Hallo ihr Lieben,
hallo Anni und Mapa

, hallo liebe diana.
wir hatten einen unglaublich gefühlsreichen, aufregenden, beängstigenden, beruhigenden tag.
meine ma sagte mir schon in den letzten nächten dass sie nicht mehr kann. der palliativ dienst hat bereits anfang des monats mit ihr darüber gesprochen dass es die möglichkeit der "finalen sedierung" gibt. das klingt so unglaublich pervers und eigentlich viel eher, als wäre man zu gast bei einem tierarzt.
bevor ich euch von meinem tag berichte möchte ich erklären, was das bedeutet. krebspatienten, vor allem wohl die jüngeren, kommen häufig im endstadium an einen punkt, in dem sie einfach nicht mehr können, nicht mehr wollen. der körper aber - wohl aufgrund des jungen alters - arbeitet weiter. das problem bei der morphin gabe in dieser dosis gestaltet sich bei meiner mutter (der palli dienst hat uns gesagt, dass es bei ihr sehr ungewöhnlich läuft) in folgenden punkten:
ist die dosis so hoch, dass sie angst- udn schmerzfrei ist, verwirrt es ihr den geist unglaublich. man sollte meinen, dass sei eher ein problemempfinden der angehörigen - aber weit gefehlt. wir sind nach wie vor der meinung dass meine ma den weg vorgibt und wir sie begleiten, egal was das von uns erfordert. wichtig ist, dass es ihr weg ist, ihr tempo, ihre richtung.
bei meiner ma aber ist es so, dass sie
merkt dass sie nicht mehr in der lage ist, sich klar zu äußern wenn sie eine für die schmerzen und luftnot ausreichende dosis bekommt. in der nacht hat sie mir erklärt dass die worte alle da sind, alle in ihrem kopf. aber sie bekommt sie nicht raus. beides; das körperliche leiden als auch das psychische ist für sie gleich schlimm, nicht mehr auszuhalten. als der dienst heute kam schlief sie und sie sprachen ausführlich mit uns. wir wurden darauf hingewiesen, dass sie langsam an einen punkt kommt, wo zunehmend die fähigkeit sinkt, für sich selbst die richtigen entscheidungen zu treffen. die problematik der morphin dosis (400 - 400 mg granulat MST alle 12 Stunden) wäre ausreichend für die schmerzen,aber dann kommt sie psychisch nicht klar (trotz entsprechender zusatzmedikation), die von ihr reduzierte menge (300 - 300 mg) lässt annähernd die klarheit zu, die sie wünscht aber der preis dafür sind immer wieder kehrende schmerzen und luftnot die wir per spritzen maximal kurzfristig wenn überhaupt bekämpfen können. aber auch vor den spritzen hatte sie eine art angst entwickelt weil sie klar bleiben möchte. bei der finalen sedierung handelt es sich um einen schlaf mittels narkose mittel. wichtig ist, es verändert die lebenszeit in keiner weise, weder verkürzend noch verlängernd. während der zeit bekommt sie die medikamente die notwendig sind weiterhin, nur dann per butterfly subkutan bzw. sofern erforderlich per port nadel intravenös. sie schläft dann hinüber wie ich es gerne formuliere.
der palli dienst führte uns nochmal vor augen was wir schon wussten - sie leidet. sie wollte genau das nicht. außerdem spielt es keine rolle ob nun körperlich oder psychisch, das ergebnis ist dasselbe. diese finale sedierung muss von ihr oder von uns entschieden werden. es muss sich an die menge heran getastet werden, die sie dauerhaft schlafen lässt und wir geben dann alle 4 stunden eine neue injektion. der palli dienst riet uns, mit meiner mutter darüber zu sprechen ob sie das möchte. und er wies uns darauf hin, dass es besser wäre sie entscheidet darüber als dass wir irgendwann gezwungen sind zu entscheiden weil sie es nicht mehr kann. um ehrlich zu sein machte mir das auch wahnsinnige angst, denn ich bin sicher mich hätten für alle zeiten die fragen gequält ob wir uns anders an die richtige morphium dosierung hätten ran tasten müssen, ob man vielleicht die beruhigungsmittel hätte anders dosieren sollen, stimmungsaufheller verabreichen....
wir haben viel geweint in dem gespräch. meine mutter wurde zwischendurch wach, wollte aber niemanden sehen und fühlte sich elend. von schmerzen sprach sie den ganzen tag nicht (die waren erst kurz vor eins weg). sie wollte dann mit mir ins bad, hat sich die zähne geputzt, sich gewaschen (zugegeben, Katzenwäsche). ich saß während dessen hinter ihr auf der toilettenbrille und war tieftraurig. ich genoss diese "zweisamkeit", dieses "vertrauen" wie immer sehr und freute mich sehr darüber, so dicht sein zu dürfen. (als sie schlief ging sie dieses mal ins wasserbett und ich konnte eine weile neben ihr liegen.) im bad sagte sie mir, wir müssen reden. aber nciht erst abends, das ist mir zu spät. mri schoss gleich das gespräch mit dem dienst durch den kopf, aber ich sagte nichts und stimmte nur zu dass wir dann gleich zu dritt sprechen werden.
