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Ursus28 22.02.2018 15:25

Wenn der Krebs zur Nebensache wird...
 
Hallo und guten Tag, bei meinem Mann wurde im Herbst letzten Jahres Lymphdrüsenkrebs im Anfangsstadium diagnostiziert. Die Tortur, bis die Diagnose schlussendlich auf dem Tisch lag, hat ihm sehr auf die Psyche geschlagen, so dass er im Winter Panikattacken entwickelt hat. Er ist seit dieser Zeit auch in Psychotherapie, psychosozialer onkologischer Betreuung und wegen der Medikamente in neurologischer Behandlung. Er nimmt Psychopharmaka, um über den Tag zu kommen (ist seit 5 Wochen krank geschrieben) und kämpft zeitgleich mit den Nebenwirkungen, aktuell warten wir auf einen Platz in der psychosomatischen Tagesklinik. Laut der Psychotherapeutin hat er mittlerweile eine Depression entwickelt. Tatsächlich fokussiert er sich nur noch auf mich, traut sich nichts mehr zu und ist überhaupt micht mehr belastbar. Der Krebs wird aktuell nur beobachtet, weil die Werte nicht auffällig sind. Ich frage mich was passieren würde, wenn sich das Krankheitsbild veschlimmern würde. Hat hier jemand eine vergleichbare Situation mit einem/einer Angehörigen durchlebt? Ich gerate immer wieder an meine Belastungsgrenzen trotz allem Mitgefühl und Einsatz und natürlich habe ich auch Angst um meinen Mann.
Vielen Dank fürs Lesen, Ursus28

Safra 22.02.2018 21:41

AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...
 
Hallo,

ich kann nur aus meinen eigenen Krerbserfahrungen sprechen, und die sind sicher mit vielen anderen vergleichbar. Man fällt plötzlich in ein tiefes Loch. Es wird klar, dass man sterblich ist, und zwar nicht erst in ...Jahren, sondern vielleicht in absehbarer Zeit. Man denkt an die Familie, an das ganze Umfeld, an die vielen Dinge, die man ja eigentlich noch machen wollte. Das ist verdammt hart. Wenn ich es recht verstehe, ist Dein Mann schon in professionellen Händen, das ist gut so. Wie mit ihm umgehen? Ist bestimmt Ansichtssache. Ich würde es wahrscheinlich recht rational versuchen, ich habe mich damit auch am wohlsten gefühlt (wenn man in dieser Situation überhaupt davon reden kann). Keine Mitleidstour, kein "Nun reiß dich mal zusammen, es sieht doch nicht schlecht aus" o.ä. Diese "Denk-Positiv-Sprüche" sind einfach ätzend und helfen überhaupt nicht. Versuchen, ihn mitzunehmen zu irgendwelchen Dingen, Spaziergänge, Fahrten, was auch immer.

Safra

Tinele 23.02.2018 05:58

AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...
 
Ich denke , die Tagesklinik wird ihm wieder auf die Beine helfen , weil es die absout richtige Entscheidung ist . Dann wirst auch du wieder entlastet .

Ursus28 23.02.2018 10:36

AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...
 
Danke für Eure Empfehlungen und Einschätzungen. Jetzt ist es so, dass er gerade von Tavor schon abhängig ist und regelrechte Entzugserscheinungen entwickelt. Leider sind die behandelnden Ärzte keine große Hilfe. Er soll vor dem Klinikantritt das Medikament ausschleichen, aber wie, wenn er ohne Tavor nicht über den Tag kommt. Ich habe gelesen, dass mit Diazepam substituiert werden kann?

Tinele 23.02.2018 20:46

AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...
 
Mit Tavor ist nicht zu spaßen . Aber das er da so alleine gelassen wird und mal eben vor der Tagesklinik ausschleichen soll , finde ich einen Witz. Unter den Bedingungen finde ich ihn sogar einen Fall für stationär. Da kann das Auschleichen nämlich begleitet werden , was ich wichtig finden würde.

Ursus28 23.02.2018 21:42

AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...
 
