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Alt 11.06.2008, 20:59
Benutzerbild von annika33
annika33 annika33 ist offline
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Registriert seit: 09.04.2008
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Standard AW: Betroffene und Angehörige im Umgang miteinander

Hallo Ihr Lieben,

@Mapa...Du hast vollkommen Recht - das mit den Prognosen ist so eine Sache. Der Mann meiner Mama ist der absolute Hoffnungsträger und versucht den Dingen immer etwas Positives abzugewinnen. Er schiebt die Prognosen beiseite und sagt:"Statistiken...ich geb nichts drum. Ausnahmen bestätigen eh die Regel." Ich hingegen, seit je her eher pessimistisch (leider, ich wäre gern anders, aber wer kann schon aus seiner Haut), krieg angesichts der Statistiken u. Prognosen echt die Krise. Daher muß ich auch aufpassen, die Dinge nicht schwärzer zu sehen als sie sind. Meine Mama schlägt sich bislang wacker, und ich bete tagtäglich, dass das so bleibt. Heute war ich bei ihr - natürlich sehr traurige Atmosphere wegen den gesundheitlichen Umständen bei der Schwiegermutter. Als wir ungestört waren, hat sie mir auch noch einmal gesagt, dass sie das gar nicht so nahe an sich ranlassen möchte, aber Trauer lässt sich ja nicht verhindern. Meine Mutter teilt, wie viele andere hier die Einstellung, dass auch die Psyche bei jedem Gesundungs- bzw. Kranheitsprozess eine große Rolle mitspielt. Jedenfalls möchte sie nicht auf die Palliativstation gehen, weil sie einfach diesen Weg, wenn auch jetzt nur als Besucherin, einfach noch nicht gehen kann. Und das verstehe ich, und ihr Mann Gott sei Dank auch. Jedenfalls haben wir uns heute auch mal schlapplachen können und kurzzeitig den ganzen Kummerkram vergessen können. Ich war vergangene Tage mit den beiden Kleinen im Park spazieren. Jedenfalls saß mein Sohn quietschvergnügt im Kinderwagen, und meine Tochter, immer 2-3 Schritte hinterher, denn die Welt hat ja viel zu bieten, und man muß sich alles betrachen. Ich also kinderwagenschiebend in Gedanken versunken, hör mit einem Ohr immer was Nina da so erzählt. "Guck ma Mama, eine Blume." "Hmm ja, genau, eine Blume!. "Guck ma da Mama, eine Biene!" "Oh, ja...eine Biene, toll!" (weiterhin völlig gedankenversunken) "Oh Mama, schau mal ein Metterling." "Ja, toll...ein Schmetterling!" "Oh, Mama guck ma, ein Fleisch!" "Ja...prima...ein Fl..hääääääää?!" Was müssen meine treusorgenden Mutteraugen sehen ?! Meine Tochter, das Gesicht nur wenige Zentimeter von einem riesigen Hundehaufen mitten auf dem Gehweg entfernt, völlig erstaunt:"Ihh, das Fleisch stinkt Mama!"

Meine Mama hat sich heute dermaßen schlappgelacht über die Story und die Kleine saß da, stolz wie Oskar, dass sie sowas Lustiges gemacht hat *lach*.
Als ich heute Deine Geschichte mit dem Automarder gelesen habe und dann Bibis Vollbremsaktion sind mir spontan (sorry, für meine abgedrifteten Gedankengänge manchmal) die Warmduschersprüche eingefallen, die mal ne Zeit lang in waren Also "Vor-der-Marderfamilie-Vollbremser" gehört jetzt
auch dazu *lach*. Aber ich gestehe - ich hätte auch gebremst. Sogar mein Mann hat mal mit einem 40 Tonner mitten auf der Straße angehalten, Handschuhe angezogen, und einer Igelmami samt Babys über die Straße geholfen Würd er lesen, dass ich hier gerade so gänzlich sein Image von nem harten Kerl versau, oh man das gäb Ärger.

@Bibi...das mit dem offen darüber reden. Da liegt mir noch auf dem Herzen das nochmal zu erklären. Also wir reden schon offen. Meine Mutter ist für mich seit jeher, ich will jetzt nicht die Formulierung wählen "sowas wie eine Freundin", aber schon immer etwas über das normale Mutter-Tochter-Verhältnis hinaus gewesen. Wenn ich im Freundeskreis still für mich vergleiche, komme ich immer wieder zu dem Fazit, dass das Verhältnis zu meiner Mama gar nicht besser sein könnte. Aber mit der Erkrankung hat sich etwas aufgetan, an dem sie mich nur bedingt teilhaben läßt. Und ich glaube es liegt einfach daran, dass sie selber die Dinge nicht so nah an sich ran lassen will. Sie will einfach vieles gar nicht wissen. Sie tut alles in Absprache mit ihrem Arzt, was für sie machbar ist, geht zur Chemo, nimmt das was sie nehmen muss, läßt sich nötigenfalls bestrahlen usw. usw. - aber sie will einfach nicht drüber reden. Du hast das Beispiel mit dem Cortison bei Euch gebracht. Das hätte original meine Mama sein können. Bei uns waren es ja "nur" die Mariendistelpillen - mein Gott was für ein Theater. "Was soll ich denn noch alles in mich reinpumpen?!" etc. etc. Was ich erwidert habe behalt ich an der Stelle mal für mich, aber bei uns müssen auch immer erst die Fetzen fliegen. Schlussendlich hat sie mich heute angerufen und Mariendistelnachschub geordert *salutier*! Jawoll Chef, hab ich dann auch brav abgeliefert. Beispiele vom Forum hab ich auch schon mal vorsichtig angeführt. Immer um Mut zu machen, Nebenwirkungen zu erklären usw. Teilweise lässt sie´s zu, manchmal macht sie dicht.

Ich weiß nur eines - ich werd das weiter händeln wie bisher u. sie unterstützen wo und wie ich kann und vor allem wie weit sie es zulässt. Und manchmal muss ich sie halt ein klein wenig zu ihrem Glück zwingen

Ganz liebe Grüße

Annika

Geändert von annika33 (11.06.2008 um 21:06 Uhr)
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