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Stoerchin 03.12.2013 22:26

Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Guten Abend,

gibt es in diesem Forum Hinterbliebene, die um ihre verstorbenen erwachsenen Geschwister trauern? Ich selber habe vor einem Vierteljahr ganz plötzlich meinen geliebten Bruder im Alter von 32 Jahren verloren, der vor 10 Jahren an Leukämie erkrankt war und der eigentlich als geheilt galt. Ich bin Mitglied in einer Trauergruppe und die Einzige, die nicht dort ist wegen des Verlusts ihres Partners, andere Gruppen und auch Trauerliteraur beschäftigen sich in der Regel neben dem Verlust des Partners mit dem Verlust von Kindern oder auch von Eltern, was alles auch unsagbar schlimm und traurig ist, aber ich habe das Gefühl, dass die Trauer um verstorbene Geschwister nicht so wirklich in unserer Gesellschaft etabliert ist. Hier ist das vielleicht anders und es würde mich so sehr freuen, mich hier mit Angehörigen austauschen zu können, die so sehr wie ich um verstorbene Geschwister trauren, weil ich diesen Austausch im wirklichen Leben einfach nicht finde. Ich möchte keinesfalls verschiedene Trauerformen bewerten, bin aber einfach der Meinung, dass es doch kleine "Unterschiede" gibt; ich z. B. bin nicht alleine, wenn ich nach Hause komme, da dort mein Partner auf mich wartet, der mir Schutz und Halt gibt und meine Zukunft ist. Hingegen habe ich dass Gefühl, dass mit meinem Bruder, der 32 Jahre in meinem Leben war und in dem dasselbe Blut wie in mir floss, ein Teil meiner eigenen Identität, meines Urspungs und meiner Vergangenheit verlorgen gegangen ist. Ich werde es vielleicht gerade mal so schaffen, mit meinem aktuellen Partner überhaupt 32 Jahre meines Lebens zu teilen; wisst Ihr, was ich meine?

Liebe Grüße
Störchin

Sternschnubbe 03.12.2013 23:25

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Hallo störchin,

Es tut mir leid für deinen großen Verlust deines Bruders. Ich weiß, ich bin nicht diejenige, die du sprechen möchtest, weil ich habe meine Mama und kein Geschwisterteil verloren. Aber ich wollte dir sagen, dass meine Mama ein Zwilling war und dementsprechend meine Tante nun allein ist. Ihr geht es sehr schlecht. Daher weiß ich, wie es dir gehen muss. Ich kann deine Erklärung mit deiner Identität auch nachvollziehen, erstens geht es mir genauso, aber außerdem ist für meine Tante eine Welt zusammengebrochen. Sie haben ja nun wirklich ihr ganzes Leben zusammen geteilt. Keiner davon länger als der andere. Außerdem waren sie beste freunde. Meine Tante wird nun immer einen schweren Geburtstag haben, einfach weil sie immer zu zweit waren.
Dein Bruder war auch noch viel zu jung. Wie gesagt, ich kann nicht mitreden, aber ich kann dich trotzdem verstehen und deine Trauer als Schwester ist nicht weniger oder minder wert als die Trauer eines Kindes, Elternteils oder Partners.

Ich schicke dir liebe Grüße

Rachel 04.12.2013 09:40

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
mein aufrichtiges beileid zu deinem schweren verlust - viel kraft für die kommenden zeit wünscht dir von herzen

gitti

simi1 04.12.2013 21:45

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Liebe Störchin,

ich habe bereits in deinem anderen Thread mitgelesen und möchte dir sagen, wie sehr mich der plötzliche Tod deines Bruders betroffen gemacht hat.

Deine hier gestellte Frage ist auch für mich von großem Interesse. Meine beiden Söhne sind verwaiste Brüder und haben ihre Probleme damit. Die beiden sind allerdings viel jünger als du.

Ich hoffe, dass sich hier weitere Betroffene melden und du Unterstützung und Austausch findest. Werde in jedem Fall fleißig mitlesen.

Herzliche Grüße
Simi

Stoerchin 04.12.2013 22:57

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Liebe Sternschnubbe,
liebe Rachel,
ich danke Euch sehr für Eure tröstenden und einfühlsamen Worte, die Ihr ausgesprochen habt, obwohl ich Euch ja nicht direkt "angesprochen" habe. Sternschnubbe, auch Deine Mutter ist ja an einer Sepsis nach der heimtückischen Krankheit Leukämie gestorben, nur dass bei meinem Bruder noch 10 Jahre dazwischen lagen...

Liebe Simi,
auf jeden Fall hoffe ich auch für Deine beiden Söhne auf Unterstützung und Austausch hier (und auch für die Zwillingsschwester Deiner Mutter, Sternschnubbe). Ich denke auch nicht, dass das Alter von hinterbliebenen trauernden Geschwistern eine Rolle spielt...

Mein Bruder hatte nie die Chance auf ein sorgenfreies Leben: Als er 4 Jahre alt war, erkrankte unsere Mutter an Brustkrebs und starb, als er 12 war, an Lebermetastasen. Die nächsten Jahre kümmerte sich mein Bruder um unseren depressiven und äußerst unselbstständigen Vater. Mit 22 erkrankte er an Leukämie, hatte jahrelang mit chronischen Abstoßungen und Folgen der Behandlung zu kämpfen und starb 10 Jahre später ganz plötzlich an einer Sepsis. Seine Bachelor-Arbeit hatte er wenige Stunden vorher abgegeben. Sie wurde bewertet und sein Betreuer brachte uns die Urkunde auf die Beerdigung. Die Note hat er nicht mehr erfahren, sie lautet: 2,1. Obwohl ich mich freue, dass er sein Studium noch beenden konnte - auch wenn es ihm ja nicht mehr dazu dienen wird, Geld zu verdienen, ist all dies so wahnsinnig traurig, der Gedanke, wie sehr er um sein Leben "betrogen" wurde, ist für mich fast noch schlimmer zu ertragen als die Tatsache, dass er nicht mehr da ist. Das Positive war allerdings, dass er eine ganz tolle Freundin hatte, die ihm seit der Diagnose stets zur Seite stand. Die beiden waren bis zu seinem Tod 11 Jahre zusammen. Und mein Bruder war die ganze Zeit über der positivste und optimistischste Mensch, den ich kenne.

Allen hier Trauernden wünsche ich alle Kraft der Welt!

Liebe Grüße
Störchin

Daggi1 04.12.2013 23:13

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Liebe Störchin,
es tut mir sehr leid das du deinen Bruder verloren hast, er war noch so jung.
Am 2.4.2009 habe ich meine Schwester verloren. Im Oktober 2008 wurde Bauchspeicheldrüsenkrebs festgestellt. Im April 2009 ist sie verstorben. Ich kann sehr gut nachfühlen wie es dir geht. Ich habe immer gedacht es ist ein Alptraum und ich würde erwachen und alles wäre wieder gut. Meine Schwester und ich hatten ein sehr inniges Verhältnis, habe mit ihr wirklich alles besprechen können. Es hat glaube ich 2 Jahre gedauert bis ich Fotos von ihr ansehen konnte ohne in Tränen auszubrechen. Im 1.Jahr konnte ich kein Foto von ihr ansehen. Habe immer darauf gewartete das das Telefon klingelt oder sie vor meiner Tür steht.
Es ist nun schon über 4 Jahre her, aber der Schmerz ist immer noch da. Wir waren früher immer gut drauf, waren beim Feiern auch ohne Alkohol lustig, hatten immer irgendwelchen Blödsinn im Kopf, trotzdem wir beide ja schon älter waren, wir waren einfach ein gutes Team. Der Verlust meiner Schwester hat mich geprägt, ich bin ernster geworden,sehe viele Dinge im Leben anders als früher. Meine Schwester hat Weihnachten immer die "Sissi-Filme" im Fernsehen gesehen, habe sie immer belächelt. Seit sie tot ist sehe ich mir Weihnachten die Filme an und fühle mich dann meiner Schwester nahe. Oder ich kaufe mir die Joghurtsorte die meine Schwester so gerne gegessen hatte.
Liebe Störchin, ich wünsche dir viel Kraft für die kommende Zeit, ganz liebe Grüße
Daggi

cicabohna 05.12.2013 00:43

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Hallo Stoerchin
Ich kann dir leider auch nur indirekt weiterhelfen..aber deine Worte haben mich angesprochen. Mein Mann ist vor knapp 3 Monaten an BSDK gestorben und ich und seine Schwester verstehen uns sehr gut und unterstützen uns bei der Trauer um ihn. Wir waren
12 Jahre ein Paar. Aber genau was du angesprochen hast ist Tatsache. Seine Schwester kannte ihn vom ersten Tag an und er war ihre Familie. Ich habe ihr gesagt, dass ich so froh sei sie noch zu haben. Wir beide ergänzen uns zum gesamten Leben meines Mannes. Sie wird unserer Tochter erzählen wie er als Kind war...was sie für Seich gemacht haben und ich werde ihr erzählen wie glücklich er war als er sie zum ersten Mal im Arm hielt.
Verstehst du was ich sagen möchte? Du bist ein Teil und wirst immer dieser bleiben. Ich kann dich sehr gut verstehn und wünsche dir, dass du dich vielleicht auch mit seiner Freundin austauschen kannst.
Alles Liebe Cica

chrisi0211 05.12.2013 14:32

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Hallo,

ich habe meinen geliebten Bruder schon vor 10 Jahren verloren, er war damals 34 und weiß, was Du jetzt durchmachst. Ja, ich fühlte mich irgendwie "verloren", er war mein einziger Bruder...