Tinele, das sehen wir genauso und ich wundere mich nur. Leider haben wir im Umkreis nur Kliniken, die Doppelzimmer haben und das geht bei der Fülle der Symptome gar nicht. Das sieht auch die Psychotherapeutin so. Ich bin mal gespannt, was das Informationsgespräch bei der zweiten Tagesklinik nächsten Donnerstag bringt. Wenn alles gut geht, könnte er am 21.03. dort beginnen. Ich hoffe, dass diese Klinik einen besseren Plan hat. In der neurologischen Praxis wurde ihm, obwohl die Krebsart bekannt war, ein Antidepressivum verschrieben, dass keinesfalls bei Lymphdrüsenkrebs einzunehmen ist. Das hat er nur erfahren, weil er den Beipackzettel aufmerksam gelesen hat. Ich lese hier so oft, dass man den Ärzten vertrauen soll, leider wurden wir im letzten halben Jahr öfters eines besseren belehrt🙁.

Ursus28 09.04.2018 21:00

AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...
 
1,5 anstrengende Monate liegen hinter uns. Leider hat sich die psychische Verfassung meines Mannes zwischenzeitlich so verschlechtert, dass er in die Psychatrie eingeliefert werden musste. Dort verblieb er knapp 3 Wochen, bis er heute in der Tagesklinik beginnen konnte. Den Tavorentzug hat er erfolgreich hinter sich gebracht, die Panikattacken tauchen immer noch auf. Psychosomatisch schlägt ihm sein Zustand auf das Gehör, so dass er alles verzerrt oder in einer anderen Frequenz wahrnimmt, Radio oder Fernsehen geht gar nicht. Er ist mittlerweile so auf seine Psyche fixiert, dass er den Krebs völlig ausgeblendet hat. Die letzten Werte waren stabil, so dass kein Handlungsbedarf besteht. Seiner Einschätzung nach geht es ihm jeden Tag schlechter und das seit 5 Wochen - trotz Klinik, psychoonkologische Betreuung und Psychotherapeutin.
Ich bin unendlich erschöpft, gehe arbeiten, kümmere mich um meine instabile Tochter und seit 3 Wochen um seine Mutter, die mittlerweile eine Pflegefall geworden ist. Leider haben wir kein Netzwerk, sind weitestgehend auf uns alleine gestellt. Wahre Freundschaft zeigt sich in diesen extremen Situationen, denn plötzlich ist kaum jemand mehr da bzw. reagiert völlig unangebracht.
Hat irgendjemand hier ähnliche Erfahrungen mit seiner/m Partner/in durchlebt?

Mai2013 10.04.2018 12:11

AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...
 
Liebe Ursus,

ich kann das so gut nachvollziehen. Mein Mann wurde 2015 transplantiert, hatte und hat bis heute mit extremen Begleiterscheinungen zu kämpfen und ist noch dazu schwer depressiv ABER er will keine Therapie. Und das nagt an allen, ich bin vollzeit berufstätig und muss mich auch zu Hause um alles fast allein kümmern, den ganzen Behördenkram, der Haushalt, Garten ... . Und ich bin mittlerweile auch an meinen Grenzen physisch und psychisch.
Mit den "Freunden" ist es bei uns ähnlich, vielleicht bin ich daran aber auch ein wenig selber Schuld. Aber es gab Zeiten, wo ich einfach nur meine Ruhe haben wollte und niemanden sehen oder hören wollte. Viele haben das nicht verstanden. Aber wenn es immer nur 1 Schritt vor und 2 zurück geht verzweifelt man irgendwann. Ich bin froh, das ich meinen Hund habe - klar wieder noch mehr Arbeit, aber er verschafft mir auch Freiraum da er ja raus muss. So habe ich wenigestens etwas Zeit für mich.
Ich müsste dringend mal raus, einfach weg, Urlaub Kur was weiß ich - aber wie soll das gehen? Also heißt es durchhalten, Zähne zusammenbeißen und hoffen. Und meinen Mann deshalb in eine Klinik oder Pflegeunterkunft bringen kann ich nicht.
Ich wünsche dir ganz viel Kraft, liebe Grüße Suse

Ursus28 10.04.2018 13:49

AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...
 
