[Mirilena]

Meine liebe Sylvie,

ich habe gerade in unserer WG von deiner Mama gelesen und bin irgendwie sehr traurig und betroffen. Ich hoffe, dass ihre wachen Momente überwiegen und euch viel Zeit bleibt für Gespräche und schöne Momente. Du bist so liebevoll und das erleichtert ihr vieles. Ich fand es bei meinem Papa einfach auch nur noch wichtig, dass ständig einer von uns um ihn herum war und ihm die kleinen Wünsche von den Augen ablas. Meine Mama war sehr traurig, dass er keine Kraft mehr für Gespräche hatte. Sie hatte ja so viele Fragen zu ganz banalen Dingen (wo liegt welcher Aktenordner...etc) und sie hatte gehofft, sie könne sich auch noch mit ihm austauschen. Das alles ging jedoch nicht mehr. Ich habe ihm immer von unseren gemeinsamen Erinnerungen erzählt und versucht, ein Lächeln in sein Gesicht zu zaubern. Oft hat das auch funktioniert.
Im nachhinein denke ich wirklich, dass der Blick des Schwerkranken sich irgendwann nach innen richtet, er vieles auch mit sich ausmacht und den Alltag ausblendet. Mein Papa wusste ja diese tagtäglichen Routinesachen gar nicht mehr. Sie waren ihm zu der Zeit wahrscheinlich schlicht und ergreifend unwichtig geworden. Aber uns hat er immer erkannt... Und dann begann die Zeit, da mein Papa erstmals Wünsche äußerte, wen er gern noch sehen würde. Er hat sich dann von all diesen Menschen, die seinen Weg gekreuzt haben, verabschiedet. Und ich war so gerührt, weil er allen etwas sehr Liebevolles zum Abschied sagte (als er mit letzter Kraft nur noch flüstern konnte).
Ach Sylvie, ich hoffe, dass es noch lange nicht so weit ist bei deiner Mama!!! Fühle dich ganz, ganz fest in den Arm genommen und bestelle deiner Mama liebe Grüße von deiner Mädels-WG!!! Auch wenn ich sie nicht kenne, zittere ich hier bei mir mit...

Knutscher
Miriam