Hallo ihr Lieben,
Heute war also der "Tag X" vor dem mir schon die ganze Woche gegraut hat. Mein Mann hat mir letzte (fast schlaflose) Nacht gesagt, dass er kein gutes Gefühl hat - ich habe ihm nur gesagt, ich auch nicht.....
Wir waren dann wie immer morgens um 08:00 h in der Pulmologie. Kaum angekommen, hat uns der Turnusarzt ins Untersuchungszimmer gebeten. Normalerweise wird die Aufnahme nicht dort gemacht, sondern gleich im Aufenthaltsraum bei der Stations-Anmeldung.
Mein Mann hat dann sofort gemerkt, dass da etwas nicht stimmen kann. Es ist auch sehr ungewöhnlich und ich kann nicht sagen, warum der Turnusarzt das heute gemacht hat, denn es war eine ganz normale Aufnahme wie sonst auch mit Blutabnahme und Befragung über die Befindlichkeit im Intervall. Allerdings hat er dann zum Schluss noch kurz erwähnt, dass mein Mann heute eine andere Therapie erhalten wird - den Grund wollte er nicht nennen, er hat meinen Mann auf die Visite verwiesen, die um 09:30 h stattfindet.
Wir sind dann wieder in den Aufenthaltsraum zurück und meinem Mann war klar, dass etwas sein MUSS. Aber er hat nicht von seiner Angst geredet, sondern wollte MICH beruhigen. Da hatte ich ein wirklich schlechtes Gewissen, weil ich ja schon seit Montag weiß, dass alles weiter gewachsen ist.
Gleich danach bekam er ein freies Bett, es geht ihm ja nach wie vor alles andere als gut. Ich bin dann kurz darauf zum Kaffeeautomat, um mir einen Kaffee zu holen und habe dort einen der Fachärzte getroffen, der sofort das Gespräch mit mir gesucht hat. Er hat mir gesagt, dass man jetzt dringend mit einer neuen Therapie anfangen muss, weil das CT gezeigt hat, dass leider alles viel mehr geworden ist.
Bei der Visite war dann heute der Primar unterwegs und dafür bin ich unendlich dankbar. Er ist ein zutiefst menschlicher und einfühlsamer Arzt, der es immer wieder versteht, schlechte Nachrichten so zu vermitteln, dass trotz allem noch ein wenig Hoffnung bleibt.
Er hat uns dann auch gleich gesagt, dass es leider notwendig ist, die Therapie zu wechseln, weil das CT gezeigt hat, dass das Alimta keine Wirkung mehr zeigt. Dann hat er nach den Beschwerden meines Mannes gefragt und ihm erklärt, dass die zunehmenden Magenschmerzen wahrscheinlich darauf zurück zu führen sind, dass die befallenen Lymphknoten sich leider vergrößert haben und auch mehr geworden sind. Wie groß hat er zum Glück verschwiegen.
Mein Mann hat ihn dann gefragt, was denn passieren wird, wenn diese Chemo auch nicht wirkt, ob er dann sterben muss? Daraufhin war erstmal eine längere Pause. Schließlich hat ihm der Primar gesagt, dass er nicht lügen wird und dass die wirksamen Mittel inzwischen sehr begrenzt sind und dass nach der 2nd-Line-Therapie alles eigentlich nur ein "ausprobieren" ist, was jetzt noch nützen kann - dass aber das Taxotere immer wieder gute Ergebnisse bringt und durchaus noch Hoffnung besteht, dass es auch bei meinem Mann wirken KANN, allerdings kann er überhaupt nichts versprechen.
Mein Mann hat ihn dann gefragt, ob es überhaupt noch Sinn macht, eine erneute Chemo durchzuziehen. Daraufhin meinte der Primar, dass er ganz sicher mit uns reden wird, wenn er der Meinung ist, dass es jetzt nichts mehr bringt, sondern nur noch den letzten Rest Lebensqualität fordern würde.
Daraufhin hat mein armer Schatz zugesagt, es zu versuchen. Er hat nun erstmal 2 Blutkonserven erhalten, weil sein Blutbild wieder total schlecht war und am späten Nachmittag dann das Taxotere. Weil er diese Chemo zum ersten Mal erhalten hat, muss er diese Nacht im Krankenhaus bleiben.
Ich habe dann seine Sachen zuhause geholt und war wieder den ganzen Nachmittag bei ihm. Er ist ziemlich gefasst, aber er wird wahrscheinlich auch kein Auge zu bringen heute Nacht - und das macht mir im Moment am meisten Sorgen: wie geht es ihm jetzt, was denkt er, was fühlt er? Er tut mir so leid und ich kann ihn nicht umarmen und trösten und bei ihm sein....
Ich hoffe nur, dass die Nebenwirkungen nicht zu schlimm werden, von Taxotere habe ich schon einiges gehört und er ist ja sowieso schon so schwach.
Ich werde jetzt versuchen, ein wenig zu schlafen. Ich nehme seine Decke und sein Kissen, dann habe ich wenigstens das Gefühl, dass er da ist.
Liebe Grüße an euch und danke für eure lieben Zeilen
Edith