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Alt 17.06.2003, 17:04
Gast
 
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Standard Wünsche für Michi

Hallo ihr Lieben,
was ist das lange her, als ich das Letzte Mal geschrieben habe. Werde euch aber erzählen, an was es lag.
Zuerst mal möchte ich euch wieder mal danken...ob ihr es glaubt oder nicht, aber eure Zeilen, eure Gedanken hlefen mir immens bei meinem Weg.
Vielleicht sagen die folgenden Zeilen etwas mehr aus:

Endlich

Getrocknet...
die Tränen der Trauer
durch schallendes Lachen.

Verdrängt...
die Mattheit des Dunkels
durch helles Licht.

Gewechselt...
das Tief des Schwarz
durch bunte Farben.

Beendet...
den kläglichen Sterbegesang
durch heitere Zukunftsmusik.

Besiegt...
den Schmerz des Vergangenen
durch neue Hoffnung.

Beschritten...
den Weg nach vorne
endlich.

Ich denke, dass die Menschen, die mich kennen, es verstehen werden, was ich meine.

Ladina...wie war Dein Pfingsturlaub...so ganz ohne Technik und dafür viel Natur? Ich hoffe sehr, dass Du Entspannung finden konntest und Du Dich erholen konntest.
Nervi...bei uns regnet es immer wieder mal...nur kurz, aber dafür riecht der Sommerregen umso intensiver.

Ich möchte euch nur gerne erzählen, warum ich so lange nicht geschrieben habe.
Wie die meisten von euch ja wissen, mache ich eine Hochdosischemotherapie. Diese war am Anfang des Monats (genauer gesagt am 05.06.). Ich habe bereits in derselben Nacht hohes Fieber bekommen, woran das genau gelegen hat, weiss man auch im Nachhinein nicht so genau...ich denke, es ist mitunter eine Überreaktion meines Körpers auf die Chemo, mit dem er mir sagen wollte, das er diese nicht will, aber das ist nur meine Interpretation. Naja, im Laufe der nächsten Zeit kam dann noch Schüttelfrost, Erbrechen, Blutspucken, Gliederschmerzen und Schmerzen andere art dazu, was dann zur Folge hatte, dass mein Arzt es für besser hielt, mich ins Krankenhaus zu schicken. Dort bekam ich dann verschiedene Infusionen und Nährlösung, da ich ja nichts bei mir behalten habe. Es hat dann letztendlich bis letzte Woche gedauert, bis ich wieder einigermassen auf den Beinen war. Naja, und bis ich dann am Pc war, hat es nochmal ein paar Tage gedauert.
Thorsten, mein Mann hätte sicherlich auch schreiben können, aber er hatte gelinde gesagt genug um die Ohren...
Um die Ereignisse im Krankenhaus zu verarbeiten hat es auch etwas gebraucht...ist für mich nicht so einfach, da ich sowieso ein Mensch bin, der Krankenhäuser hasst...meiner Psyche geht es da selten gut.
Wie dem auch sei, jetzt geht es mir körperlich eigentlich ganz gut (kann man das bei mir sagen?)...ich habe kein Fieber mehr, spucke auch momentan kaum Blut, die Werte sind aktzeptabel (zumindest meiner Meinung nach) und es geht aufwärts...klar habe ich die üblichen Wehwehchen, aber wer hat die nicht?
KLar ist das alles nervend und zerreißend. Ich bin es leid, jeden Tag diese Schmerzen zu haben...es wird irgendwie immer schlimmer...ich wusste gar nicht, das man soviel unterschiedliche Schmerzen haben kann.
Ich lebe nicht Tag für Tag, sondern für Augenblicke.
Der einzelne Tag ist doch derart unterschiedlich...so vielfältig, dass ich morgens nicht für nachmittags planen kann und es auch oft nicht will. Manchmal macht mich das traurig und wütend, aber ich hab mich damit arrangiert, denn was anderes bleibt ja auch nicht übrig. Aber ich war es auch so satt. Nicht nur dieses ewige kämpfen, sondern diese Anspannung in mir selber...diese ewigen Diskussionen mit meinem Mann und meiner Tochter, warum und weshalb etwas so ist wie es ist. Diese ewigen Schmerzen - immer da, immer allgegenwärtig. Als es angefangen hat, dass dieser innere Frieden kam, ging auch diese Anspannung weg. Jetzt im Moment bin ich froh, dass ich mich erholen kann. Bin froh, dass die Anspannung weg ist. Natürlich sind die Schmerzen noch da und mir ist auch bewusst, dass sie das bleiben werden, aber wenn es der Seele gut geht, ist vieles um einiges leichter.
Ich weiss, dass ich weiter kämpfen werde....aber nicht unbedingt mit den "normalen" Dingen, da ich auch seit kurzem weiss, dass es für mich auch gut werden wird, so oder so.
Für meine sterbliches Leben gibt es ja nur zwei Möglichkeiten: Entweder ich bekomme durch die Chemo, falls ich sie weitermache, mehr Zeit geschenkt oder ich sterbe. Ich weiss, dass wenn ich sterbe, meine Kinder gut versorgt sind. Ich weiss, dass sie die Liebe von Thorsten bekommen, die sie brauchen werden. Ich weiss, dass da Freunde sind, die ihm und den Kindern helfen werden.
Das heißt nicht, dass ich mich verabschiede. Ich werde weiter kämpfen, aber nicht um jeden Preis. Ich werde kämpfen...aber nur für mich...meinen Frieden. Der Krebs siegt oder verliert, das kann man sehen wie man will...vielleicht tut auch die Chemo ihr übriges. Mehr als mein eigenes Hinzutun kann ich nicht.Meine Zeit wird so oder so ablaufen...da kann kommen was will und wenn es soweit ist, dann kann ich in Frieden gehen. Allein diese Gefühl, was ich im Moment habe, gibt mir das Gefühl der Ruhe, vielleicht auch den inneren Frieden...was den inneren Frieden noch ausmacht, ist das mich meine Lieben gehen lassen werden...das haben sie vorher nicht getan. Und das war mir aber ungeheuer wichtig. Ich habe diese Innere Ruhe. Ich denke, dass diese Ruhe, dieser Frieden dann leicht in ein Gefühl von Gleichgültigkeit gehen kann, doch ich denke, wirkliche Gleichgültigkeit wird niemals mein Begleiter werden. Nicht mehr diese Kleinigkeiten sind wichtig....dass heisst jetzt nicht, dass ich alles stoisch und gefasst über mich ergehen lasse...ich werde sicher noch öfters wütend sein, traurig sein und auch weinen...habe ich erst vor ein paar Tagen getan...aber diese Tränen tun dann nicht mehr weh...sie befreien mich. Was es aber heisst, ist, dass meine Seele auf dem weg nach Hause ist.
Ich wünsche euch allen, dass auch eure seele eines Tages zu Hause ist, egal wie auch immer das dann aussehen mag.
Alles Liebe, Michi