AW: Mein geliebter Vater...
Hallo, Ihr Lieben.
Ich bin irgendwie erleichtert, dass nicht nur ich so fühle... sorry, dass mich das „leichter“ macht, aber mal wieder merkt man, dass man Gleichgesinnte findet, wenn man ein Stück seiner Gefühle rauslassen kann. Das macht diese Art der Kommunikation hier so wertvoll. Zu wissen, dass man nicht alleine ist, zu wissen, dass da Menschen sind, denen es auch so geht...
Ich habe für mich einen Ort gefunden, der mir das Gefühl wiedergibt, wonach ich sooo lange gesucht habe, der mich beruhigt, der mir hilft, mich zu entspannen.
Liebe Yvonee, vielleicht schaffst du es auch irgendwann, dass du für dich einen Ort gefunden hast, der dir genau das gibt, was du brauchst.
Vielleicht ist es sogar ein Ort in Spanien, der dir die verlorene Nähe zurückbringen kann und deine Wunden heilt... Ich wünsche es dir.
Die Narben, von denen du so treffend schreibst, sind seit dem Tag X, den wir erleben mussten, ganz tief in uns. Seelische Narben. Sie haben mich verändert.
Diese Narben erlauben aber auch diese Veränderungen, sie provozieren sie sogar.
Ich bin so verletzlich, so verwundbar geworden – wie eine Blase am Fuß, von der man die Haut zieht... Es ist kein schöner Vergleich, aber er passt.
Alles, was auf das rohe Fleisch trifft, schmerzt – bis die Luft, die drankommt, die wunde Haut stabiler macht, heilt.
Im direkten Vergleich: Ich muss lernen, ohne meine Papa zu leben – meine Mama muss lernen, ohne ihren geliebten Mann zu leben – wir wollen unser Leben wieder genießen können.
Ich bin auch egoistischer geworden - ich muss auch an mich denken, damit ich es schaffe, ohne meinen Papa zu leben.
Und ich weiß, dass ich es bis jetzt geschafft habe und weiterhin schaffen werde.
Die Zeit ist ein Geschenk, wie du, Yvonne, schreibst.
Ich konnte merken, dass es mir immer etwas besser geht und ich eigentlich gut mit allem umgehen konnte. Ja, ich habe auch viel geweint, wenn mir die Bilder in den Kopf kamen, wenn wir über die Vergangenheit geredet haben.
Seit einigen Tagen ist diese Spezial-Angst da.
Ich habe Angst, dass die Bilder dann intensiver werden, als ich sie eh schon im Kopf habe.
Das ich nur noch die Bilder im Kopf habe, auf die Uhr schaue und zurückdenke, minütlich, stündlich. Es schnürt mir grade die Kehle zu, wenn ich daran denke...
Jeder Gedanke an Papa ist immer eine positive Erinnerung. Auch die seiner letzten Woche.
Auch wenn die unglaublich weh tut - ich sehe sie positiv, weil ich daran so gewachsen bin, mich so verändert habe, einen neuen Grund habe, stolz auf mich zu sein.
Mein Papa lebt in mir weiter... durch meine Erinnerungen an ihn - durch meine Mama, die mich anschaut und sagt, dass ich nicht nur ein Papa-Mädchen bin sondern ihm auch ähnlich sehe – durch viele schöne Bilder von ihm – durch meine Geschwister, die genauso an ihm gehangen haben – durch meine Freude, wenn ich „unsere“ Musik höre – durch mein Gefühl, wenn ich die Blumen auf unserer Wiese im Sonnenschein sehe...
Wir brauchen einfach noch viel Zeit – und die soll auch jeder von uns haben, so viel er mag -, um damit klar zu kommen, dass da ein wesentlicher Baustein im Leben fehlt.
Wir müssen neu organisieren, neu fühlen, neu denken – dürfen aber die „alten“ Gefühle und Gedanken weiterführen.
DAS ALLES kostet Zeit, braucht Mut und Kraft.
Die wünsche ich uns allen von Herzen.
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Alles Liebe.
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Papa, für immer in meinem Herzen - 31.12.2007
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