
15.04.2009, 00:21
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Registriert seit: 18.05.2007
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AW: Fortgeschrittener Krebs, Kinder, Ehe am Ende
liebe nami
es tut mir leid dass es bei dir an allen enden kriselt 
es kann sein, daß ich mich jetzt unbeliebt mache und ich will auch keinesfalls sagen, daß du dich nicht um dich kümmern sollst, denn das sollst du natürlich 
ich bin aber selbst partnerin i einer an bk erkrankten frau und ich kann das was dein mann sagt ein stück weit verstehen.
man muß nicht zwangsläufig ein problem mit sich selbst haben, wenn man in der situation als angehörige probleme hat ....
das problem bist vermutlich nicht einmal du....sondern die gesamte umwelt.
vor der erkrankung meiner frau war meine kommuniktiion mit der umwelt in etwa so:
ich rufe eine freundin an, wir quatschen ein bißchen oder verabreden uns, dann fragt sie noch wie es meiner frau geht oder läßt sie grüßen.
ich rufe meinen steuerberater an, frage was, erhalte eine antwort.
ich gehe zur hausärztin...sie fragt nach meinen symptomen, untersucht mich und behandelt meine grippe. etc etc etc
nach der diagnose meiner frau sah es so aus:
ich rufe eine freundin an um etwas mit ihr zu besprechen (job...oder was immer) doch sie geht darauf gar nicht ein sondern fragt nach meiner frau, erzählt von einer anderen freundin, die ebenfalls bk hatte etcetc, sie erzählt mir wie tapfer sie meine frau findet etc etc...
ich rufe meinen steuerberater an um etwas zu besprechen. er hat von einem freund erfahren, daß meine frau erkrankt ist...da selbe spiel.
als ich zwei tage später wieder anrufe, weil er vor lauter fragen meine steuer-fragen nicht beantowrtet hat...sagt er mir, daß ich erst mal schauen soll , daß es meiner frau wieder gut geht, dann können wir drüber wieder reden.
usw usw usw...egal mit wem ich rede...selbst im job war die erste frage morgens oder die erste bemerkung meine frau....über monate!
es war egal ob ich steuerprobleme oder grippe hatte (auch meine hausärztin hat mir kaum was zu meinem husten gesagt sonder nur viel dazu erzählt daß angehörige oft grippe heftiger bekommen)...
...die krönung kam nach einem jahr (die behandlung war bereits abgeschlossen):
ICH mußte wegen einer akuten geschichte zu einer kleinen op recht plötzlich ins kh und wollte eine klinikeinweisung aus der praxis meiner/unserer hausärztin holen....da kam die ärztin, die das unterschreiben sollte aus dem zimmer gerannt und fragte besorgt, was mit meiner frau wäre wegen der einweisung...sie hatte nur den nachnamen gesehen (wir haben seit der heirat den selben)...als ich sagte:
*nö, ICH muß unters messer *sagte sie erleichtert: *dann is ja gut*...und weg war sie...
im ernst! und das sind nur wenige der ganzen vielen situationen.(ich hab sie danach mal drauf angesprochen...da war sie entsetzt und hat sich entschuldigt...)
sogar leute, die nur und ausschließlich mit mir befreundet waren haben nur noch nach dem befinden meiner frau gefragt....
was ich damit sagen will ist, daß man eigentlich als person oft gar nicht mehr wahrgenommen wird...nur noch als er angehörige...
es ist der umwelt von heute auf morgen egal ob man selbst krank ist...müde...oder überfodert...man existiert als einzelner mensch quasi meist nicht mehr.
und zwar von der gesamten umwelt (nur meine kinder waren eine ausnahme)...
dazu kommt die sorge und die angst die man wegen der erkrankung der eigenen frau hat und bei euch sicher auch die angst um die kinder....und keiner hört einem zu, fragt danach wie es einem geht...alle gucken nur auf die direkt betroffene....
nicht daß das nicht in ordnung wäre, daß leute sich erkundigen, aber bitte nicht so einseitig.
die eigenen bedürfnisse habe ich kaum gewagt wahrzunehmen...wie mickrig erscheint das alles angesichts einer potentiell tödlichen erkrankung...das damit aber auch mein eigenes leben plötzlich aus den fugen geriet hat ja niemanden interessiert (kann ich die weiterbildung machen, kann ich einen urlaub planen...das war auch für mich nicht mehr souverän zu entscheiden)
...während - vor allem in foren - offenbar nur total engelsgleiche bemühte angehörige unterwegs sind, die offenbar nie wirklich am ende sind und sich aufopfern...so daß man sich wie die letzte laus vorkommt ...weil man auch die weiterbildung z.b. machen möchte, nicht nur angehörige sein kann/möchte.
immerhin - dein mann ist noch da! - er beweist immer noch durchhaltevermögen und verlässlichkeit OBWOHL es ihm offenbar nicht gut geht....
viele männer interessieren selbst ihre kinder nicht mehr, wenn sie den eindruck haben, es gehe ihnen selbst schlecht.
ich kenne deinen mann nicht,
ich gelte nicht immer als männerfreundin ,
vielleicht ist er auch ein ganz doofer , das kann ich nicht sagen...
aber die rolle als angehöriger ist extrem schwierig, schwieriger als es manchmal aussieht...denn ärger, verzweiflung usw wird in der regel nur den direkt betroffenen wirklich zugebilligt....
ich arbeite selbst pädagogisch/therapeutisch sonst wäre mir vielleicht gar nicht aufgefallen, daß die GESAMT umwelt sich so merkwürdig benimmt - mir gegenüber...und hätte sonst womöglich auch nur meine frau angemäkelt...
als ob sie das bei den anderen auslöst....aber die anderen können das prima auch ohne zutun, den/die angehörigen selbst zu übersehen....
vielleicht hilft es (bei uns hat es geholfen) in der praxis einer psychoonkologin oder beratungsstelle (bei uns war es die AWO krebsberatungsstelle) ein paargespräch zu führen...und einiges auch zurechtzurücken, deinen mann vielleicht auch zu entlasten (haushaltshilfe etc)...und auch ein bißchen zu würdigen, daß er immerhin noch da ist.
wie gesagt, viele laufen einfach ganz weg....
ich wünsche dir alles gute und hoffe, daß mit niemand meine vielleicht unbequenmen worte übel nimmt....
liebe grüße
mahanula
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