AW: Rippenfellkrebs
Hallo Andreawhite,
ich wünsche Deinem Vater und Dir(Euch) viel Kraft für die kommende Zeit.
Wie Du es schon geschrieben hast, geht jeder mit einer solchen Situation anders um, aber Deinen Äußerungen ist zu entnehmen, daß ihr liebevoll Euren Eltern zur Seite steht und das ist genau das, was ihr tun könnt und auch dringend benötigt wird.
Es ist nicht leicht sich dem Unvermeidlichen zu stellen, habt daher bitte Verständnis für den Vater, lasst IHN den Weg gehen wie ER ihn gehen möchte. Er wird Euch vielleicht auch signalisieren, wenn er es anders möchte.
Wie übersteht man eine solche Situation als Angehöriger, hast Du gefragt.
Ich kann es nur aus meiner eigenen Erfahrung und eigenen Verhaltensweisen schildern. Mir (uns) hat sehr geholfen, mich (uns) mit Freunden oder guten Bekannten austauschen zu können (zusätzlich zu dem allernächsten Kontakt zu meiner Frau) und wenn es die 1000. Wiederholung war. Mir hat gefühlsmäßig sehr das Wissen geholfen, in den letzten Wochen GANZ für Sie dagewesen zu sein in ihrer unmittelbaren Nähe, um keinen gemeinsamen Augenblick zu versäumen. Zum Nachdenken kam ich in den letzten Wochen dabei kaum, ich habe einfach getan, was getan werden mußte (ich habe funktioniert). Um nicht in Panik zu geraten, habe ich mich auch auf das unvermeidliche Ereignis vorbereitet.
Die Wochen NACH dem unvermeidlichen Ereignis waren schwer, aber sie waren notwendig zur Verarbeitung:
Erledigen bürokratischer Dinge, Besuchen von gemeinsam besuchten Wegen und Plätzen, um weinen zu können, Entfernen schmerzlich naher persönlicher Dinge meiner Frau (wie z.B. Kleider). Wenn dunkle Wolken kamen, habe ich sie betrachtet (sie nicht weggeschoben) und sie auch wieder ziehen lassen. Und immer wieder: Besuche der gemeinsamen Plätze und Wege, Aufsuchen der Krankenhäuser und Reha-Häuser, in denen sie war, um für mich an der Bewältung der Situation zu arbeiten. Ich habe viel mit mir selbst laut gesprochen und bin mit guten Freunden immer wieder das Erlebte durchgegangen.
Ich konnte die Verarbeitung dadurch nicht beschleunigen, aber ich hatte den Eindruck selbst aktiv zu sein und dunklen Gedanken nicht absolut ausgeliefert zu sein.
Für mich kam eine Selbsthilfegruppe aus zeitlichen Gründen nicht in Betracht, denn es begann die Ferienzeit. Also keine Hilfe in der Zeit, wo ich ggf. Unterstützung gebraucht hätte. Daher habe ich vermehrt unsere Freunde in Anspruch nehmen dürfen. Zudem habe ich mich gefragt, ob ich zusätzlich zur eigenen Belastung auch noch die der anderen Teilnehmer ertragen könnte. Wie es auch in Eurer Situation sei: Sprecht immer wieder über Eure Situation, Lasten und Sorgen.
Mit lieben Grüßen
Shalom
__________________
Es ist nicht genug zu wissen, man muß es auch anwenden.
Es ist nicht genug zu wollen, man muß es auch tun.
(Johann Wolfgang von Goethe)
"Wilhelm Meisters Wanderjahre", 3. Buch, 18. Kapitel
|