Es dauerte bei mir sehr lange, bis ich mit einem Lächeln im Gesicht an ihn denken konnte, viele schlaflose Nächte hinter mir...

Heute frage ich mich oft, wie er wohl jetzt aussehen würde, wie sein Leben und auch unseres verlaufen wäre, wenn das nicht gewesen wäre. Tja, darauf gibts gleich wenig eine Antwort wie auf die mir anfangs gestellte Frage "warum, warum ausgerechnet er?"

Ich weiß, es ist kein Trost für Dich (und den gibts auch nicht wirklich), aber irgendwann akzeptiert man den Tod und das eigene Leben geht wieder weiter :pftroest:, man kann auch mal wieder Lachen usw., vergessen tut man aber nie und in meinem Herzen hat er einfach einen festen Platz und selbst jetzt, nach 10 Jahren, gibts ab und an noch Momente, wo es mir die Tränen mal rausdrückt...

Stoerchin 05.12.2013 22:41

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Ihr Lieben,

ich danke Euch sehr für Eure Beiträge, ich hätte gar nicht gedacht, dass ich mich so wenige Stunden nach meinem Posting so verstanden fühlen würde und das sowohl von Trauernden, die sich in meine Situation hineinversetzen können, als auch von trauernden Geschwistern. :1luvu:

@Daggi: mein Beileid zum Verlust Deiner Schwester. Auch ich denke immer wieder, es sei alles nur ein Albtraum. Wir dachten ja schließlich, er sei geheilt, niemand hatte mehr mit seinem Tod gerechnet. Ich kann auch (noch) kein Foto von meinem Bruder angucken, ohne zu weinen. Auch der Weg zum Friedhof ist schwer, dennoch möchte ich zu ihm, um ihm nahe zu sein und ihm Blumen vorbeizubringen.

@Cica: Auch dir möchte ich mein herzliches Beileid zum Tod Deines Mannes aussprechen. Er war ja sogar noch jünger als mein Bruder. Und auch ich bin (andersherum) so froh, die Freundin meines Bruders zu haben. Mich macht es immer stark, wenn es ihr gerade relativ gut geht.

@Chrisi: Auch der Tod Deines Bruders tut mir so leid und Deine Worte taten so gut. "Warum ausgerechnet er" - Du sagst es, eine zentrale Frage meiner schlaflosen Nächte, er hatte das nie im Leben verdient und meine Schwester und ich auch nicht - wir hatten doch nach dem Tod unserer Mutter immer nur uns. Und ich habe immer versucht, meinem Bruder, der ja der Kleinste war, wann immer es ging, ein paar schöne Momente zu bereiten. Meine Geschwister bedeuten mir alles, das habe ich aber auch immer schon vorher gesagt. 2 Tage vor dem Tod meines Bruders hatte ich gerade ein Foto von uns Dreien zum Abziehen abgegeben. Es kommt mir vor, als sei es gestern gewesen, dass dieser kräfte, große junge Mann diese unfassbare Diagnose erhielt, dabei war es vor 10 Jahren...

Ich danke allen, die auch schon länger als ich ohne ihre geliebten Menschen sein müssen, für's Mutmachen, dass es irgendwann immer ein klein wenig besser wird. Ich weiß nämlich nicht mehr so recht, wann die Trauer um meine Mutter sich besserte...

Liebe Grüße
Störchin

Sternschnubbe 06.12.2013 08:05

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Hallo Stoerchin,

als wir von der Diagnose Leukämie erfuhren, wussen wir im ersten Moment gar nicht richtig, was das nun heisst. Man hat dann bloß Stammzellentransplantatiopn sofort im Kopf. Aber wir kannte weder die Symptome noch den Krankheitsverlauf. Anfangs beim Recherchieren im Internet dachte ich, meine Mama wird es nie schaffen. Nach dem Gespräch mit dem OA war ich fest davon überzeugt, dass meine Mama wiedr arbeiten gehen kann, wenn sie alles überstanden hat.
Das die Kranheit kein Schnupfen ist, wusste ich. Und wir hatten mit Komplikationen gerechnet. Dass man aber keine Überlebenschancen hat, wenn man eine Sepsis bekommt, das wusste ich nicht.
Erst jetzt im Nachinein, soviel Zeit hatte ich währenddessen gar nicht mich zu informieren (ich weiß nicht mal die genaue Bzeichnung von Mama's Leukämie außer AML, aber da gibt es wohl Unterformen, so schnell ging es).
Was ich sagen wollte, mit der Diagnose und auch der Hoffnung, dass Mama heile wird, war mir klar, dass meine Mami irgendwann an Krebs und den Weiten der Nachwirkungen sterben wird.
Und dein Bruder ist leider das Beispiel dafür, dass diese hässliche Krankheit tötet udn wenn nicht gleich, dann später.

Warum ich das schreibe? Keine Ahnung, ich finde es erschreckend und einfach total traurig. Grausam, ja das Leben ist bescheiden... diese Krankheit macht nicht nur ein Leben, unzwar des Kranken kaputt sondern allen nahen Angehörigen!

Ich wünsche dir trotzdem alles Gute...

mel2013 08.12.2013 19:42

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Hallo Störchin,
ich glaube in diesem Thread bin ich richtig. Ich habe im April diesen Jahres meine Schwester durch metastisierten Brustkrebs verloren. Ich habe sie sehr lange mit dieser Erkrankung begleitet und eine Zeit lang sah es auch sehr gut aus. Doch ab Januar ging es steil bergab. Sie hat es nicht geschafft und hinterlässt eine unglaublich große Lücke in meinem Leben. Bis heute komme ich nicht wirklich darüber hinweg. Und jetzt auch noch diese Weihnachtszeit, bin total am Boden. Wie gehst du damit um? Ich weiß nicht, wie wir dieses Weihnachten überstehen sollen.

Ich :pftroest: dich mal ganz fest

Natürlich auch alle anderen, die einen geliebten Menschen verloren haben.

Liebe Grüße
Mel

Stoerchin 08.12.2013 22:46

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Hallo Sternschnubbe,

es muss sehr schwer für Euch gewesen sein, so wenig Zeit zu haben, überhaupt zu begreifen, dass Deine Mutter krank ist, bis sie dann schon von Euch gegangen ist. Mein Bruder hatte ALL (akute lymphatische Leukämie) und davon die aggressivste Form, die eine Stammzelltransplantation unbedingt erforderlich machte. Ich habe mich damals auch überhaupt nicht mit dem Thema befasst und voll und ganz den Ärzten vertraut (wie er auch). Jeden Tag rechneten wir mit dem Schlimmsten, bis die Angst irgendwann besser wurde und er wirder ganz normal lebte. Ich habe allen immer so stolz davon erzählt, dass es das größte Glück in meinem Leben sei, dass mein Bruder geheilt wurde. Und dann - 10 Jahre später innerhalb weniger Stunden...Ja, eine Sepsis überlebt man wohl nicht, erst recht nicht, wenn man nicht ganz gesund ist. Aber auch seine Ärzte konnten es nicht fassen. Von daher beruhigen mich Deine Worte dahingehend, dass mein Bruder nicht der einzige tragische Fall (Sepsis nach eigentlicher Heilung) war. Lass Dich nochmal :pftroest: Bist Du als Stammzellspenderin typisiert? Als sie mich damals typisiert hatten, um zu gucken, ob ich für meinen Bruder passe, was ja aber nicht der Fall war, er wurde ja mit meiner Schwester transplantiert, habe ich dann gleich gesagt, sie sollen mich in ihre Kartei aufnehmen.

Liebe Mel,

mein Beileid zum Tod Deiner Schwester. Ein weiterer lieber Mensch, der mich in meiner großen Trauer um meinen Bruder versteht, auch wenn er auch so leidet. Ja, die Weihnachtszeit ist eine große Herausforderung für alle hier. In meiner Trauergruppe wurde gesagt, dass entweder, wenn man es kann und es einem damit gut geht, alles wie sonst auch machen soll oder wenn man es eben nicht kann und so ist es auch bei mir, etwas völlig anderes tun soll. Dies hat sich dankenswerterweise ohne großes Zutun meinerseits ergeben, da die Eltern meines Freundes den Rest meiner Familie mit Übernachtung zu sich eingeladen haben - an einen Ort, an dem mein Bruder noch nie war. Nun freue ich mich tatsächlich ein bisschen. Vielleich wäre etwas in der Richtung auch eine Option für Dich? Und obwohl ich mir geschworen hatte, dieses Jahr den Weihnachsmarkt zu boykottieren, war ich am Wochenende mit einer Frendin da und habe es sogar ein wenig genossen. Bei einer Sache bin ich mir allerdings unsicher: immer wenn ich bei letzten Familientreffen meinen Bruder ins Spiel bringen wollte (z. B. mal kurz für ihn in den Himmel prosten) hatte ich das Gefühl, dass die anderen nicht unbedingt dafür waren. Seufz, so vieles davon, die die anderen am liebsten mit der Situation umgehen (viel reden, wenig reden...) muss ich irgendwie erst noch herausfinden.

