Hallo Klara, Stef, Martina,
ich kann eure Worte super nachvollziehen. Es ist so unglaublich, was man mit den Mitmenschen in solch einer schweren Zeit erlebt. Ich hätte das nie für möglich gehalten.
Mein Vater ist leider am 3.12.2006 gestorben. Seine Diagnose bekam er am 4.5.06. Zuerst war von allen Seiten Verständnis, das wurde aber seltsamerweise weniger, obwohl die Situation ja immer schlimmer wurde. Man ist wirklich sehr allein. Das Schlimme ist, die meisten Mitmenschen, mit denen man den lieben langen Tag zu tun hat, vergessen es nach kurzer Zeit wieder. Ich hatte eine liebe Kollegin, die war da und hat sich auch immer erkundigt und mir angeboten, jederzeit zu ihr zu kommen. Die anderen aus meinem Büro haben zwangsläufig mitleiden müssen, da sie es ja hautnah mitbekamen.
Ich erinnnere mich an den 1.12.06, als meine Schwester anrief und meinte, es wäre wohl besser, wenn wir ab jetzt an seiner Seite bleiben. Ich habe mich dann quasi verabschiedet im Büro, weil klar war, dass ich sobald das Schlimmste eintrifft, auch 14 Tage Auszeit nehme. Da hat man erst gemerkt, wie wenig die Mitmenschen mit solch einer Situation umgehen können. Ich kam mir vor, als hätte ich gesagt. "ich gehe dann mal in urlaub". Als mein Vater gestorben war, kam da gar nichts, was tröstet. Unglaublich, als ob sie sich abgesprochen hätten, sagten sie am Telefon das übliche blabla und "nimm dir die Zeit, die du brauchst", um kurz darauf zu fragen, wann denn wieder mit mir zu rechnen ist. Das hat mich umgehauen. Ich war so enttäuscht und hatte das Gefühl "ein Menschenleben ist nicht mehr wert". Die Welt dreht sich einfach weiter, als ob nichts wäre. Genauso war es im Bekanntenkreis zum Großteil. So furchtbar und unglaublich! Und wie Klara so richtig schreibt: Als trauernde Tochter ziehst du glatt den Kürzeren. Wenn mir jemand begegnet, der tatsächlich mit mir darüber spricht, ist spätestens die zweite Frage: Und, wie geht es einer Mutter? Ok, das ist wichtig, ich weiß. Die Verbindung bestand zuerst und hat auch länger gedauert. Wir Kinder sind ein "Produkt" daraus. Aber der Punkt ist, das ich dadurch das Gefühl habe, die Leute gehen davon aus, ich empfinde keine Trauer. Aber vielleicht wird man zu empfindlich.
Ich habe auch bis zur fast letzten Minute nicht wahrhaben wollen, dass mein Vater tatsächlich stirbt. Als es soweit war, war es ein furchtbarer Schock, das Schlimmste, was für mich passieren konnte. Der Schock sitzt immer noch. Aber ich denke, das ist normal. Sorry, klingt doof, aber ist so. Ich weiß einfach,dass ich damit leben muss, egal was kommt. Ich habe mir auch ein anderes Fell zugelegt. Mit manchen spreche ich nicht mehr viel. Ich sondiere mehr aus, als vorher. Ich bin auf der einen Seite sensibler geworden (für die Menschen,die es verdienen), auf der anderen Seite härter (für die anderen). Und ich finde es ok. Andere machen ja schließlich auch, was sie wollen - wie wir alle feststellen mussten. Und dann ist da noch etwas, das sich verändert hat: Ich habe vor nichts mehr Angst. Ich denke, so verändert sich jeder auf seine Weise. Ganz sicher ist, dass es uns alle auf die ein oder andere Weise reifen lässt.
Ich bin sehr froh, dass ich dieses Forum gefunden habe, auch wenn ich lange gebraucht habe, mich anzumelden. War lange ein stiller Mitleser. Ich kann gar nicht sagen, wie mir das Forum in den ersten schlimmen Wochen geholfen hat und wie es das weiter tut. Das tut so wohl.
Ich hoffe, ich habe nicht zu wirr geschrieben. Ich schicke euch ganz, ganz liebe Grüße, lasst euch nicht ärgern und nicht unterkriegen und bleibt, wie ihr seid

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