AW: Palliative Behandlung; ambulant, stationär, Hintergründe und Ängste
Hallo Ihr Lieben,
vielleicht sind meine Gedanken manchmal schneller, als dass, was ich dann schreibe. Nur so kann ich es mir erklären, dass mein Beitrag wahrscheinlich etwas missverstanden wurde.
Zu allererst:
Meine liebe Lissi,
wie kannst Du annehmen, dass ich speziell Dich damit gemeint hätte? Ganz im Gegenteil. Ich hatte bei meiner Ausführung gerade auch Deine Worte im Kopf, die Du letztens in Deinem Thread geschrieben hast. Es ging darum, dass Du meintest, Peter wäre gerade in den letzten Tagen wieder so gewesen, wie er früher war. Sein Humor, seine Zuversicht, usw. Ich meinte genau diesen Balance-Akt, der so schmerzlich ist. Einerseits die Freude, die man deswegen hat, verbunden mit dem grausamen Wissen, dass es wahrscheinlich bald anders sein wird, dass es eben zeitbegrenzt ist.
Ich habe ausdrücklich betont, dass Palliativmedizin eine gute Sache ist. Mir ging es mehr darum, versuchen zu erklären, warum das Wort "nur palliativ" bei Lungenkrebs so einen Schrecken auslöst.
Auch auf die Gefahr hin, wieder nicht verstanden zu werden, bleibe ich bei dieser Ansicht. Es ist ein Unterschied, ob jemand die Diagnose erhält mit einer Behandlungsoption "kurativ" oder eben "nur palliativ". Wenn bei einem Palliativfall trotzdem die, sagen wir mal, Fünfjahresgrenze überschritten wird, ist das landläufig als Wunder zu bezeichnen. Jeder hat dieses Recht, auf ein Wunder zu hoffen. Ich ziehe den Hut vor Menschen, die diese "Wunderoption" nicht brauchen und tatsächlich damit umgehen können, dass es ist, wie es ist. Das heißt jetzt nicht, dass ich naiv bin und nicht im Hinterkopf hätte, wie es tatsächlich aussieht. Ich für mich persönlich brauche einfach diesen "Wundergedanken". Auch bei Euch und Euren Angehörigen. Ich hoffe bei jedem einzelnen auf dieses Wunder und bin jedes Mal tief getroffen, wenn es dieses Wunder nicht gegeben hat. Es macht mich traurig und es macht mich auch wütend.
Ich war mir auch nicht bewusst, dass es hier in diesem Thread wahrscheinlich nur darum geht, das Für und Wider von Palliativmedizin zu erörtern. Das tut mir leid, wenn ich das missverstanden habe. Wie gesagt, ich wollte nur erklären, warum das Wort palliativ bei so vielen so schockierend wirkt. Eben nicht darum, weil Palliativmedizin schlecht ist, sondern wegen dem Ziel, das man damit verbindet. Das ist es doch auch, was hier von Betroffenen oft geschrieben wird (z. B., dass wir "Nur-Angehörigen" sozusagen eine Art Freifahrtschein ins Leben haben und darum nicht wissen, wie sich der Betroffene fühlt). Das genau meine ich aber damit. Dieses Wissen eben, dass die Zeit begrenzt ist. Natürlich gibt es noch viele schöne Zeit zu erleben, aber eben auch diese schöne Zeit ist gerade darum gleichzeitig so schmerzlich, weil man unweigerlich daran denkt, dass es evtl. bald nicht mehr so sein wird. Man (bzw. ich) kann diese Gedanken nicht verdrängen.
Mit dem Hinweis "die Zeit nutzen" meinte ich genau das, was Lissi geschrieben hat. Ich habe die Zeit eigentlich schon immer genutzt. Was soll ich jetzt denn noch anders tun, oder mehr. Man vermeidet vielleicht den einen oder anderen Streit, den man vorher wahrscheinlich geführt hätte. Aber ansonsten? Eigentlich ist nichts anders und doch gleichzeitig alles.
Meine Frage, wo denn die Palliativmedizin bei den anderen Fällen, wo eben das Leid sehr stark beschrieben wird, eigentlich gewesen ist, war nicht ironisch gemeint, sondern es hat mich wirklich interessiert, warum das so ist.
Also nochmals, es seht außer Frage, das Palliativmedizin eine sehr gute Sache ist. Auch ein Hospiz ist für diesen Weg oft eine erträgliche Option. Um so trauriger finde ich es, dass man oft sehr lange suchen muss, bis man entweder das eine oder das andere findet und einen Platz bekommt. Ganz zu schweigen davon, wie traurig ich es finde, dass Hospize größtenteils durch Spenden leben müssen, weil für sowas scheinbar kein Geld in unserer Gesellschaft ist. Und noch etwas ist mir aufgefallen. Ihr beschreibt es selber oft, wenn Ihr eine Palliativstation oder ein Hospiz angeschaut habt. Wie nett die Menschen dann sind, wie schön alles gemacht ist, wie zuvorkommend man sich um die Leute kümmert. Das ist zwar einerseits eine ganz tolle Sache, aber andererseits, rein menschlich gesehen, müsste diese Behandlung doch selbstverständlich sein. Und zwar schon vorher! Von wenigen Ausnahmen abgesehen, ist es sehr oft anders. Krankenhäuser, Altenheime, usw. Was muss man da denn oft alles erleben? Aber gut, das würde jetzt zu weit führen, denn es ist wahrscheinlich wieder ein eigenes Thema und hängt mit allem möglichen zusammen (Wirtschaft, Kapital, usw.).
Euch allen noch eine schöne Woche mit Hoffnung, Glauben an Wunder und vor allem ohne Schmerzen
Mapa
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