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Alt 23.08.2005, 07:59
Briele Briele ist offline
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Standard AW: Von der Seele schreiben!!

Liebe Dani, lieber Mario,

es geht mir wie Alina. Les ich über Euren Kummer, ist mir die Trauer in der ersten Zeit nach Mamas Tod wieder ganz gegenwärtig.

Mario, es fällt Dir schwer wegzufahren, nicht täglich eine Kerze an Mamas Grab anzuzünden. Es ist wirklich so wie Kim schreibt, die Kerze kannst Du überall anzünden.

Ich habe am Friedhof nie eine besondere Nähe zu meinen Eltern. Ich bin dort nicht trauriger, auch nicht froher. Die Nähe spüre ich – mittlerweile muß ich fast sagen – spürte ich - am meisten in der Wohnung meiner Eltern, an ihrem Wohnort. In diesem Ort habe ich auch eine Wohnung und es gibt hier natürlich die meisten Erinnerungen, die meisten Bilder in mir.

Ich habe an drei Orten ein Heim und im ersten Jahr, auch darüber hinaus, hatte ich immer das Gefühl ich entferne mich von Mama wenn ich von dem Dorf wegfuhr, in dem sie lebte. Einmal habe ich 1000km Bahnfahrt fast durchgeweint. Bald einmal hatte ich an jedem Ort eine „Gedenkstätte“, die überall ähnlich aussehen: Fotos, eine Madonna, oder ein kleines Madonnenbild, Engelbild, ein paar Steine, Blümchen, Kerze. So nach einem Jahr hatte ich das erste Mal das Erlebnis, dass ich erst hier vor meinem „Altar“ stand und sozusagen ciao sagte, weil ich wegfuhr. Abends kam ich in Wien an, sperrte die Wohnungstür auf und im Zimmer lachte sie mir schon wieder entgegen. Sie war schon da! Überall, wohin ich kam, war sie schon da!
Ich kann nicht mehr sagen wann ich innerlich den nächsten Schritt machen konnte. Aber seit einiger Zeit weiß ich, egal wo ich bin, Mama und Papa sind bei mir, weil sie in mir sind. Ich kann mich gar nicht von ihnen entfernen, im Gegenteil, mit jedem Tag meines Lebens gehe ich weiter einen Schritt auf sie zu. Das klingt vielleicht so, als könnte ich es gar nicht erwarten zu ihnen zu kommen, aber das ist nicht so.

Für mich war es das Schwierigste mit meiner körperlichen Sehnsucht nach Mama fertig zu werden. Ihr hattet auch viel körperliche Nähe und das plötzlich nicht mehr zu haben ist wie ein Entzug. Das ist ganz schlimm. Was kann man dazu sagen? Das eine macht ihr ohnehin: Ihr seid zusammen, haltet Euch, umarmt Euch, sprecht über Mama. Das andere ist wirklich DIE ZEIT.

Dani, Du scheibst, Du spürst noch immer ihre Hand. Du, Ihr, werdet sie immer besser spüren. Wenn etwas Zeit vergangen ist, die Trauer, der Kummer nicht mehr so toll in einem wütet, wenn man ein bisschen ruhiger, vielleicht auch erschöpfter wird, dann spürt man viel, immer mehr. Mamas Arme um einen herum, ihre Wange, ihre Lippen. Und nicht nur das. Man hört auch ihre Antworten, manchmal schimpft sie auch mit einem und Ihr werdet auch mit ihr lachen können.

Übrigens gibt es ein Buch mit dem Titel „ich spür noch immer ihre Hand“ – wie Frauen den Tod der Mutter bewältigen von Ruth Eder.

Was Deine kleine Tochter betrifft, da machst Du doch alles richtig! Ich kann Dir diesbezüglich keinen Buchtipp geben, aber es gibt über dieses Thema viele Bücher, wahrscheinlich findest Du hier im Forum Tipps von Ladina. Das ist doch gut auch einmal gemeinsam zu weinen, traurig zu sein, über Brigitte zu sprechen.

Nun nur noch ein paar Worte über das Schreiben hier im „Angehörigenforum“. Kim hat das schön ausgedrückt, das passt schon. Umso mehr, weil es hier bei Euch irgendwie ein „geschlossener“ Bereich ist. Das ist nicht immer der Fall. Manchmal schreiben in einem Angehörigenthread mehrere Leute mit, alle sorgen sich um die kranken Angehörigen, in so einem Fall ist es dann vielleicht schwierig wenn der Trauernde mitschreibt, der leider in einer anderen Phase ist.

Liebe Grüße
Tante Briele
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