Ganz liebe Grüße
Störchin

mel2013 11.12.2013 16:28

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Liebe Störchin,
leider hat sich meine Familie in den letzten Jahren sehr verkleinert, meine Mama, Tante, Onkel und nun meine Schwester habe ich alle an diese Sch..Krankheit verloren :weinen: Ja, ich habe meinen Mann, meinen Sohn und meinen Papa noch, aber wir wohnen alle im selben Ort, können somit leider nicht vor Weihnachten "flüchten", selbst meine Schwiegermutter wohnt nur wenige Meter entfernt.
Auch ich habe oft das Gefühl, das meine Freunde meine Trauer nicht mehr mit mir teilen möchten. Ich verstehe es ja in gewisser Weise, ich weiss auch das ich mich verändert habe, aber oft überkommen mich :weinen: und ich kann nichts dagegen tun. Die meisten von ihnen haben auch noch ihre gesamte Familie und ich denke so wirklich kann sich keiner in meine jetzige Situation versetzten. :( Am liebsten würde ich mich für die nächsten Wochen vergraben. Es ist wirklich so, die Krankheit lässt nicht nur den geliebten Menschen sterben, sondern auch einen Teil in uns. Ich hoffe auf Zeit (wird einem ja immer gesagt), die lässt angeblich ja alles besser werden.

Liebe Grüße
Mel

Sternschnubbe 16.12.2013 09:06

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Hallo Stoerchin,

weil alles so schnell ging, verdrängt man die Zeit auch ganz gut. Sie war ja kurz und nicht so lange so präsent, aber das hat zum Nachteil, dass ich immer wieder vergesse, dass Mami wirklich gestorben ist. Ich habe wirklich immer noch Probleme damit, den Tod zu realisieren und als Wahrheit anzunehmen. Es ist für mich immer noch so abwägig, dass meine Mama nicht mehr da ist, dass es Momente gibt, in denen ich es echt nicht verstehe.
Zum Beispiel suchen wir seit dem 1. Advent den Schwippbogen meiner Eltern. Meine Eltern sind im März umgezogen und dementsprechend weiß nur meine Mami, wo der Schwippbogen hingekommen ist... Ich möchte sie anrufen und fragen. Überhaupt habe ich so oft das Bedürfnis mich ihr mitzuteilen. Sie hat mir zugehört, wie kein anderer. Ich merke sehr, dass sie mir fehlt. Ich konnte ihr einfach alles erzählen, sie hat mir zugehört, mich verstanden. Niemanden sonst habe ich so viel erzählt, wie ihr. Das kann keiner ersetzen, nicht mein Freund, nicht meine Schwester, nicht meine Freunde.
Aber um auf deine Frage zurück zukommen. Meine Mama hatte wohl auch eine sehr aggressive Art des AML. Ich sage "wohl", weil wir nie das Ergebnis aus der ersten Knochenmarkpunktion erfahren haben, soweit kam es nämlich nicht. Daher wissen wir auch nicht, ob Mama je eine Transplantation gebraucht hätte. Aber wir Kinder wären ja eh nicht in Frage gekommen. Trotzdem habe ich damals gleich mir bei der DKMS die Typsierungsunterlagen schicken lassen. Erst letztens habe ich es aber gemacht und nun bin ich als Stammzellenspender registriert. Auch wenn es bei meiner Mama nie soweit kam, möchte ich anderen Menschen damit helfen!

Es fällt mir wirklich sehr schwer alles zu akzeptieren und ich vermisse meine Mama so unendlich doll...

Liebe Mel,

es tut mir so leid, dass du soviele liebe Menschen durch diese schreckliche Krankheit verloren hast. Du hast ja so Recht mit der Aussage, dass die Krankheit nicht nur die Menschen sterben lassen, sondern auch ein Teil in uns. Seit dem Tod meiner Mama fehlt auch bei mir ein großes Stück Herz. Und das sage ich nicht nur so, sondern meine es ernst. Denn auch ich habe mich in der kurzen Zeit verändert. Ich bin ernster geworden, kann weniger lachen und habe wirklich ein Stück Glauben an diese Welt verloren! Ich habe keine Angst mehr vor dem Tod und auch wenn ich mir noch immer ein erfülltes Leben wünsche, so würde ich mich auch freuen, wenn auch bei mir das Schicksal zuschlägt und ich bei meiner Mami sein kann...

Ich kann mir nicht vorstellen, dass es mit der Zeit besser wird. Es gehört dazu und der Schmerz wird immer mitschwingen, auch wenn man deswegen irgendwann nicht mehr gleich weinen muss!

ICh :pftroest: euch beide.. und wünsche euch noch eine "frohe" Weihnachtszeit!

Stoerchin 16.12.2013 22:52

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Liebe Sternschnubbe,
liebe Mel,
liebe alle,

mir tun Eure Beiträge so gut und ich finde mich darin so sehr wieder; ich glaube, ich lasse sie mir bald als Buch binden. ;)

Zitat:

Ich habe keine Angst mehr vor dem Tod und auch wenn ich mir noch immer ein erfülltes Leben wünsche, so würde ich mich auch freuen, wenn auch bei mir das Schicksal zuschlägt und ich bei meiner Mami sein kann...
Sternschnubbe: oh ja, wie sehr kann ich diese Gedanken nachvollziehen, für die uns vermutlich jeder in eine Therapie stecken würde, auch meine Schwester hat einmal etwas in der Richtung gesagt. Traurig, wir sollten uns doch am Leben erfreuen und daran, dass wir gesund sind...

Liebe Mel, genau, lass Dich noch einmal :pftroest:, auch Du hast ja neben Deinen anderen lieben Verwandten ein Geschwister- und ein Elternteil, also zwei Mitglieder Deiner engsten Familie, verloren. Wir haben familiären Brust- und Eierstockkrebs in der Familie, aber Leukämie führt man eigentlich nicht darauf zurück, also hat noch ein zusätzliches Schicksal zugeschlagen.

Ich wollte Euch fragen: Wie geht Ihr mit der (gut gemeinten) Frage "Wie geht's Dir" um? Wie ich diese Frage "liebe". Wann wird man wohl jemals wieder mit einem Lächeln "gut" erwiedern können? Ich traue mich schon gar nicht mehr, darauf mit "nicht so gut" zu antworten, da mittlerweile alle dann schon wieder nachfragen "warum das denn" - und einen anderen Grund vermuten.

Ich "liebe" auch diese täglichen Grübeleien über ein Leben nach dem Tod. In meinem Alter (ich bin 36 Jahre alt) haben sich wohl noch die wenigsten in meinem Umfeld damit beschäftigt, viele meiner Heile Welt-Freunde und Kollegen haben "gerade ma"l ihre Großeltern verloren.

Ich habe gerade das Weihnachtsgeschenk für meinen Bruder bestellt: eine Grabvase. :embarasse:weinen:

Allen wünsche auch ich eine so gut wie möglich schöne, weitere Vorweihnachtszeit!

Liebe Grüße
Störchin

Stoerchin 17.12.2013 16:39

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Ihr Lieben,

mein gestriger Beitrag war doof und unfreundlich, entschuldigt, ich war nicht gut drauf.

Alle hier finden immer so wahnsinnig gefühlvolle und einfühlsame Worte, da musste ich das einfach nochmal loswerden.

Und meine Freunde, die mir in der schweren Zeit immer zur Seite standen und auch noch stehen, liebe ich doch auch; sie können doch auch nichts dafür, dass sie noch keine Todesfälle von nahen, jungen Verwandten zu betrauern hatten...

Fühlt Euch alle gedrückt, Ihr seid wunderbare Menschen.

