Einzelnen Beitrag anzeigen
  #25  
Alt 03.12.2011, 23:25
Sonnenschein78 Sonnenschein78 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 13.07.2011
Ort: Niedersachsen
Beiträge: 50
Standard AW: Fühle mich unendlich allein - meine Ma hat LK

Ihr Lieben, nach einer langen Zeit möchte ich mich melden. Habe tägllich gelesen, zum Schreiben fehlte Zeit und Kraft. Meine Mama ist am 24.11.11 um 9.36 gestorben. Sie ist nach der Krisenintervention im September auf der Palliativ nicht mehr nach Hause gekommen. Es sah ja schon am 28.9. so aus, dass sie an einem Infekt, der nicht auf Antibioika ansprach, versterben wird. Sie hat ihn - mit einer Sepsis überlebt - und ist nocheinmal aufgeblüht. Am 10.10. kam sie ins Hospiz. Die Wochen bis zu ihrem Tod waren ein Geschenk und eine Qual. Sie wollte nach Hause, das ging nicht, und aufgrund der Metas im Hirn und der Medis war sie massiv wesensverändert.
Ich möchte nun - auch wenn ich nciht weiss, ob es Euch interessiert - ihren letzten Weg beschreiben, um anderen Angehörigen Mut zu machen, auch wenn ich weiss, dass das Sterben völlig unterschiedlich ist. Vorab sei gesagt: wir haben Ende Oktober darüber gesprochen - es ergab sich einfach - wie sie "es" sich vorstelle. Sie sagte, sie habe keine Angst, man helfe ihr gegen die Schmerzen, und dann sei sie bei Papa (+2009). Das beruhigte mich unwahrscheinlich. Gern wolle sie mich dabei haben, wenn ich es emotional schaffen würde. Und ich wollte so sehr.

Am Mittwoch, 23.11. dann der Anruf mogens vom Hospiz, die Situation ändere sich nun. Meine Ma hat die ganzen Tage zuvor viel geschlafen und war sehr ruhig. Keine Schmerzen, aber Übelkeit, was sie schnell in den Griff bekommen haben. Ich bin sofort zu ihr, meinen Kleinen vorher in die Krippe gebracht, meine Tochter nach der Schule von ihrem Papa abholen lassen.

Als ich ankam, war Mama sehr unruhig, ziemlich weg schon, sagte die ganze Zeit "festhalten". Ich blieb den ganzen Tag bei ihr, auch Mamas Schwester kam, um mich zu unterstützen. Abends wollte ich nach Hause, Schlafsachen holen. Die Schwestern machten mir Mut, vorerst zu Hause zu bleiben, sie würden anrufen, wenn es sich weiter abzeichnen würde, aber momentan sei nicht abzusehen, wie lange ihr Weg dauern würde. Nachts um 3h dann doch der Anruf, es verändere sich weiterhin und ich solle kommen.

Bett neben Mamas, liebe, liebe Nachtschwester, die jederzeit zu uns kommen würde, wenn ich nciht allein sein wolle. Wollte ich aber. Mama hat ein wenig gerasselt beim Atmen. Das kannte ich aus den letzten Stunden meines VAters. Aber: ich konnte einschlafen! So gegen 7.30 wurde ich wach, weil sie schwer atmete und stöhnte. das machte mir Angst, ich dachte, sie hätte Schmerzen. Also habe ich geklingelt und die sehr erfahrenen Pfleger konnten auf Anhieb erkennen, dass es nicht so aussehe, als habe sie Schmerzen, es sei eine Art "Seelenstöhnen", wenn diese sich löse. Dennoch haben sie Shcmerzmittel prophylaktisch erhöht. Um mich selbst abzulenken habe ich begonnen, Mama vorzulesen, ihr Lieblingsbuch " Mein Jahr in der Provence". Um 9.00 war meine Stimme vom Lesen fast weg, also machte ich uns Musik an, Edith Piaf. Mamas Atem wurde ruhiger. Um 9.35 hatte ich das tiefe Bedürfnis, mich mit in ihr Bett zu legen, sie im Arm zu halten und etwas zu dösen. Mir war klar, dass sie am selben Tag sterben wird, aber ich dachte, sie braucht noch Zeit.

