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Alt 09.02.2003, 13:45
Gast
 
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Standard lungenkrebs

Guten Morgen zusammen.

Olivia schläft noch.... ich nutze die Zeit....

Hallo Muckel.

Es stimmt, jeder nimmt sich hier wichtig und sieht nur sich und sein leid. Ich habe darüber nachgedacht. - Aber wie selten im leben darf man sich so wichtig nehmen, wie mit dieser Erkrankung und auch als Angehöriger. Diese Erkrankung läßt das gesamte Leben still stehen. Dagegen sind doch andere Probleme echt ein Scheiß. Wer kann sich schon wichtig nehmen, nur weil er einen Blechschaden am Auto hat, oder Schulden, oder den Job verliert. Bei allen Dingen geht das Leben weiter und spätestens nach 3 Tagen interessiert es keinen mehr. - Doch Krebs, das ist der absolute Stillstand im Leben.
Da erhofft man sich einfach, daß alle immer für einen da sind und immer wieder zuhören und doch bitte einen auch verstehen. - In diesem Forum treffen wir nun alle zusammen und alle hoffen, daß sie ernst genommen werden und verstanden. Wir alle - fast alle - verstehen auch und fühlen mit und erzählen von uns. Natürlich bleibt immer noch die Hilflosigkeit und da jeder auch eigene Charakterzüge hat, kommen die sehr deutlich hervor. Wenn wir ehrlich sind, so würden wir uns nicht alle hier als Freunde aussuchen, aber einige hier hätte ich auch im realen Leben als Freunde, weil sie einfach nett und menschlich sind.

Dieses Forum ist echt eine Hilfe. Ich muß euch mal was aus meinem "realen" Leben erzählen:
Einer Mutter von einem Schulkamerad (sie ist Ärztin), hatte ich im Sommer von meiner Diagnose erzählt und der schlechten Prognose. Dazwischen trafen wir uns im Dorf schon mal und sagte "hallo". Jetzt rief sie an und erzählte, daß ihre Tante (70) auch Krebs hat und sie von mir wissen wolle, was von all den Dingen, die ich alternativ gemacht habe, nun ausschlaggebend gewesen sei für meine Heilung...- Ich sagte ihr, daß ich nicht geheilt sei und wieder ein Rezidiv habe...- Daraufhin sagte sie: naja, aber du hast ja schon echt lang geschafft und kannst doch zufrieden sein!!!!! - Da lache ich ja. 7 Monate ist ja auch echt lang. Jedenfalls zu lang für Bekannte und Nachbarn, wenn nichts dramatisches passiert und wenn man noch in der Lage ist einkaufen zu gehen.
Wegen solcher Erlebnisse brauchen wir dieses Forum. Hier hören die Leute auch nach 7 Monaten und auch nach 1 Jahr noch zu. Wir alle wissen wie das ist und wir alle verstehen die Höhen und Tiefen.

Liebe Yvonne.
Du machst wirklich viel durch und ich glaube deiner Mama hat es den Boden unter den Füssen weggezogen, daß sie auch noch Metastasen im Bauch hat.
Ich war zwischendurch auch ungerecht, auch zu meinen Kindern. Die sagten dann: "Mann, es ist ja nicht auszuhalten mit dir, ständig diese Motzerei, ständig miese Laune." Da wurde mir klar, daß die Kinder nicht realisieren, daß es mit meiner Krankheit zusammen hängt. - Nun gut, ich habe die Kraft gehabt mein Verhalten zu ändern, damit meinen Kindern nicht der Alltag versaut wird. Sie müssen ja leben.

Vielleicht versuchst du mal folgendes, ich weiß ja nicht, wie fit deine Mama ist.
Du setzt dich zu deiner Mutter und sagst: "Paß auf Mama, ich tu wirklich alles für dich, das weißt du. Aber du bist auch erwachsen und geistig völlig klar, sodaß du im Endeffekt selber entscheidest und ich, bin erwachsen und werde das respektieren." (Das mußt du dann aber auch wirklich.) "Mama, hier ist das Pflaster, daß du alle zwei Tage aufgeklebt haben mußt. Sag mir bescheid, wenn ich es aufkleben soll. Aber du entscheidest! Ich möchte mir nicht 24 STunden über das Pflaster Sorgen machen müssen, ich mach mir schon über andere Dinge Sorgen. - Hier ist das Essen, du weißt, daß du essen mußt, doch wenn du nicht essen möchtest, so ist das deine Entscheidung. Sag mir, worauf du Appetis hast, dann besorg ich es dir. - Aber ich möchte nicht mit dir um solche Dinge kämpfen, denn du bist nicht ein unmündiges Kind."
Das ist auch schwer für dich zu akzeptieren. Aber wenn du das schaffst, dann kannst du innerlich Frieden finden, weil du alles getan hast. Es kann nämlich gut sein, daß es schon zu einem Spiel zwischen dir und deiner Mama gekommen ist, und sie kommt da nicht mehr raus. wie eine Spirale.
Ich hatte auch mal so ne miese Phase. Da rief eine gute Freundin an und ich machte alles kaputt, was sie sagte. Es ging so weit, daß sie meinte "aber schau deine Kinder an, wie toll sie sind, was du alles für sie getan hast" und ich sagte: "ach, auch da habe ich versagt, so wie ich in allem versagt habe..." Ich kam aus dieser Rolle einfach nicht raus und machte ne Stunde lang alles kaputt, bis sie weinte uns sagte, sie würde jetzt auflegen, ich könne aber jeder zeit wieder anrufen. - Ich habe 1 Woche gebraucht und habe mit viel Überwindung einen anderen Ton angeschlagen. Das war schwer.

Yvonne, massier deiner Mutter doch mal die Füsse mit Lavendelöl. Oft brauch man auch mal körperliche Berührungen auf eine ganz andere Art. Und dann massiere mit viel Zeit. Nicht nur 10 Minuten. Laß sie es richtig geniessen und knuddel die Füsse so richtig. Mal fest mal sanft. Faß sie richtig an und laß deine Liebe zu ihr fliessen.

und dann Yvonne, schalte unbedingt zwischen durch auch ab und "vergiss" die Krankheit. Verlerne nicht zu lachen und mit deinen Kindern zu spielen. Zeig deinen Kindern nicht deine Sorgen, das Leben muß für sie weiter gehen.

So, bis bald.
Ich krieg heute lieben Besuch.... und mein Jüngster übt schon fleißig Kunststücke :-)

Günther
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