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Alt 27.11.2008, 17:59
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hope38 hope38 ist offline
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Registriert seit: 14.05.2006
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Standard AW: habe heute chemo-und strahlentherapie begonnen

Ihr Lieben!
Nach langer Zeit im "Hintergrund" möchte ich mich mal wieder melden!

Die Kur war so lala. Psychologisch wurde ich 2 mal betreut, einmal mein Sohn. Mehr Anwendungen für die Kinder gab es nicht, sie wurden aber nett betreut.

Ich selbst konnte walken- herrlich, am Strand und dann bei Sonnenaufgang, wunderschön -, wurde massiert und bebadet, habe Rückenschule gemacht und Wirbelsäulengymnastik. Ui!
Dann wurden die Kinder der Reihe nach krank (Magen-und Darm) und ich war mit ihnen in unserem Zimmer, in dem wir uns, obwohl es ein großes war, ziemlich auf den Nerv gingen! Teilweise war ich sehr verzweifelt und wollte nach Hause, aber die Tage vergingen eher langsam. Schön war dann der letzte Dienstag, als mein Mann kam und bei uns über Nacht blieb. Wir fuhren dann am nächsten Morgen nach Hause...Das war schön!!!

Mit den Frauen konnte ich da meistens nicht viel anfangen. War irgendwie komisch, aber sie hatten dann doch so ganz andere Probleme als ich. Aber ich habe nette Menschen kennengelernt und kann durchaus sagen, daß ich mich erholt habe.

Nun ist der Alltag ja wieder da, der kleine Hund erfüllt alle Vorahnungen ( Gepiesele im Wohnzimmer, im Flur, in der Küche, Zerbeißen von Barbie und Pferden und Stiften und Schuhen- da brauche ich zur Zeit keine extra-Fitness), aber es macht mir Spaß, mit ihm morgens eine Runde zu drehen. Er ist sehr auf mich fixiert, so daß es zur Zeit noch sehr angenehm ist mit ihm.
Die Adventszeit steht vor der Tür und einmal mehr fühle ich, wie sehr ich es genieße. Wir haben schon Kekse gebacken (und gleich verdrückt), ich sitze gern mit den Kindern auf dem Sofa und wir schauen Bücher an oder sehen eine DVD (herrlich, die "Muppets Weihnachtsgeschichte"...)

Gestern fand ich einen Text von mir, den ich im Sommer 08 geschrieben habe. Einen Auszug möchte ich Euch zeigen; ich denke, einige von Euch werden genau wissen, was ich meine...


Das zerbrochene „Ich“


Es war einmal mein Leben.


Seltsam, diesen Satz zu schreiben; er scheint so banal, aber auch geheimnisvoll. Und in der Tat ist es das, was mein jetziges Leben ausmacht- Kontraste.


Ich weiß nun, daß Normales unnormal, daß Banales geheimnisvoll sein kann. Das zu begreifen und zu leben, das brauchte einen gewaltigen Spagat zwischen „meinem alten geliebten Leben“ und dem „neu zu gestaltendem“. Und nicht selten wünschte ich mir, ich müßte diesen Spagat gar nicht erst versuchen. Und ich muß es zugeben, es gab auch Zeiten, da wünschte ich mir, ich würde mittendurch reißen.


Mein Leben. Es gibt ein Leben vorher und eins jetzt. Erstaunlich, daß das, was man verlor, im Rückblick so20großartig erscheint. Der Zauber der Imagination, der Illusion haftet an dem, was man nicht mehr hat. Was man hergeben mußte. Was man nie mehr haben wird. Es wird zu einem Ideal, fast paradiesisch. Natürlich weiß ich, daß mein „vorher-Leben“ kein Paradies war, aber ich mußte es aufgeben, ich wurde abgetrennt davon, ohne zu fragen, so daß ich ihm wenigstens diesen kleinen Glanz verleihen möchte.


Denn ich verlor mein altes Leben.

So, das war´s erstmal von mir.

Liebe Grüße in die Runde,

Leena

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am 02.05.2006 Rektum-Ca-Diagnose, Chemo+Bestrahlung, OP im August 2006, danach von 11/06 bis 02/07 adjuvante Chemo, Anlage eines Ileostomas, Rückverlegung in 01/09

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