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Alt 04.06.2008, 18:45
Sanne72 Sanne72 ist offline
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Standard AW: Krebs und Studium

Liebe Kerstin,

ich habe bei meinem Krebs (Brustkrebs mit 32 - bin also auch schon über die 25 - im September vor vier Jahren) kaum Literatur gelesen. Aber das mit Symptom und Ursache leuchtet mir aufgrund meiner persönlichen Erfahrungen sehr ein.
Ich war damals sehr unglücklich mit meinem Leben, obwohl da doch endlich alles klar war - ich hatte (und habe) einen lieben Mann, Studium und Ausbildung waren vorbei, die erste Stelle endlich da, genug Geld und eine wunderbare (Dienst)Wohnung. Aber die Arbeit machte keinen Spass, ich fühlte mich ständig überfordert, irgendwie stimmte alles nicht.
Dann kam der Krebs - und ich bin heute der Meinung, wäre der nicht gekommen, wäre irgendetwas anderes passiert, denn der Körper brauchte ein Ventil. (Obwohl ich doch sogar schon in Psychotherapie war!).
Für mich war der Krebs in gewisser Weise eine Erleichterung und Befreiung. Ich kam raus aus der Tretmühle meiner eigenen hohen Ansprüche an mich selbst und habe die Ansprüche anderer an mich neu bewerten gelernt. Ich habe eine Auszeit "geschenkt" bekommen, die ich bewusst genutzt habe. Habe mir bewusst Zeit für die Rekonvaleszenz genommen. Habe das getan, was mir gut tat (und das war u.a. nicht zu arbeiten), auch wenn ich damit bei Einigen aneckte.
Jetzt arbeite ich nur noch halbe Stundenzahl, es macht mir Freude, ich habe viel mehr Platz für Kreativität in der Arbeit. Ich achte besser auf mich. Das ganze Leben ist viel schöner. Und bis jetzt waren alle Nachsorgen bei mir ok.
Sicher, ganz viele können das nicht so wie ich handhaben.

Was mir aber aufgrund meiner Geschichte zu dem einfiel, was Du geschrieben hast:
Hör auf Deine innere Stimme. Wenn die Dir sagt: Eigentlich reichen mir gerade die Termine, die ich habe, dicke aus - dann ist das auch so. Ich glaube nicht, dass ein Selbstheilungsseminar wirklich was bringen kann, wenn Du eigentlich kaum Luft dafür hast. Wähle aus dem vielfältigen das aus, von dem Du denkst: das brauche ich JETZT für MICH. Nicht alles, was vielleicht irgendwie die Prognose zu bessern verspricht. Klar möchte man jedes Seil ergreifen, an dem man sich aus dem irgendwie immer noch drohenden Abgrund hangeln kann. Aber jeder hat halt nur zwei Arme und Beine, und wenn man mit allen vieren an verschiedenen Seilen hängt, kommt man auch nicht mehr vor und zurück.

Hoffe, das kommt jetzt nicht zu oberlehrerinnenhaft rüber, so ist's nämlich nicht gemeint

Alles Liebe für Dich!

Deine Susanne
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