PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Seminom - Active Surveillance - Nachsorgeschema?


Chris_
08.11.2018, 14:36
HINTERGRUND

Ich habe ein klassisches Seminom Stadium 1 und habe mich für die Active Surveillance entschieden. In Kürze werde ich mit meinem Urologen über die Nachsorgestrategie sprechen.

Kurz zu meinen Eckdaten:
- CT (Abdomen, Thorax, Becken) unauffällig
- Tumormarker unauffällig
- Histologie: einseitiges Seminom (kleiner 4cm) mit Infiltration des Rete testis
- PT1L0V0R0

Scheinbar unterscheiden sich die Nachsorgeschemata ziemlich stark. Insbesondere auch in Bezug auf die bildgebenden Verfahren und deren Häufigkeit.

FRAGE

Mich würde Euer Wissen / Hinweise für die Nachsorge in Bezug auf meinen Fall (Seminom Stadium 1 - Active Surveillance) interessieren

Chris_
08.11.2018, 14:38
MEIN WISSENSTAND

1) Ich war zur Zweitmeinung beim Urologie Professor an der Uni Köln. Dort wurde mir folgendes empfohlen:


CT/MRT Abdomen/Becken in Monat 6,12,18,24 (kein Ultraschall, kein Röntgen Lunge - nur bei CT Auffälligkeit)
MRT nur in sehr erfahrenen Institutionen (in Köln nur Uni und eine privatärzliche Radiologie); zum CT könne man überall hingehen


2) EAU (Europäisch; Jahr 2018) Leitlinien http://uroweb.org/guideline/testicular-cancer


CT/MRT Abdomen/Becken in Monat 6,12,18,24, 36, 60 (ausdrücklich kein Ultraschall, kein Röntgen Lunge)
MRT nur in sehr erfahrenen Institutionen


3) NCCN (USA Jahr: 2018) http://oncolife.com.ua/doc/nccn/Testicular_Cancer.pdf gibt auch schon die Version 2019: https://www.nccn.org/professionals/physician_gls/pdf/testicular.pdf (man muss sich registrieren)


CT/MRT Abdomen (optional: Becken) in Monat 3, 6,12,(optional: 18), 24, 36, (optional: 48), 60 (ausdrücklich kein Ultraschall, Röntgen Lunge nur bei Symptomen)


4) Zweitmeinung Hodentumor u.a. (Jahr: 2010) https://www.zm-hodentumor.de/downloads.html?file=tl_files/Dokumente/Nachsorgeempfehlungen%20Kurzuebersicht.pdf


CT Abdomen in Monat 6,12,18,24
Ultraschall Abdomen dazwischen und ab dem 3. Jahr
Röntgen Thorax in Monat 6,12,18,24, 36, 48, 60



Blut und Sonographie ist auch ziemlich unterschiedlich empfohlen – habe ich aber vorerst hier weggelassen

Merasil
08.11.2018, 14:54
Ich kann jetzt nur erzählen wie es bei mir empfohlen wurde. Hatte t3n0m0s0 + rt inf.
Mir wurde gesagt:
- alle 3 Monate im ersten Jahr und alle 6 Monate im zweiten Jahr MRT Bauch
- im ersten Jahr 2x Röntgen Lunge, im zweiten 1x
- CT ganz weglassen, außer in der Lunge sind Auffälligkeiten/Symptome
- alle 3 Monate Bluttest im ersten und zweiten Jahr
Wie es danach weiter geht weiß ich leider nicht mehr. Bin aber auch nicht so weit gekommen :D
Zum MRT kann ich sagen, dass es sehr wohl machbar ist. Auch ohne Kontrastmittel. Ob es unbedingt einen erfahrenen Radiologen erfordert kann ich leider auch nicht sagen. Bei mir wollten die Ärzte schon aufgrund des Alters nicht das ich ein CT jedes Mal mache.

Chris_
09.11.2018, 08:55
Bei den Tumormarkern unterscheiden sich die Richtlinien auch massiv:


Deutschland und EU: Tumormarker sollen regelmäßig überprüft werden
in den USA Richtlinien steht es wäre nicht sinnvoll (für Seminom im Stadium 1!)

