Meine geliebte Uschi, mein Schatz und Engel,
ich habe den Arzttermin auf morgen verschoben, wie so häufig in den letzten Wochen, ich schiebe immer alles vor mich her.
Mit der Therapeutin habe ich jetzt mindestens 2 Termine pro Woche ausgemacht. Die Abstände waren mir zu groß. Ich habe ihr die Bilder gezeigt, die ich mühsam aus den Videofilmen heraus gearbeitet habe. Sie hat mir, wie alle anderen auch, bestätigt, wie hübsch Du bist. Das hat wieder für eine Lage Taschentücher gereicht.
Auf meinen letzten Brief an Dich, habe ich wieder gehörig die Leviten gelesen bekommen.
Wie hat mir jemand geschrieben, „von der aktiven Frauenpower, die soviel Mitgefühl und Hilfestellung anbietet, verschlägt es einem schier den Atem“.
Dem stimme ich voll und ganz zu, alle Frauen hier verdienen Hochachtung, Respekt und Anerkennung.
Sag mir meine geliebte Uschi, wohin soll ich denn gehen?
Jeder Schritt schmerzt und die Stachel der Trostlosigkeit und Verzweiflung reißen die Wunden immer tiefer auf.
Das Gefühl der Unwirklichkeit lässt in mir in manchen Momenten den Eindruck entstehen, das sei alles nicht wirklich war und Du kommst jeden Augenblick zur Tür herein.
Der Gedanke erweist sich natürlich als Trugbild und löst sich in nichts auf.
Ich erlebe alles wie in einer trostlosen Wüste, mich hat die Wirklichkeit des Alleinseins erreicht. In mir tobt das furchtbare Gefühl von Leere und Einsamkeit.
Ich bin in der Seelenlandschaft des finsteren Tales angelangt und stehe in der Dunkelheit.
Vor mir liegt ein Weg, der ins Ungewisse führt.
Das Herz ist mir schwer, wie soll ich alleine weiterleben?
Wie kann ich den Schmerz der Einsamkeit ausschalten?
Ich bin traurig darüber, dass ich Dich verloren habe und ich bin dankbar dafür, dass ich Dich bekommen habe.
Ich bin traurig, weil ich nicht mehr die vertraute Nähe von Dir spüre, aber viel mehr bin ich darüber traurig, dass Du nicht mehr in dieser Welt bist.
Ich habe Mitleid mit mir selbst.
Ich habe vorhin einen Sahnejoghurt gegessen, der macht die Rolle vor- und rückwärts in meinem Magen. Wie kann so ein kleines Teil so wehtun?
Mal sehen, ob ich wegen Deiner Rente morgen ins Amt fahre, aber ich befürchte, ich verschiebe das schon wieder.
Ach was soll’s, es gibt wichtigeres, Deine Bilder ansehen, unsere Musik hören und zu Dir in Deinen Garten kommen.
Ich liebe Dich unendlich und immer
Gerhard