Liebe Suse,

ich danke Dir für Deine Offenheit, so traurig es ist, tut mir Dein Post unendlich gut. Arbeitet dann Mann noch? Mein Mann geht ja in die Klinik und will sich helfen lassen. Leider ist er grundsätzlich negativ zu fast allem eingestellt (schon weit vor der Erkrankung), so dass er an allem etwas auszusetzen hat und alles besser weiß. Ich bin so erschöpft, dass ich schon vorher fast alle sozialen Kontakte habe schleifen lassen, einzig an meinem Sport und Tierschutz halte ich fest. Tatsächlich ist Arbeit mittlerweile auch eine Ablenkung für mich geworden. Das kann es doch nicht sein.
Meine 3 Katzen sind auch meine großen Tröster und eine Kur habe ich tatsächlich für Anfang nächsten Jahres angepeilt. Es hilft niemandem, wenn ich aus den Schuhen kippe, zumal meine Tochter mich auch braucht.
LG, Ursus

vintage 10.04.2018 15:35

AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...
 
hallo mai2013, hallo ursus,

oft verstärkt so eine heftige diagnose die "charakter- oder wesenszüge" eines menschen.
wenn jemand schon negativ drauf war,
wird sich das nicht durch eine schlimme diagnose "bessern".

wenn der partner/die partnerin keine hilfe annehmen möchte, seine/ihre entscheidung.
umso mehr muss man für sich sorgen und für die eigenen grenzen.
wo kriegst du kraft her, wo kannst du auftanken, wo du selbst sein...
und sage es ihm ruhig, wenn er es zu doll treibt... grenzen setzen ist so wichtig.

tiere, natur, kultur, gespräche (auch therapie), bücher, arbeit/hobby haben mir geholfen. :knuddel:

Ursus28 10.04.2018 16:02

AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...
 
Das sehe ich genauso vintage. Ich gehe regelmäßig zur Akupunktur, das tut mir gut, um mich wieder ins Lot zu bringen. Lesen ist mir ebenfalls ein Kraftquell.
Leider befürchte ich, dass wir uns weniger durch die Krankheit(en) als durch den Umgang damit, immer mehr voneinander entfernen. Ich möchte doch meinen Mann nicht zurück lassen. Dieser Spagat ist ermüdend.

Jedimeisterin 10.04.2018 16:25

AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...
 
Zitat:

Zitat von Ursus28 (Beitrag 1389019)
Ich bin unendlich erschöpft, gehe arbeiten, kümmere mich um meine instabile Tochter und seit 3 Wochen um seine Mutter, die mittlerweile eine Pflegefall geworden ist. Leider haben wir kein Netzwerk, sind weitestgehend auf uns alleine gestellt. Wahre Freundschaft zeigt sich in diesen extremen Situationen, denn plötzlich ist kaum jemand mehr da bzw. reagiert völlig unangebracht.
Hat irgendjemand hier ähnliche Erfahrungen mit seiner/m Partner/in durchlebt?

Liebe Ursus,

ich schreibe mal etwas offtopic. Deine Belastungen sind ja immens. Mein Tipp wegen deiner pflegebedürftigen Schwiegermutter. Falls sie schon Pflegegrad hat, gehe zum nächsten Pflegestützpunkt und lass dich beraten. Kommt zu deiner Mutter ein Pflegedienst? Suche für Schwiemu eine Haushaltshilfe. Für Arztbesuche könntest du eine Alltagsbegleitung suchen, die sie dann begleiten könnten.

Wie alt ist deine Tochter? Ist sie noch minderjährig?

Krebs ist eine sch...ss Erkrankung, auch psychisch. Und da leidet die ganze Familie drunter. Meine Familienangehörige war auch praktisch durch die Hölle gegangen.

LG Jedimeisterin

Ursus28 10.04.2018 20:12

AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...
 
