Hallo nochmal.. Danke Euch, Gwenda und Martina, für Eure spontane Reaktion.. Möchte kurz bemerken, dass ich selbst seit 1980 in der Pflege tätig bin, hab dann nach langen Jahren als Krankenpflegehelferin im Januar 2000 mein Examen in der Altenpflege auf dem 2. Bildungsweg gemacht. Insofern ist der pflegerische Aspekt nicht wirklich das Problem und liesse sich von mir durchführen. Ich habe sie ja seit September 07 bei mir und sie in den knapp 3 Monaten hier auch recht gut versorgen können (Hilfsmittel sind alle vorhanden). Leider riss mir in der linken Wade ein Muskel komplett ab und da war ich zum Handeln gezwungen. Die häusliche Versorgung (Toilettengänge, Waschen,etc.) ist mit Gehstützen nicht zu bewerkstelligen...
Muss hierbei noch anmerken, dass ich einen behinderten Ehemann habe (rechter Arm komplett amputiert, linker Unterarm amputiert-ist mit Myoelektrik-Prothese versorgt-, sowie beide Vorfüsse amputiert), der auch von mir versorgt wird. Er macht aber super-viel selbständig und benötigt nicht dermassen viel an pflegerischem Aufwand, wie es jetzt bei der Ma erforderlich ist.
Zurück zur Mutter.. Sie hat uns (meinen Bruder, fast 49, und mich, fast 46) alleine aufgezogen. Under Vater verstarb im November 1964 an Knochenkrebs im Kopf (damals gab es noch keine solche Diagnosen wie heute) und an einer "Waben-Lunge" - nennt sich ja heute geschickt Pneumo-Thorax.. Er war gerade 29 Jahre alt.. Danach gab es keinen "neuen" Mann im Leben meiner Mutter-von einigen Lovern mal abgesehen..
Ich zog 1980 mit ihr hier aus Bremerhaven weg-nach Berlin, mein Bruder blieb ein Bremerhavener, er war in der Ausbildung und wollte hier nicht weg. 2003 erschlug mich die Grossstadt Berlin-ich wollte dort weg. Zog mit meinem Mann in ein kleines Nest im Solling-nach Uslar. Mein Sohn kam recht schnell nach-wollte in der Nähe der Mama sein..

Er hatte eine kleine Wohnung gefunden und begann eine Ausbildung zum Koch.. Tja, dann nahm er sich am 15. November 2005 in seiner Wohnung das Leben..er wurde erst am 18. November dort gefunden..lag tot hinter seiner Wohnungstür, hatte sich mit Kabelbindern erdrosselt.. Dies als Kurzfassung..
Ich rief meine Mutter in Berlin an und bat sie, zu mir zu kommen, da ich noch nie in einer solchen Situation war und sie zu der Zeit dringend gebraucht hätte. Ihre erste Reaktion: "Hättest Du Dich mehr um Markus gekümmert, würde er sicher noch leben! Ich muss erst sehen, ob ich den Kater unterbringen kann-ich rufe Dich in einer halben Stunde wieder an!"
Auf diesen Anruf warte ich noch heute.. Sie kam auch nicht zur Beisetzung meines Sohnes..
Ein Jahr später war ich zu einem Kurz-Besuch bei meiner Freundin in Berlin, mein Mann hatte einen seiner Söhne daheim, der sich um ihn kümmerte. Ich beschloss, mich der Mutter wieder anzunähern, besuchte sie und sie tat, als sei nie etwas gewesen. Sie schaute die Fotos an, von der Beisetzung und die 2 schrecklichen Fotos aus der Pathologie (Markus wurde obduziert, weil anfangs Fremdverschulden nicht ausgeschlossen war). Damit war das Thema Enkelsohn für sie "erledigt".. Wir haben aber oft über Markus gesprochen-auch in den letzten Monaten.. Ich hab das dann so hingenommen, dass sie einfach nicht Abschied von ihm nehmen wollte. Das habe ich ihr auch gesagt-so ist das nicht.
Es verging dann wieder eine Zeit ohne jeglichen Kontakt zu ihr. Im Juli letzten Jahres zog ich mit meinem Mann wieder zurück nach Bremerhaven. Der Kontakt zu ihm und meiner Schwägerin wurde nach Markus´Tod recht intensiv und so beschlossen wir, nach Bremerhaven zu ziehen. Uslar erschlug mich, meine Gedanken kreisten nur um Markus und ich fühlte mich dort eingeschlossen. Er hat ein klenes Urnengrab, dass von Freunden versorgt und gepflegt wird. Er lebt in meinem Herzen und in meiner Erinnerung weiter..........
