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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Nachsorge nach 5 Jahren


hermit
26.07.2018, 23:07
Hallo zusammen

Ich bin 38 und im September vor 5 Jahren hatte ich ein Seminom 1 ohne Risikofaktoren und habe seither "Active Surveillance" gemacht.

Soweit ich sehe, ist in den Leitlinien nach den 5 Jahren noch eine 1xjährliche Markerkontrolle vorgesehen.
Allerdings würde ich gerne endlich damit abschliessen und auf weitere Untersuchungen verzichten.
Wie denkt ihr darüber, wäre das fahrlässig?

Derjayger
26.07.2018, 23:21
Hey,

ob das Risiko einem niedrig genug ist und den Wegfall von einem Arztbesuch jährlich wettmacht, kann jeder nur selbst entscheiden. Dazu kannst ja mal durch diese zwei Arbeiten fliegen und selber schauen, ob Dir das Risiko niedrig genug ist:

http://hss.ulb.uni-bonn.de/2008/1565/1565.pdf

https://edoc.hu-berlin.de/bitstream/handle/18452/15989/Nabavi.pdf?sequence=1&isAllowed=y

Interessant an der ersten Arbeit: 4 von 6 Spätrezidiven von Seminomen sind nicht durch Marker, sondern durch Symptome erkannt worden (S.40).

Fraglich ist auch, ob Du durch den Wegfall des jährlichen Arztbesuchs besser oder vielleicht sogar schlechter damit abschließen kannst.
Außerdem: Ob Du hingehst oder an was Du glaubst ist real unabhängig von der (sehr unwahrscheinlichen) Existenz eventueller Krebszellen; die sind entweder da oder nicht.

Ich würd' hingehen, weil's mich beruhigen würde. Wenn man schon Untersuchungen geschenkt bekommt... ;) Aber das ist nur meine Meinung.

Alles Gute!

einfaulesei
27.07.2018, 01:02
ich kann dich gut verstehen und wünschte mir auch schon 5 jahre 'drüber hinweg' zu sein. nach erst 11 monaten ist man doch etwas nervöser ;)

also ich muss meinem vorredner beipflichten: einmal im jahr den arm piksen ist nicht so tragisch. vielleicht kann man auch mal ein ultraschall machen, das tut nicht weh.

ich habe selbst ein seminom pt1 gehabt (nur größe 4,5cm als risikofaktor). die wachsen sehr langsam und gerade bei seminomen wird von möglichen spätrezidiven geredet (das kann 20 jahre danach passieren). will dir auf keinen fall angst machen und was einreden - du bist sowieso schon lange gesund!

aber schaden kann's halt auch nicht. ich zumindest werde nach den 5 jahre einmal jährlich meinem urologen hallo sagen :)

Golsen
27.07.2018, 06:09
Ich schließe mich den beiden Vorrednern an. Außerdem bin ich persönlich der Meinung, dass es sowieso sinnvoll ist 1-2 Mal im Jahr einen Arztcheck zu machen ab 35. Von daher ist der Urologenbesuch nicht wirklich tragisch (ein halber Arbeitstag weniger :D). Ich bin allerdings auch jemand der eher gerne zum Arzt gibt. Da gibts auch ganz andere.

Du musst es selbst wissen, weil es dein Körper ist und kein anderer die Konsequenzen deiner Handlungen tragen muss.

Wichtig ist, dass du an der Entscheidung nicht haderst und damit zufrieden bist.

Toby01Harv
27.07.2018, 14:19
Derjayger hat das mE nach schon perfekt zusammengefasst. Die Arbeiten zeigen sehr schön auf, dass Spätrezidive beim reinen Seminom sehr selten sind (ca. 3 von 70 aller Spätrezidive, die ja an sich schon selten sind).

Wenn Du eine Chemo erhalten hättest, würde ich raten, langfristig die Nachsorge zu machen, insbesondere um auch die langfristigen Nebenwirkungen der Chemo im Auge zu haben. Da Du aber W&S gemacht hast, ist das auch nicht erforderlich.