Die Mutter meines Mannes wohnt 180 km weit weg, so dass jetzt in Kürze über Pflegedienst, Essen auf Rädern etc. das Wichtigste organisiert ist. Sie war vorher in Krankenhaus und Kurzzeitpflege, weil alles so schnell ging und wusste aufgrund ihrer Demenz nicht wie ihr geschah. So lange sie es hinbekommt, soll sie in ihrer gewohnten Umgebung bleiben. Mein Mann telefoniert immer nur sehr kurz mit ihr, weil er aufgrund der psychischen Situation fast nichts hört und sie ihn auch sehr aufregt. Meine Tochter (wir sind eine Patchworkfamilie) hat fast 2 Jahre Therapie hinter sich gebracht und ist jetzt seit letztem Sommer einigermaßen stabil. Natürlich leidet sie indirekt unter der anstrengenden Situation. Ich wünsche meinem Mann und uns sehr, dass er in der Tagesklinik wieder Boden gewinnt.

Mai2013 10.04.2018 21:53

AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...
 
Hallo Ursus,
mein Mann arbeitet seit 3 Jahren nicht mehr. Er hat nach der Transplantation 9 Monate in der Uniklinik gelegen und danach auch immer mal wieder. Er hat leider überhaupt keine Hobby's, seine Arbeit war sein Leben und die kann er aktuell nicht mehr ausführen.
Er hat keine Kraft irgendetwas alleine zu machen, anziehen und essen geht, aber viel mehr nicht. Er liegt einfach nur da und grübelt.
Ich kann teilweise verstehen das er oft aufgeben möchte, nach all den Komplikationen und Rückschritten.
Aber manchmal denke ich auch das er eigentlich kämpfen müsste. Der Krebs ist aktuell nicht mehr nachweisbar, es sind halt die zahlreichen Beschwerden durch die Transplantation und auch die Tabletten mit denen er nicht mehr zurecht kommt. Er ist auch immer noch nicht rehafähig, so dass es einfach nicht voran geht. Und ich kann meinen Job nicht aufgeben weil wir dann überhaupt nicht mehr klarkommen würden.
Liebe Grüße Suse

Ursus28 12.04.2018 13:26

AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...
 
Mein Mann ist jetzt seit vier Tagen in der Tagesklinik. Er fühlt sich wohl dort und es geht ihm besser. Er muss noch viel lernen in puncto Achtsamkeit etc., ich habe begriffen, dass es sein Thema ist. Eure Beiträge, speziell Deine Suse, machen mich betroffen und ich hoffe, dass Dein Mann die Kurve bekommt. Im Juni hat er den nächsten Kontrolltermin, mal schauen, was dabei herauskommt. Es ist gut, dass er dieses Thema im Moment ausblendet.

Ursus28 23.04.2018 19:54

AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...
 
Update: 4 Wochen sind vergangen. Nach anfänglicher Euphorie sind die Ohrgeräusche (mittlerweile Hyperakusis diagnostiziert) so schlimm geworden, dass mein Mann am durchdrehen ist. Musik- und Bewegungstherapie gehen gar nicht aufgrund der Geräuschkulisse. In den Gesprächstherapien sitzt er da und versteht nicht, was gesprochen wird. Seitens der Klinik kommt (...) da müssen Sie durch. Leider gibt es keine Erfahrungswerte mit diesen Symptomen in dieser Klinik. Die Hörakustikerin empfiehlt Ruhe für die Ohren. Wir überlegen echt eine andere Klinik zu suchen, doch das dauert ja wieder und was passiert in der Zwischenzeit. Heute geht es ihm um ein vielfaches schlechter, bevor er sich damals in die Psychatrie eingeliefert hat. Das kann doch nicht sein🙁.

Mai2013 24.04.2018 11:54

AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...
 
Hallo Ursus,

das tut mir so leid, als Angehöriger steht man immer so hilflos daneben. Mein Mann liegt mittlerweile auch schon wieder die 3. Woche in der Uniklinik.

Wasser in der Lunge, VER Keim und einen Knubbel im Muskel wo wir täglich auf den Befund warten.

Wir sind am Ende, es muss doch einmal aufhören.

Mit der anderen Klinik das solltest du unbedingt probieren. Ich weiß ja nicht wo ihr aktuell seit, ich habe damals mit mehreren Kliniken gesprochen und konnte erstmal die Unterlagen zusenden und habe auch rasch Antworten bekommen.

Das spart schon einmal Zeit (ihr müsst nicht hinfahren) oft hilft schon einmal eine 2. schriftliche oder telefonische Meinung.

