AW: Behandlung von Lebermetastasen
Hallo Ihr Lieben,
ich bin extrem spät dran Euch allesamt alles Gute fürs neue Jahr zu wünschen.
Ich wünsche Euch Kraft und vorallem positive Verläufe bei unseren lieben Erkrankten. Die Hoffnung stirbt zuletzt und deshalb ist Hoffnung mein treuester Partner.
Liebe Erle, ich hoffe Dein Hochzeitstag war trotz der letzten Tagen für Euch wunderschön und Ihr habt hoffnungsvoll ins neue Jahr gefunden. Ihr seid so stark, auch wenn Du Dich anders fühlst an manchen Tagen.
Wir hatten aufwühlende 3 Tage. Am Samstag hatte meine Mutter so starke Schmerzen, dass sie gewimmert hat vor Schmerzen, Wasser sammelte sich in den Beinen und im Bauch und sie war nicht fähig zu essen und kaum zu trinken. Trinken und Medikamente hat sie jedes Mal erbrochen, es war schlimm. Sie wehrte sich dagegen, ins Krankenhaus zu fahren, nicht einmal einen Arzt durften wir anrufen. Das hat meinen Vater und mich sehr unsicher gemacht, denn wir fühlten uns schlicht und ergreifend hilflos. Vor lauter körperlicher Schwäche und Schmerzen konnte meine Mutter nicht einmal für Toilettengänge das Bett verlassen, sie hatte schlimme Augenringe und ihr zartes Gesicht, ja ich muss es so sagen, war kaum mehr wahrzunehmen, ich sah immer nur den (Toten)schädel durch. Bitte entschuldigt, dass ich die Dinge so beim Namen nenne. In der Nacht von Sonntag auf Montag war meine Mutter so kraftlos und geplagt von Schmerzen, dass sie irgendeinmal sagte, "ja, bringt mich ins Krankenhaus". Im Krankenhaus bekam sie dann das erste Mal Morphium, sie brauchte in der Nacht 5 Spritzen. Sie bat uns "lasst mich los, lasst mich sterben, ihr schafft das ohne mich, ich will nicht mehr leiden müssen, ich bin bereit zum Sterben, besser jetzt als morgen". Papa und ich weinten. Nach 6-7 Stunden endlich, hat das Morphium angeschlagen, meine Mom war durch die vielen Medikamente aber so stark benommen, dass es ihr Mühe mache 5 Worte am Stück zu sprechen. Es war furchtbar, den kleinen Körper unter der Bettdecke zu sehen und nur diesen schlimmen Gesichtsausdruck zu sehen. Entsprechend war für mich der Jahreswechsel. Ich kämpfte mit meinen Tränen und an den Worten um Mitternacht von meinen Lieben um mich herum, wurde mir deutlich, dass keiner noch an ein kleines Wunder glaubt. Keiner hat mir ein gutes neues Jahr gewünscht, alle nur "viel Kraft" und "wir sind für Dich da". Meine Mutter liegt nun auf der Palliativstation im Krankenhaus und wird liebevoll umsorgt, sie bekommt Grundpflege, weil sie vor lauter Kraftlosigkeit sich selber nicht mehr waschen kann, ihr fehlt sogar die Kraft die Tabletten aus der Tablettenhülle zu drücken, die man ihr morgens immer im Schälchen richtet. Sie wird jetzt neu auf ihre Schmerzen eingestellt.
Am 8.1.08 werden wir nach Freiburg zu Prof. Unger in die Tumorbiologie fahren. Vielleicht kann er meiner Mutter noch für eine gewisse Zeit etwas bessere Lebensqualität verschaffen, wenn er es schafft, etwas Immun- und Körperkräftigung zu erreichen. Ich habe Hoffnung.
Ich werde jetzt erschöpft ins Bett gehen, morgen muss ich wieder arbeiten, am Abend bin ich wieder bei meiner Mom. Ich akzeptiere ihren Wunsch, jetzt sterben zu wollen, aber es tut unendlich weh. Ich träume zur Zeit sehr schlecht, träume immer und immer wieder die Beerdigung meiner eigenen Mom. Aber wenn der Tod Erlösung bedeutet, ist es tröstlich.
Ich umarme Euch alle
Eure Kerstin
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