Merasil
09.11.2018, 10:35
Also ich bin das perfekte Beispiel wie Marker bestimmen trotz Seminom und zu Beginn s0 sinnvoll sein kann. Zumal das nur ein kleiner Stupfer mit der Nadel ist und weit weniger schwierig zu untersuchen ist als alles andere... kann sogar der Hausarzt.
Meiner Meinung nach ist die Leitline der USA in der Hinsicht wirklich Quatsch. Zumindest für Deutschland. Ich kann es verstehen das man drüben jeden Cent sparen will, weil viele das selbst bezahlen müssen oder so, aber hier wird das von den Kassen übernommen.
Im besten Fall rettet es dein Leben, im schlechtesten Fall verlierst du ein klitzekleines bisschen Blut.

Chris_
09.11.2018, 14:42
Interessanter Hinweis auf die Tumormarker!

Insgesammt gesehen finde ich es schon erstaunlich, dass die internationalen Leitlinien so erheblich abweichen.

Die amerikanischen Leitlinien sind nicht tendenziell auf wirtschftlichere Vorgehensweise getrimmt. Immerhin sind erheblich mehr CT Scans vorgesehen.

Ich denke man kann die Leitlinien aus den USA auch nicht links liegen lassen. Immerhin handelt es sich um den mit Abstand größten Medizinmarkt und das mit Abstand größte Forschungsvolumen.

axiom
10.11.2018, 16:57
Tumormarker sind für seminom I notwendig, da mögliche metastasen mutieren könnten und da ein gring erhöhtes risiko für einen zweiten hodentumor besteht. Klar gehts darum nur um eine minimalen anteil aller patienten, bei denen das passieren kann, aber nunmal ehrlich, ist eine regelmäßige blutuntersuchung so schlimm? Kostenmäßig fällt es im vergleich zur bildgebung nicht ins gewicht

Chris_
14.11.2018, 11:03
Ich hatte auch noch Professor Sch. angeschrieben: Seine Antwort finde ich etwas überraschend: MRT alle 3-4 Monate. Das ist deutlich mehr im Vergleich zu allen Leitlinien, die ich gefunden habe.

marathoni1966
14.11.2018, 12:56
Hi Chris, hat er mir auch empfohlen in den ersten beiden Jahren. Ab jetzt nur noch halbjährlich. In den ersten 2 Jahren 3x und von 2-4 Jahren 2x

Merasil
14.11.2018, 19:59
Seine Antwort finde ich etwas überraschend: MRT alle 3-4 Monate. Das ist deutlich mehr im Vergleich zu allen Leitlinien, die ich gefunden habe.

Ich würde auf Dr. Schr. Meinung sehr viel geben! Wie axiom schon richtig gesagt hat, hat er sehr viel Erfahrung. Wenn ich erst ein halbes Jahr nach der OP zur Nachkontrolle gegangen wäre, wäre es bei mir wahrscheinlich deutlich fortgeschrittener gewesen.

Ich muss sagen, dass ich es auch nicht so ganz verstehe... Mir kommt es so vor als ob du unbedingt seltener gehen willst. Es steht dir doch frei das zu tun. Sich öfters kontrollieren zu lassen ist hier wahrscheinlich öfter ein Thema :D
Die Ärzte werden ihre Gründe haben, warum sie dies oder jenes empfehlen. Manches hat bestimmt auch wirtschaftliche Gründe.
Ich persönlich hätte es niemals ausgehalten ein halbes Jahr zu warten, gerade weil im ersten und zweiten Jahr das Risiko am höchsten ist. Ich selbst habe es so gesehen: Du opferst einen Vormittag alle 3 Monate, hast dafür aber die Gewissheit, dass alles früh genug entdeckt wird. Gut, wenn du ein CT statt MRT machst, würde ich vllt auch weniger gehen wollen. Aber zumindest bei mir hat nichts gegen ein MRT gesprochen.

Sowas muss letztlich natürlich jeder selbst entscheiden. Du scheinst mir eher jemand zu sein, der ein größeres Risiko einzugehen bereit ist, dafür aber auch länger seine Ruhe vor den Untersuchungen hat. Du hast einen Risikofaktor, so wie ich damals auch. Dh das Risiko liegt laut meinem Uro bei ca. 15% das es zu weiteren Metastasen kommt. Ist also relativ niedrig... Du musst jetzt einfach entscheiden wie du damit umgehen willst.
Ich würde mir eine Leitline raussuchen, die ich für sinnvoll erachte, mit der zu meinem Uro gehen und fragen ob man die Nachsorge so machen kann. Wenn er sagt nein, dann bitte ihn das zu begründen. Danach kann man immer noch entscheiden.

