AW: Angst um Papa
Muss mal wieder ein paar Dinge loswerden. Nicht, dass ich noch platze.
Die Ursache für den Schlaganfall ist gefunden. Der Cholesterinwert ist zu hoch. Eine winzige Ader an der Dingsbums parietalis im Kopf hatte sich zugesetzt und war der Auslöser. Dad hat am 14.09. die letzte Bestrahlung und fährt am 25.09. erstmal 3 Wochen in die Reha. Danach Kontrolle und vielleicht nochmal ein Versuch mit Chemo. Seit letzten Freitag ist er zu Hause, aber ziemlich schlapp. Sprache und Feinmotorik erholen sich nur sehr langsam.
Die letzten Nächte Träume ich nur noch vom Krebs. Ständig werde ich wach. Aus irgendeinem Grund kann ich kaum an was Anderes denken. Jetzt ist man selbst für diese Krankheit sensibilisiert, dass plötzlich im eigenen Umfeld immer mehr Menschen betroffen sind. Mama sagt das auch. Aber das war schon vorher so, man hat es nur nicht gesehen. In meiner direkten Nachbarschaft
z. B. einer mit Prostatakrebs, eine Frau mit Leukämie, zwei Frauen mit Brustkrebs. Jetzt ist auch die Leiterin unseres Kindergartens erkrankt - Lunge, Endstadium. Es ist nicht zu fassen. Alles Menschen, mit denen ich öfter ein nettes Gespräch habe. Ich fühle mich ohnmächtig, hilflos. Wie gerne würde ich etwas tun. Habe mich im letzten Jahr typisieren lassen bei der DKMS, habe einen Organspendeausweis, aber das reicht mir nicht. Ich habe das Bedürfnis, aktiv etwas zu tun. Es gibt so viele Betroffene, die mit ihrer Krankheit allein gelassen sind und niemanden haben. Ich habe so viel zu geben. Vielleicht werde ich schauen, ob ich mich irgendwo ehrenamtlich engagieren kann.
Dann ist da noch was, haltet mich für verrückt, aber seit Tagen, immer wenn ich die Wohnung meiner Eltern betrete, nehme ich diesen Geruch wahr, seit Dad wieder zu Hause ist. Das letzte mal, das ich diesen bestimmten Geruch wahrgenommen habe, war in der Wohnung seiner Eltern vor 11 Jahren. Damals war sein Vater schon im Endstadium und voller Metastasen. Ich verbinde diesen Geruch mit Krebs. Hat jemand von euch sowas schonmal wahrgenommen. Dreh ich durch?
Zum Schluss möchte ich euch allen sagen, wie wunderbar ich es finde, dass ihr alle füreinander da seid. Ich wünschte, wir hätten keinen Grund hier zu sein, und doch bin ich stolz, so tolle Menschen wie euch zu kennen. Die Meisten von uns kennen sich nicht persönlich, und doch sind wir verbunden und sind uns nah.
Ich umarme euch alle. Danke, dass es euch gibt
__________________
Engel
Paps: 07.11.1952 - 11.08.2008
Zweifle nicht am Blau des Himmels,
wenn über Deinem Dach dunkle Wolken stehen.
|