AW: So wortlos und so viele Fragen
Hallo Sunny,
ich bin seit März in diesem Forum. Kurzer Hintergrund: Meine Frau hat mit erst 38 Jahren eine Diagnose mit Gebärmutterkrebs erhalten, gefolgt von einer großen Operation (Kurzversion: Endometriumkarzinom, Stadium IV). Das hat mich natürlich umgehauen. Sie macht derzeit eine Chemotherapie. Je nachdem, wo man nachliest, ist bei dem Krankheitsbild die sog. Fünf-Jahres-Überlebensrate im Durchschnitt bei ca. 18%, wahrscheinlich gibt es auch noch andere Prognosen in einer ähnlichen Größenordnung.
Ich kann Dir mal erzählen, wie ich jetzt meine Rolle in der Situation sehe. Vielleicht hilft Dir das.
1) Recherche und nachhaken und dran bleiben
Ich bin kein Mediziner und werde es auch nicht mehr werden, aber ich bin auch nicht doof. :-) Ähnlich wie Du das wohl auch gemacht hast, versuche ich zu verstehen, worum es bei der Krankheit geht, was bestimmte Therapien bringen und forsche in Foren. Und ich möchte ein Beispiel geben, dass dies durchaus Sinn macht.
Meine Frau hat viele Metastasen und man sagte uns im Krankenhaus, dass man vielleicht noch 3-5 entfernen könnte, aber nicht so viele wie sie hat. Ich hatte das Riesenglück, dass mir hier im Forum jemand mit einer Erfolgsgeschichte ihrer Mutter antwortete und ich sehr schnell herausbekam, dass es sehr wohl Spezialisten gibt, die mit Lasertechnik in einer Operation sogar bis zu 60 oder gar 100 Metastasen pro Lungenflügel entfernen können (z. B. Prof. Rolle in Coswig, Prof. Stamatis in Essen, Dr. Kiefer in Konstanz und wahrscheinlich noch mehr). Ich habe dann allen 3 die CT-Aufnahmen geschickt. Sie rieten uns zwar aufgrund der Lage/Anzahl der Metastasen alle 3, zuerst eine Chemotherapie zu machen und uns danach wieder zu melden. Das werden wir auch machen. Aber im Krankenhaus hat uns keiner von dieser Option erzählt. Bestimmt nicht absichtlich, vielleicht wussten sie nichts davon.
Außerdem habe ich mir von der Focus-Zeitschrift die Klinik-Bewertungen besorgt und gesehen, wo es welche Spezialisten gibt. Das kann einem helfen zu überlegen, von wem man sich denn überhaupt eine zweite Meinung einholt - wer ist denn auf dem Gebiet ein Experte? Meine Erfahrung war, dass die ganzen Experten-Professoren und Doktoren hilfsbereit sind, aber man auch da immer dran bleiben muss und nachfragen, ob sie sich die Sachen schon angeguckt haben usw.
Als ich dann die Ärzte im Krankenhaus auf meine Recherche-Ergebnisse ansprach, waren die auch sehr aufgeschlossen und professionell. Als ich von den Laser-Experten erzählte, bot der Arzt auch sofort an, mit dem anderen Experten Kontakt aufzunehmen, um auf gleichem medizinischen Level zu besprechen, wie genau der Tumor aussieht. Er fühlte sich also nicht beleidigt oder so.
2) Planer und Organisierer
Das sind einfache Tätigkeiten wie Überweisungen besorgen, die Klinik nach den Arztbefunden auf CD fragen (Röntgen, CT, Pathologieberichte, Entlassungsbrief usw.), Unterlagen scannen, CDs kopieren, Ärzte anmailen/anrufen und immer wieder nachhaken, wenn sie es einfach vergessen.
Meine Frau hat während der Chemo immer Phasen, in denen es ihr nicht so gut geht (Übelkeit, Verstopfung usw.). Da will ich sie mit so etwas nicht belasten.
Außerdem denke ich jetzt schon daran, dass im August die Chemotherapie vorbei ist und versuche herauszufinden, was nun folgt. Also frage ich z. B. hier im Forum nach und lese herum. Einfach um vorbereitet zu sein und auch ggü. dem Arzt ein besserer Gesprächspartner zu sein, der dann sagt: Ich habe in vergleichbaren Situationen von Therapie XY gelesen - was halten Sie davon?
