AW: Meine Mutter ist gestorben
Hallo Ihr
ich habe lange überlegt, ob ich mit anderen betroffenen über das rede, was mich bedrückt und was wir erlebt haben. aber all eure gedanken sind genau dieselben wie meine...
meine geliebte mutti ist am 13 august an den folgen eines ovarialkarzinoms verstorben - genau ein halbes jahr, nach der diagnose. sie hatte vor 12 jahren gebärmutterhalskrebs, das mit einer 98 prozentigen heilungschance operiert und bestrahlt wurde. sie hat so gesundheitsbewußt gelebt, sport getrieben und die kleinen dinge im leben genossen. aus angst vor einem rezidiv ist sie lieber immer einmal öfter zum frauenarzt gegangen. er hat ihre sorgen meistens belächelt, auch wenn sie 3 mal im monat lippenherpes hatte.
vor 3 jahren hatte sie als sekundarstufen-lehrerin noch einmal einen neuen schritt gewagt und ist ans gymnasium gegangen. sie war in der zeit oft sehr müde und abgekämpft. ich machte mir damals schon sorgen, da ihre augen oft so glasig aussahen. dann hatte ich geheiratet und bin schwanger geworden. das war vor 2 jahren. in der zeit hatte mutti immer über ihren bauch geredet. er seih immer so gebläht, nichts hilft, keine diät, kein sport... ich habe oft mit ihr darüber gesprochen und mir keine gedanken über eine krankheit gemacht... leider!!! vor einem jahr im sommer begann es in ihrem bauch zu ziehen. ich fragte eine freundin, die gynäkologin ist und sie vermutete narbenschmerzen von der damaligen op (die eierstöcke waren mit chlips hochgelegt worden, damit sie nicht der bestrahlung ausgesetzt sind). mutti ging zu mehreren ärzten, da die schmerzen auch nach verdacht und behandlung auf blasenentzündung immer stärker wurden. nicht durch röntgen, ultraschall ua. konnte etwas festgestellt werden. eine internistin entdeckte dann im februar einen schatten im darm und mutti wurde mit verdacht auf darmkrebs nach magdeburg verlegt. die ärzte entdeckten einen nierenstein und wollten diesen entfernen. wir waren so erleichtert.... mutti war immernoch skeptisch, als ob sie ahnte, dass es erst der anfang war. nach der erfolglosen OP (sie hatten narbengewebe an der harnröhre entdeckt) sollte sie erstmal nach hause und 6 in wochen wiederkommen... in der zeit bekam sie sehr starke darmbeschwerden und ist dann ins burger KH, da sie es nicht mehr aushalten konnte. dort wurden dann der angebliche schatten punktiert und am 13. februar kam die diagnose: eierstockkrebs. die OP war nicht sehr erfolgreich. metastasen waren schon im gesamten bauchraum und durch die damalige bestrahlung viel inoperables narbengewebe vorhanden. die nachfolgende chemo hat mutti von den nebenwirkungen her gut vertragen. wir waren trotz der schlechten prognosen optimistisch. dann kam der schock: die schmerzen begannen erneut, die chemo hatte nicht angeschlagen. mutti war zu schwach, um weitere therapien zu bekommen. leber kaputt... die ärzte konnten nichts mehr für sie tun. dieser satz war so grausam. gerade jetzt, wo mutti ihre kleine süße enkelin hatte...stolze omi war...sollte sie vielleicht sterben? für mich war es bis fast zum schluss undenkbar. ich begann langsam, jede sekunde mit ihr und leyla zu genießen. sie wollte nie über leiden und sterben reden, das nähme ihr zu viel kraft, die sie doch bräuchte, um zu kämpfen, um gesund zu werden. ich wußte manchmal nicht mehr, wie ich ihr mut machen konnte... ich erzählte vom alltag, von leyla. sie war so stark, gab mit und vati und omi so viel mut und kraft. immer wenn ich bei ihr war, fühlte ich mich aufgehoben, geborgen. wenn ich ihre hand streichelte, gab sie mir so viel energie... sie wurde immer schwächer, dann kam der darmverschluss, künstlicher ausgang, sie konnte nichts mehr essen oder trinken. ich habe versucht, sooft es geht bei ihr zu sein. sie wollte nicht nach hause, nur tagsüber ud sie wollte immer laufen, das war ihre leidenschaft schon immer gewesen...spazierengehen. bis 4 tage vor ihrem tod ist sie noch gelaufen. wir haben zum schluss alle nur noch funktioniert. keiner hat mehr nachgedacht. wir hatten alle solche angst, was der krebs noch alles zerstören wird... wir lange meine mutti noch leiden müsse...
mutti hat noch auf meine ankunft gewartet und sie ist im beisein von vati und mir friedlich eingeschlafen... sie war nicht mehr ansprechbar aber als ich zu ihr kam, sie streichelte und küsste und wir ihr sagten, sie solle sich aus diesem gefängnis befreien, hörte sie einfach auf zu atmen... ganz friedlich und erlöst. das alles gab mir viel kraft aber die sehnsucht nach ihr ist so unendlich schmerzhaft. ich vermisse sie so sehr. vor allem, weil leyla sie nie wirklich an sie erinnern wird...
ich weiß nicht, ob ich das alles jemahls wirklich realisieren werde. leyla und mein mann und vati geben mir viel kraft und wir kümmern uns alle gut umeinander. ich habe angst vor den nächsten jahren ohne sie... ich bin so froh, dass ich leyla hab und irgedwie lebt sie in mir und ihr weiter.
ich verstehe euren schmerz sehr genau... dieses gefühl, dass sie nie wieder zurückkommt... aber ich halte unsere ganzen erinnerungen fest und werde unseren kindern ausfühlich von meiner lieben mutti erzählen. ich weine, wenn ich weinen muss und lache, wenn ich lachen muss. das leben geht irgendwie weiter und die "W"-fragen erdrücken einen nur.
nun habe ich ein paar meiner gedanken niedergeschrieben und ziemlich viel platz eingenommen *sorry*... ich wollte nur anderen sagen und zeigen, wie wichtig es ist, auf kleine zeichen zu achten, denn der krebs hatte sich bei mutti durch viele kleine zeichen schon bemerkbar gemacht und wurde doch von uns ignoriert. die ärzte haben gesagt, dass mutti vielleicht eine chance gehabt hätte, wenn man 1-2 jahre früher den krebs entdeckt hätte...
und seine familie um sich zu haben, wenn die zeiten schwer werden, den mut nicht zu verlieren und zu kämpfen!!!
viele grüße
sandra
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