Was dann geschah, als ich mich zu ihr legte, ist neben den Geburten meiner Kinder die wertvollste und tiefgehenste Erfahrung meines Lebens: ich habe sie in den Arm genommen, ihr gesagt " Mama, ich habe Dich ganz fest, aber Du kannst loslassen, Papa wartet auf Dich"...ein letzter Atemzug, und dann hat sie sich auf die Reise gemacht. Ganz still und friedlich, unspektakulär, so wie sie selbst war/ist
Ich konnte es gar nicht fassen, wartete ein paar Minuten, bsi ich klingelte. Ich habe gleichzeitig gelacht und geweint. Nach den langen Wochen des Hoffens, dass sie es bald schaffen würde, kam die absolute Erleichterung darüber, wie friedlich es war. Und die tiefe Verbundenheit, sie im Arm gehabt zu haben, und sie konnte sofort über die Brücke gehen. Die Welte stand still für die Zeit (ca. 1 Std), die ich einfach neben ihr liegen blieb. Mit ihr redete, so erleichtert war und so dankbar, sie als Mama zu haben. Während der ganzen langen Zeit gab es oft Situationen, die mich an die Geburten erinnert, u.a. das bange Hoffen, wann und wie es passieren wird, wie es sein wird.
Ich habe erfahren, wie nah Leben und Tod beienader ist, wie vergleichbr Geburt und Sterben sein kann. Mama hat mich in diese Welt gebracht, und ich durfte sie rausbegleiten. Ich bin ihr so dankbar, und sie fehlt mir so unsagbar.

Ich war noch den ganzen Tag bei ihr, kurz duschen und meine Schwester mit Familie vom Bahnhof abzuholen. Wie befürchtet hat sie es nciht rehctzeitg geschafft. Aber Mittwoch gab es keinen einzigen freien Flug. Sie hat Mama 1,5 Wochen davor gesehen, da war sie mit meinr kleinen Nichte hier. Uns allen war bewusst, dass es ein Abschied für immer sein könnte, als sie am 14.11. wieder nach Irland flog, aber wie haben das gemeinsam so entschieden. Meine Nichte, braucht ihr zu Hause, ihren Papa. Und auf ungewisse Zeit hier bleiben, wenn niemand sagen knn, für wie lange, das geht nciht, und ich finde es in Ordnung. Ich habe meiner Schwester versichert, dass sie kein schlechte Gewissen zu haben braucht, und das ist auch so.
Abends waren wir alle da, ausser meine Grosse, 10, sie hatte Angst, Oma tot zu sehen. Mein Sohn, 2,5J ist zu Mama aufs Bett geklettert und sagte "Oma Aua weg", hat sie geküsst und wollte meine Nichte auf seinen Schoss. So ein schönes Bild...wir haben ein Foto davon gemacht. Ob ich es mir später ansehe, weiss ich nicht, aber wir haben es! Abends kamen noch Freunde von meinen Eltern und brachten ihren Liebelingssekt mit. Mama lag friedlich und schön in ihrem Bett (sie wurde erst einen Tag später abgeholt), wir haben geacht, geweint und uns erinnert.

das Hospiz hat uns ermutigt, dass zu tun, wonach uns ist, also auch diese kleine Feier, und den Tod als etwas natürliches zu sehen. Durch viele Gespräche wussten die PflegerInnen, dass ich " mitgehen" kann, d.h., nicht mehr kämpfe und hadere, sondern akzeptieren konnte, dass ihr Weg dem Ende zugeht. Dieses loslassen meinerseits hat mir geholfen, dass ganze so friedlich und nah begleiten zu können.

So...wer es bis hierher geschafft hat, dem wünsche ich GEsundung derer Angehöriger, die gesund werden können, und eine schmerzvolle, friedliche, intensive Zeit - wie so viele von Euch ja auch berichten - und einen guten Weg.

Mein Weg der Trauer, der nun ansteht, ist um vieles schwerer als die Begleitung, es nagt so sehr und ich vermisse sie in jeder Sekunde.

Mama, danke, ich liebe Dich.
Seid gegrüsst, Henrike
Mit Zitat antworten