3) Mutmacher und raus aus der Ecke
Und das ist in meiner Sicht eine sehr wichtige Aufgabe: Mut machen. Ich habe gelesen und auch von den Ärzten selber gehört, dass es sehr wichtig ist, dass man selber Mut hat und nicht aufgibt und dass die innere Einstellung wirklich wichtig ist. Meine Frau fragt mich manchmal, ob ich glaube, dass sie wieder geheilt wird, worauf ich mit voller Überzeugung „Ja“ antworte. Denn ich glaube, dass sie es schaffen kann, und sie glaubt es auch.
Man hört vom Arzt, Onkologen, wem auch immer so viel Schlechtes und Demotivierendes, dazu gehören auch diese Statistiken. Da brauche ich nicht auch noch in das gleiche Horn zu blasen. Meiner Frau habe ich von dieser 5-Jahres-Überlebensrate von 18% gar nichts erzählt. Sie hat selber Internet, wenn sie es lesen will, wird sie es ohnehin finden - aber ich muss es ihr nicht auch noch auf die Nase binden.
Außerdem: 18% ist mehr als 0%. Genauso ist es bei Deinem Vater. Ich habe von keiner Krankheit gelesen, die eine Rate von 0% hat - das gibt es nicht. Und warum soll Dein Vater nicht zu denen gehören, die es schaffen? Zumal Du ja wie ich verstanden habe noch gar nicht weißt, was er genau hat.
Meine Frau ist offiziell als palliativ (lebensverlängernd und nicht heilbar) eingestuft. Und ich versuche, aus dieser Ecke rauszukommen. Ich kann und will mich jetzt einfach nicht hinsetzen und auf den Tag X warten. Da werde ich verrückt. Als ich am Anfang die Diagnose erfuhr, gingen bei mir schon Bilder von der Beerdigung durch den Kopf und ich war voll down. So kann es aber nicht weitergehen. Also muss man etwas machen. Und das kann man. Checken, welche Behandlungsoptionen es gibt, Meinungen einholen, Experten suchen usw. Du kannst nicht alleine dir Krankheit heilen, aber Du kannst versuchen, die Experten anzutreiben und das Beste herauszuholen.
Ich habe dieses Buch hier gefunden, und ich fand es sehr mutmachend: „Thomas Hartl, Reinhard Hofer: Geheilt!: Wie Menschen den Krebs besiegten“
Es sind Erfolgsgeschichten, die einem gut tun. Leute, die klassisch mit einer Chemotherapie einen Erfolg hatte - und Leute die dies ablehnten und auch geheilt wurden. Unterschiedliche Leben - unterschiedliche Krebsarten und Therapien und endlich mal etwas Positives. Ich habe meiner Frau mal eine Geschichte vorgelesen, sie fand das gut.
Und auch wenn es etwas aus der Mode gekommen ist: Ich bete für meine Frau.
4) Etwas nebenher machen
Wir haben den klassischen Weg einer Chemotherapie gemacht. Unser Onkologe hat uns gesagt, dass man zusätzlich in einer sog. Tagesklinik noch weitere Behandlungen machen kann und uns einen Ansprechpartner gegeben. Meine Frau hat sich für die Hyperthermie und Ozon-Sauerstoff-Behandlung entschieden, die parallel zur Chemo läuft und die auch ein richtiger Arzt macht. Das passte bei dem konkreten Krankheitsbild meiner Frau, das muss nicht für alle das Richtige sein. Ich würde das aber nicht aus Aktionismus machen. Ich habe auch mal etwas von einer Schlangentherapie usw. gehört, habe mich aber nicht weiter damit beschäftigt.
Einiges ist bestimmt Scharlatanerie, anderes hat aber durchaus Erfolge.
Ich habe mir auch mal dieses Buch von zwei renommierten Medizinern/Professor geholt und fand interessante Dinge darin: „Gustav Dobos / Sherka Kümmel: Gemeinsam gegen Krebs. Naturheilkunde und Onkologie Zwei Ärzte für eine menschliche Medizin“
So, jetzt habe ich wohl viel zu viel geschrieben. Aber vielleicht hilft es Dir und Deinem Vater.
Ich wünsche Euch alles Gute! Kämpfen und nicht in die Ecke drängen lassen!
|