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Alt 01.02.2007, 07:50
shalom shalom ist offline
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Registriert seit: 25.08.2005
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Standard AW: Rippenfellkrebs

Hallo,

ich verstehe durchaus die Frustration, daß nachhaltige Hilfe leider noch nicht möglich ist. Als hilfloser Laie steht man manchmal durchaus in der Versuchung pauschal anzuklagen:

- die Ärzte
(aber ich nehme doch mal an, daß sie helfen wollen)

die Pharmaindustrie
- (ich nehme doch mal an, Chemos sollten helfen, denn es sind ja nun wirklich keine Placebos)

Aus meiner persönlichen Erfahrung mit der Mesotheliom-Erkrankung meiner verstorbenen Frau habe ich nie den Eindruck gewonnen, der Pharma-Lobby oder den Ärzten kalt ausgesetzt gewesen zu sein.

Mir ist aus unserem eigenen Krankheitsgeschehen ein eher positives Arztbild zurückgeblieben:

Fair, menschlich und offen am kranken Menschen orientiert, in medizinischen Sachverhalten unerbittlich, aber verständlich und keineswegs in der Knechtschaft der Chemo-Lobby oder Apparatemedizin.

Im engen Dialog mit dem behandelnden klinischen Onkologen hat meine Frau festgelegt, welcher Behandlung sie sich noch aussetzen wollte. Sie hat auch festgelegt, ab einem gewissen Zeitpunkt die Chemos abzubrechen. Für Sie wäre ich gerne auch dorthin in diejenige Klinik geflogen, die sie von ihrer Erkrankung hätte heilen können. Aber diese Klinik gibt es noch nicht. Die minimale Fortschritte, die zunächst in amerikanischen Spezialkliniken erzielt wurden, nutzen inzwischen auch einige dt. Fachkliniken, d.h. die minimalen medizinischen Fortschritte bzgl. der Behandlung des Mesothelioms werden sehr schnell verbreitet und auch umgesetzt.

Fest steht, diese Krankheit ist leider z.Zt noch nicht mit traditionellen oder alternativen Heilmitteln nachhaltig heilbar. Ich gehe davon aus, daß die behandelnden Ärzte Operationen / Medikamente einsetzen, die wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit haben, beim Patienten anzuschlagen, sprich: Chemos sollten versucht werden. Es steht jedem frei (sofern die Kosten dafür bezahlbar sind oder man sogar einen Kostenträger dafür findet) zusätzlich auch auf Alternativen zu setzen. Das aber ist nicht für jeden finanziell möglich und ob alternative Hilfe etwas für die Krankheitsbewältigung bringt, ist dabei ungewiß.

Ein ganz anderer Aspekt erscheint mir sehr bedeutsam:

Bei allem Respekt vor der emotionalen Betroffenheit und dem großen engagierten Einsatz der Angehörigen ist der Wille des Patienten das alleinig Wichtige. Denn es sind SEINE Lebenstage, die verrinnen. Vielleicht möchte er sie (die Lebenstage) ohne weitere ungewisse und ggf. belastende medizinische Experimente eher im Kreise seiner Lieben verbringen.

Ist alles , was WIR wollen (auch wenn es gut gemeint ist), auch vom PATIENTEN gewollt ??

Nachdenkliche Grüße
Shalom
__________________
Es ist nicht genug zu wissen, man muß es auch anwenden.
Es ist nicht genug zu wollen, man muß es auch tun.


(Johann Wolfgang von Goethe)
"Wilhelm Meisters Wanderjahre", 3. Buch, 18. Kapitel
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