AW: junge Frauen und der Tod der Mutter
Hallo zusammen,
leider gehöre auch ich nun zum Kreis Hinterbliebenen. Vielleicht kennen ein paar wenig von euch meine Geschichte... Ich versuche sie noch einmal kurz zusammenzufassen - sofern es überhaupt möglich ist, die letzten 4 Jahr in Worte zu fassen.
Ich bin inzwischen 24 Jahre alt. Im Herbst 2003 haben sich meine Eltern getrennt. Kurz darauf bekam meine Mutter die Diagnose Krebs. Darmkrebs im weit fortgeschrittenen Stadium. Über die Lebenserwartung wurde nie geredet. Meine Mutter verschwieg und verdrängte vieles. Die Ärzte redeten nicht. Ich recherchierte - die 5-Jahres-Überlebensrate lag bei etwa 5%. Ihr ging es überraschend gut. Zog aus dem gemeinsamen Haus aus und suchte sich eine Wohnung. Ich stand ihr zur Seite. Sie hatte keine Freunde und keine Verwandte mehr. Ich war also ihr Ersatz für die gesamten menschlichen Kontakte. Sie litt sehr unter der Trennung.
Ich stand ab jetzt zwischen den Stühlen: eine schwerkranke, unter der Trennung leidende Mutter und einen glücklich neu liierten Vater.
Das Verhalten meines Vaters veränderte sich - zumindest empfand ich es so. Sein Vater - mein geliebter Opa - starb innerhalb ein paar Monaten an Krebs. Das sonst so gute Verhältnis zu meinem Vater verschlechterte sich zunehmend.
Meine Mutter lies mehrere Chemos über sich ergehen. Manche Dinge erfuhr ich viel zu spät. Einmal hatte sie fast lebensgefährliche Nebenwirkungen der Chemo - ich habe es nur aus den Arztberichten erfahren...
Ihr Zustand verschlechterte sich langsam mit den Monaten. Zum Glück hatten wir noch die Gelegenheit zu gemeinsamen Ausflügen - im nachhinein waren es viel zu wenige.
Da sie es so wünschte und es platzmäßig nicht anders ging, organisierte ich ihr einen Platz in einem Heim. Im Mai 07 brach sie in ihrer Wohnung zusammen. Zum Glück war ich gerade bei ihr und fing sie auf... 112... ins Krankenhaus... Der Heimplatz war ja schon beschlossene Sache, daher konnte sie direkt vom Krankenhaus ins Heim.
Dort verstarb sie im Alter von 53 Jahren am 14. Juni 2007.
Ich habe alles alleine gemacht und organsiert. Mein Freund stand mir immer zur Seite in der ganzen harten Zeit. Es war ein Abschied auf Zeit - jeden Tag ein Stückchen. Ich habe es wohl bis heute noch nicht so wirklich realisiert.
Ich dachte, ich würde dann zusammenbrechen, aber ich tat es nicht. An dem Tag als sie verstarb war ich gefasst. Ich hatte meine Liste, die ich abzuarbeiten hatte. Mein Freund begleitete mich. Ich funktionierte. Niemanden den ich traf hatte eine solch gute Organisation gesehen. Ich hatte sogar noch Kraft, um Wünsche durchzusetzen und mich mit meinem Vater auseinanderzusetzen. Mein Vater war/ist keine Unterstützung und macht mir das Leben nur noch schwerer. Meine wenigen vorhandenen Verwandten haben sich meinem Vater zu- und sich von mir abgewand. Zum Glück hat sich das Verhältnis zu der Familie meines Freundes intensiviert.
Ich organisiere auch heute noch alles alleine. Wir sind gerade dabei einen Grabstein zu beantragen - nein, nichts herkömmliches. Nichts ist bei uns "normal". Auf den Stein kommt die Unterschrift meiner Mutter und eine Rose. Selbst aufgenommen. Sie hat Blumen und den Garten geliebt - der Garten wurde ihr ja genommen...
LG
Tanja
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