Liebe Grüße
Störchin :winke:

mel2013 21.12.2013 19:57

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Hallo ihr Lieben,

nach einem tagelangen Tief wollte ich mich vor Weihnachten noch einmal melden. :sad: Wir haben nun beschlossen, den Weihnachtsabend wie gewohnt durchzuführen. Mir graut bei dieser Vorstellung, den nächsten leeren Stuhl zu sehen. :eek:
Ja, bei der Frage "Wie geht es dir?" werde ich auch schon fast verrückt. Was soll man antworten, wenn es einem immernoch dreckig geht und es keiner hören will. Ich bin 44 Jahre und mein Leben ist von ständigem Denken an den Tod begleitet, das Gefühl ist schrecklich. Eigentlich sollte ich leben und fröhlich sein, denn das Leben ist ja nun mal begrenzt. Aber es funktioniert nun mal nicht, ich bin tieftraurig und möchte mich auch anderen gegenüber nicht mehr verstellen. Sollen Sie doch bleiben wo der Pfeffer wächst. Ich bin froh, wenn diese Weihnachtszeit endlich vorüber ist.
Leider begleitet mich seit langer Zeit schon die Schlaflosigkeit. Kennt ihr das auch? Morgens fühle ich mich wie erschlagen, bin müde und kann mich doch nicht auf die Nacht freuen. Versuche es gerade mit Baldrian :(
nützt leider nichts. Momentan weiß ich auch nicht weiter. Fühle mich einfach :augen:.
Ich denke an Euch und :pftroest::pftroest: mal. Vielleicht sehen ja unsere :engel: auf uns herunter.

Ach Störchin, ich fand deinen Beitrag nicht doof. Manchmal muss man eben seinen ganzen Seelenfrust loswerden.

Ich wünsche Euch ganz viel Kraft, diese schwere Zeit zu überstehen.

Liebe Grüße
Mel

chrisi0211 22.12.2013 00:32

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Ja, Weihnachten ist ganz nah - das Fest der Liebe, der Familie... Das erste Mal Weihnachten ohne meinen Bruder, ich sehe es vor mir, so wie es eben erst gewesen wäre, dabei feiern wir heuer bereits das zehnte Weihnachtsfest ohne ihn. Ohne ihn ist eigentlich nicht richtig gesagt, weil er ist immer bei uns, körperlich klarerweise nicht, aber in unseren Herzen, in unserer Erinnerung, in unseren Gedanken...

Aber zurück zum ersten Weihnachtsfest... Mit Beginn der Adventzeit war in mir sowas wie ein Countdownzähler, mit jedem Tag, wo der 24.te näherrückte, mit jedem Tag ging es mir dreckiger, ich hatte Panik eigentlich davor und dennoch war unser Sohn klein und dieser freute sich ja doch aufs Christkind, also ging es auch nicht, dass ich davonlief. Außerdem wo sollte ich denn hin? Vor Gefühlen kann man ja doch nicht fliehen, sie hätten mich doch auch am anderen Ende der Welt gefunden...

Viele Tränen liefen am Hl. Abend und an den darauffolgenden Weihnachtstagen, meine tiefe Trauer, die vielen Tränen waren aber letztendlich nur eines - die tiefe Liebe, die ich für meinen Bruder empfand.

Der (sinnlose) Tod hat mir seine Lebenshülle genommen, aber das Gefühl der Liebe ist geblieben und er ist nach wie vor bei mir, anders als zuvor, aber ich fühle einfach so und dieses Gefühl, diese Liebe ist bis jetzt unverändert geblieben und wird mein Leben lang bleiben.

Ich weiß, wie schmerzhaft, ja ich hatte dadurch sogar neben den Seelenschmerzen wirklich körperliche Schmerzen auch dabei, diese Trauerarbeit ist... Ich wollte eigentlich nur sagen, dass es irgendwann anders wird, nicht besser (was soll auch besser werden bei etwas Endgültigem?)...

Mittlerweile kann ich Weihnachten auch wieder mit Freude erleben, für ihn brennt eine Kerze im Fenster, wir denken viel an ihn und reden viel von ihm, er ist einfach mit dabei.
Wollte Euch einfach nur sagen - es wird irgendwann wieder anders...

Wünsche Euch allen ein besinnliches Weihnachtsfest

Stoerchin 23.12.2013 23:19

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Ihr Lieben,

mein Tannenbaum steht und ich erwarte morgen meine Familie bzw. das, was davon noch übrig geblieben ist. Mein Freund ist schon vorgefahren zu seinen Eltern, wo ich ihn übermorgen wiedertreffe. Ich genieße es ein wenig, mal den ganzen Tag ungestört weinen zu können, wenn mir danach zu Mute ist. Gestern habe ich Freunde vom Abi wiedergetroffen, die ich seit Ewigkeiten nicht gesehen habe. Ihnen habe ich dann, weil die Situation passte, von meinen OPs erzählt (ich habe mir wie Angelina Jolie prophylaktisch das Brustdrüsengewebe entfernen lassen, allerdings ein Jahr vor ihr) und sie waren mitfühlend und geschockt-interessiert. Ich kann es ihnen nicht verübeln, dass sie nicht viel nach meinem Bruder gefragt haben, bestimmt wussten sie nicht, ob ich über ihn reden wollte. Ich wollte die ganze Zeit schreien "hey, diese ganze Geschichte ist nichts gegen den Tod meines lieben, lieben Bruders".

Heute habe ich wieder festgestellt, dass mein Onkel, festes Mitglied meiner engsten Familie, sein Herz abgeschottet hat. Er sagte etwas in der Richtung "ja, das wird Weihnachten nicht so leicht, aber so ist es nun mal und wir können es nicht ändern." Fertig. Ich würde so gerne gemeinsam an ihn denken, z. B. möchte ich daran erinnern, wie er einmal als Kind seine Indianerschmuck-Federn in die Weihnachtsgans im Ofen steckte, weil sie ihm so nackt vorkam. Mein lieber, lieber Bruder.

Chrisi, ich finde diesen Satz
Zitat:

Viele Tränen liefen am Hl. Abend und an den darauffolgenden Weihnachtstagen, meine tiefe Trauer, die vielen Tränen waren aber letztendlich nur eines - die tiefe Liebe, die ich für meinen Bruder empfand.
so wunderschön und passend und ich danke Dir, dass Du Dich für uns noch einmal in Euer erstes Weihnachtsfest nach seinem Tod hineinversetzt hast. Zur tiefen Liebe: Mir fällt gerade ein, wie der Bettnachbar meines Bruders vor 10 Jahren im Krankenhaus einmal gesagt hat, dass man meine Liebe zu ihm merken würde.

Liebe Mel, Dein Satz
Zitat:

mein Leben ist von ständigem Denken an den Tod begleitet, das Gefühl ist schrecklich.
spricht mir leider auch so sehr aus der Seele. Ich bekomme einfach nicht zusammen, dass der Tod das ist, was wir hier alle am allermeisten fürchten und dann aber wieder geht es unseren Angehörigen jetzt so gut - ist ein langes Leben also erstrebenswert? Bis jetzt hatte ich mich damit getröstet, dass mittlerweile (leider) auch schon Elternteile von Bekannten und Freunden gestorben sind und dass es der Lauf der Dinge ist, dass man ohne seine Eltern auf der Erde zurückbleibt, aber unsere Geschwister - die hätten uns "normalerweise" bis zum Ende des Lebens begleitet. Heute bei Weihnachseinkauf dachte ich "Ihr Idioten, Ihr schiebt hier Eure Wagen durch die Gegend, auf einem Planeten, von dem Ihr nicht wegkönnt, Ihr Materien aus Zellen und Atomen, Ihr Spielbälle des Schicksals".

Aber nun schiebe ich diese ganz düsteren Gedanken mal zur Seite. Ich freue mich durchaus auf Weihnachten. Man lernt die verbliebenen Familienmitglieder und gute Freunde noch mehr zu schätzen als vorher. Und Mel: ich habe meine Schlafstörungen überwunden. Sie waren so schlimm, dass ich teilweise mit nur 2 Stunden Schlaf oder so auf der Arbeit erschienen bin. Ich hatte festgestellt, dass mir z. B. das Angucken von Fotos von ihm direkt vor dem Schlafen gar nicht guttat. Mittlerweile schlafe ich wieder wie vorher, nur morgens ist der Schreck wieder da.

Sagt mal, kommt jemand von Euch zufällig aus Hannover? Ich würde so gerne eine Trauergruppe für jüngere Trauernde gründen.

Nun wünsche ich Euch allen und Euren Familien ein schönes Weihnachtsfest, auf dass der Frieden und der Zauber der Weihnacht die Schmerzen ein klein wenig verdrängen und Ihr etwas Freude empfinden könnt.