Jedenfalls kam mein Bruder dann Mitte August zu mir und erzählte mir, dass die Mutter erkrankt sei, er müsse nach Berlin, sie besuchen. Meine Mutter wollte mich jedoch nicht sehen. Ich fuhr trotzdem mit, blieb dann bei meiner besten Freundin. Sie wusste, dass ich vor Ort bin-sehen wollte sie mich nicht. So fuhr ich mit meinem Bruder 3x nach Berlin-beim 3. Mal sollte er mich mitbringen.. Das war Anfang September, ich sah sie nach einem knappen Jahr wieder..schon arg gezeichnet, von Kleidergrösse 46 auf ca. 40 abgemagert..es ging ihr relativ schlecht.. Eine Woche später rief sie bei ihm an-Barbara soll zu mir kommen!
Erneut fuhr ich nach Berlin, meinen Mann liess ich von Bruder und Schwägerin mit warmem Essen versorgen-alles andere lehnte er ab.. In Berlin liess ich sie zwecks Schmerztherapie 1 Woche im Krankenhaus behandeln. Sie wurde als gebessert entlassen, meine Rückfahrkarte hatte ich schon in der Tasche. Ich wollte am nächsten Tag nachmittags wieder nach Bremerhaven fahren. Morgens kam ich zu ihr-sie war nur am Erbrechen und sie wollte nicht alleine bleiben. Ich sagte zu ihr, dass es so nicht geht-ich habe zuhause einen Mann, der mich auch benötigt, sie solle sich bitte überlegen, ob sie mit nach Bremerhaven kommen möchte. Ihr Doktor kam zum Hausbesuch, brachte mir alle Befunde von ihr mit und sie sollte selbst entscheiden, ob sie mitfahren wolle. Sie wollte..ich rief meinen Bruder im Büro an und er sagte, er würde sofort losfahren und uns aus Berlin abholen. Eine Zugfahrt war in ihrem Zustand unmöglich.
So kam es, dass die Mutter letztendlich bei mir gelandet ist. Mein Mann und ich traten unser Schlafzimmer ab, es wurde IHR Zimmer..wir schliefen auf der Couch im Wohnzimmer. Wir hatten schon bereut, dass wir nur eine 2-Zimmerwohnung gemietet haben, doch ist sie für uns eben ausreichend gross.. Ende Oktober dann hier 5 Tage Aufenthalt Palliativstation im St.-Joseph..sie kam mit der Stations-Ärztin nicht zurecht.. Wieder nach Hause.. Vor Weihnachten alle Hilfsmittel noch organisiert und bekommen, klappte alles super und schnell.. Sie ass und trank jedoch kaum-es schmeckte ja nix.. Dann mein Muskelriss-schöner Mist.. In Absprachem mit dem Hausarzt ging sie wieder auf die Palliativ..dieselbe Ärztin, dasselbe Drama.. Sie war einverstanden, für die Zeit meines Ausfalls in eine Einrichtung zu gehen-zunächst zur Kurzzeitpflege.. Wir fanden ein nettes kleines Pflegeheim, das für mich auch sehr gut zu erreichen ist.. 56 Bewohner, hoher Personalschlüssel, Einzelzimmer mit eigenem Bad.. Sie ist jetzt seit 2 Wochen dort, doch wir haben eigentlich beschlossen, dass sie auch dort verbleiben soll. Es gefällt ihr ganz gut, sie wird liebevoll betreut und versorgt. Beim letzten Krhs-Aufenthalt wurde ihre Lunge geröntgt..sie hat auf der von der Metastase befallenen Seite (Metastase war im August 12x9x3 cm gross) nun einen Schatten in der Lunge.. Die Metastase war bereits im August ins Zwerchfell infiltriert.. Sie hat ein eigenes Sauerstoffgerät im Zimmer, was fast durchgehend läuft..
Gestern nachmittag war ich bei ihr, sie ist seit gestern am Husten-der bis vorgestern noch trocken war, nun ist sie verschleimt..
Ich weiss nicht, wieviel Zeit ihr noch bleiben wird, aber ich werde sie sicher nicht mehr nach Hause holen können..
Vielleicht geht es ja nun etwas schneller, denn sie will ja auch sterben-sagt sie zumindest..
so, nun hab ich nochmal einen kleinen Roman verfasst.. Vielleicht versteht ihr mich jetzt ein klein wenig besser ?!?
Liebe Grüsse an alle Leser und auch Euch viel Kraft für alles.....