Vanhohen
12.07.2019, 20:33
Hi interessantes Thema.
Hatte mein ct feb 2019 mai 2019 Ultraschall vom onkyologen. Juni Ultraschall vom Urologen.
Mein Urologe sagt alles 6 Monate ct oder mrt. Und alle drei Monate Ultraschall abdomen.
Sch. hat mir geschrieben alle 3 bis 4 Monate mrt.

Vanhohen
12.07.2019, 20:38
Und welches Schema machst du jetzt ?

Chris_
18.07.2019, 09:05
Hallo,

ich mache die Nachsorge entsprechend der deutschen S3 Leitlinie. Etwas anderes würde mir der Urologe auch nicht genehmigen. Insbesondere, da die Zweitmeinung von Prof. Heidenreich (Uni Köln) dem entspricht.

Wahrscheinlich wartet die S3 Arbeitsgruppe auf den Ausgang der entscheidenden Studie:
"Trial of Imaging and Schedule in Seminoma Testis" NCT00589537 aus Grossbritannien. Daran kann ich mich dann in den nächsten Jahren orientieren. Die Studie wird in mehreren Leitlinien erwähnt und soll die Frage nach Anzahl und Technik (CT / MRT) der bildgebenden Verfahren beantworten.

In meinem Fall (nach derzeitiger S3 Leitlinie) sind es aktuell 4x MRT in 2 Jahren und alle 3 Monate Blut und Ultraschall.

Ich halte dieses Schema nicht für optimal: Im Ultraschall kann man eigentlich nur erkennen, ob am anderen Hoden etwas entsteht. Und beim Seminom sagen die Tumor Marker im Blut wenig aus. Da müsste schon ein anderer Krebs entstehen. Da in Deutschland jeder Urologe ein Ultraschall hat war das wahrscheinlich auch ein Argument.

Das wirklich wichtige ist das MRT. Da gehe ich zur Uni Klinik. Lt. allen internationalen Leitlinien soll man zu erfahrenen Radiologen gehen.

Mathis
18.07.2019, 16:02
Hallo,
das mit der Nachsorge beim Seminom im Stadium 1 ist aktuell wirklich etwas verwirrend, da sich die Empfehlungen der EAU und die neue S3 Leitlinie etwas unterscheiden. Was mich am stärksten beschäftigt hat, war die Frage, ob MRT oder CT und wie oft bzw. ob überhaupt ein Röntgen der Lunge stattfindet.

Beim MRT ist, wie schon erwähnt, die entscheidene Frage, wie erfahren das Zentrum bzw. der Arzt ist, der die Bilder auswertet. Prof. Schrader hatte mir per Email ebenfalls zum MRT alle 3-4 Monate geraten. (Ich fand es sehr angenehm, wie schnell und freundlich er geantwortet hat.) In der Zweitmeinungssprechstunde in der Medizinischen Hochschule Hannover wurde mir zum CT geraten.

Ich habe mich jetzt mit meinem Urologen auf folgendes Schema in den ersten zwei Jahren geeinigt:

- Alle 3 Monate Blut und Ultraschall.
- Alle 6 Monate CT Abdomen/Becken.
- Darüber hinaus lasse ich beim nächsten Nachsorgetermin jetzt auch die Lunge röntgen.
(Das Röntgen der Lunge wird in der neuen Leitlinie empfohlen, es wurde aber auch angemerkt, dass dies noch diskutiert wird.)

-------------------------------------------------------------------
Operation und Klassifikation im Oktober 2018
Klassisches Seminom, 4,2 cm, pT1 V0 L0 R0

Vanhohen
18.07.2019, 16:32
Hi zusammen

Wenn man nach den Leitlinien geht machst du das richtig.
Alle 6 und 12 Monate ein ct oder mrt.
Sonst alle 3 Monate zum Urologen.
So mache ich das auch jetzt.

Chris_
19.07.2019, 08:42
Ich bin mir da nicht so sicher.

Im Prinzip steht in den deutschen und amerikanischen Leitlinien, dass es zu dem Thema keinen Konsens gibt. Jeder macht zwar eine Tabelle - die unterscheidet sich infolgedessen allerdings auch erheblich.

Die UK Studie müsste ab Mitte 2020 zu ersten Veröffentlichungen führen. Ich gehe davon aus, dass anschließend - evidence based - darauf basierende Nachsorgeschemata erstellt werden.