer Ausgangssituation - im Buch "Ein ganzes halbes Jahr", was sicher viele von Euch kennen.

Sicher, lotol, bist Du die Kämpfernatur, die es nicht akzeptieren kann, das jemand aufgibt. Aber so sind eben nicht alle gestrickt. Und wenn ich nicht mehr will, dann möchte das bitte meine Umwelt akzeptieren, schließlich ist es mein Leben. Und dann ist eben mein Ziel das Sterben, so hart es für alle sein mag.

Safra

p53
03.06.2017, 17:29
Ach, ans akzeptierte Sterben dachte ich dabei noch nicht mal, aber an akzeptierte Phasen der Mutlosigkeit und Verlust der Lebensfreude.

Vor allem auch zu akzeptieren, dass die Menschen in Sachen Kämpfertum, Lebensoptimismus und Umgang mit der sehr konkret drohenden Endlichkeit des Lebens völlig unterschiedlich umgehen.

Ich hatte vor einigen Jahren mal in einem Hospizprojekt mitgearbeitet und erinnere mich an speziell zwei Männer, die noch recht fit (vor allem geistig) waren und mir eine ganz neue Dimension von Homor beibrachten. Das war ihre Art, mit dem Schicksl umzugehen. Beneidenswert, aber (für mich) nicht bewunderswert, da es nicht ihre bewusste Entscheidung war, sondern einfach auch ihrem Persönlichkeitstyp entsprach.

"heute bin ich dann mal optimistisch" - so funktioniert der Mensch nicht. Auf Knopfdruck geht da nichts.

Es ist irgendwie total verpönt in dieser Gesellschaft, mal keinen Bock auf Kämpfen und Überleben um jeden Preis zu haben, sondern tatsächlich den Weg Qualität vor Quantität zu wählen. Das kann ein Umfeld, das täglich in der Komfortzone lebt, nur schwer akzeptieren. Tod wird ausgegrenzt.
Deshalb möchte man auch bei unheilbar oder gar todkranken Menschen noch gerne Kampfgeist, am besten noch bis in den Tod, sehen. Und Lebensmut und Lebenswillen und alles für das eigene Überleben tun (und opfern?).

Ja, meiner Meinung ist da auch eine fette Portion Egoismus dabei, die Konfrontation mit dem Tod und vor allem auch mit dem Sterben ist einfach sehr heftig und geht auch brutal an die eigenen Urängste. Was kein Vorwurf ist, und auch nicht wertend gemeint. Angehörige dürfen diese Angst und Furcht haben, ist ihr gutes Recht.

Mich regt das innerlich immer tierisch auf, wenn von Angehörigen so etwas in der Art hier geschrieben wird:
"da müssen wir gemeinsam eine Entscheidung treffen" / "damit *wir* eine Entscheidung treffen können" und ähnliche Formulierungen.

Wenn Ärzte das im Patientengespräch sagen, macht das ja durchaus Sinn - Arzt und Patient sollten im Idealfall gemeinsam weiteren Therapieentscheidungen oder auch gegen weitere Behandlungen ausarbeiten (blödes Wort), aber medizinisch nicht qualifizierte Angehörige haben zu diesem Thema meiner Ansicht nach einfach nur minimal was zuzusenfen. Weil einfach damit massiver emotionaler Druck aufgebaut werden kann.
Wie oft hört man das (auch und ganz tragisch im Nachhinein): ich hab die chemo doch nur meiner Familie zuliebe noch gemacht.... (und wie oft wird das wohl nur gedacht und nicht ausgesprochen).

Kapua
29.12.2017, 13:44
Hallo,
Gibt es jemanden hier, der og krebsart besiegt hat?
Mein Vater hatte Anfang des Jahres die Diagnose und Chemo u Bestrahlung bekommen. Im April die große Operation. Entfernung der fast gesamten Speiseröhre und magenhochzug! Nach vielen Komplikationen war er nun Ende Juli zu Hause. Krebsfrei! Wir waren so glücklich!
Doch nun die 2. Kontrolle ergab Veränderungen an der naht vom Magen zur restlichen Speiseröhre und in der Lunge :-(
Wir spekulieren, ist es narbengewebe an der Naht, und in der Lunge Narben von der Lungenentzündung? Man weiß es nicht, ich verlange hier auch keine Antwort darauf, wir werden wohl den Termin im Februar abwarte müssen....
Nur gibt es hier jemanden mit Erfahrungen ? Jemanden der das auch durchstehen müssen hat?
Liebe Grüße Kapua

Töchterlein
04.01.2018, 15:11
Hallo, habe sehr interessiert diesen Thread gelesen. Da mein Vater nach Kehlkopfentfernung, Neck Dissection und Lappenplastik ja auch (schon wieder) eine Nasensonde hat und ebenfalls mit den Rückschlägen (1 Monat konnte er zumindest schon flüssig und püriertes schlucken) kämpft (wieder eine Fistel), wollte ich gerne wissen, wie es bei euch weiter gegangen ist.
Ich bin grundsätzlich auch eher von der Einstellung: "ja, das ist jetzt echt sch....., aber zumindest konnte noch kein neuer Tumor festgestellt werden..."

Aber wenn ich dann sehe, wie er zunehmend "abbaut", verliere ich auch manchmal den Glauben und frage mich, ob die OP nur eine Quälerei für ihn war, denn ein paar Monate hätte er wohl auch ohne noch gelebt.
Dann versuche ich mich da selbst wieder rauszureißen und denke wieder - das ist jetzt nur ein Tief, wieder abwarten, bis die Fistel zuheilt (und hoffen, dass sie das tut...), und dann Tag für Tag weiter schauen. Viel mehr kann man ja in Wahrheit eh nicht tun, oder?!