Ich denke, in Deinem Fall muss das jeder für sich entscheiden; ich würde wohl hin und wieder ohne konkreten Zeitplan zumindest die Blutwerte kontrollieren lassen.

Dirty84
27.07.2018, 14:31
mein Urologe hat mir das auf folgende Weise recht schmackhaft gemacht: meine Nachsorge geht praktisch nahtlos in die ProstatakrebsVORsorge über. und weil man eh schon da ist, guckt er sich einfach alles an. Und gut ist :)

hermit
27.07.2018, 16:27
Vielen Dank für eure Antworten!
Wenn ich das richtig verstehe, dann ist das in der ersten Studie nur über Seminom-Patienten, die eine Bestrahlung erhalten haben, nicht active surveillance, oder?

Mein Problem ist, dass ich unter Angst- und Zwangsstörungen leide (nicht im Zusammenhang mit Krebs) und die Besuche im Krankenhaus selten ohne Panikattacke über die Bühne gehen. Nach der Orchiektomie musste ich mich selber entlassen, weil ich es im Krankenhaus nicht ausgehalten habe.

Golsen
27.07.2018, 18:05
Das ist natürlich eine spezielle Lage. Ich kann das ein wenig nachvollziehen, weil ich selbst Hypochonder bin. Wobei ich GERNE ins Krankenhaus gehe und mich da sicherer fühle :) So verschieden kann das sein.

Aber Panikattacken sind kein Spaß. Allerdings kannst du doch die Nachsorge auch beim Urologen machen mit Blutprobe. Dir gehts ums MRT oder?

Wally_coffee
27.07.2018, 20:22
Das MRT macht auch der Radiologe.

hermit
28.07.2018, 10:30
Im MRT habe ich keine Probleme, ich komme bloss nicht klar mit den Menschen z.B. im Wartezimmer etc.

1994
30.07.2018, 14:20
Hallo Hermit,

ich würde die Nachsorge nach 5 Jahren nicht einstellen, das A und O bei Krebs ist die Früherkennung! Der Krebs macht sich meist erst dann bemerkbar wenn es zu spät ist. In meinem persönlichen Fall wäre das Rezidiv ohne den über das 10. Jahr hinausgeführten Markercheck nicht entdeckt worden.

Und wenn ich die zweite von derJayger gepostete Arbeit lese, liegt die Todesrate beim Spätrezidiv zwischen 60%-70% in der einen Studie und in der anderen bei 43%! Ohnehin resultieren Todesfälle beim Hodenkrebs meist aus zu spätem Entdecken oder falscher Behandlung. Und wie er auch schon sagt, der Arztbesuch ändert nichts an dem Ergebnis, entweder ist da was oder nicht. Und mit 38 stehen bald weitere Vorsorgeuntersuchungen an und an den Blutwerten lassen sich auch viele weitere Erkrankungen rechtzeitig entdecken.

Ich persönlich fühle mich besser, wenn ich durchgecheckt bin und alles i.O. ist. Dann fängt man nämlich nicht an zu grübeln, ob da was sein könnte oder nicht. Da ist natürlich jeder anders veranlagt. Ich lasse morgens beim Urologen Blut abnehmen und ein paar Tage später werden die Ergebnisse besprochen und die paar weiteren Untersuchungen durchgeführt. Jedenfalls bin ich immer noch unendlich froh darüber, dass ich die Nachsorge über das 10. Jahr hinaus fortgeführt habe, sonst würde ich wahrscheinlich diese Zeilen nicht mehr schreiben können. Und wenn Du einen markerpositiven Tumor hattest fällt die Kontrolle leichter, die Marker steigen im Regelfall bevor in den bildgebenden Verfahren etwas zu sehen ist. Abgesehen davon ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering ein Rezidiv zu bekommen, aber wenn man derjenige ist, der den Jackpot zieht hilft einem die Statistik nicht weiter!

In dem Sinne alles Gute !
Hans