Liebe Grüße
Suse

Ursus28 24.04.2018 15:39

AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...
 
Suse, Daumen drück, dass Ihr schnell Klarheit habt. Wir wohnen im Rhein-Main-Gebiet, die Kliniken im Umkreis haben zwischen 3 und 4 Monaten Wartezeit🙁. Wie es natürlich ist, wenn man in einer bestehenden Therapie ist, weiß ich nicht. Ja - das ohnmächtige Zuschauern ist das Schlimmste, wobei ich natürlich auch immer nur die Sicht meines Mannes höre. Er sagt ja selbst, dass er anstrengend ist:augendreh. VG, Ursus

Mai2013 24.04.2018 17:18

AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...
 
Liebe Ursus,

ich würde es trotzdem versuchen, Rat und Hilfe gibt es auch bei der Deutschen Krebsgesellschaft. Ich würde mal anrufen und nachfragen welche Möglichkeiten du hast.

Liebe Grüße
Suse

Ursus28 19.05.2018 13:14

AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...
 
Update: Mein Mann hat die 6.Woche in der Tagesklinik hinter sich gebracht. Wir hatten diese Woche auch einen gemeinsamen Termin mit der Therapeutin, was ich sehr begrüße. Sein Allgemeinzustand ist etwas besser und der Gedanke, im August/September wieder arbeiten zu gehen, ist realer geworden. Die Ärzte/Therapeuten sind sich uneins, was die Medikamentengabe betrifft (viele Köche verderben den Brei), gleichwohl lassen sie mit sich reden. In 4 Wochen ist der Kontrolltermin in der Onkologie.
Alles Gute und viel Kraft allen Betroffenen und Beteiligten:pftroest:

sanne2 20.05.2018 00:29

AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...
 
Liebe Ursus.
Hast du speziell mal an Hife für dich als Angehörige gedacht?
Unsere Belastungen als Angehörige sollten nicht unterschätzt werden. Das musste ich nach der Krebserkrankung meines Mannes am eigenen Leibe spüren!

Hast du evtl. auch psychologische Hilfe?
Ich BRAUCHTE sie damals nach meinem eigenen Ermessen nicht, und wurde eines Besseren belehrt!
Irgendwann fand ich mich in einer psychiatrischen Einrichtung wieder, ohne es zu wollen.
Die Erkrankung meines Mannes hat mich damals "kaputt" gemacht, ohne es selber zu bemerken.

Solltest du dich überfordert mit dem jetzigen Zustand deines Mannes fühlen und das wäre vollkommen legitim, denn auch wir sind keine "Roboter" ohne Gefühle, dann wende dich bitte an deinen Hausarzt.
Unsere kranken Partner verändern sich und scheinbar merken nur wir es, als Angehörige.

Und suche dir Hilfe! Mein Vorschlag.

Ganz liebe Grüße,

Sanne

Ursus28 20.05.2018 11:27

AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...
 
Liebe Sanne,

danke für Deine Rückmeldung und ja, ich bin mit Ärzten im engen Kontakt und sie werden mich auch mit der Kur unterstützen, auch wenn sie die Chance auf Erfolg als gering einstuft, weil ich a) zu gesund bin und b) zu wenig Krankheitstage habe:undecided. Ist das nicht unfassbar, wie unser System funktioniert?
Ich werde das, mich und uns gut beobachten und mir die Zeit nehmen, die ich brauche, denn diese extreme Erschöpfung habe ich schon gespürt und ihm auch deutlich zu verstehen gegeben, was sein Umgang mit der Krankheit mit mir macht. Das weiß mein Mann und er weiß auch, wie wichtig das ist, dahingehend ist die Situation entspannter gewordem.Wir stehen ja erst am Anfang von allem und konstruktiver Unterstützung stehe ich offen gegenüber. Es muss aber auch passen, das finde ich viel schwieriger.

Ursus28 21.06.2018 19:26

AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...
 
