Hallo Ihr Lieben,
ich bin furchtbar müde, aber es ist mir immer sehr wichtig, hier vorbei zu schauen.
Das Wichtigste zu erst: Meine Mama hat sich entschieden letztmalig einen Eingriff vornehmen zu lassen. Der Stent wird also am Montag gesetzt. Ich bitte Euch hier um Eurer Daumendrücken und Eure Gebete, vielleicht hört Gott auf Euch. Obwohl auch ich, lieber Markus, mehr als bezweifle, dass es ihn gibt. Er würde das und so vieles Andere nicht zu lassen...
Mein Papa war heute den ganzen Tag bei ihr. Sie ist ans Bett gefesselt durch Katheter, Magensonde, künstliche Ernährung - aber völlig wach, ohne irgendwelche Verwirrtheit.
Morgen endlich kann auch ich sie besuchen. Mein Mann und ich haben heute abend diskutiert, ob wir unsere Tochter mitnehmen oder sie der Anblick ihrer geliebten Oma verwirren würde. Wir werden sie mitnehmen trotz der vielen Schläuche, denn wir wissen nicht, was am Montag passiert.
Ich möchte Euch noch etwas erzählen: Ich habe gestern den ganzen Abend geweint, kaum eingeschlafen - war ich wieder wach und ich habe wieder geweint. Meine Tochter kam heute morgen zu mir ins Bett zum Kuscheln, eigentlich war es schon viel zu spät, aber es hat mir so gut getan... Sie fragte mich, ob ich traurig bin und ich bejahte. Sie fragte mich, ob ich wegen Oma so traurig bin und ich bejahte wieder. Sie sagte, ich müsse keine Angst haben, Oma stirbt noch lange nicht, erst wenn sie ganz ganz alt ist. Aber das ist sie noch lange nicht. Ich versuchte ihr zu erklären, dass unsere Oma sehr sehr krank ist und sie wiederum sagte zu mir: "Du hast schon oft gedacht, dass die Oma stirbt, aber nie ist es passiert und jetzt passiert es auch nicht." Ich weiß gar nicht, was ich denken soll. Nie habe ich mit ihr über das Sterben gesprochen, lediglich davon, dass es auch Menschen gibt, die so sehr krank sind, dass sie nicht wieder gesund werden können.
Ich weiß jetzt, dass meine Tochter mein größter Halt wird, wenn meine Mama gehen muss. Für sie lohnt es sich weiterzumachen. Aber es wäre so schön gewesen, wenn meine Mama ihre Enkeltochter ein Stück weiter auf ihrem Lebensweg hätte begleiten können. Ihre Einschulung, Ihre Kommunion, vielleicht ihren ersten Freund und nicht zu vergessen die vielen kleinen Momente des Lebens.
Ich möchte nicht, dass der Eindruck entsteht, dass wir unsere Mama zu immer weiteren Eingriffen drängen, um dass sie für uns ein paar Tage länger am Leben bleibt. Bis jetzt stand im Vordergrund, dass ihr Zeit - lebenswerte Zeit - geschenkt wird. Nun geht es darum, ihren Zustand soweit zu stabilisieren, dass es nicht nur eine Qual ist. Jede weitere Operation, jede weitere Chemo würde ich ihr nicht mehr empfehlen. Ihr Krebs ist einfach zu aggressiv und schnell wachsend.
Ich muss kapitulieren - das erste Mal in meinem Leben. Gerne würde ich auf anderes verzichten, aber ich habe leider nicht die Möglichkeit zum Wählen.
Es fällt mir relativ schwer, mich auf meine Arbeit zu konzentrieren. Meine Gedanken schweifen oft ab und ich muss ständig mit den Tränen kämpfen. Unser Umzug stresst uns alle enorm und ich kann mich so gar nicht auf unser neues Heim freuen, obwohl sich mein Mann so viel Mühe gibt.
Angeblich gibt es für alles einen Sinn, nur ich kann ihn hier nicht entdecken. Ich habe eine Karte schon seit Jahren neben meinem Bett stehen: "Schließt sich eine Tür, öffnet sich eine andere." Ich glaube, ich werde diese Karte nicht mehr aufstellen. Ich möchte keine neue Tür, ich würde gerne noch mind. 20 Jahre durch die alte Tür gehen...
Liebe Gabi, mein Herz ist stark genug, aber wird meine Kraft reichen?
Liebe Bianca, unsere Mamas kämpfen nun ihren letzten Kampf. Sie sind die Letzten - die Mütter bzw. Vater von Gabi, Elke und auch Marco sind schon gegangen. Auch ich bin in Gedanken bei Euch!
Müde, traurige Grüße an Euch alle, Kathleen!
Hallo Markus, was meinst Du mit AP-Anlage, diese Abkürzung kenne ich nicht? Die Magensonde macht ihr augenblicklich mehr zu schaffen, als das es Erleichterung bringt...