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Alt 22.02.2012, 18:43
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Mirilena Mirilena ist offline
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Standard AW: Mein(16) Vater hat unheilbaren Magenkrebs

Liebe Countingsheep,

auch ich finde es ganz großartig, wie viel Stärke in dir wohnt und dass du deinen Papa und auch deine Mama in dieser schweren Zeit so wunderbar begleitest. So schwer die Zeit für euch auch ist, es ist unheimlich wichtig, dass du dich auch um dich selbst kümmerst. Du darfst glücklich sein und feiern gehen. Du musst das geradezu tun, denn auch du brauchst mal Zeit, um Kraft aufzutanken.

Ich finde es auch wichtig, dass du deinen guten Freunden von der Krankheit deines Vaters erzählst, damit sie Verständnis für dich aufbringen, wenn es dir eben nicht gut geht. Damit sie für dich da sein dürfen, an deiner Seite sind, wenn du sie brauchst. Damit sie dich einfach mal in den Arm nehmen und halten. Gerade jetzt ist es wichtig, solche Freunde zu haben und ihre Hilfe und ihren Trost zuzulassen. Hab keine Angst, sie damit zu belasten! Diejenigen, denen du wichtig bist, können das ertragen und mit dir tragen.

Wenn dir in der Öffentlichkeit zum Weinen ist, dann solltest du das zulassen. Es ist schlimm, wenn man seine Gefühle verstecken und "wegdrücken" muss. Das tun wir alle schon viel zu häufig und darum finde ich persönlich es wichtig, dass man auch das Weinen zulässt. Auch wenn unsere Gesellschaft uns vorgaukelt "Don't worry, be happy" und uns das Positive Denken suggeriert wird... Viele Menschen können Schmerz und Trauer schlecht ertragen, aber es gehört nun einmal zum Leben und zum Menschsein dazu.

Ansonsten: ich weiß nicht, inwieweit ihr bereits Unterstützung bei der Pflege daheim erhaltet... Auch für deine Mutter ist es wichtig, dass sie Entlastung erfährt. Habt ihr für deinen Papa bereits eine Pflegestufe beantragt? Kommt ein Pflegedienst zu euch nach Haus und übernimmt Aufgaben, z.B. deinen Papa zu waschen oder Ähnliches. Wenn deine Mama sich 24 Stunden rund um die Uhr kümmert, dann bricht sie irgendwann zusammen, weil die letzten Kraftreserven verbraucht sind. Ich weiß das aus eigener Erfahrung... Wir hatten zusätzlich die SAPV (Spezielle ambulante Palliativpflege), die meinen PApa medizinisch versorgt und begleitet hat. Und außerdem hatten diese Menschen auch ein offenes Ohr für die Sorgen meiner Mutter. Es gibt auch die Möglichkeit, ehrenamtliche Hospizhelfer einzuschalten. Sie könnten zum Beispiel mal für zwei Stunden deine Mutter entlasten, so dass sie einfach schlafen könnte, einkaufen oder was auch immer. Vielleicht habt ihr das alles auch bereits, doch wenn nicht, sprich deine Mama mal darauf an und auch deinen Papa, ob das für ihn in Ordnung ist. Wir haben wunderbare Erfahrungen mit der Palliativpflege gemacht. Das bedeutet, dass deinem Papa die schlimmsten Schmerzen genommen werden, wenn man medizinisch nichts mehr für ihn tun kann, da die Krebserkrankung zu weit fortgeschritten ist. Vor allem sind die Menschen unglaublich liebevoll und behandeln deinen Papa ganzheitlich, sie sehen ihn als Mensch und behandeln ihn mit Würde und Respekt. Das ist ganz wichtig, wenn man so krank und auf Hilfe angewiesen ist.

Ich will dir nicht zu nahe treten, doch wenn ihr bereits wisst, dass man nichts mehr für deinen Papa tun kann, dann würde ich dir raten: Nutze die Zeit, die euch verbleibt! Sorgt für viele schöne Erinnerungen und Momente, sagt ihm, wie sehr ihr in lieb habt und redet, wenn er reden mag.

Es macht mich sehr, sehr traurig, deine Zeilen zu lesen, weil du so jung bist und ich dir einfach wünschen möchte, dass dein Papa noch ganz lange für dich da und an deiner Seite sein wird. Ich habe meinen Papa bis zum Schluss begleitet und meine Tochter (14) ihren über alles geliebten Opa. Vom Alter her könntest du also meine Tochter sein und ich denke mir, dass es schrecklich sein muss, wenn man so jung ist und der Papa so krank ist. Auch ich wünsche dir weiterhin ganz viel Kraft und falls du Fragen hast, weißt du ja, wo du uns findest...

Alles, alles Liebe für dich, deinen Papa und deine Mama
Miriam
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