Hallo Alwina,
ich muss Dir einfach erzählen, was am Wochenende passiert ist, vielleicht kannst Du da etwas positives rausziehen, auch wenn ich weiss, dass Du traurig bist.
Mein Freund und ich hatten ein schönes, entspanntes Wochenende geplant, Samstag leichte Wandertour, abends Übernachtung im Wellnesshotel, Sonntag ganz entspannt lange schlafen, nochmal im Spa verwöhnen lassen und langsame Rückreise.
Aber: Manchmal kommt es ganz anders als man denkt....und nicht immer ist alles, was auf den ersten Blick düster aussieht, wirklich nur schwarz.
Aufbruch Samstag am Morgen, eine kleine Tour von 6 Stunden abseits der Pfade. Wir wussten, dass es leicht windig werden würde....aber was dann kam, damit hatte niemand gerechnet.
Wir waren ungefähr 3,5 Stunden unterwegs, als der Wind heftiger und eisig wurde, dann fing es auch noch an zu regnen.

In einiger Entfernung sahen wir eine Steinhütte, schien bewohnt zu sein, wir wollten da nicht stören, beschlossen aber, uns da wenigstens irgendwo unterzustellen, bis der Wind etwas nachliess.
Gesagt, getan, Unterstand mit Ziegen und Hühnern geteilt (nach vorheriger Anfrage beim Eigentümer und beim Wachhund). Es dauerte nicht lange, da kam der Mann wieder aus dem Haus und liess uns wissen, dass seine Frau gesagt hat, wir sollten reinkommen, ..sei zu kalt und nass da draussen. (Vielleicht hatten sie auch einfach Angst, dass die Milch der Ziegen sauer wird durch uns oder die Hühner keine Eier legen!) Aber wir nahmen dankbar an und gingen hinein.
Hast Du nicht gesehen.....ein dunkles Natursteinhaus mit gestampftem Lehmboden und 2 kleinen Fenstern, ohne Strom, ohne Handyempfang, ohne alles irgendwo im Nirgendwo, ABER ein riesiger verkohlter Holzofen, so ein Herd von anno dazumal mit einem schönen Feuerchen und einer Bilderbuchoma die mich sofort in eine Decke packte die nach Ziegen, Rauch, Kernseife und was weiss ich roch ABER „kuschelisch“. Ab vor den Ofen und wir bekamen eine Riesentasse mit Hühnerbrühe (hausgemacht und sehr lecker!). Eine dieser Suppen, bei der mehr Augen rausschauen als rein.
In dem Raum gab es den Herd, eine Wasserpumpe mit Spülstein, ein Sofa, einen Tisch, ein paar Stühle, einen Schrank und hinter einem Vorhang einen Anbau (ihr Schlafzimmer) mit einem Bett und einem Schrank. Dann noch ein Aussenplumsklo mit einer Superkonstruktion ......Toilettenspülung war gespeist vom Ablauf des Spülsteins...da muss man erstmal drauf kommen!
Ich fand’s klasse!!!! Ich war noch nie mit Kerze auf dem stillen Örtchen!
Nach ca. einer Stunde bekamen wir „Zuwachs“, noch 2 die „Asyl“ brauchten. 2 ältere Herren (ein Engländer und ein Norweger). Mein Freund (Franzose), ich als Deutsche und unsere „Pflegeeltern“ (Spanier). Ein buntes Multi- Kulti- Grüppchen.
Der Hausherr meinte: „Ganz schön was los hier heute.“ Und erstmal bekamen die „Neulinge“ ein heisses Süppchen zu trinken. Merke: Völkerverständigung geht durch den Magen.
Das Wetter wurde nicht besser, die Männer waren mittlerweile beim Rotwein (aus eigener Produktion, wie fast alles was wir da bekamen). Und so war für unsere Gastgeber klar:“Ihr bleibt!“ Ich glaub, die waren ganz dankbar für die Abwechslung. Die Männer sollten im Schober neben dem Ziegenstall schlafen, ich bekam das Sofa zugewiesen (weil ich mit keinem der Männer verheiratet war und sie eine „Aufsichtspflicht“ hatten für das einzige weibliche Wesen der „Invasionsgruppe“! Tja ja....alte Schule eben!)
Und bewacht vom Wachhund....der übrigens meistens nicht wach war. War aber irgendwie schön, den vor dem Sofa zu haben (ich glaub das war seine Decke und die hat er bewacht, nicht mich!)....ein riesiges gutmütiges Haarmonster....und der konnte schnarchen, mein lieber Herr Gesangsverein!!!! Vom Hausherrn wollen wir mal gar nicht reden, so ein Vorhang ist nicht wirklich ein Schallschutz!
Ich war später neidisch....die „Männes“ haben da im Schober später noch anständig was weggekippt und geklönt und ich durfte mich auf dem Sofa langweilen ABER ich hatte es dafür schön warm. (Ätsch!)...und die haben mit Sicherheit genauso geschnarcht wie der Hund!
Am Abend machten „Oma“ und ich uns ans Kochen. Hast Du schon mal auf so einem Herd gekocht? Das ist eine Erfahrung.....“Begegnung der 3.Art“.
Kurz...es gab:
Röstbrot mit Tomaten, Knoblauch und Olivenöl
Hühnerbrühe mit Nudeln
Kartoffeltortilla mit dem Hühnerfleisch aus der Suppe
Gemischten Salat mit verschiedenen wilden Kräutern die ich nicht kannte (wenn es die Ziege frisst, kann es nicht schlecht sein wurde mir auf Anfrage gesagt)
Fritierte Zwiebeln
Eingelegte Gürkchen und Oliven
Gebratenen frischen Ziegenkäse
Gebratene frische Mandeln (gesalzen)
Gebratene, eingelegte Paprika
Hinterher: Eierflan mit karamelisierter Zuckerkruste und Rotwein- Honig- Orangen (Lecker!)
Dazu: Rotwein, Quellwasser und hinterher Kräuterlikör (heftig!)
EIN FEST!!!! Bei Kerzenschein!!!
Das war sooooooooooo saulecker alles und so urgemütlich. Und später gab es vom Hausherrn sogar noch eine musikalische Einlage. Das alles hätten wir in keinem 5-Sterne-Hotel gehabt.
Am Sonntag war das Wetter super und wir machten uns gemeinsam auf den Weg, nicht ohne grosse Abschiedszene und einen grosszügigen Obulus dazulassen für die Gastfreundschaft.
Neue Freundschaften der besonderen Art...und ganz ohne Facebook! Genial!
Fazit:
Es kommt im Leben nicht immer wie geplant, aber die Alternativen können manchmal durchaus sehr positiv sein.
Nicht immer sind düstere Stürme nur schlecht und nach einer Weile verziehen sie sich und es wird wieder besser, kein Sturm dauert ewig.
Wenn man das Gute im Kleinen schätzen kann und offen dafür ist, ist das Leben wirklich lebenswert.

Na komm....ich weiss dass es schwer ist.....aber es wird besser werden...ich versprech´s!