Diagnose Lungenkrebs
Hallo Pedi,
Du bist wirklich lieb.
Du siehst das ganze bestimmt nicht durch die rosarote Brille. Man versucht schließlich einfach nur, solange es geht nach Möglichkeiten zu suchen, die vielleicht doch noch etwas bewirken können.
Wenn meine Mutter nicht schon so immobil wäre, dann würden wir bestimmt sofort in Münster vorstellig werden. Aber es ist eben schon sehr schwierig, sie zu transportieren. Ohne Sauerstoff ist alles viel zu gefährlich. Und Anstrengung ist im Moment in keinster Weise möglich.
Wenn wir mit Sicherheit wüssten, dass man sie hier in Münster operieren würde, dann würden wir sie schon hierher transportieren lassen. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass man sie mit Laser behandeln kann, ist eben nicht allzu groß. Ich werde mich mit meiner Schwester besprechen, und dann müssen wir eben den Allgemeinzustand meiner Mutter angucken. Vielleicht erzählen wir ihr dann von Münster.
Mein Vater hat heute vom Hausarzt ein Rezept für Dronabinol bekommen. Die Apotheke meinte, sie müssten das aus dem Ausland beschaffen. Aber ich habe Papa gerade die Adresse und Nummer von THC Pharm in Frankfurt durchgegeben, und er fährt zu Apotheke und legt denen das vor. Wenn wir das Zeug aus Deutschland beziehen können, geht es wahrscheinlich doch schneller.
Weißt du, was ich manchmal denke?
Ich habe schon von vielen Angehörigen hier gelesen die berichteten, wie schlecht es den Betroffenen ging, und sie waren immer noch auf der Suche nach Behandlungsmöglichkeiten. Ich habe diese Leute immer irgendwie bedauert. Ich dachte: „dem Kranken geht es schon so schlecht, nun sieh doch ein, dass nichts mehr helfen wird. Man muss doch auch realistisch sein“.
Und jetzt? Jetzt liegt meine Mutter im Krankenhaus, kriegt Morphium, wenn die Atemnot schlimm wird und hat die meiste Zeit des Tages ihren Sauerstoff in der Nase. Und was mache ich? Suchen, suchen, telefonieren…
Wie oft habe ich von oben genannten Angehörigen kurze Zeit später gelesen, dass der Betroffene verstorben ist.
Ich habe furchtbare Angst, auch bald zu diesen Leute zu gehören, die nicht aufgehört haben zu suchen und im Endeffekt den Kampf doch verloren haben.
Der Spruch ist schon regelrecht abgestanden, aber er geht mir nicht mehr aus dem Sinn: die Hoffnung stirbt zuletzt. Es stimmt einfach. Vielleicht hat das was mit Selbstschutz zu tun, aber wenn ich schon vor Monaten die Hoffnung verloren hätte, wäre ich jetzt wahrscheinlich schon völlig hinüber!
Aber mir ist klar, dass es nicht gut aussieht. Doch diesen Gedanken weiterzuspinnen, würde nichts bringen, sondern mich nur fertigmachen. Wenn das Schlimmste eintritt, werde ich mich noch genügend damit befassen müssen.
Ich besorge mir gleich noch was aus der Uni, und heute abend geht’s wieder nach Hause.
Und dann gucke ich hier natürlich auch wieder rein.
Alles Liebe,
Katrin
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