Herzliche Grüße von
Störchin

Waldkäuzchen2014 08.01.2014 22:17

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Liebe Stoerchin, liebe andere Mitglieder in diesem Thread,

Du (darf ich Du sagen?) als erwachsene Frau mit Deinem verlorenen erwachsenen Bruder - jemanden wie Dich habe ich immer in diesem Forum als stille Mitleserin gesucht - und bisher nie gefunden.
Ich bin 28 und meine Schwester verstarb vor über drei Monaten an metastasiertem Brustkrebs. Sie wurde 34 Jahre alt.
Nie habe ich Menschen getroffen, die exakt das nachfühlen können, was ich fühle. Meine Eltern erlebten diese letzten vier Jahr nach Diagnose sicherlich anders als ich. Meine Schwester war eine unheimlich bemerkenswerte udn willenstarke Frau, die Hilfe nur begrenzt zuließ - erst als es nötig wurde. Sein erwachsenes Kind zu begraben ist nicht das gleiche wie ein Geschwister. Mich hat dies alles reifer gemacht (auhc die letzten Jahre schon, ich wusste dass der Tag einmal kommen wird, wo ich "Einzelkind" werde), und dennoch breche ich manchmal noch zusammen. Verschiedene Anlässe gibt es dafür: Totensonntag 2013 und Weihnachten 2013 war eine brutale Zeit. Es ging ganz gut zeitweise, und dann wieder doch nicht. Keine Geschenke für sie dieses Jahr gekauft....usw. War froh als die Feiertage rum waren. Auf der anderen Seite rückt nun, Anfang 2014 wieder mein anderes Problem nahe: Habe derzeit viel äußeren beruflichen Druck - bzw. mache mir den vielleicht auch selber. Ich kämpfe also an mehreren Fronten, und manchmal weiß ich gar nicht wofür.
Ich freue mich, dass ich in diesem Forum schreiben und lesen kann. Habe jahrelang immer wieder hier gelesen und viele Menschen bewundert. Freue mich, hier Austausch zu finden.

Stoerchin 12.01.2014 20:55

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Hallo Waldkäuzchen,

natürlich darfst Du "Du" sagen! Auch Du hast Deine Schwester so früh - viel zu früh - an diese schreckliche Krankheit verloren. Es tut mir sehr leid, Du hast mein tiefes Mitgefühl. Dennoch freut es mich, wenn ich Dir mit meinem Thema zusammen mit allen, die hier schon geschrieben haben, vielleicht etwas helfen kann. Ich weiß so sehr, wie Du Dich fühlst. Es muss noch schlimmer sein, jetzt "Einzelkind" zu sein. Ich habe ja noch meine Schwester.

Die Weihnachtszeit war schwer wie erwartet (wenn auch mit schönen Momenten dazwischen, wir sind ja geflüchtet und waren für 1,5 Tage gar nicht zu Hause), wie ging es Euch anderen hier? Es lag allerdings nicht nur an Weihnachten und der emotionalen Zeit (das Gute daran war sogar, dass ich viel mit dem Rest meiner Familie zusammen war, was mir immer gut tut) sonderen auch daran, dass man einfach mal Zeit zum Nachdenken hatte. Somit hat die Arbeit auch etwas Gutes, sie lenkt ab, auf der anderen Seite habe ich tatsächlich genau das gleiche Problem wie Du, Waldkäuzchen:
Zitat:

Habe derzeit viel äußeren beruflichen Druck - bzw. mache mir den vielleicht auch selber. Ich kämpfe also an mehreren Fronten, und manchmal weiß ich gar nicht wofür.
Ich bin emotional auf meinen Job angewiesen, um nicht völlig durchzudrehen, auf der anderen Seite kann ich diesen zusätzlichen Stress gerade überhaupt nicht gebrauchen. Ich habe schon so oft über eine psychosomatische Reha nachgedacht, komme aber zu keinem Ergebnis, ob ich wirklich so lange weg möchte. Hat jemand hier evtl. Erfahrung mit einer "Trauer-Reha"? Habt Ihr ansonsten professionelle Hilfe in Anspruch genommen?

Ansonsten steht für mich eine weitere Herausforderung an: am Sonntag hat mein Bruder Geburtstag, er wäre dann 33 geworden. Ich weiß es noch wie gestern, wie wir letztes Jahr gefeiert haben.

Fühl Dich gedrückt, Waldkäuzchen, ich freue mich darauf, mich auch mit Dir sowie mit allen hier weiter auszutauschen.

Liebe Grüße
Störchin

Waldkäuzchen2014 13.01.2014 17:26

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Liebe Mitleser und -schreiber,

Weihnachten war schwierig, und hin und wieder hats mich zerbröselt, zb. als ich ihr Blumen ans Grab gebracht habe. :weinen:
aber wir (Eltern, Freund, Familie vom Freund) haben uns alle gegenseitig getragen. Am 1. Feiertag waren wir ganz unkonventionell bouldern - hauptsache raus. :D

ich bin derzeit auf Jobsuche da mein befristeter Vertrag endete, etwa 1,5 Montate nach dem Tod meiner Schwester. Das machts jetzt nicht unbedingt einfacher. Einerseits gut um durchzuatmen aber den ganzen Tag allein zu Hause sitzen, Bewerbungen schreiben und Interviews vorbereiten ist jetzt auch nicht sehr gut für die privat Kommunikation und Verarbeitung.

@Stoerchin: Am 19.1. hätte Dein Bruder Geburtstag? Ich bin auch am 19.1. geboren - so ein Zufall. Im übrigen bin ich auch manchmal wütend auf meine Freundinnen und ihre alltäglichen Fragen nach Jobsuche etc - es fragt fast nie jemand, wie es mir geht, wenn wird nach dem Befinden meiner Eltern gefragt. auf der anderen Seite wissen sie es vielleicht nicht, wie sie reagieren sollen. wer dies nicht durchlebt hat, versteht auch nicht. aber etwas mehr Zuwendung würde ich mir manchmal schon wünschen.

Ich freu mich von Euch zu hören. Einen schönen Abend

mel2013 14.01.2014 19:35

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Hallo Waldkäutzchen, hallo an alle

auch ich möchte dich hier begrüßen, wenn auch aus wenig erfreulichen Gründen. :( Und natürlich sagen wir hier alle DU, man fühlt sich dabei doch gleich viel mehr miteinander verbunden.

Ja, ich bin sowas von froh, dass wir Weihnachten und Neujahr hinter uns gebracht haben. Es war "schön" für meinen Sohn, aber auch schrecklich für mich. Dieses erste Mal ohne meine Schwester :weinen: Dieses endgültige Niemehrwiedersehen macht mir ganz schön zu schaffen.
Auch ich bin jetzt "Einzelkind", kann dich also total verstehen. Ein Gefühl der Leere, der Trauer, ach es ist einfach unbegreiflich.

Ich verstehe auch, dass du nach deinen Gefühlen gefragt werden möchtest aber manchmal können solche Fragen auch ganz schön nerven. Die meisten "Freunde" oder Bekannte möchten eigentlich nichts negatives hören, jedenfalls geht es mir so. :sad:

Liebe Störchin, von einer Trauer-Reha habe ich noch nichts gehört. Allerdings wäre so etwas mal angebracht, fände ich toll. Leider komme ich nicht aus deiner Nähe, sonst wäre das mit der Trauergruppe auch eine Option für mich, schade :weinen:

So ihr alle, jetzt werde ich mich noch etwas um meine kleine Familie kümmern und auf eine erträgliche Nacht hoffen.

Ich bin froh, dass es euch gibt :knuddel:

Liebe Grüße
Mel

Stoerchin 14.01.2014 21:56

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Ihr Lieben,

heute nur mal kurz: Kennt Ihr das Buch "Geschwistertod" von Minke Weggemans und Waltraud Heitzer-Gores? Es ist wohl das einzige, das nur dieses Trauer-Kapitel thematisiert. Es ist so là-là, aber dieses Problem
Zitat:

es fragt fast nie jemand, wie es mir geht, wenn wird nach dem Befinden meiner Eltern gefragt.
wird dort auch thematisiert. Es scheint tatsächlich oft so zu sein, dass die nur die Eltern Fragenden sich nicht vorstellen können, wie sehr die (erwachsenen) Geschwister leiden.

Ja, Waldkäuzchen, am 19.1. hat mein Bruder Geburtstag. Ich weiß noch gar nicht, wie ich den Tag überstehen soll. :cry: Wir treffen uns an seinem Grab und essen dann noch zusammen Abendessen. In seine Wohnung, in der seine Freundin noch wohnt, habe ich mich bis heute noch nicht getraut.

Ich bin auch sehr froh, Euch gefunden zu haben. Waldkäuzchen: Dir wünsche ich trotzdem schonmal einen schönen Geburtstag!

Liebe Grüße
Störchin

hm maria 14.01.2014 22:59

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
da habt ihr recht glaube das viele die trauer der geschwister unterschätzen, gibt mir schon zu denken da ich auch eine freundin habe der ihr bruder an krebs verstorben ist, muss schrecklich sein, denn er hatte auch noch kleine kinder, wünsche dir ganz viel kraft, und irngedwie wird dein bruder bei euch sein, lg maria

Birgits Schwester 16.01.2014 00:12

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Guten Abend und mein aufrichtiges Beileid an alle hier.
Ich habe Euch gefunden, weil auch ich auf der Suche war, nach "Gleichleidenden".

Meine Schwester ist am 2. 1. an Brustkrebs gestorben, mit 46 Jahren.
Wir waren drei Schwestern, jetzt sind wir nur noch zwei.
Meine Mutter verloren wir, da waren wir 16, 20 und 22 Jahre alt. Ihr Tod hat uns noch mehr verbunden.

