AW: Sterben , jeden Tag ein bißchen mehr
PUh Eure Finger waren wieder fleissig.....
Wollen auch endlich wieder mal Sonne, ist ja hier wie im tiefsten Herbst Winter, Regen, Regen, Dunkel, Überschwemmungen und einfach grausig - schon um 16.00 ist es so eingedunkelt, dass man den Storen runter lassen könnte - das Wetter hilft gar nicht trübe Gedanken weg zu bekommen, so hoffen wir liebe Andrea, das wenn man schon hilflos neben der geliebten Person stehen muss, dass die Traurigkeit, die Angst und Verzweifelung nicht noch verstärkt wird durch trübes Wetter.
Deine Fragen nach dem Warum, an sich ein Hadern mit der Situation, kennen wir alle glaube ich - mal stärker ausgeprägt mal bis in den Keller niederziehend. Es ist wie ein Sog aus dem man glaubt kaum mehr raus zu kommen. Alle Argumente der Vernunft im Wissen es bringt nichts zu hadern scheitern, die Gedanken kreisen und kreisen, immer wieder neuem ohne Ende und halten dich gefangen. Sie rauben so viel positive Energie, Hoffnung, Zuversicht und Kraft, und doch wiederspiegeln sie eine Seite der Realität der wir uns stellen müssen, leider.
Das ist auch einer der Gründe warum wir diese Gotthard Wanderung machen - wir möchten endlich das Leben wieder spüren, wie der Wind der durch deine Haare weht und die Sonne die uns erwärmt oder vielleicht der Regen der dich zum Schlottern bringt, einfach Leben. Und die Natur die immer noch da ist, auch wenn du nun schon seit fast 3 Jahre fast immer im Trance in diesem Sog gelebt hast. Wir wurden heute von einer Journalistin gefragt warum wir es tun, ja das ist sicher eines der Hauptgründe.
Diese Ohnmacht, Verzweifelung und das einfach nur daneben stehen können wenn geliebte Menschen leiden und es ihnen schlechter geht, bringt einem an den Rand des Wahnsinns. Denn es sind genau die Zeiten die einem zuviel Kraft nehmen. Kraft die man so nötig hat und eigentlich den Menschen weitergeben möchte die man so liebt.
Und doch auch wenn wir alle dies erleben, man kann kaum einen Rat geben ausser Verständnis dafür, das wir alle mitten drin sitzen in dieser Windhose dies sich um einen herum nur noch dreht und uns keinen Ausgang zeigt.
Einen Rat gibt es schon, sich Hilfe durch Fachpersonen zu holen, einer sogenannten Onkopsychologischen Betreuung, die nicht nur für den Patienten offen ist, sondern auch für uns Angehörigen. Dank dieser Hilfe haben wir in manch einer Situation einen Lichtschimmer am Horizont wieder gefunden.
Die ohnmacht daneben zu stehen, helfen oder gar reden zu wollen, mit jemandem der gar nicht reden will, lösst unheimlich viel Frust aus udn noch mehr Warum Fragen. Und doch zwingen kann man sie nicht. Willy hat sich anfangs sogar nur noch ins Schlafzimmer zurück gezogen, Tag und Nacht war er da drin und kam nur raus, wenn er zur Bestrahlung, Chemo oder zu den Therapien musste nach der Operation. Er hörte nur noch seine geliebte Musik, versank in seine Welt und liess niemand an sich heran, dann kamen die Tage wo ich es nicht mehr aushielt, diese extreme Isolation, auch die Entfernung von den Jungs. Wir alle wurden immer mehr gereizt, der Gedanke nach " kann man mit einem schwer Kranken krach haben" tauchte auf, und doch es war unweigerlich, so konnten wir unsere Ängste endlich thematisieren und auf den Tisch legen, es wurde über dieses "Rückzieher-Verhalten" gesprochen, das Tabuthema wurde angesprochen. Es kam nicht zum Krach aber doch zu einer deutlicheren Diskussion. Endlich sprach, ja endlich sprach er darüber .... Für mich war es wie eine Erlösung, eine Riesenlast wurde von den Schultern genommen, denn das war der Wendepunkte wo wir nicht mehr alleine gegen den Krebs vorgingen, sondern gemeinsam, jeder auf seine Art. Auch im Wissen er muss die grösste und direkteste Last tragen, so war ich aber endlich in der Lage zu sehen und spüren wo und wie ich ihn dabei unterstützen konnten - wir waren endlich wieder das alte zusammengeschweisste Team - das alte Doppelpack, so wie wir es symbolisch mit einem zusmamen gewachsenen Zündhölzchen immer hatten, welches wir zu Beginn unserer Liebe fanden und als Männlein und Weiblein anmalten, um sie dann mit einem kleinen roten Herzchen in ein Gläschen mit einem Korken zu stopfen - unserem Zündhölzchen Doppelpack - das war der Beginn des Namens Doppelpäggli der bis heute uns begleitet. Aber auch wir standen davor es fast zu verlieren wegen dem Krebs. Ist wahnsinnig was Krebs so alles auslösen kann.
Wir wünschen dir, und allen anderen auch, dass irgend wann mal der Tag kommt wo auch die "Schweigsamen" Betroffenen in der lage sicnd ihr Leid, ihr Leiden mit den geliebten Menschen zu teilen, es entlastet alle. Wir verstehen aber auch, dass es nicht immer möglich ist, nicht immer gewünscht wird oder gar machbar ist, aus welchen Gründen auch immer.
Die liebe Andrea wünschen wir die nötige Kraft hilflos daneben stehen zu müssen. Aber lass dich nicht in eine Depri hineinzeihen, hol dir bitte vorher Hilfe - und vergiss nicht auch wenn eine Depri sich einschleicht, bei dir oder deiner Ma, ist es keine Schande, sondern ein Teil des Traumas Krebs. Es hat auch gar nichts mit einer klassischen Depri zu tun.
Viel Kraft und Liebe für die kommende harte Zeit - wir alle sind hier, GEMEINSAM SIND WIR STARK, okay?
Liebe Grüsse Liz und Willy im Doppelpack
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