Update: Mein Mann ist gestern nach 11 Wochen aus der Tagesklinik entlassen worden und es geht ihm am ersten Tag danach...schlecht🙁, er hört nichts, ist unruhig etc., nimmt auch wieder ab und an Tavor. Das schlägt aber auch nicht mehr so an, wie er es gewohnt war. Der Kontrolltermin am Dienstag in der Onkologie war gut, körperlich keine Verschlechterung der Werte. Ich bin mittlerweile in therapeutischer Behandlung und die Unterstützung kann ich wirklich gebrauchen.
Gibt es hier irgendjemanden dem die Psyche so auf das Gehör geschlagen hat, dass er fast taub wurde? Das kann doch nicht so bleiben, zumal mein Mann im August wieder anfangen möchte zu arbeiten.

Frau-Kuchen 21.06.2018 20:21

AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...
 
Wurden denn die Ohren mal untersucht und ein Hörtest gemacht?

Schlechtes Hören kann durch verstopfte Ohren, von Wasser hinterm Trommelfell, von Entzündungen oder sogar von einem Hörsturz kommen.
Letzterer kann unter anderem auch durch viel Stress entstehen.

Ursus28 21.06.2018 20:28

AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...
 
Organisch wurde alles abgeklärt. Er hat die Diagnose Dysakusis, ausgelöst durch Stress (schon vor der Krebserkrankung), leider hat sich das Gehör vor Weihnachten immer mehr verschlechtert. Es ist ein Teufelskreis, aus dem er nicht raus kommt.

Frau-Kuchen 21.06.2018 21:09

AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...
 
Naja, Dysakusis ist eigentlich nur ein Oberbegriff für Hörstörungen.
Eine „richtige“ Diagnose ist das so nicht.

Ist denn das Hören nur subjektiv schlechter oder ist es bei einem Hör- und Sprachtests nachweisbar schlechter?

Das müsste dann nochmal beim HNO abgeklärt werden, der kann dann individuell behandeln.

Ursus28 21.06.2018 22:12

AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...
 
Er war bei 2 HNO Ärzten und die Hörtests haben Verschlechterungen ergeben. Dysakusis wurde als Diagnose erstellt. Dass das nur ein Oberbegriff ist, wusste ich nicht. Es ist diffus. Radiohören oder Fernsehen geht nicht, sich mit mehreren Personen unterhalten geht nicht usw., manchmal wird es im Ruhezustand besser. Die HNO Ärzte haben übrigens nichts gemacht und das auf den Stress geschoben.

Frau-Kuchen 21.06.2018 23:35

AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...
 
Hat er auch Geräusche dabei? Oder ist er Geräuschüberempfindlich?

Meine Mutter hatte nach ihrem Schlaganfall damals Probleme mit dem Hören, in den Tests war aber nichts zu sehen (sie hatte ein Piepen und war zusätzlich total empfindlich manchen Geräuscheb gegenüber)
Ich weiß noch, das sie sich auf der Seite der Tinnitus-Liga informiert hatte und auch über das Beratungstelefon da gute Tipps bekommen hat.

Vielleicht guckst du da mal, ob die für die Probleme deines Mannes da auch Tipps haben.

Ursus28 22.06.2018 09:06

AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...
 
Die Seite der Tinnitus Liga habe ich ihm schon empfohlen, auch dort anzurufen. Nein, kein Piepen oder Sonstiges. Er hört sich selbst auch verzerrt. Ich habe selbst stressbedingt schon Gehörstürze gehabt und weiß, wie es ist, wenn man nichts hört, das wurde dann aber schnell besser mit Ruhe und Liegen etc., bei ihm ist es quasi ein Dauerzustand. Danke für Deine Rückmeldung.

Ursus28 20.07.2018 17:01

AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...
 
@Frau-Kuchen, der Kontakt zur Tinnitus-Liga hat uns weitergebracht, so dass jetzt der Gang zum Hörtherapeuten ansteht. Der Aufenthalt in der Klinik ist beendet. Leider brachten 2 Wo Sommerurlaub (ruhige Gegend, Fewo, wenig Programm) wenig Entspannung, mein Mann hat fast täglich Tavor nehmen müssen, um die Zeit genießen zu können:cry:. Die Hörfähigkeit wechselt zum Teil mehrfach am Tag und das macht ihn verrückt. Die psychologische Hilfe habe ich nach dem dritten Termin beendet, da ich mich mit der Ungeduld und schlechten Energie der Therapeutin noch mehr unter Druck gefühlt habe. Ich werde weiter schauen, der Ansatz ist richtig. Das Dilemma bleibt und an die Zukunft mag ich gar nicht denken.