nachdem wir fertig waren saßen wir also zu dritt im wohnzimmer udn sie sagte, sie kann nciht mehr. das granulat will sie nicht,entweder luftnot und schmerzen oder verwirrtheit und beides scheixxxx.
schweren herzens habe ich gesagt, dass wir nur zwei möglichkeiten haben, ihr zu helfen. entweder die morphin dosis anpassen oder aber sie schlafen zu lassen. sie nickte als hätte sie nur darauf gewartet dass es endlich jemand anspricht. ich möchte schlafen. ich habe noch mal betont, dass sie dann "hinüber" schläft, dass ein narkosemittel verabreicht wird. den prozess selbst hat ihr dann ihr mann erklärt. ja, sie könne nicht mehr und hätte angst, was noch kommt. dann fragte sie uns, was wir denn möchten... wir haben sie angeschaut udn konnten die frage kaum fassen. wir haben gesagt, dass wir möchten, dass sie diesen weg auf ihre weise geht. auf die nach der ihr ist und dass wir diesen weg mit ihr gehen. sie sagte, sie hätte es versucht, aber sie könne nicht mehr aushalten. es stellte sich heraus, dass sie für uns weiterhin durchhalten wollte.
mein gott.
ich habe sie gefragt, ob sie das dem palli dienst selbst sagen möchte und auch, dass es mir lieber wäre, sie würde das tun. ja, das wollte sie. also angerufen dass sie mit ihnen darüber sprechen möchte und sie kamen eine halbe stunde später vorbei. sie hat die möglichkeit, entweder festzulegen, ab welchem "zustand" die sedierung einsetzen soll, oder einen bestimmten tag...
sie sagt, wann sie schlafen möchte und dann schläft sie ein.
meine ma hat gesagt dass sie das möchte. sie hatte schon seit 9 uhr schmerzen !!! aber sie hat nichts gesagt damit wir ihr kein zusätzliches morphium geben und sie bei "klarem" verstand mit uns reden und diese entscheidung treffen kann.
sie war danach so gelöst. so erleichtert als sie mit dem dienst gesprochen hat. sie würde sich wieder beim dienst melden. ihre erzählungen im anschluss, wenn sie noch sehen möchte reichten bis mittwoch, aber länger wollte sie wohl nicht warten. ich war ein bißchen erleichtert darüber, denn ich dachte schon, der dienst gibt ihr sofort eine spritze... gleichzeitig hatte sie es nun ausgesprochen und mir kam es komisch vor, noch weiter zu warten.warum? doch eigentlich nur für uns als angehörige, um uns zeit zu geben. aber eben indem sie weiterhin leidet. denn auf meine frage, ob sie vorher noch jemanden sehen möchte um sich zu verabschieden sagte sie nur, das hätte sie doch schon die ganze zeit gemacht.

ja ich weiß. sie plant alles, selbst das.
die nacht war bis vor einer halben stunde furchtbar. sie hat kein auge zubekommen. im 1-2 stündigen abstand haben wir ihr jeweils 50 mg morphin subkutan gegeben. ratlos wie wir ihr helfen könen damit sie schläft. aufgrund meiner angst, sie mit der nadel zu stechen musste ichihren mann das erste mal um 23 uhr wecken, hingelegt hatte er sich erst um 22. wir schlafen natürlich wieder alle im wohnzimmer. die nächste spritze gab ich ihr und mir war elend dabei. dann gab ich ihr außerdem eine rohypnol tablette 1mg (kurznarkotikum als einschlafhilfe) nachdem acuh die letzte 2,5 tavor seit einer stunde erfolglos blieb. es half nicht. dann rief ich den dienst an, sie sagten wir könnten ihr nach einer stunde noch einmal 1mg rohypnol subkutan geben. das brennt so furchtbar, egal wie langsam wir es geben. das traute ich mir einfach nicht zu und habe dann doch ihren mann geweckt. er gab ihr die spritze. keine chance. nach einer halben stunde riefen wir wieder an. wir müssten aber der letzten rohypnol eine stunde verstreichen lassen, könnten es aber nochmal mit tavor versuchen. nichts. kein ruhegefühl bei ihr. dann, nach einer weiteren halben stunde und rücksprache nochmal ein mg subkutan. unglaublich. selbst mit 3 mg hat es noch eine halbe stunde gebraucht bis sie einschlief. ich habe mich durchgesetzt und zum zur ruhe kommen den fernseher ausgemacht, die kerzen an, die elektrischen lichter aus und das radio an. dann ist sie endich eingeschlafen. für ca. eine halbe stunde. gerde wird sie wieder wach. und ich fürchte (eigentlich weiß iches) sie wird morgen dem dienst bescheid sagen dass sie schlafen möchte. sie hat so oft gesagt dass sie nicht mehr kann. so oft.
ich hab angst.