Heute war das Treffen mit dem Trauerredner, in der Wohnung meiner verstorbenen Schwester. Mein Schwager, die gemeinsame Tochter, unser Papa und meine kleine Schwester waren da. Wir haben einen ganz eigenen Text als Geschwister an unsere Schwester geschrieben und den Redner gebeten, ihn bei der Beerdigung zu verlesen. Gerade, weil wir wollen, dass wir unseren Schmerz als Geschwister auch ausdrücken wollen. Auch haben wir neben unserem Familienkranz noch ein ganz eigenes Blumengebinde, da sind nur unsere beiden Namen drauf.

Es ist schön, diese Seite gefunden zu haben.

LG Birgit

mel2013 20.01.2014 11:50

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Hallo Birgits Schwester,

es tut mir aufrichtig leid, dass auch du deine Schwester an diese Krankheit verloren hast, fühl dich gedrückt :pftroest: und willkommen hier. Es wird eine schwere Zeit auf euch zukommen, aber auch das könnt ihr gemeinsam durchstehen. Wir alle hier kämpfen gegen dieses ohnmächtige Gefühl der Hilflosigkeit und der Trauer.

Waldkäuzchen: Alles Gute nachträglich zu deinem Geburtstag.:1luvu: Ich hoffe du konntest dich etwas darüber freuen auch wenn es schwerfällt.

Störchin: Habe von dem Buch noch nie gehört, aber es klingt sehr interessant.

Ja und ich, ich kämpfe gerade wieder mit mir. Am 05.02. hat mein Sohn Geburtstag und genau an diesem Tag vor einem Jahr, kam meine Schwester ins KH. Ab da ging es nur noch bergab. :weinen:
Naja und einen Tag später hat dann mein Vater Geburtstag, oh mann,
meine Gefühle fahren gerade wieder Achterbahn.

Ich wünsch euch viel Kraft und drück euch :knuddel:

Traurige Grüße
Mel

Maira 20.01.2014 12:08

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Liebe Stoerchin,

auch ich habe meine Schwester im April 2013 verloren. Gerademal 2 Monate nach Erstdiagnose an BDSK. Meine Schwester war 12 Jahre älter als ich und war immer für mich da. Wir waren auch drei Schwestern. Jetzt sind wir nur noch zwei. Irgendwie habe ich ein schlechtes Gewissen. ich bin diejenige von uns, die raucht und auch gerne mal ein bisschen was trinkt. Meine anderen beiden Schwestern leben sehr gesund, Bio-Fleisch, viel Gemüse und Obst. Irgendwie denke ich, dass es mich hätte treffen sollen (Meine noch lebende Schwester hat auch eine schwere Krankheit). Ich weiss nicht, wie ich mit diesem Verlust umgehen soll und habe immer das Gefühl, dass die anderen auch denken, warum sie und nicht die "Kleine". Meine Schwester war meine Vertraute, meine "zweite" Mama und ich fühle mich verloren.

Traurige Grüße,
Maira:cry:

Birgits Schwester 20.01.2014 15:28

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Hallo Mel,

Danke schön für Dein Willkommen. Am Donnerstag ist die Beerdigung, ich mag gar nicht daran denken. Meine Schwester war heute bei ihrer Blumenfrau und hat die Kränze bestellt... und gleichzeitig einen wunderschönen Frühlingsstrauss für unseren Papa gekauft.... der ist heute 70. geworden. Wir fahren alle zu ihm, an Feiern ist nicht zu denken, aber wir sind alle beisammen. Das ist schön und tröstend.

Liebe Maira,
auch ich, wie wir wahrscheinlich alle hier, wissen nicht, wie wir mit dem Verlust umgehen sollen. Bitte mache Dir nicht solche Gedanken... wir haben es doch nicht in der Hand. Als wir unsere Mutter verloren, sie war 45 Jahre alt,ist für mich ist eine Welt zusammengebrochen, ich habe geglaubt, nicht weiterleben zu können. Aber glaube mir, es wird irgendwann besser, nie gut, aber besser. Das Wissen darum, nimmt mir nicht meine Trauer um meine Schwester, aber gibt mir Hoffnung... Davon gebe ich Dir gerne ein Stück ab.

An alle hier Mut und Kraft in dieser traurigen Zeit.

Birgit

Stoerchin 21.01.2014 00:20

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Guten Abend,

liebe hm Maria:
Zitat:

wünsche dir ganz viel kraft, und irngedwie wird dein bruder bei euch sein, lg maria
ich danke Dir für diese Worte! Wir standen gestern am Geburtstag meines Bruders an seinem Grab, mein Onkel hat ein Gebet gesprochen und alle anderen haben hin und wieder auch mal gelacht, was ich für einen Geburtstag gar nicht verkehrt fand, aber ich war dazu nicht in der Lage, habe die ganze Zeit nur geweint.

Liebe Birgits Schwester, liebe Maira,
auch von mir ein herzliches Willkommen hier bei uns, auch wenn der Anlass ein so trauriger ist, und mein herzliches Beileid zum Tod Eurer Schwestern.
Zitat:

Meine Mutter verloren wir, da waren wir 16, 20 und 22 Jahre alt. Ihr Tod hat uns noch mehr verbunden.
Oh ja, Birgits Schwester, ich weiß so genau, wie Du Dich fühlst. Wir waren beim Tod unserer Mutter 16, 14 und 12 Jahre alt und waren die nächsten Jahre eine ganz starke Gemeinschaft, die den Tod der Mutter gemeinsam verarbeitet hat und in dieser Kette fehlt nun ein (weiteres) Glied.

Liebe Maira,
Birgits Schwester hat Recht: Bitte rede Dir nicht ein, dass Du es eigentlich an Stelle Deiner Schwester verdient gehabt hättest, zu sterben. Ich kenne diese Gedanken zwar auch, da mein Bruder der allerletzte war, der den Tod verdient hatte; alleine schon, wie er sich liebevoll trotz eigener Krankheit um unseren schwierigen Vater gekümmert hat und seitdem er 12 war ohne Mutter aufwachsen musste, aber das ist doch einfach Quatsch.

Noch ist es eine Abwesenheit, das Gehirn hat einfach noch nicht realisiert, dass ich meinen Bruder nie wiedersehe. Ich habe Angst vor dem Moment, in dem das passiert und auch vor der Zeit, in der er nicht mehr so präsent ist wie jetzt, in dem seine Stimme nicht mehr in meinem Ohr ist und wir sicherlich auch nicht mehr in so einer großen Gruppe wie gestern zu seinem Geburtstag an sseinem Grab stehen. :weinen: Und es macht mich wahnsinnig, dass ich nicht weiß, wohin er gekommen, was mit ihm passiert ist. Von so einer neuen Erfahrung hätte er uns doch sicherlich sofort berichtet. Aber diese Frage ist wohl so alt wie die Menschheit...Trotzdem geht es mir schon ein kleines Stückchen besser als ganz direkt nach seinem Tod.

Ihr lieben starken Frauen, auch heute habe ich wieder sehr von Euren Worten gezehrt und es tut gut, nicht alleine zu sein (auch wenn ich das Gefühl habe, heute nicht so viele Weisheiten weitergeben zu können, denn ich fühle mich immer als schwächste in unserer Familie).

Ich schicke Euch allen dicke Kraftpakete und würde mich sehr freuen, wenn wir uns auch weiterhin bei der Trauer um unsere verstorbenen Geschwister gegenseitig Halt geben könnten.

Liebe Birgits Schwester: Dir wünsche ich alle Kraft der Welt für die Beerdigung Deiner Schwester. Irgendwo nimmt man die Kraft her, um dem Verstorbenen eine würdevolle Abschiedsfeier zu schenken.

Herzliche Grüße von
Störchin

Birgits Schwester 21.01.2014 15:56

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Hallo an alle,

Störchin, ich habe genau dieselben Gedanken: Wo ist sie denn nun? Und als ich an ihrem Bett/ihrem Leichnam stand, waren meine ersten Gedanken: Was ist passiert, wo bist Du denn jetzt? Weil ich mir nicht vorstellen kann, dass sie weg ist. Wenn unsere Familie beisammen ist, und das sind wir im Moment sehr, sehr viel, dann ist es, wenn ich die Tür öffne nicht so, als ob EINER fehlt, es kommt mir vor wie ZEHN. So viel weniger wirkt es, dass sie nicht mehr dabei ist.
Häufig will ich sie anrufen. Natürlich fällt mir das dann gleich/sofort wieder ein, dass das nicht mehr geht. Aber eine kleine Sekunde ist dieser Gedanke, dass ich ihr was erzählen möchte immer da.

Die Beerdigung wird ein ganz schlimmer Tag, aber auch weiss ich, leider aus Erfahrung, dass sie auch eine gewisse Erleichterung bringt, dass meine liebe Schwester nun in Würde ruhen kann und nicht irgendwo im Niemandsland ist.

Es ist immer diese Endgültigkeit, dieses Unabänderbare, die Ohnmächtigkeit, die mich so quält. Es gibt ganz schlimme und auch wieder gutere (das Wort besser kann ich im Moment nicht benutzen) Tage.