Ursus28 21.10.2018 10:40

AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...
 
Update: 3 Monate weiter. Mittlerweile arbeitet mein Mann 3 Tage die Woche und freut sich, „raus“ zu kommen. Die Hörproblematik ist nach wie vor allgegenwärtig, ein MRT vom Kopf hat ergeben, dass organisch alles in Ordnung ist. An den anderen Tagen geht er zur Akupunktur und zur Psychotherapie. Das Gute ist, dass er Unterstützung gegenüber sehr aufgeschlossen und kooperativ ist. Das Schlechte ist, dass sich wenig bis gar keine Besserung abzeichnet und er immer weniger am Leben teilt hat und ich immer mehr die einzige Person im privaten Umfeld bin. Über eine Empfehlung ist er jetzt zu einer Psychiaterin gekommen, die die medikamentöse Verordnung verändern wird und die ab Januar auch einen Platz in der Therapie frei hätte.
Zum Krebs - im August letzten Jahres wurde zunächst ein Myelom vermutet und nach einer langen Odyssee und einigen Untersuchungen lautete die Arbeitshypothese Lymphom plus MGUS (Vorstufe zum Myelom). Bei der letzten Untersuchung gab es schon eine Veränderung im Blutbild, die mehr Richung Myelom weist. Im November ist der nächste Check-Up und so sehr einen das Wait and Watch in Sicherheit wiegen soll, muss ich oft daran denken, warum denn der allererste Onkologe schon im Oktober letzten Jahres mit der Chemo beginnen wollte während der Uniprofessor (wir hatten uns eine Zweitmeinung eingeholt, weil alles zu schnell ging) sofort konstatierte, dass kein Handlungsbedarf bestünde und wo würde mein Mann heute stehen, wenn er mit der Chemo im letzten Herbst begonnen hätte. Alles müßig und hypothetisch, dessen bin ich mir bewusst😕.

Ursus28 01.04.2019 23:02

AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...
 
Update: über 5 Monate später
Mein Mann ist nach wie vor im Wait and Watch Stadium, die Blutwerte sind marginal schlechter geworden, jedoch nicht der Rede wert. Die Psyche ist die große Baustelle, trotz Psychotherapie und psychatrischer Behandlung wird das Nervenkostüm immer schwächer. Zu allem Überfluss ist seine Mutter an den Folgen eines Sturzes verstorben. Der alkoholkranke Chef, der sich zunächst sehr verständnisvoll zeigte, behandelt ihn mittlerweile auch mies. Und jede Stressreaktion spiegelt sich im Gehör wider, d. h. dass mein Mann selbst mit Hörgeräten quasi taub ist. Es wurden sämtliche Untersuchungen durchgeführt, die es gibt, um organische Ursachen auszuschließen. Morgen geht er stationär in eine psychosomatische Klinik. Ich habe ein mulmiges Gefühl, es ist so schwer, ihn so leiden zu sehen und gleichzeitig, diese Ohnmacht aushalten zu müssen. Keiner der Fachleute hat es in den 1,5 Jahren geschafft, ihn aus dieser Abwärtsspirale zu holen. Diese ganzen Baustellen, mit denen er/wir zu kämpfen haben, dazu, nicht mehr hören zu können. Das ist so arg. Ich habe wirklich Angst, dass er allmählich durchdreht☹️..

Ursus28 30.05.2019 19:10

AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...
 
