AW: zum Sterben nach Hause
Ach Ingrid, es tut mir so leid, dass es für euch so eine furchtbare Quälerei ist.
Tja, wie geht es mir? Ich habe keine Lust auf dieses neue Leben. Der Gedanke, dass er nicht mehr hier ist, ist unerträglich. Erst war diese totale Hektik mit Pflege zu Hause, Job, Krankenhaus etc. Jetzt ist hier nur noch "Totenstille". Nächste Woche ist unser 35. Kennenlerntag. Ich glaube, da grabe ich mich ein.
Heute war ich - zum ersten Mal seit 2 1/2 Monaten - mit ein paar Mädels, die ich aus einem Internet-Forum kenne, essen. Es war ganz nett. Vorher wäre ich nicht in der Lage gewesen, etwas zu unternehmen. Manche lenken sich sofort ab und ich brauche meine Ruhe, um die Sache verarbeiten zu können. Nach den 7 Jahren mit Krankheiten meines Mannes bin ich so ausgepowert, dass ich immer noch nicht weinen kann.
Liebe Ingrid, man fragt sich oft, wo man überhaupt noch die Kraft hernimmt, das alles zu überstehen, aber jetzt, mit etwas Abstand, bin ich so froh, dass ich die Möglichkeit hatte, mich hier zu Hause um ihn zu kümmern. An viele Situationen aus den letzten Wochen werde ich hier immer wieder erinnert. Aber es ist gut so. Mir ist die Wohnung jetzt so wichtig geworden. Ich habe einen kleinen "Altar" aufgebaut und finde es schade, dass die Urne nicht auch hier ist. Schade, in vielen anderen Ländern ist es kein Problem. Hätte ich doch mit ihm nach Holland fahren sollen und dann mit der Urne zurück? Ich habe mal gehört, dass man sie dann behalten darf. Leider war mir das am Todestag alles nicht so bewusst und ich hätte auch nicht gedacht, dass es mir einmal so wichtig wäre, die Urne zu Hause zu haben.
Ist dein Mann denn einigermaßen schmerzfrei?
Ganz viel Kraft
wünscht Loreena
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Die höchste Kraft der Seele ist die Erinnerung.
(Renan Demirkan)
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