Ihr alle, es wird irgendwann wieder heller. Aber auch wir, die Geschwister, müssen unseren Frieden erst finden, genau wie unsere Lieben ihn gefunden haben. Wir müssen kämpfen, wie sie es uns gezeigt haben. Tapfer sein, wie sie es waren. Und erstmal damit leben, dass es uns mal mehr und mal weniger gelingt.

Seid gedrückt von

birgit

Waldkäuzchen2014 21.01.2014 23:21

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Guten Abend,

mein Geburtstag war ok aber zum ersten Mal in meinem Leben nicht "berauschend". Als Kind und auch später war dies für mich immer ein besonderer Tag und ich freute mich über Kuchen und Geschenke. Diesmal zwar auch, aber alles war anders. Bin mit meinem Lebensgefährten von Sa auf So weggefahren. Dies hat gutgetan. Am So-Abend noch kurz bei den Eltern vorbeigeschaut. Wir feiern nach im März. In wenigen Wochen habe ich meine Promotionsprüfung - das ist eigtl Stress genug. Parallel die Jobsuche und Trauerarbeit. Ist alles schon etwas viel...ich freue mich hier immer über neue Beiträge und die vielen virtuellen Kraftpakete.

Liebe Birgits Schwester,mir graute auch vor der Beerdigung. Ich habe anfangs geweint und während der Ansprache. Dann gings besser, als es raus an die frische Luft ging (es war ein Spätsommertag) und zum Grabe. Für mich war es nur die körperliche Hülle, die wir zu Grabe trugen, für mich war sie schon seit ihrem Tod oder auch den Stunden davor woanders. Im Nachhinein war ich friedlich gestimmt : ich freue mich wenn sie ihren Frieden gefunden hat. Und all die schönen Blumen....:-((
Einzig die Hoffnung auf ein Wiedersehen hält mich aufrecht. Ich drücke Dir für Donnerstag die Daumen, lass alles geschehen, Ich wünsche Dir dass Du auch viel tröstende Anteilnahme und liebe Gesten von anderen Mitmenschen erfahren wirst.

Maira 22.01.2014 11:59

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Waldkäutzchen: Genau diese Hoffnung hält auch mich aufrecht. Die Hoffnung auf ein Wiedersehen.

Maira

Remo 25.01.2014 19:37

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Hallo Störchin,

ich habe letztes Jahr ende November 2013 meine Schwester verloren.
Auch mir fällt auf das die meisten Foren sich mit verstorbenen Partnern, Kindern bzw. Geschwistern im Kindesalter beschäftigen.

Aber zurück zu meiner Schwester. Weihnachten 2012 klagte meine "Big Sister(53 Jahre)" über Magenbeschwerden. Schon die kleinsten Mengen Speisen verursachten Völlegefühl und leichte Übelkeit. Karfreitag dann die Diagnose:
Magenkrebs.
Bei der ersten Magenspiegelung hatte der Arzt gesagt das es sich um eine Entzündung des Magens handelte. Aber nach dem die Magenschwellung trotz Antibiotika nicht zurück ging , wurde der Arzt stutzig. Die zweite Magenspiegelung mit Gewebegroben aus tieferer Wandschichten brachte dann die tatsächliche Ursache zum Vorschein. Da es sich um ein sehr bösartiges Siegelringkarzinom mit Metastasen im Bauchfell und Leber handelte, gab es keinerlei Chance auf Heilung. Palliative Chemo verlängerte ihr leben nur um Monate. Am 27. November 2013 starb sie.

Ich (48 Jahre) kann es immer noch nicht fassen das sie nicht mehr da ist. Ich denke zwar nicht ständig an sie. Alltagsdinge, Arbeit und Freunde geben genug Ablenkung. Aber es bleibt in mir eine tieftraurige Grundstimmung, wie ein negatives Grundrauschen, seelischer Tinitus, der mich träge, Lust und -Freudlos macht. Hobbies wie Gitarre spielen lernen oder Sport treiben übe ich nur Halbherzig aus.

Ja ! Beziehungen zu Geschwistern ist anders als mit Lebenspartnern. Man kennt sie von Anfang an. Sie sind normalerweise das Ganze Leben mit dabei während Liebesbeziehungen und selbst Freundschaften wechseln.

Stoerchin 26.01.2014 17:56

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Hallo, Ihr Lieben,

liebe Birgit: wie hast Du die Beerdigung erlebt/"überstanden"? Ich hoffe sehr, dass sie einigermaßen erträglich war. Bei dem Wetter stelle ich es mir schwierig vor dadurch, dass man ja nicht so lange am offenen Grab Abschied nehmen kann. Bei der Beerdigung meines Bruders hatten wir strahlenden Sonnenschein und bestimmt 25 Grad, wir haben noch eine Zeit lang da gestanden und sind auch nach dem Restaurant noch einmal wieder gekommen.

Liebe Maira, liebes Waldkäuzchen,

Zitat:

Waldkäutzchen: Genau diese Hoffnung hält auch mich aufrecht. Die Hoffnung auf ein Wiedersehen.
wenn Ihr wüsstet, wieviele Bücher über Nahtoderfahrungen ich inzwischen gelesen habe in der Hoffnung, eine Antwort über ein mögliches Leben nach dem Tod zu finden, denn einfach nur glauben kann ich nicht, auch wenn ich sehr katholisch erzogen wurde (wie könnte man auch, so ungerecht, wie alles ist), und ich wollte Euch von dem Eindrücklichsten in dieser Richtung berichten: ich habe eine Nahtoderfahrung aus erster Hand geschildert bekommen! Ich habe eine Frau kennengelernt, die vor ca. 10 Jahren einen schlimmen Autounfall hatte, um Zuge dessen sie wohl klinisch tot gewesen sein musste. Sie berichtete, dass sie ein sehr, sehr helles Licht gesehen habe und die Stimme ihrer verstorbenen Mutter hörte, die ihr sagte, sie solle kommen, da es "hier schön" sei. Sie entschied sich dann aber doch dafür, noch einmal zur Erde zurückzukehren. Dies hat mich sehr beeindruckt und meine Hoffnung, dass es mein Bruder und auch meine Mutter irgendwo anders weiterleben und es ihnen gut geht, am Leben erhalten.

Liebe(r?) Remo,
mein tiefes Mitgefühl zum Tod Deiner Schwester und willkommen hier bei uns. Magenkrebs muss auch ein besonders heimtückischer Krebs sein - wie schrecklich. Vor allem die "tieftraurige Grundstimmung", die Du beschreibst, kenne ich sehr gut und ich habe das Gefühl, dass sich diese durch mein weiteres Leben ziehen wird. Ich werde das Beste drauf machen - aber einfach mal wieder ganz unbeschwert und fröhlich sein? - das kann ich mir im Moment einfach nicht vorstellen. Im Moment gilt jeden Morgen der erste Gedanke meinem Bruder.

Gestern waren wir in einem Musical, zu dem mein Vater eingeladen hatte. Vor ca. einem Jahr waren wir am selben Ort in einem anderen Musical, da war mein Bruder dabei und ich musste so sehr an ihn denken. Es ist so, so komisch/ungewohnt/traurig, dass er nun einfach nicht mehr dabei ist (wie Du auch schon schreibst, Birgit) und ich musste irgendwie immer an die Strophe von Grönemeyer denken "wir feiern hier ne Party, und Du bist nicht dabei...". Mein Vater sagte, dass es doch gar nichts bringen würde, wenn wir all diese Dinge nun nicht mehr tun würden. Das ist wohl war. Manchmal habe ich das Gefühl, ich nehme den Schmerz, den ich mir für meinen Vater und die Freundin meines Bruders vorstelle, mit in mich auf, dabei sind die beiden eigentlich recht stark. Übermorgen habe ich Geburtstag, eine weitere Party ohne ihn...

Danke, dass Ihr mich und wir uns gegenseitig verstehen. Ich wünsche Euch allen trotz allem noch einen schönen Sonntag!

Liebe Grüße
Störchin

Stoerchin 29.01.2014 00:45

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Hallo,

meine Gäste sind weg und ich bin sehr betrübt. Ich habe das Gefühl, dass wir das nicht mehr machen können, uns in so einer großen Runde treffen, da die Abwesenheit meines Bruders so sehr auffällt und so weh tut. Dies war wieder überhaupt kein Gesprächsthema (wie sollte es auch - an meinem Geburtstag). Alle (Familie und einige Freunde) waren nur für mich da und eigentlich tut es auch gut, zu sehen, dass immer noch viele von ihnen da sind und auch ihre Kraft gibt mir oft Kraft, aber dennoch: heute hat diese große Runde mal wieder extrem geschmerzt. Wir haben ein lustiges Spiel gespielt und ich habe sogar gelacht. Aber dennoch war ich tieftraurig - ich weiß so genau, wie mein Bruder an einigen Stellen reagiert/was er geschrieben hätte. Ich kannte ihn schließlich 32,5 Jahre. Ich verstehe es einfach nicht: der Liebste von allen darf einfach nicht mehr dabei sein.