Am Dienstag war wieder Kontrolle beim Onkologen in der Uniklinik, das Hämaglobin fällt, im Herbst wird eine Knochenmarkspunktion durchgeführt, um zu schauen, wie es aussieht. Es sind die Psyche und mittlerweile der Pharmakakonsum, der meinem Mann jegliche Selbstbestimmung und Lebensfreude genommen hat. Ich gehe regelmäßig zum Sport und versuche mich abzugrenzen, doch ich merke, dass das nicht mehr reicht. Derzeit nehme ich an einem Onlinekurs für Betroffene teil, der Strategien zum Umgang mit Krebs vermitteln soll. Ich habe wirklich kaum noch Energie, bin oft sehr erschöpft - ich weiß, gehört alles dazu, er ist krank, nicht ich. Mein Mann war 6 Wochen stationär in einer psychosomatischen Klinik, ist seit 2 Wochen wieder zuhause und sagt selbst, dass es ihm psychisch im schlechter geht. Wo führt das hin? Mein Umfeld sagt mir, dass ich auf mich aufpassen soll, aber wie denn, wenn er fast taub ist, bei dem leisesten Stress eine Panikattacke bekommt usw. Wie geht man mit sehr depressiven, an Krebs erkrankten Menschen um, die nicht mehr am sozialen Leben teilnehmen können und sich nur noch auf den Partner fixieren? Wie schafft man es, dabei nicht selbst krank zu werden?

monika.f 30.05.2019 22:50

AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...
 
Naja, mal anders rum:

Ich bin diejenige, die 2013 die erste, 2017 die zweite Krebsdiagnose hatte. Mein Mann, 2013 noch Lebensgefährte, war mein Fels in der Brandung. Wir haben keine Kinder, keine Geschwister, außer seiner Mutter keine Verwandten. Nur hatte die zwischenzeitlich eine neue Herzklappe, zweimal Darmkrebs-OP, und mit 87 ist sie auch nicht mehr ganz autark.

Also ich denke, mein Mann hat das mit mir und ihr ganz schön was mitgemacht. Bekannt ist, dass er seit ca. 1991 arterielle Verschlusskrankheit hat, er hat Stents in der Leiste, bei der Niere. Und jetzt ist koronare Herzkrankheit dazugekommen. Medikamentös ist eigentlich alles gemacht, was geht. Lebensstil, Ernährung auch. Es liegt bei ihm in der Familie.

Nur, was ich sagen möchte: Jetzt bin ich wieder dran, die Rollen sind vertauscht. Falls meine Kontrolluntersuchung nächste Woche nicht ergibt, dass ich ein Rezidiv habe.

Krankheiten sind unberechenbar. Das 'auf sich aufpassen' gelingt dann auch nur in bescheidenem Maße.

Ursus28 31.05.2019 09:00

AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...
 
Danke für Deine Schilderung und Daumendrück, dass die Untersuchung gut verläuft.

Ursus28 21.09.2021 17:45

AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...
 
Nach fast 2,5 Jahren blase ich hier erst einmal den Staub weg.
Mein Mann ist seit 1. September offiziell Rentner und da mein projektbezogener Arbeitsvertrag Ende Dezember endet, habe ich für nächstes Jahr eine Auszeit geplant - für mich, für uns, um noch halbwegs schöne Lebensqualität zu genießen, wieder Kraft zu tanken nach anstrengenden Jahren.
4 Jahre wait and watch, letzte Woche dann die Nachricht, dass demnächst Chemo ansteht, weil sich die Werte verschlechert haben. Donnerstag MRT, nächste Woche Besprechung, was jetzt genau passieren wird und was das für die weiteren Planungen bedeutet.
Neben dem Krebs kämpft mein Mann noch mit anderen gesundheitlichen Baustellen, was unsere gesamte Lebenssituation belastet.
Wir hatten uns so auf das nächste Jahr gefreut, jetzt das. Das Leben kann so unfair sein.

Beccamaus 11.10.2021 11:36

AW: Wenn der Krebs zur Nebensache wird...
 
Liebe Ursus, ich habe erstmal deine Geschichte nachgelesen und ich würde selbst eine Kur beantragen. Am besten eine Kur am Meer, komm 3 Wochen zu Kräften, rede dich aus, weine dich aus und erlerne Strategien für die Zukunft. Dein Mann wird dich verstehen, er muss es aber auch akzeptieren. Denn es ist wichtig, dass du gesund bleibst, sonst habt ihr beide nichts gewonnen. Es gibt wunderschöne Einrichtungen wo du deinen Mann zur Kurzzeitpflege hinbringen kannst, vielleicht erlernt er da wieder ein wenig Lebensfreude, wenn er mal vom Trott zu Hause raus kommt?


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