Mit hoffentlich bald wieder zuversichtlicheren Worten in die Nacht grüßend
Störchin

Birgits Schwester 29.01.2014 20:40

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Liebe Störchin,

nachträglich wünsche ich Dir zu Deinem Geburtstag alles Liebe und Gute. Vor allen Dingen, dass Du gesund bleibst.

Weiter wünsche ich Dir Mut und Kraft diese Zeit durchzustehen. Dafür braucht man Mut und Kraft. Und es dauert, wie es dauert. Aber eines Tages werden wir wieder fröhlicher sein, auch wenn es nie mehr so sein wird, wie es war. Wir brauchen die Zeit, um uns zu versöhnen mit dem, was geschehen ist.
Mir geht es wie Dir.Ich habe Stunden, Nächte im Internet zugebracht... ich wollte wissen: Was ist nach dem Tod? Wie ist das Sterben? Hat meine Schwester gelitten? Woran mag sie letztendlich gestorben sein? WO IST SIE JETZT?

Meine Schwester hätte heute Geburtstag...es ist furchtbar. Es fühlt sich alles so unwirklich an. Und wieder ist es mir passiert: Als ich daran dachte, ob meine andere liebe Schwester wohl heute auf dem Friedhof war, dachte ich zugleich danach, dass ich ja mal meine andere Schwester fragen könnte, ob sie heute am Grab war.... das dauert immer so Nanosekunden... und dann fällt mir wieder ein, dass es um sie ja geht. So oft geht es mir so, dass ich überlege, ahh, da muss ich mal Heike anrufen.....

Weil man es so gewohnt war. Wir drei Schwestern waren so eng verbunden. Ich fühle mich wie amputiert.

Die Beerdigung war irgendwie beides, vor der Feierhalle ganz, ganz schlimm. Während der Rede ganz, ganz schlimm. Aber auf dem Weg zum Grab und am Grab irgendwie in mir eine Ruhe, eine traurige Leichtigkeit...keine Ahnung, wie ich das beschreiben soll.

Liebe Stoerchin, wir schaffen das, irgendwie. Was bleibt uns denn auch? Bei mir fing am Folgetag der Beerdigung alles wieder von vorne an. Schlaflose Nächte, tausend Gedanken, Unfassbarkeit.... Und immer wieder: Sie kann doch nicht einfach weg sein!!!

Das, was Du berichtest über die Frau mit Nahtod-Erfahrung. Weisst Du, ich glaube auch, dass meine Schwester jetzt bei meiner Mutter ist und es beiden gut geht. Als es meiner Schwester schlechter ging, habe ich das Bild meiner Mama angeschaut und gesagt: Bitte, Mama, hilf ihr doch...
Ein paar Tage später ist sie gestorben. Ich sagte meiner Freundin, aber ich hab doch unsere liebe Mutter gebeten, ihr zu helfen. Und sie sagte: SIE HAT IHR DOCH GEHOLFEN... Ja, sie hat ihr Leid erspart. Und ich glaube jetzt ganz fest, dass sie zusammen sind. Und dass es ihnen gut geht.

Ob mir das hilft? Manchmal. Und dann fehlt sie mir so schrecklich, dass ich es kaum aushalten kann. Wenn es mir dann einigermassen besser geht, denke ich, dass ich vielleicht egoistisch bin. Vielleicht geht es ihr dort, wo sie ist um so vieles besser als hier mit der schlimmen Krankheit, mit den Schmerzen, mit der Hoffnungslosigkeit, mit den ewigen Kämpfen...

Dann empfinde ich Trost. Und dann kommt eine andere, schlimme Traurigkeit: Alles, was ich an schönem sehe, alles, was ich lustiges sehe und höre, alles lebendige, alles lebensbejahende, alles hoffnungsvolle...kann ich nur halb geniessen, weil ich immer denke: Das alles kann sie nicht mehr sehen, nicht mehr erleben, warum nur. Sie hat doch so gerne gelebt, das Leben geliebt. Es tut mir so sehr leid, dass sie gehen musste.

Du siehst, liebe Stoerchin, wie man es auch nimmt und sieht: Wir werden die Zeit brauchen, wir werden da hindurch müssen, wir werden immer wieder weinen. Aber glaube mir, wir werden auch wieder lachen. Und irgendwann wieder normal leben, mehr lachen als weinen. Mehr geniessen, als traurig sein. Und mehr annehmen als hinterfragen.

Wir werden uns versöhnen mit dem Es-ist-nichts-mehr-wie-es-war.
Dein lieber Bruder und meine liebe Schwester sind vorgegangen. Nicht weg.

Ich drück Dich und teile gern mit Dir mein bissl Mut und mein bissl Kraft.
Dafür teilen wir ja auch das Leid. :pftroest:

Ganz liebe Grüße

Birgit

Maira 30.01.2014 11:20

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Birgits_Schwester: Ganz genauso geht es mir auch. Diese unendliche Traurigkeit, wenn mir wieder mal bewusst wird, dass das Leben nun ohne sie weitergeht....weitergehen muss und dass wir nie mehr wieder etwas gemeinsam unternehmen können, wo wir doch alles gemeinsam machten. Dieses halbherzige Leben, bei dem ich mich fühle, als würde ich in der Luft hängen. Mir macht nichts mehr so richtig Spaß.

Sie ist jetzt 9 Monate tot. Ich hoffe, es wird besser.

LG
Maira

hgbs 30.01.2014 15:12

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Ich weiss, es ist ein Kalenderspruch, aber ein weiser an dem man sich auch ein wenig festhalten kann.

Die Zeit heilt alle Wunden.

Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass es stimmt. Auch wenn es lange dauern kann. Was zurückbleibt sind Narben.

Das Leben ist nicht fair und man darf sich nicht unterkriegen lassen.

Alles Gute und viel Kraft für die Zukunft.
Hans-Günter

Waldkäuzchen2014 31.01.2014 21:48

AW: Trauern um verstorbene erwachsene Geschwister
 
Liebe Mitschreiber,
ich kann mir vorstellen, dass es unweigerlich krass ist, in ein paar Wochen oder Monaten Abschied nehmen zu müssen. Wir hatten seit der Diagnose BK mit Metastasen 4 Jahre und ca. drei Monate Zeit für den Abschied - auch wenn das nie thematisiert wurde und ich das auch nie schaffte, wofür ich mich manchmal heute noch schäme. I.ggs. zu meinen Eltern habe ich es nicht geschafft darüber zu sprechen, wie es ist, wenn sie stirbt oder nicht mehr da ist, wie ihr Grab aussehen soll etc. In den letzten Wochen drehte jeder am Rad, weil Hilfe nötig wurde (Wassereinlagerungen etc). Ich fand das unendlich anstrengend v.a. weil wir uns alle oft zofften (sie, Eltern, ich). außerdem: So oft hatten wir schon gemeinsam Nerven verloren, und für nichts und wieder nichts. Ich meine die niederschmetternden Diagnosen, die dann wieder revidiert wurden (gab es in ihrem Fall oft genug - und jedesmal regten wir uns auf, für nichts und wieder nichts). Ich war also einfach sprachlos und sagte manchmal : das nervt !

Manchmal provozierte sie mich dann und sagte, "wenn es nach Dir ginge, sollte das hier alles wohl ein schnelles Ende haben, Du klagst ja immer wie anstrengend es ist" da war ich so fassungslos dass ich so verkannt werden, dass ich ihr einen Brief geschrieben habe, indem ich versuchte meine Sprachlosigkeit zu erklären und wie schwer es ist, zu wissen, dass wir mit 40 nicht zusammen shoppen gehen werden und kaffeekränzchen als Omas haben werden. Ich hoffe inständig dass sie es verstanden hat, dass nicht sie mich nervt, sondern ihre Krankheit mich zermürbt. Sie sagte dann "schön wenn man mal sowas zu lesen bekommt!"

ich war immer fürs Späßemachen da, für gute Laune und Witze und hab es nie mit Worten (mit Gesten gegen Ende schon) geschafft auszudrücken wie lieb ich sie habe und wie es mich zermürbt dass sie gehen muss. ich war dazu da, ihr eine angenehme lustige unbeschwerte Zeit zu machen. wir hatten einmal vor vier Jahren im KH miteinander geweint - kurz nach Meta-Diagnose. Dann habe ich nie wieder vor ihr geweint. Irgendwie hängt mir das immer noch nach, dass ich keine Schwäche mehr zeigte. Erst als sie bereits im Leberkoma lag (zum Glück nur wenige Stunden) brach ich neben ihrem Krankenbett zusammen. Papa führte mich hinaus.

Insofern hat mich ihr Tod verändert, dass ich mir vorgenommen habe, nie etwas unausgesprochen zu lassen, auch wenn es unangenehm ist. Dies ist im "normalen Leben" unendlich schwer. Aber ich arbeite daran.
Sorry wenn der Text etwas unstrukturiert ist, habe einfach geschrieben - wie damals den Brief an sie.


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